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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Erstes Quartal.

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Der Regen.

erwähnt, am Rande einer größern Depression ein Teilminimum misgebildet hat,
"ut es ist die Aufgabe der Wetterprognose, das Entstehen dieser Teilmiuima
zu überwachen und die etwaigen Folgen in Rechnung zu ziehen. Solche noch
unfertige oder unregelmäßig gebildete Minima zeigen sich ans der Isobaren¬
karte als Schlingen oder Ausbuchtungen.

Übrigens erhalten wir die stärksten Niederschlage nicht beim Auftreten
tiefer Minima, vielmehr ist auf Regen zu rechnen, wenn sich eine flache De¬
pression, das heißt eine solche, welche von ihrem Rande bis zur Mitte nur
wenige Millimeter Unterschied zeigt, über dem Festlande ausgebreitet hat. Wie
diese allgemeinen Verhältnisse sich nach Berg und Thal, trocknem und nassem
Lande modcrire", ist schon früher gezeigt worden.

Dem barometrischen Minimum steht gegenüber das barometrische Maximum,
ein Zustand, in welchem die Luft an einem bestimmten Orte aufgehäuft ist. Das
Barometer steht an einem solchen Orte hoch, und die Winde strahlen von
ihm nach allen Seiten anseinnnder. Bei einem barometrischen Maximum
liegt die Ursache des Windes da, wo er herkommt. Da hierbei selten Nieder¬
schläge vorkommen, solche Regionen sich vielmehr durch Trockenheit und klare
Kälte im Winter, wie Hitze im Sommer auszeichnen und wir vom Regen handeln,
so unterlasse ich es, auf dies Kapitel näher einzugehen.

Nun liegt die Frage nahe: Welches ist der Grund des Auftretens der
Maxima und Minima? Warum nehmen sie hente die, morgen eine andre Bahn?
Wovon hängt überhaupt der Witteruugscharakter eines Jahres ab? Warum
haben wir im Winter 1882 kaum eine Flocke Schnee gehabt und seitdem diese
abnormen Regenmassen? Eine Antwort ist auf diese Fragen nicht zu geben.
Die Meteorologen erwarten eine Beantwortung dieser Fragen von einer genauen
Erforschung des Polargebietes. Auch das vergangene, regelwidrig verlaufene
Jahr macht plausibel, daß Verschiebungen der Kältepole auf Niederschläge und
deu allgemeinen Witteruugscharakter bis zur subtropischen Region hin ihren
Einfluß geltend machen. Auch die Verhältnisse des Nord- und Südpoles müsse"
mit einander in Verbindung stehen. Wenigstens ist es ziemlich auffallend, daß,
während in diesem Jahre unsre arktischen Meere mit Eis vollgepackt sind uudHapa-
rauda zeitig große Kältegrade gehabt hat, in Australien, also gerade dem Gebiete
der Antipoden, in diesem Sommer -- dort dem Winter -- Schnee gefallen ist.
Das ist für Australien ein ganz außerordentliches Vorkommnis. Es könnte sein,
was dnrch weitere Untersuchungen festgestellt werden müßte, daß durch die
Verschiebung allgemein tellurischer Verhältnisse unser Witteruugscharakter be¬
stimmt wird.

Inzwischen müssen wir uns begnügen mit dem, was auf unserm Beobachtungs-
gebiete verstanden und vorausgesagt werden kann, und das ist in diesem un¬
günstigen Jahre immer noch eine Zahl von 70 bis 80 Prozent richtigen Vor¬
aussagen. Das Publikum weiß nur noch nicht recht, was es mit den täglichen


Der Regen.

erwähnt, am Rande einer größern Depression ein Teilminimum misgebildet hat,
»ut es ist die Aufgabe der Wetterprognose, das Entstehen dieser Teilmiuima
zu überwachen und die etwaigen Folgen in Rechnung zu ziehen. Solche noch
unfertige oder unregelmäßig gebildete Minima zeigen sich ans der Isobaren¬
karte als Schlingen oder Ausbuchtungen.

Übrigens erhalten wir die stärksten Niederschlage nicht beim Auftreten
tiefer Minima, vielmehr ist auf Regen zu rechnen, wenn sich eine flache De¬
pression, das heißt eine solche, welche von ihrem Rande bis zur Mitte nur
wenige Millimeter Unterschied zeigt, über dem Festlande ausgebreitet hat. Wie
diese allgemeinen Verhältnisse sich nach Berg und Thal, trocknem und nassem
Lande modcrire», ist schon früher gezeigt worden.

Dem barometrischen Minimum steht gegenüber das barometrische Maximum,
ein Zustand, in welchem die Luft an einem bestimmten Orte aufgehäuft ist. Das
Barometer steht an einem solchen Orte hoch, und die Winde strahlen von
ihm nach allen Seiten anseinnnder. Bei einem barometrischen Maximum
liegt die Ursache des Windes da, wo er herkommt. Da hierbei selten Nieder¬
schläge vorkommen, solche Regionen sich vielmehr durch Trockenheit und klare
Kälte im Winter, wie Hitze im Sommer auszeichnen und wir vom Regen handeln,
so unterlasse ich es, auf dies Kapitel näher einzugehen.

Nun liegt die Frage nahe: Welches ist der Grund des Auftretens der
Maxima und Minima? Warum nehmen sie hente die, morgen eine andre Bahn?
Wovon hängt überhaupt der Witteruugscharakter eines Jahres ab? Warum
haben wir im Winter 1882 kaum eine Flocke Schnee gehabt und seitdem diese
abnormen Regenmassen? Eine Antwort ist auf diese Fragen nicht zu geben.
Die Meteorologen erwarten eine Beantwortung dieser Fragen von einer genauen
Erforschung des Polargebietes. Auch das vergangene, regelwidrig verlaufene
Jahr macht plausibel, daß Verschiebungen der Kältepole auf Niederschläge und
deu allgemeinen Witteruugscharakter bis zur subtropischen Region hin ihren
Einfluß geltend machen. Auch die Verhältnisse des Nord- und Südpoles müsse»
mit einander in Verbindung stehen. Wenigstens ist es ziemlich auffallend, daß,
während in diesem Jahre unsre arktischen Meere mit Eis vollgepackt sind uudHapa-
rauda zeitig große Kältegrade gehabt hat, in Australien, also gerade dem Gebiete
der Antipoden, in diesem Sommer — dort dem Winter — Schnee gefallen ist.
Das ist für Australien ein ganz außerordentliches Vorkommnis. Es könnte sein,
was dnrch weitere Untersuchungen festgestellt werden müßte, daß durch die
Verschiebung allgemein tellurischer Verhältnisse unser Witteruugscharakter be¬
stimmt wird.

Inzwischen müssen wir uns begnügen mit dem, was auf unserm Beobachtungs-
gebiete verstanden und vorausgesagt werden kann, und das ist in diesem un¬
günstigen Jahre immer noch eine Zahl von 70 bis 80 Prozent richtigen Vor¬
aussagen. Das Publikum weiß nur noch nicht recht, was es mit den täglichen


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[0367] Der Regen. erwähnt, am Rande einer größern Depression ein Teilminimum misgebildet hat, »ut es ist die Aufgabe der Wetterprognose, das Entstehen dieser Teilmiuima zu überwachen und die etwaigen Folgen in Rechnung zu ziehen. Solche noch unfertige oder unregelmäßig gebildete Minima zeigen sich ans der Isobaren¬ karte als Schlingen oder Ausbuchtungen. Übrigens erhalten wir die stärksten Niederschlage nicht beim Auftreten tiefer Minima, vielmehr ist auf Regen zu rechnen, wenn sich eine flache De¬ pression, das heißt eine solche, welche von ihrem Rande bis zur Mitte nur wenige Millimeter Unterschied zeigt, über dem Festlande ausgebreitet hat. Wie diese allgemeinen Verhältnisse sich nach Berg und Thal, trocknem und nassem Lande modcrire», ist schon früher gezeigt worden. Dem barometrischen Minimum steht gegenüber das barometrische Maximum, ein Zustand, in welchem die Luft an einem bestimmten Orte aufgehäuft ist. Das Barometer steht an einem solchen Orte hoch, und die Winde strahlen von ihm nach allen Seiten anseinnnder. Bei einem barometrischen Maximum liegt die Ursache des Windes da, wo er herkommt. Da hierbei selten Nieder¬ schläge vorkommen, solche Regionen sich vielmehr durch Trockenheit und klare Kälte im Winter, wie Hitze im Sommer auszeichnen und wir vom Regen handeln, so unterlasse ich es, auf dies Kapitel näher einzugehen. Nun liegt die Frage nahe: Welches ist der Grund des Auftretens der Maxima und Minima? Warum nehmen sie hente die, morgen eine andre Bahn? Wovon hängt überhaupt der Witteruugscharakter eines Jahres ab? Warum haben wir im Winter 1882 kaum eine Flocke Schnee gehabt und seitdem diese abnormen Regenmassen? Eine Antwort ist auf diese Fragen nicht zu geben. Die Meteorologen erwarten eine Beantwortung dieser Fragen von einer genauen Erforschung des Polargebietes. Auch das vergangene, regelwidrig verlaufene Jahr macht plausibel, daß Verschiebungen der Kältepole auf Niederschläge und deu allgemeinen Witteruugscharakter bis zur subtropischen Region hin ihren Einfluß geltend machen. Auch die Verhältnisse des Nord- und Südpoles müsse» mit einander in Verbindung stehen. Wenigstens ist es ziemlich auffallend, daß, während in diesem Jahre unsre arktischen Meere mit Eis vollgepackt sind uudHapa- rauda zeitig große Kältegrade gehabt hat, in Australien, also gerade dem Gebiete der Antipoden, in diesem Sommer — dort dem Winter — Schnee gefallen ist. Das ist für Australien ein ganz außerordentliches Vorkommnis. Es könnte sein, was dnrch weitere Untersuchungen festgestellt werden müßte, daß durch die Verschiebung allgemein tellurischer Verhältnisse unser Witteruugscharakter be¬ stimmt wird. Inzwischen müssen wir uns begnügen mit dem, was auf unserm Beobachtungs- gebiete verstanden und vorausgesagt werden kann, und das ist in diesem un¬ günstigen Jahre immer noch eine Zahl von 70 bis 80 Prozent richtigen Vor¬ aussagen. Das Publikum weiß nur noch nicht recht, was es mit den täglichen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_151310/367>, abgerufen am 23.07.2024.