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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Erstes Quartal.

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Der Regen.

hielt also auf den Kubikmeter 2,5 Gramm Wasser. Und da wir das Experiment
bei 10 Grad Wärme vornahmen, so ergiebt sich eine relative Sättigung von
25 Prozent. Die Luft kann also noch 75 Prozent mehr Feuchtigkeit tragen,
ehe sie dieselbe niederzuschlagen gezwungen wird. Mau könnte also, wenn die
Luft nicht viel mehr Wasser enthält, als das Experiment nachweist, prognostiziren:
Es wird nicht regnen.

Für den praktischen Gebrauch ist aber dieses Verfahren nicht anwendbar.
Es ist viel zu umstündlich und zu teuer. Einfacher und doch von genügender
Sicherheit ist der Psychrometer, ein Apparat, der ans zwei feinen, völlig gleichen
Thermometern besteht. Das eine dieser Thermometer ist an der Quecksilberkugel
mit einem Stückchen Musselin umwunden und wird angefeuchtet, das andre bleibt
trocken. Da nun, wie wir schon sahen, bei der Verdunstung Wärme gebunden
wird, so sinkt die Temperatur des feuchten Thermometers, während die des
trocknen unverändert bleibt. Die Verdunstung aber und mithin auch die Tem-
peraturdifferenz ist umso größer, je geringer die vorhandene Feuchtigkeit der
Luft ist. Eben jetzt, während ich schreibe, ist gar keine Differenz zu beobachten,
die Luft trieft aber auch von Regen, während an warmen Sommertagen die
Differenz 7 Grad und darüber beträgt. Aus diesem Temperaturunterschiede
nnn läßt sich sowohl die absolute als auch die relative Feuchtigkeit der Luft
berechnen. Würde bei 20 Grad Wärme das trockne Thermometer 20 Grad,
das feuchte 16 Grad zeigen, so würde sich eine absolute Fenchtigkeitsmcnge von
14,9 Gramm auf den Kubikmeter Luft oder, wie man es gewöhnlich ausdrückt,
14,9 Millimeter Dunstdruck und 67 Prozent Feuchtigkeitsgehalt ergeben.

Noch einfacher, wenn auch von geringerer Sicherheit, ist das von KliukerfncS
eingeführte Hygrometer. Es beruht aus der Eigenschaft enger Räume, Wasser
aufzusaugen, wobei die Struktur des hhgrometrischen Körpers verändert wird.
Der bekannteste derartige Apparat ist das Wetterhäuschen mit den zwei Thüren,
aus welchen je nach dem Feuchtigkeitsgehalte der Luft und seiner Einwirkung
auf el" Stück Darmsaite das Männlein oder das Frünlein heraustritt. Klinker-
fues wendet als wasserempfindlichen Stoff entfettete Haare an. durch welche ein
Zeiger bewegt wird. Auf diese Weise können die Feuchtigkeitsprvzente direkt
abgelesen werden.

Der beobachtende Leser wird sich erinnern, daß die Klinkerfuesschcn Prognosen
von konsequenten Mißgeschick verfolgt waren. Mir ist es ebenso gegangen, so¬
lange ich glaubte, mit dem Hygrometer arbeiten zu tonnen. Die Mängel des
Apparates liegeu jedoch auf der Hand. Sie geben den Feuchtigkeitszustand der
unmittelbar über dem Erdboden liegenden Luftschicht an, nicht den jener Höhen,
aus denen der Regen kommt. Liegt der Beobachtungsort in einem Flußthale,
so kann es geschehen, daß das Instrument Sättigung anzeigt, die auch wirklich
im Thale vorhanden ist, während die Luft relativ trocken ist. Aber auch bei
günstiger Lage irrt das Hygrometer leicht, weil Temperatur und Scittigungs-


Der Regen.

hielt also auf den Kubikmeter 2,5 Gramm Wasser. Und da wir das Experiment
bei 10 Grad Wärme vornahmen, so ergiebt sich eine relative Sättigung von
25 Prozent. Die Luft kann also noch 75 Prozent mehr Feuchtigkeit tragen,
ehe sie dieselbe niederzuschlagen gezwungen wird. Mau könnte also, wenn die
Luft nicht viel mehr Wasser enthält, als das Experiment nachweist, prognostiziren:
Es wird nicht regnen.

Für den praktischen Gebrauch ist aber dieses Verfahren nicht anwendbar.
Es ist viel zu umstündlich und zu teuer. Einfacher und doch von genügender
Sicherheit ist der Psychrometer, ein Apparat, der ans zwei feinen, völlig gleichen
Thermometern besteht. Das eine dieser Thermometer ist an der Quecksilberkugel
mit einem Stückchen Musselin umwunden und wird angefeuchtet, das andre bleibt
trocken. Da nun, wie wir schon sahen, bei der Verdunstung Wärme gebunden
wird, so sinkt die Temperatur des feuchten Thermometers, während die des
trocknen unverändert bleibt. Die Verdunstung aber und mithin auch die Tem-
peraturdifferenz ist umso größer, je geringer die vorhandene Feuchtigkeit der
Luft ist. Eben jetzt, während ich schreibe, ist gar keine Differenz zu beobachten,
die Luft trieft aber auch von Regen, während an warmen Sommertagen die
Differenz 7 Grad und darüber beträgt. Aus diesem Temperaturunterschiede
nnn läßt sich sowohl die absolute als auch die relative Feuchtigkeit der Luft
berechnen. Würde bei 20 Grad Wärme das trockne Thermometer 20 Grad,
das feuchte 16 Grad zeigen, so würde sich eine absolute Fenchtigkeitsmcnge von
14,9 Gramm auf den Kubikmeter Luft oder, wie man es gewöhnlich ausdrückt,
14,9 Millimeter Dunstdruck und 67 Prozent Feuchtigkeitsgehalt ergeben.

Noch einfacher, wenn auch von geringerer Sicherheit, ist das von KliukerfncS
eingeführte Hygrometer. Es beruht aus der Eigenschaft enger Räume, Wasser
aufzusaugen, wobei die Struktur des hhgrometrischen Körpers verändert wird.
Der bekannteste derartige Apparat ist das Wetterhäuschen mit den zwei Thüren,
aus welchen je nach dem Feuchtigkeitsgehalte der Luft und seiner Einwirkung
auf el» Stück Darmsaite das Männlein oder das Frünlein heraustritt. Klinker-
fues wendet als wasserempfindlichen Stoff entfettete Haare an. durch welche ein
Zeiger bewegt wird. Auf diese Weise können die Feuchtigkeitsprvzente direkt
abgelesen werden.

Der beobachtende Leser wird sich erinnern, daß die Klinkerfuesschcn Prognosen
von konsequenten Mißgeschick verfolgt waren. Mir ist es ebenso gegangen, so¬
lange ich glaubte, mit dem Hygrometer arbeiten zu tonnen. Die Mängel des
Apparates liegeu jedoch auf der Hand. Sie geben den Feuchtigkeitszustand der
unmittelbar über dem Erdboden liegenden Luftschicht an, nicht den jener Höhen,
aus denen der Regen kommt. Liegt der Beobachtungsort in einem Flußthale,
so kann es geschehen, daß das Instrument Sättigung anzeigt, die auch wirklich
im Thale vorhanden ist, während die Luft relativ trocken ist. Aber auch bei
günstiger Lage irrt das Hygrometer leicht, weil Temperatur und Scittigungs-


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[0359] Der Regen. hielt also auf den Kubikmeter 2,5 Gramm Wasser. Und da wir das Experiment bei 10 Grad Wärme vornahmen, so ergiebt sich eine relative Sättigung von 25 Prozent. Die Luft kann also noch 75 Prozent mehr Feuchtigkeit tragen, ehe sie dieselbe niederzuschlagen gezwungen wird. Mau könnte also, wenn die Luft nicht viel mehr Wasser enthält, als das Experiment nachweist, prognostiziren: Es wird nicht regnen. Für den praktischen Gebrauch ist aber dieses Verfahren nicht anwendbar. Es ist viel zu umstündlich und zu teuer. Einfacher und doch von genügender Sicherheit ist der Psychrometer, ein Apparat, der ans zwei feinen, völlig gleichen Thermometern besteht. Das eine dieser Thermometer ist an der Quecksilberkugel mit einem Stückchen Musselin umwunden und wird angefeuchtet, das andre bleibt trocken. Da nun, wie wir schon sahen, bei der Verdunstung Wärme gebunden wird, so sinkt die Temperatur des feuchten Thermometers, während die des trocknen unverändert bleibt. Die Verdunstung aber und mithin auch die Tem- peraturdifferenz ist umso größer, je geringer die vorhandene Feuchtigkeit der Luft ist. Eben jetzt, während ich schreibe, ist gar keine Differenz zu beobachten, die Luft trieft aber auch von Regen, während an warmen Sommertagen die Differenz 7 Grad und darüber beträgt. Aus diesem Temperaturunterschiede nnn läßt sich sowohl die absolute als auch die relative Feuchtigkeit der Luft berechnen. Würde bei 20 Grad Wärme das trockne Thermometer 20 Grad, das feuchte 16 Grad zeigen, so würde sich eine absolute Fenchtigkeitsmcnge von 14,9 Gramm auf den Kubikmeter Luft oder, wie man es gewöhnlich ausdrückt, 14,9 Millimeter Dunstdruck und 67 Prozent Feuchtigkeitsgehalt ergeben. Noch einfacher, wenn auch von geringerer Sicherheit, ist das von KliukerfncS eingeführte Hygrometer. Es beruht aus der Eigenschaft enger Räume, Wasser aufzusaugen, wobei die Struktur des hhgrometrischen Körpers verändert wird. Der bekannteste derartige Apparat ist das Wetterhäuschen mit den zwei Thüren, aus welchen je nach dem Feuchtigkeitsgehalte der Luft und seiner Einwirkung auf el» Stück Darmsaite das Männlein oder das Frünlein heraustritt. Klinker- fues wendet als wasserempfindlichen Stoff entfettete Haare an. durch welche ein Zeiger bewegt wird. Auf diese Weise können die Feuchtigkeitsprvzente direkt abgelesen werden. Der beobachtende Leser wird sich erinnern, daß die Klinkerfuesschcn Prognosen von konsequenten Mißgeschick verfolgt waren. Mir ist es ebenso gegangen, so¬ lange ich glaubte, mit dem Hygrometer arbeiten zu tonnen. Die Mängel des Apparates liegeu jedoch auf der Hand. Sie geben den Feuchtigkeitszustand der unmittelbar über dem Erdboden liegenden Luftschicht an, nicht den jener Höhen, aus denen der Regen kommt. Liegt der Beobachtungsort in einem Flußthale, so kann es geschehen, daß das Instrument Sättigung anzeigt, die auch wirklich im Thale vorhanden ist, während die Luft relativ trocken ist. Aber auch bei günstiger Lage irrt das Hygrometer leicht, weil Temperatur und Scittigungs-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_151310/359>, abgerufen am 23.07.2024.