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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Erstes Quartal.

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Anton Lutterliock,

bescheiden und einsichtsvoll, von jedem großsprecherischer Wesen frei, immer das
Lob ablehnend und auf die Zukunft, auf größere Thaten verweisend, würde dieser
Mann, auch in seiner Persönlichkeit und in seiner biedern, ehrlichen Natur, in
seiner Duldsamkeit gegen junge aufsprosseude Talente das vollkommene Gegen¬
bild von Cornelius, nicht bloß in seiner Kunst voraussichtlich von belebendem
und fördernden Einfluß auf das Gedeihen einer Körperschaft sein, mit welcher
die Geschichte unsrer modernen Malerei und insbesondre der Monumentalmalerei
auf das innigste verknüpft ist. Um noch einmal das Technische der Frage,
welches uns hier nebenbei beschäftigt hat, zu berühren, so hat Janssen bewiesen,
daß keine andre Technik für monumentale Zwecke den Ansprüchen, welche man
an die Farbe richtet, in gleichem Maße gerecht wird wie die Wachsmalerei,
vorausgesetzt, daß sie durch keine Beschränkungen an der vollen Entfaltung ihrer
Wirkungen gehindert ist.




Anton Lutterbeck f.

in 30, Dezember des verflossenen Jahres ist in Gießen ein Maun
aus dem Leben geschieden, dessen Name mit den Kämpfen über
die neuere Entwicklung der katholischen Kirche Deutschlands Wohl
für immer verknüpft bleiben wird, Anton Bernhard Lutterbcck,
geboren zu Münster am 23. April 1812, in Münster und Berlin,
wo er in besonders nahem Verhältnis zu Böckh stand, dnrch philologische, philo¬
sophische und theologische Studien gebildet, ist durch sein Wirken als Dozent
wie durch seine Schriften lange Jahre, von 1842 bis 1859 als Professor der
katholischen Theologie, dann, nach Auflösung der katholischen Fakultät durch
den Bischof Ketteler, von 1859 bis 1877 als Professor der klassischen Philo¬
logie, eine Zierde der Gießener Universität gewesen, ausgezeichnet durch Be¬
gabung, Tiefe des Geistes und durch Tiefe und Umfang des Wissens, gleich
daheim in den Wissenschaften des klassischen Altertums wie der Philosophie
und der Theologie, dem Systeme Franz von Baaders, dessen Werke er mit
Hofmann in Würzburg herausgab, zugewandt und darum dem mittelalter¬
lichen Mystizismus geneigt, aber auch geschätzt von astronomischen Autoritäten
wegen seiner Kenntnisse des gestirnten Himmels, die er für die Geschichte des
Neuen Testamentes verwertete, dabei ein kindlich reines Gemüt, das in wahrer
christlicher Demut sich stets bewußt blieb, daß die Furcht Gottes aller Weisheit
Anfang ist.


Anton Lutterliock,

bescheiden und einsichtsvoll, von jedem großsprecherischer Wesen frei, immer das
Lob ablehnend und auf die Zukunft, auf größere Thaten verweisend, würde dieser
Mann, auch in seiner Persönlichkeit und in seiner biedern, ehrlichen Natur, in
seiner Duldsamkeit gegen junge aufsprosseude Talente das vollkommene Gegen¬
bild von Cornelius, nicht bloß in seiner Kunst voraussichtlich von belebendem
und fördernden Einfluß auf das Gedeihen einer Körperschaft sein, mit welcher
die Geschichte unsrer modernen Malerei und insbesondre der Monumentalmalerei
auf das innigste verknüpft ist. Um noch einmal das Technische der Frage,
welches uns hier nebenbei beschäftigt hat, zu berühren, so hat Janssen bewiesen,
daß keine andre Technik für monumentale Zwecke den Ansprüchen, welche man
an die Farbe richtet, in gleichem Maße gerecht wird wie die Wachsmalerei,
vorausgesetzt, daß sie durch keine Beschränkungen an der vollen Entfaltung ihrer
Wirkungen gehindert ist.




Anton Lutterbeck f.

in 30, Dezember des verflossenen Jahres ist in Gießen ein Maun
aus dem Leben geschieden, dessen Name mit den Kämpfen über
die neuere Entwicklung der katholischen Kirche Deutschlands Wohl
für immer verknüpft bleiben wird, Anton Bernhard Lutterbcck,
geboren zu Münster am 23. April 1812, in Münster und Berlin,
wo er in besonders nahem Verhältnis zu Böckh stand, dnrch philologische, philo¬
sophische und theologische Studien gebildet, ist durch sein Wirken als Dozent
wie durch seine Schriften lange Jahre, von 1842 bis 1859 als Professor der
katholischen Theologie, dann, nach Auflösung der katholischen Fakultät durch
den Bischof Ketteler, von 1859 bis 1877 als Professor der klassischen Philo¬
logie, eine Zierde der Gießener Universität gewesen, ausgezeichnet durch Be¬
gabung, Tiefe des Geistes und durch Tiefe und Umfang des Wissens, gleich
daheim in den Wissenschaften des klassischen Altertums wie der Philosophie
und der Theologie, dem Systeme Franz von Baaders, dessen Werke er mit
Hofmann in Würzburg herausgab, zugewandt und darum dem mittelalter¬
lichen Mystizismus geneigt, aber auch geschätzt von astronomischen Autoritäten
wegen seiner Kenntnisse des gestirnten Himmels, die er für die Geschichte des
Neuen Testamentes verwertete, dabei ein kindlich reines Gemüt, das in wahrer
christlicher Demut sich stets bewußt blieb, daß die Furcht Gottes aller Weisheit
Anfang ist.


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[0214] Anton Lutterliock, bescheiden und einsichtsvoll, von jedem großsprecherischer Wesen frei, immer das Lob ablehnend und auf die Zukunft, auf größere Thaten verweisend, würde dieser Mann, auch in seiner Persönlichkeit und in seiner biedern, ehrlichen Natur, in seiner Duldsamkeit gegen junge aufsprosseude Talente das vollkommene Gegen¬ bild von Cornelius, nicht bloß in seiner Kunst voraussichtlich von belebendem und fördernden Einfluß auf das Gedeihen einer Körperschaft sein, mit welcher die Geschichte unsrer modernen Malerei und insbesondre der Monumentalmalerei auf das innigste verknüpft ist. Um noch einmal das Technische der Frage, welches uns hier nebenbei beschäftigt hat, zu berühren, so hat Janssen bewiesen, daß keine andre Technik für monumentale Zwecke den Ansprüchen, welche man an die Farbe richtet, in gleichem Maße gerecht wird wie die Wachsmalerei, vorausgesetzt, daß sie durch keine Beschränkungen an der vollen Entfaltung ihrer Wirkungen gehindert ist. Anton Lutterbeck f. in 30, Dezember des verflossenen Jahres ist in Gießen ein Maun aus dem Leben geschieden, dessen Name mit den Kämpfen über die neuere Entwicklung der katholischen Kirche Deutschlands Wohl für immer verknüpft bleiben wird, Anton Bernhard Lutterbcck, geboren zu Münster am 23. April 1812, in Münster und Berlin, wo er in besonders nahem Verhältnis zu Böckh stand, dnrch philologische, philo¬ sophische und theologische Studien gebildet, ist durch sein Wirken als Dozent wie durch seine Schriften lange Jahre, von 1842 bis 1859 als Professor der katholischen Theologie, dann, nach Auflösung der katholischen Fakultät durch den Bischof Ketteler, von 1859 bis 1877 als Professor der klassischen Philo¬ logie, eine Zierde der Gießener Universität gewesen, ausgezeichnet durch Be¬ gabung, Tiefe des Geistes und durch Tiefe und Umfang des Wissens, gleich daheim in den Wissenschaften des klassischen Altertums wie der Philosophie und der Theologie, dem Systeme Franz von Baaders, dessen Werke er mit Hofmann in Würzburg herausgab, zugewandt und darum dem mittelalter¬ lichen Mystizismus geneigt, aber auch geschätzt von astronomischen Autoritäten wegen seiner Kenntnisse des gestirnten Himmels, die er für die Geschichte des Neuen Testamentes verwertete, dabei ein kindlich reines Gemüt, das in wahrer christlicher Demut sich stets bewußt blieb, daß die Furcht Gottes aller Weisheit Anfang ist.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_151310/214>, abgerufen am 03.07.2024.