Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Erstes Quartal.Bakchen und Thyrsosträ'gar. Cavagnari in Kabul, oder bei der Eskorte des Prinzen Louis Napoleon im Ich bin wirklich dankbar für die empfangene Belehrung, sagte I)r. Stahl- Ließe Vernunft sich machen und sich einpflanzen dem Manne, Aber ich möchte mir doch noch eine kleine Frage, über eine wahre Kleinigkeit, Ich verstehe recht gut, daß Sie ironisch sprechen wollen, sagte der Professor, Bakchen und Thyrsosträ'gar. Cavagnari in Kabul, oder bei der Eskorte des Prinzen Louis Napoleon im Ich bin wirklich dankbar für die empfangene Belehrung, sagte I)r. Stahl- Ließe Vernunft sich machen und sich einpflanzen dem Manne, Aber ich möchte mir doch noch eine kleine Frage, über eine wahre Kleinigkeit, Ich verstehe recht gut, daß Sie ironisch sprechen wollen, sagte der Professor, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0673" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/86794"/> <fw type="header" place="top"> Bakchen und Thyrsosträ'gar.</fw><lb/> <p xml:id="ID_2741" prev="#ID_2740"> Cavagnari in Kabul, oder bei der Eskorte des Prinzen Louis Napoleon im<lb/> Zululandc befunden hätten, lebhaft nach einer Umgebung gesehnt habe», die aus<lb/> den Sittenlosesten der hiesigen Menschen zusammengesetzt gewesen wäre, Adeo<lb/> Sie siud verwöhnt, weil hier im gebildeten Deutschland eben alle sittlich sind,<lb/> und Sie glauben auch nur deshalb, es gäbe keinen Lehrer der Charaktertüchtig¬<lb/> keit, weil hier eben alle Menschen, insofern sie schon einigermaßen erwachsen und<lb/> verständig sind, in höherem oder niedrigeren Maße solche Lehrer sind. Sie<lb/> könnten mit ebendemselben Rechte behaupten, die deutsche Sprache könnte man<lb/> nicht lernen oder lehren, weil Sie nämlich uuter lauter Deutschen leben, die nicht<lb/> mehr nötig haben, deutsch sprechen zu lernen und gewissermaßen alle selbst Lehrer<lb/> der deutschen Sprache sind, obwohl sie natürlich wiederum alle noch in ihrer<lb/> eigenen Muttersprache lernen können. Man musz eben gründlich untersuchen,<lb/> fein unterscheiden und nicht auf den bloßen Schein hin paradoxe Behauptungen<lb/> aufstellen und verfechten.</p><lb/> <p xml:id="ID_2742" next="#ID_2743"> Ich bin wirklich dankbar für die empfangene Belehrung, sagte I)r. Stahl-<lb/> hardt in seiner natürlichen und ruhige» Weise, doch mit einem sarkastischen Zucken<lb/> um den Mund, denn in der That war ich bis jetzt noch nicht zu der Einsicht<lb/> gekommen, daß es menschliche Sorgfalt sei, wodurch die Guten gut werden. Auch<lb/> sehe ich nun gleich ein Beispiel vor Angen, welche schöne Sache es um unsern<lb/> Forschritt ist. Wie weit hat er uns doch in der Einsicht gebracht seit jenen<lb/> finstern Zeiten, in denen Pindar saug: „Angeborene Geisteskraft nur schafft<lb/> herrliche Thaten. Wer am Erlernten hängt, der dämmernde Mann, unsicher,!<lb/> Schrittes immer schwankt er hin und her," und wo der Dichter Theognis sagte:</p><lb/> <quote> Ließe Vernunft sich machen und sich einpflanzen dem Manne,<lb/> Großen und herrlichen Preis trügen die Lehrer davon.<lb/> Nimmer aus tüchtigem Stamm wuchs' ein verdorbener Sohn,<lb/> Folgt er verständigen Reden. Doch nimmer wirst durch Belehrung<lb/> Einen schlechten du je machen zum tüchtigen Manu.</quote><lb/> <p xml:id="ID_2743" prev="#ID_2742"> Aber ich möchte mir doch noch eine kleine Frage, über eine wahre Kleinigkeit,<lb/> erlauben, deren Beantwortung mich ganz ausheilen wird. Sie meinten, mein<lb/> Verehrtester Herr Professor, ich hätte die Begriffe verwechselt, indem ich vom<lb/> Genie sprach. Wie ist es denn nur mit dem Genie? Daß die Charaktertüchtig¬<lb/> keit gelernt wird, haben Sie gar trefflich bewiesen, aber woher kommt denn das<lb/> Genie, von dem Sie sagen, daß es nicht Gegenstand des Unterrichts sein<lb/> könne?</p><lb/> <p xml:id="ID_2744" next="#ID_2745"> Ich verstehe recht gut, daß Sie ironisch sprechen wollen, sagte der Professor,<lb/> indem eine Röte des Ärgers über sein Gesicht zog, aber ich will in Anbetracht<lb/> der Wichtigkeit des Gegenstandes die Sache ernster nehmen, als Sie zu thun<lb/> belieben. Gelernt wird das Genie allerdings auch, denn woher sollte ein Mensch<lb/> es haben, wenn er es nicht gelernt hätte? Nur ist es nicht Gegenstand des<lb/> Lernens im engern Sinne. Es ist eben nichts andres als das Resultat günstiger</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0673]
Bakchen und Thyrsosträ'gar.
Cavagnari in Kabul, oder bei der Eskorte des Prinzen Louis Napoleon im
Zululandc befunden hätten, lebhaft nach einer Umgebung gesehnt habe», die aus
den Sittenlosesten der hiesigen Menschen zusammengesetzt gewesen wäre, Adeo
Sie siud verwöhnt, weil hier im gebildeten Deutschland eben alle sittlich sind,
und Sie glauben auch nur deshalb, es gäbe keinen Lehrer der Charaktertüchtig¬
keit, weil hier eben alle Menschen, insofern sie schon einigermaßen erwachsen und
verständig sind, in höherem oder niedrigeren Maße solche Lehrer sind. Sie
könnten mit ebendemselben Rechte behaupten, die deutsche Sprache könnte man
nicht lernen oder lehren, weil Sie nämlich uuter lauter Deutschen leben, die nicht
mehr nötig haben, deutsch sprechen zu lernen und gewissermaßen alle selbst Lehrer
der deutschen Sprache sind, obwohl sie natürlich wiederum alle noch in ihrer
eigenen Muttersprache lernen können. Man musz eben gründlich untersuchen,
fein unterscheiden und nicht auf den bloßen Schein hin paradoxe Behauptungen
aufstellen und verfechten.
Ich bin wirklich dankbar für die empfangene Belehrung, sagte I)r. Stahl-
hardt in seiner natürlichen und ruhige» Weise, doch mit einem sarkastischen Zucken
um den Mund, denn in der That war ich bis jetzt noch nicht zu der Einsicht
gekommen, daß es menschliche Sorgfalt sei, wodurch die Guten gut werden. Auch
sehe ich nun gleich ein Beispiel vor Angen, welche schöne Sache es um unsern
Forschritt ist. Wie weit hat er uns doch in der Einsicht gebracht seit jenen
finstern Zeiten, in denen Pindar saug: „Angeborene Geisteskraft nur schafft
herrliche Thaten. Wer am Erlernten hängt, der dämmernde Mann, unsicher,!
Schrittes immer schwankt er hin und her," und wo der Dichter Theognis sagte:
Ließe Vernunft sich machen und sich einpflanzen dem Manne,
Großen und herrlichen Preis trügen die Lehrer davon.
Nimmer aus tüchtigem Stamm wuchs' ein verdorbener Sohn,
Folgt er verständigen Reden. Doch nimmer wirst durch Belehrung
Einen schlechten du je machen zum tüchtigen Manu.
Aber ich möchte mir doch noch eine kleine Frage, über eine wahre Kleinigkeit,
erlauben, deren Beantwortung mich ganz ausheilen wird. Sie meinten, mein
Verehrtester Herr Professor, ich hätte die Begriffe verwechselt, indem ich vom
Genie sprach. Wie ist es denn nur mit dem Genie? Daß die Charaktertüchtig¬
keit gelernt wird, haben Sie gar trefflich bewiesen, aber woher kommt denn das
Genie, von dem Sie sagen, daß es nicht Gegenstand des Unterrichts sein
könne?
Ich verstehe recht gut, daß Sie ironisch sprechen wollen, sagte der Professor,
indem eine Röte des Ärgers über sein Gesicht zog, aber ich will in Anbetracht
der Wichtigkeit des Gegenstandes die Sache ernster nehmen, als Sie zu thun
belieben. Gelernt wird das Genie allerdings auch, denn woher sollte ein Mensch
es haben, wenn er es nicht gelernt hätte? Nur ist es nicht Gegenstand des
Lernens im engern Sinne. Es ist eben nichts andres als das Resultat günstiger
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