Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Erstes Quartal.Attache der österreichischen Botschaft, Fürst von Czik-Czent-KiMy, eine Autorität Im Allianz-Klub ward die Sennorita heute Abend von der Frau von Einige Mitglieder des Klubs freilich zuckten die Achseln über diese Ein¬ Es giebt Personen in der Gesellschaft, die von guten: Adel sind, aber nicht Zu diesen Anhängseln, Randverzierungen und Auswüchsen des Adels gehörten Blankendvrffs also führten die Sängerin ein, und es war ein pikantes Bild, Attache der österreichischen Botschaft, Fürst von Czik-Czent-KiMy, eine Autorität Im Allianz-Klub ward die Sennorita heute Abend von der Frau von Einige Mitglieder des Klubs freilich zuckten die Achseln über diese Ein¬ Es giebt Personen in der Gesellschaft, die von guten: Adel sind, aber nicht Zu diesen Anhängseln, Randverzierungen und Auswüchsen des Adels gehörten Blankendvrffs also führten die Sängerin ein, und es war ein pikantes Bild, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0061" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/86182"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_217" prev="#ID_216"> Attache der österreichischen Botschaft, Fürst von Czik-Czent-KiMy, eine Autorität<lb/> ans den Gebieten des Sports und der Kunst, hatte erklärt, daß alles, was die<lb/> Welt bisher gehört und gesehen habe, „nur a Schmnrrn, nur a Fetz'u" gegen<lb/> die Sennorita Chcpa sei, die gesammte goldne Jugend stimmte ihm zu, und alle<lb/> andern Leute sprachen es nach und liefen ebenfalls in die Oper, wie denn die<lb/> Bevölkerung mancher Städte einmal so sonderbar beschaffen und geartet ist, daß<lb/> eine kokette Tänzerin oder ein tüchtiger Luftspringer oder ein schachspielendcr<lb/> Automat oder ein großer Chinese mehr Zulauf haben, als der beste und treueste<lb/> Prediger des Evangeliums.</p><lb/> <p xml:id="ID_218"> Im Allianz-Klub ward die Sennorita heute Abend von der Frau von<lb/> Blankend orff eingeführt.</p><lb/> <p xml:id="ID_219"> Einige Mitglieder des Klubs freilich zuckten die Achseln über diese Ein¬<lb/> führung und hielten sich darüber auf, daß gerade Frau von Blcmkendvrff dazu<lb/> berufen sei, während sie selbst sich auf eine ziemlich unerklärliche Weise im Klub<lb/> befand. Sie trugen einen guten Namen, die Blankendvrffs, aber man raunte<lb/> sich über sie allerhand ins Ohr.</p><lb/> <p xml:id="ID_220"> Es giebt Personen in der Gesellschaft, die von guten: Adel sind, aber nicht<lb/> genug Geld haben, um das Vergnügen, dem sie beständig nachjagen, selbst zu<lb/> bezahlen. Sie tragen die Titel vornehmer Familien, und man kann ihnen das<lb/> Recht darauf auch nicht bestreiten, aber sie haben ein bestimmtes Etwas an sich,<lb/> was nicht den echten Goldglanz hat. Sie gleichen dem Schaum des Champagners,<lb/> sie sind wie Blüten auf Dratstielen, sie haben keinen Bestand, sie verflüchtigen<lb/> sich leicht, sie verschwinden schnell, aber sie sind ein notwendiger Bestandteil<lb/> des Ganzen und überall zu finden in der feinen Welt. Sie haben feine Manieren,<lb/> eine raffinirte Bildung, aber vertragen kein ernstes Gespräch, und ihre Moral<lb/> ist fadenscheinig. Sie sind dienstfertig und entgegenkommend, aber man würde<lb/> ihnen nicht ohne Sorge eine wichtige Sache anvertrauen. Sie fahren in den<lb/> Equipagen ihrer Freunde, sitzen in deren Logen, essen deren Diners, aber sie sind<lb/> M stolz, um das Aussehen armer Verwandten zu haben. Sie würden gern<lb/> etwas geschenkt nehmen, wenn es im Dunkeln geschehen könnte, sie würden um<lb/> Ende auch wohl stehlen, wenn sie sicher wüßten, daß es erst am jüngsten Tage<lb/> herauskäme. In der Freundschaft gleichen sie dem Triebsand an den Meeres¬<lb/> küsten. Roß und Reiter werden dort hinabgezogen.</p><lb/> <p xml:id="ID_221"> Zu diesen Anhängseln, Randverzierungen und Auswüchsen des Adels gehörten<lb/> auch Frau von Blankendvrff und ihr Mann. Niemand wußte zu sagen, wovon<lb/> sie lebten. Genug, sie lebten und zwar in der elegantesten Weise. Sie waren<lb/> ein ungelöstes Rätsel, wenigstens ein Rätsel, dessen Lösung nicht öffentlich be¬<lb/> kannt war, und wenn es wirklich Leute gab, welche sie kannten, so waren diese<lb/> zu gutmütig oder zu großherzig oder zu interessirt bei der Geheimhaltung.</p><lb/> <p xml:id="ID_222" next="#ID_223"> Blankendvrffs also führten die Sängerin ein, und es war ein pikantes Bild,<lb/> als Lilli von Blankendvrff neben Chepa de Molini auftrat. Die Sängerin war</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0061]
Attache der österreichischen Botschaft, Fürst von Czik-Czent-KiMy, eine Autorität
ans den Gebieten des Sports und der Kunst, hatte erklärt, daß alles, was die
Welt bisher gehört und gesehen habe, „nur a Schmnrrn, nur a Fetz'u" gegen
die Sennorita Chcpa sei, die gesammte goldne Jugend stimmte ihm zu, und alle
andern Leute sprachen es nach und liefen ebenfalls in die Oper, wie denn die
Bevölkerung mancher Städte einmal so sonderbar beschaffen und geartet ist, daß
eine kokette Tänzerin oder ein tüchtiger Luftspringer oder ein schachspielendcr
Automat oder ein großer Chinese mehr Zulauf haben, als der beste und treueste
Prediger des Evangeliums.
Im Allianz-Klub ward die Sennorita heute Abend von der Frau von
Blankend orff eingeführt.
Einige Mitglieder des Klubs freilich zuckten die Achseln über diese Ein¬
führung und hielten sich darüber auf, daß gerade Frau von Blcmkendvrff dazu
berufen sei, während sie selbst sich auf eine ziemlich unerklärliche Weise im Klub
befand. Sie trugen einen guten Namen, die Blankendvrffs, aber man raunte
sich über sie allerhand ins Ohr.
Es giebt Personen in der Gesellschaft, die von guten: Adel sind, aber nicht
genug Geld haben, um das Vergnügen, dem sie beständig nachjagen, selbst zu
bezahlen. Sie tragen die Titel vornehmer Familien, und man kann ihnen das
Recht darauf auch nicht bestreiten, aber sie haben ein bestimmtes Etwas an sich,
was nicht den echten Goldglanz hat. Sie gleichen dem Schaum des Champagners,
sie sind wie Blüten auf Dratstielen, sie haben keinen Bestand, sie verflüchtigen
sich leicht, sie verschwinden schnell, aber sie sind ein notwendiger Bestandteil
des Ganzen und überall zu finden in der feinen Welt. Sie haben feine Manieren,
eine raffinirte Bildung, aber vertragen kein ernstes Gespräch, und ihre Moral
ist fadenscheinig. Sie sind dienstfertig und entgegenkommend, aber man würde
ihnen nicht ohne Sorge eine wichtige Sache anvertrauen. Sie fahren in den
Equipagen ihrer Freunde, sitzen in deren Logen, essen deren Diners, aber sie sind
M stolz, um das Aussehen armer Verwandten zu haben. Sie würden gern
etwas geschenkt nehmen, wenn es im Dunkeln geschehen könnte, sie würden um
Ende auch wohl stehlen, wenn sie sicher wüßten, daß es erst am jüngsten Tage
herauskäme. In der Freundschaft gleichen sie dem Triebsand an den Meeres¬
küsten. Roß und Reiter werden dort hinabgezogen.
Zu diesen Anhängseln, Randverzierungen und Auswüchsen des Adels gehörten
auch Frau von Blankendvrff und ihr Mann. Niemand wußte zu sagen, wovon
sie lebten. Genug, sie lebten und zwar in der elegantesten Weise. Sie waren
ein ungelöstes Rätsel, wenigstens ein Rätsel, dessen Lösung nicht öffentlich be¬
kannt war, und wenn es wirklich Leute gab, welche sie kannten, so waren diese
zu gutmütig oder zu großherzig oder zu interessirt bei der Geheimhaltung.
Blankendvrffs also führten die Sängerin ein, und es war ein pikantes Bild,
als Lilli von Blankendvrff neben Chepa de Molini auftrat. Die Sängerin war
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