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Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Erstes Quartal.

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Die Kriegsmacht der österreichisch-ungarische" Monarchie.

verwandt werden, wenn auch diese Erlaubnis erst nachträglich eingeholt zu werden
braucht. Die Landwehrangelegenheiten konzentriren sich demgemäß auch nicht
im Reichskriegsministerium, sondern werden in den beiden Reichshülften von je
einem Landesvcrteidignngsministcrium geführt, deren Vorstände als wahre kon¬
stitutionelle Minister mit den politische" Schwankungen steigen und fallen. Ob
ein häufiger Personenwechsel, wie er namentlich in Cisleithcmieu wiederholt ein¬
getreten ist, gerade in militärischen Dingen der Konstanz der Verhältnisse be¬
sonders förderlich ist, mag dabei unerörtert bleibe". Die Budgets der Laudes-
vcrteidigungsministerien bezifferte" sich für das Jahr 1881 in den im Reichsrat
vertretenen Ländern auf 9 379 407 Gulden im Ordinarium und 153 000 Gulden
im Extraordinarium, in den Ländern der Ungarischen Krone auf 6 484 000
Gulden, welche Summen dem gemeinsamen Budget zugezählt werden müssen,
um einen Anhaltepunkt für die thatsächlichen Heeresausgaben zu erlangen.

Die k. k. Landwehr, unter den militärischen Befehlen des Landwehrober¬
kommandanten Erzherzog Rainer und bewaffnet wie die Linie, besteht aus 62 Land-
wehrinfantericbataillons, 19 Landwehrschützenbataillons, 12 Dragonereskadrons,
13 Ulaneneskadrons und 1 Abteilung berittener Schützen.

Zehn Landesschützenbataillone führen neben der Nummer die Bezeichnung
der heimatlichen Gegend, der sie entstammen, und können in gleicher Bewaffnung
mit den Kaiserjägeru im Kriege um weitere zehn Rcservebataillone vermehrt werden.

Wie bei der königlich ungarischen Landwehr schon in der Bezeichnung als
Homo6d, welche der Nativnalarmee des Jahres 1848 entstammt, eine gewisse
Eigenart sich kundgiebt, so genießt diese Truppe überhaupt eine Sonderstellung --
ob zum Wohle des Ganzen, muß dahingestellt bleiben. Im Gegensatze zu der
ganzen Armee, in der Kommando und Dienstsprache deutsch ist, werden die Honvvd-
truppen in magyarischer Sprache kommandirt, führen Fahnen und andre Embleme
in den ungarischen Landesfarben, stehen nur im Kriege unter dem Oberbefehls¬
haber, im Frieden lediglich unter den k. ungarischen Militärbehörden. Das
Landwehroberkommando führt Erzherzog Joseph. Die Houvödarmee besteht aus
92 Bataillonen Infanterie in erster und 32 in zweiter Linie, 9 Husaren- und
1 Ulanenregiment, 94 Jnfanterieergänzungskompagnien, 20 Kavallcrieergünzungs-
halbeskadrons und 20 Mitrailleusenabteilungen.

Man berechnet die Stärke der k. k. Landwehr zu 130 000 Maun, die Tiroler
Landesverteidigung zu 25 000 Mann, die Honvöd zu 155 000 Manu, wo¬
durch also dem stehenden Heere ein Zuwachs von 310 000 Mann einschließlich
12 000 Mann Reiterei erwächst. Die Kriegsstärke der österreich-ungarischen
Armee erreicht damit die Höhe von 32 286 Offizieren. 1085 540 Mann. 189 630
Pferden und 1623 Geschützen.

Neben Linie und Landwehr ist auch der Landsturm als integrirender Teil
der Wehrkraft durch Gesetz unter völkerrechtlichen Schutz gestellt. Eigentliche
Landsturmgesetze existiren jedoch nur in den Ländern der ungarischen Krone und


Die Kriegsmacht der österreichisch-ungarische» Monarchie.

verwandt werden, wenn auch diese Erlaubnis erst nachträglich eingeholt zu werden
braucht. Die Landwehrangelegenheiten konzentriren sich demgemäß auch nicht
im Reichskriegsministerium, sondern werden in den beiden Reichshülften von je
einem Landesvcrteidignngsministcrium geführt, deren Vorstände als wahre kon¬
stitutionelle Minister mit den politische» Schwankungen steigen und fallen. Ob
ein häufiger Personenwechsel, wie er namentlich in Cisleithcmieu wiederholt ein¬
getreten ist, gerade in militärischen Dingen der Konstanz der Verhältnisse be¬
sonders förderlich ist, mag dabei unerörtert bleibe». Die Budgets der Laudes-
vcrteidigungsministerien bezifferte» sich für das Jahr 1881 in den im Reichsrat
vertretenen Ländern auf 9 379 407 Gulden im Ordinarium und 153 000 Gulden
im Extraordinarium, in den Ländern der Ungarischen Krone auf 6 484 000
Gulden, welche Summen dem gemeinsamen Budget zugezählt werden müssen,
um einen Anhaltepunkt für die thatsächlichen Heeresausgaben zu erlangen.

Die k. k. Landwehr, unter den militärischen Befehlen des Landwehrober¬
kommandanten Erzherzog Rainer und bewaffnet wie die Linie, besteht aus 62 Land-
wehrinfantericbataillons, 19 Landwehrschützenbataillons, 12 Dragonereskadrons,
13 Ulaneneskadrons und 1 Abteilung berittener Schützen.

Zehn Landesschützenbataillone führen neben der Nummer die Bezeichnung
der heimatlichen Gegend, der sie entstammen, und können in gleicher Bewaffnung
mit den Kaiserjägeru im Kriege um weitere zehn Rcservebataillone vermehrt werden.

Wie bei der königlich ungarischen Landwehr schon in der Bezeichnung als
Homo6d, welche der Nativnalarmee des Jahres 1848 entstammt, eine gewisse
Eigenart sich kundgiebt, so genießt diese Truppe überhaupt eine Sonderstellung —
ob zum Wohle des Ganzen, muß dahingestellt bleiben. Im Gegensatze zu der
ganzen Armee, in der Kommando und Dienstsprache deutsch ist, werden die Honvvd-
truppen in magyarischer Sprache kommandirt, führen Fahnen und andre Embleme
in den ungarischen Landesfarben, stehen nur im Kriege unter dem Oberbefehls¬
haber, im Frieden lediglich unter den k. ungarischen Militärbehörden. Das
Landwehroberkommando führt Erzherzog Joseph. Die Houvödarmee besteht aus
92 Bataillonen Infanterie in erster und 32 in zweiter Linie, 9 Husaren- und
1 Ulanenregiment, 94 Jnfanterieergänzungskompagnien, 20 Kavallcrieergünzungs-
halbeskadrons und 20 Mitrailleusenabteilungen.

Man berechnet die Stärke der k. k. Landwehr zu 130 000 Maun, die Tiroler
Landesverteidigung zu 25 000 Mann, die Honvöd zu 155 000 Manu, wo¬
durch also dem stehenden Heere ein Zuwachs von 310 000 Mann einschließlich
12 000 Mann Reiterei erwächst. Die Kriegsstärke der österreich-ungarischen
Armee erreicht damit die Höhe von 32 286 Offizieren. 1085 540 Mann. 189 630
Pferden und 1623 Geschützen.

Neben Linie und Landwehr ist auch der Landsturm als integrirender Teil
der Wehrkraft durch Gesetz unter völkerrechtlichen Schutz gestellt. Eigentliche
Landsturmgesetze existiren jedoch nur in den Ländern der ungarischen Krone und


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[0439] Die Kriegsmacht der österreichisch-ungarische» Monarchie. verwandt werden, wenn auch diese Erlaubnis erst nachträglich eingeholt zu werden braucht. Die Landwehrangelegenheiten konzentriren sich demgemäß auch nicht im Reichskriegsministerium, sondern werden in den beiden Reichshülften von je einem Landesvcrteidignngsministcrium geführt, deren Vorstände als wahre kon¬ stitutionelle Minister mit den politische» Schwankungen steigen und fallen. Ob ein häufiger Personenwechsel, wie er namentlich in Cisleithcmieu wiederholt ein¬ getreten ist, gerade in militärischen Dingen der Konstanz der Verhältnisse be¬ sonders förderlich ist, mag dabei unerörtert bleibe». Die Budgets der Laudes- vcrteidigungsministerien bezifferte» sich für das Jahr 1881 in den im Reichsrat vertretenen Ländern auf 9 379 407 Gulden im Ordinarium und 153 000 Gulden im Extraordinarium, in den Ländern der Ungarischen Krone auf 6 484 000 Gulden, welche Summen dem gemeinsamen Budget zugezählt werden müssen, um einen Anhaltepunkt für die thatsächlichen Heeresausgaben zu erlangen. Die k. k. Landwehr, unter den militärischen Befehlen des Landwehrober¬ kommandanten Erzherzog Rainer und bewaffnet wie die Linie, besteht aus 62 Land- wehrinfantericbataillons, 19 Landwehrschützenbataillons, 12 Dragonereskadrons, 13 Ulaneneskadrons und 1 Abteilung berittener Schützen. Zehn Landesschützenbataillone führen neben der Nummer die Bezeichnung der heimatlichen Gegend, der sie entstammen, und können in gleicher Bewaffnung mit den Kaiserjägeru im Kriege um weitere zehn Rcservebataillone vermehrt werden. Wie bei der königlich ungarischen Landwehr schon in der Bezeichnung als Homo6d, welche der Nativnalarmee des Jahres 1848 entstammt, eine gewisse Eigenart sich kundgiebt, so genießt diese Truppe überhaupt eine Sonderstellung — ob zum Wohle des Ganzen, muß dahingestellt bleiben. Im Gegensatze zu der ganzen Armee, in der Kommando und Dienstsprache deutsch ist, werden die Honvvd- truppen in magyarischer Sprache kommandirt, führen Fahnen und andre Embleme in den ungarischen Landesfarben, stehen nur im Kriege unter dem Oberbefehls¬ haber, im Frieden lediglich unter den k. ungarischen Militärbehörden. Das Landwehroberkommando führt Erzherzog Joseph. Die Houvödarmee besteht aus 92 Bataillonen Infanterie in erster und 32 in zweiter Linie, 9 Husaren- und 1 Ulanenregiment, 94 Jnfanterieergänzungskompagnien, 20 Kavallcrieergünzungs- halbeskadrons und 20 Mitrailleusenabteilungen. Man berechnet die Stärke der k. k. Landwehr zu 130 000 Maun, die Tiroler Landesverteidigung zu 25 000 Mann, die Honvöd zu 155 000 Manu, wo¬ durch also dem stehenden Heere ein Zuwachs von 310 000 Mann einschließlich 12 000 Mann Reiterei erwächst. Die Kriegsstärke der österreich-ungarischen Armee erreicht damit die Höhe von 32 286 Offizieren. 1085 540 Mann. 189 630 Pferden und 1623 Geschützen. Neben Linie und Landwehr ist auch der Landsturm als integrirender Teil der Wehrkraft durch Gesetz unter völkerrechtlichen Schutz gestellt. Eigentliche Landsturmgesetze existiren jedoch nur in den Ländern der ungarischen Krone und

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_89804/439>, abgerufen am 29.06.2024.