Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Viertes Quartal.Gustav Schwab als Prosaiker. Vordergründe steht, hat es ermöglicht, eine Reihe der interessantesten und wich¬ Schwab hat als Dichter das höchste Glück gehabt, welches einem Talente Jene jungdeutschen Kritiker, welche seinerzeit bewiesen, daß Gustav Schwab Dem gegenüber läßt sich nur ungelenke Freude empfinden, daß auch vou Wohl fühlt der Herausgeber, daß es Zeugnisse vergangener Tage bleibe", Gustav Schwab als Prosaiker. Vordergründe steht, hat es ermöglicht, eine Reihe der interessantesten und wich¬ Schwab hat als Dichter das höchste Glück gehabt, welches einem Talente Jene jungdeutschen Kritiker, welche seinerzeit bewiesen, daß Gustav Schwab Dem gegenüber läßt sich nur ungelenke Freude empfinden, daß auch vou Wohl fühlt der Herausgeber, daß es Zeugnisse vergangener Tage bleibe», <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0346" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/194324"/> <fw type="header" place="top"> Gustav Schwab als Prosaiker.</fw><lb/> <p xml:id="ID_1292" prev="#ID_1291"> Vordergründe steht, hat es ermöglicht, eine Reihe der interessantesten und wich¬<lb/> tigsten kritischen Aufsätze Schwabs, welche den Jahren 1826 —1839 angehören,<lb/> der Vergessenheit zu entreißen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1293"> Schwab hat als Dichter das höchste Glück gehabt, welches einem Talente<lb/> .zweiten Ranges zu Teil werden kann; ein paar Lieder und Balladen von ihm<lb/> können erst mit der gegenwärtigen deutschen Sprache selbst verklingen, „Bemooster<lb/> Bursche zieh ich ans" wird ertönen, so lange es deutsche Studenten giebt, das<lb/> „Mahl zu Heidelberg" und der „Reiter über den Vodensee" werden mit Recht<lb/> in allen lyrisch-epischen Mustersammlungen weitergeführt werden. Wir sind der<lb/> Meinung, daß noch mehr als ein Gedicht des trefflichen Schwaben diese Aus¬<lb/> zeichnung verdient hätte, haben aber alle Ursache, uns zu freuen, daß wenigstens<lb/> soviel lebendig wirksam geblieben ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_1294"> Jene jungdeutschen Kritiker, welche seinerzeit bewiesen, daß Gustav Schwab<lb/> ein mittelmäßiger Verseimrcher sei, der vom „modernen Literaturgeist" keine Ahnung<lb/> habe, sind bis auf deu Namen vergessen, nicht ein Blatt ihrer „geistreichen"<lb/> Kritiken, ihrer schillernden Phraseologie, hinter der weder Leben noch Überzeugung<lb/> stand, hat sich erhalten oder äußert mehr eine Wirkung. Zwar die hohle Ab¬<lb/> sprecherei, welche das einfach vortreffliche höhnisch abweist und dafür das auf¬<lb/> gebauschte und theatralisch prunkende Unvermögen feiert, ist bei uns unsterblich<lb/> geworden. Aber wenigstens löst eine Generation dieser Literatnrvertretcr die<lb/> andre ab, und die nachkommenden haben regelmäßig keine Ahnung davon, daß<lb/> schon vor ihnen so erleuchtete Geister das große Wort geführt und der Welt<lb/> bewiese» hatten, daß ehrliches sachliches Interesse und innere Wärme mit Genie<lb/> und Talent unvereinbar seien.</p><lb/> <p xml:id="ID_1295"> Dem gegenüber läßt sich nur ungelenke Freude empfinden, daß auch vou<lb/> Gustav Schwabs kritischer Thätigkeit ein Andenken erhalten bleiben und die bis<lb/> in die Literaturgeschichte hinein fortgepflanzte Sage widerlegt werden soll, daß<lb/> die schwäbische Dichterschule, nud was mit ihr zusammenhängt, für das Nichtige,<lb/> Untergeordnete und Armselige in der Literatur eine Vorliebe gehabt habe. Es<lb/> sind, bis ans die beiden Aufsätze „Meine Sammlung" und „Georg Bernhard<lb/> Bilfinger und seine Korrespondenz," die ein schwäbisches Lokalinteressc haben,<lb/> eingehende Rezensionen über eine Anzahl lyrischer Dichter aus deu zwanziger<lb/> und dreißiger Jahren, die aus vergessenen Zeitschriften und Taschenbüchern hier<lb/> gerettet werden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1296" next="#ID_1297"> Wohl fühlt der Herausgeber, daß es Zeugnisse vergangener Tage bleibe»,<lb/> um die es sich hier handelt. „Wer von dem heutigen Geschlecht, heißt es in<lb/> dem kurzen Vorwort, noch Sinn hat für die Entwicklung der vergangenen<lb/> Periode, in welcher die poetische Literatur soviel mehr als heutzutage in der<lb/> ersten Reihe der Lebensinteressen stand, der wird gewiß diese Blätter nicht »»-<lb/> befriedigt a»s der Ha»d lege»!" Wahrlich »icht! De»n diese alte» Rezettsionen<lb/> a»s den „Muosrosen" und den „Blättern für literarische Unterhaltung" helfen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0346]
Gustav Schwab als Prosaiker.
Vordergründe steht, hat es ermöglicht, eine Reihe der interessantesten und wich¬
tigsten kritischen Aufsätze Schwabs, welche den Jahren 1826 —1839 angehören,
der Vergessenheit zu entreißen.
Schwab hat als Dichter das höchste Glück gehabt, welches einem Talente
.zweiten Ranges zu Teil werden kann; ein paar Lieder und Balladen von ihm
können erst mit der gegenwärtigen deutschen Sprache selbst verklingen, „Bemooster
Bursche zieh ich ans" wird ertönen, so lange es deutsche Studenten giebt, das
„Mahl zu Heidelberg" und der „Reiter über den Vodensee" werden mit Recht
in allen lyrisch-epischen Mustersammlungen weitergeführt werden. Wir sind der
Meinung, daß noch mehr als ein Gedicht des trefflichen Schwaben diese Aus¬
zeichnung verdient hätte, haben aber alle Ursache, uns zu freuen, daß wenigstens
soviel lebendig wirksam geblieben ist.
Jene jungdeutschen Kritiker, welche seinerzeit bewiesen, daß Gustav Schwab
ein mittelmäßiger Verseimrcher sei, der vom „modernen Literaturgeist" keine Ahnung
habe, sind bis auf deu Namen vergessen, nicht ein Blatt ihrer „geistreichen"
Kritiken, ihrer schillernden Phraseologie, hinter der weder Leben noch Überzeugung
stand, hat sich erhalten oder äußert mehr eine Wirkung. Zwar die hohle Ab¬
sprecherei, welche das einfach vortreffliche höhnisch abweist und dafür das auf¬
gebauschte und theatralisch prunkende Unvermögen feiert, ist bei uns unsterblich
geworden. Aber wenigstens löst eine Generation dieser Literatnrvertretcr die
andre ab, und die nachkommenden haben regelmäßig keine Ahnung davon, daß
schon vor ihnen so erleuchtete Geister das große Wort geführt und der Welt
bewiese» hatten, daß ehrliches sachliches Interesse und innere Wärme mit Genie
und Talent unvereinbar seien.
Dem gegenüber läßt sich nur ungelenke Freude empfinden, daß auch vou
Gustav Schwabs kritischer Thätigkeit ein Andenken erhalten bleiben und die bis
in die Literaturgeschichte hinein fortgepflanzte Sage widerlegt werden soll, daß
die schwäbische Dichterschule, nud was mit ihr zusammenhängt, für das Nichtige,
Untergeordnete und Armselige in der Literatur eine Vorliebe gehabt habe. Es
sind, bis ans die beiden Aufsätze „Meine Sammlung" und „Georg Bernhard
Bilfinger und seine Korrespondenz," die ein schwäbisches Lokalinteressc haben,
eingehende Rezensionen über eine Anzahl lyrischer Dichter aus deu zwanziger
und dreißiger Jahren, die aus vergessenen Zeitschriften und Taschenbüchern hier
gerettet werden.
Wohl fühlt der Herausgeber, daß es Zeugnisse vergangener Tage bleibe»,
um die es sich hier handelt. „Wer von dem heutigen Geschlecht, heißt es in
dem kurzen Vorwort, noch Sinn hat für die Entwicklung der vergangenen
Periode, in welcher die poetische Literatur soviel mehr als heutzutage in der
ersten Reihe der Lebensinteressen stand, der wird gewiß diese Blätter nicht »»-
befriedigt a»s der Ha»d lege»!" Wahrlich »icht! De»n diese alte» Rezettsionen
a»s den „Muosrosen" und den „Blättern für literarische Unterhaltung" helfen
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |