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Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Drittes Quartal.

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Zur Rechtschreibung der Fremdwörter.

kommen zu lassen. So pflegt bekanntlich der Märker von den "luden" Sachsen
zu sprechen, für ihn giebt es also keine Mittelstufe zwischen j und k. Allerdings
stolpern andre wieder über andre Schwierigkeiten, wissen b und p, i und ü nicht
zu trennen, verschlucken die Schlußsilben, bringen kein Zungen-r zustande u. tgi. in.
Allein sie sind sich ihrer Schwäche bewußt, verlangen nicht, daß ihre Lässigkeit
für andre Gesetzgeberin werde. Folglich tragen sie auch ihre Unarten nicht, oder
weniger, in fremde Sprachen hinüber, es sei denn, daß sie die fremde als zweite
Muttersprache behandeln, wie die Elsüsser und Westschweizer das Französische.

Wie dem aber auch sei : bei geringer Fähigkeit oder Geneigtheit, Ohr und
Zunge zu üben und zu überwachen, erscheint das Unheil unvermeidlich, wenn
Lernenden Laute, welche die deutsche Sprache nicht besitzt, durch deutsche Buch¬
staben veranschaulicht werden sollen, und würde doch eher etwas gedeihliches
zu erreichet? sein, wenn wir sür den fremden Laut auch ein besondres Zeichen
hätten. Deren Zahl brauchte keineswegs groß zu sein. Vor mir liegt ein ency¬
klopädisches Werk, in welchem die Aussprache des Namens ^"znUs Schcmgli,
und des Worts Liman ----- Emallje vorgeschrieben ist. Da haben wir gleich die
wichtigsten: das französische oder s, gleichbedeutend mit dem tschechischen
dem magyarischen sis u. s. w., mit einem d verbunden zugleich für das Englische
und Italienische zu verwenden; -- das Rasal-n; das I rnonills. Nehmen wir
noch das englische dir, das dunkle a, dem englischen n-v, dem schwedischen n ent¬
sprechend, so würde damit wahrscheinlich unser Bedarf im wesentlichen gedeckt
sein. Wenigstens ließen sich mit passenden Kombinationen wohl die Ausdrücke
schreibe", welche aus dem Französischen, Englischen, Italienischen in unsre Sprache
übergegangen sind, und die geographischen und Personennamen, Bezeichnungen
von Natur- oder Jndustrieerzengnissen aus Sprachen, welche eigene Schriftzeichen
haben. Das polnische 1 richtig aussprechen zu lernen, darauf muß ein Germane wohl
von vornherein verzichten, und er kommt ja auch uicht leicht in die Verlegenheit.

Die hier angedeutete Unterscheidung zwischen Weltsprachen und andern wird
einer Rechtfertigung kaum bedürfen, ebensowenig, daß wir das Beibehalten der
ursprünglichen Schreibung bei holländische,,, dänischen, schwedischen, spanischen ze.
Eigennamen befürworte". Wohl aber würde sich bei solche" die Einführung
des Accents, wie ihn die Augsburger Allgemeine Zeitung bei spanischen Wörtern
anwendet, nötigenfalls auch eines Trennungszeichens, empfehle". Schreiben wir
z. B. den spanischen Namen, welchen General Prim als Prädikat führte, Re-us,
so würde nicht immer das komische Mißverständnis zwischen diesem u"d unserm
Reuß vorkommen.

Alles dies wird als unvorgreifliche Anregung gegeben. Vielleicht findet
jemand es einer weiteren Erörterung würdig, wo nicht -- "tag es im Winde
verwehen.



*) Wahrscheinlich wird das letztere geschehen. Der Bestand unseres Alphabets beruht
Zur Rechtschreibung der Fremdwörter.

kommen zu lassen. So pflegt bekanntlich der Märker von den „luden" Sachsen
zu sprechen, für ihn giebt es also keine Mittelstufe zwischen j und k. Allerdings
stolpern andre wieder über andre Schwierigkeiten, wissen b und p, i und ü nicht
zu trennen, verschlucken die Schlußsilben, bringen kein Zungen-r zustande u. tgi. in.
Allein sie sind sich ihrer Schwäche bewußt, verlangen nicht, daß ihre Lässigkeit
für andre Gesetzgeberin werde. Folglich tragen sie auch ihre Unarten nicht, oder
weniger, in fremde Sprachen hinüber, es sei denn, daß sie die fremde als zweite
Muttersprache behandeln, wie die Elsüsser und Westschweizer das Französische.

Wie dem aber auch sei : bei geringer Fähigkeit oder Geneigtheit, Ohr und
Zunge zu üben und zu überwachen, erscheint das Unheil unvermeidlich, wenn
Lernenden Laute, welche die deutsche Sprache nicht besitzt, durch deutsche Buch¬
staben veranschaulicht werden sollen, und würde doch eher etwas gedeihliches
zu erreichet? sein, wenn wir sür den fremden Laut auch ein besondres Zeichen
hätten. Deren Zahl brauchte keineswegs groß zu sein. Vor mir liegt ein ency¬
klopädisches Werk, in welchem die Aussprache des Namens ^«znUs Schcmgli,
und des Worts Liman ----- Emallje vorgeschrieben ist. Da haben wir gleich die
wichtigsten: das französische oder s, gleichbedeutend mit dem tschechischen
dem magyarischen sis u. s. w., mit einem d verbunden zugleich für das Englische
und Italienische zu verwenden; — das Rasal-n; das I rnonills. Nehmen wir
noch das englische dir, das dunkle a, dem englischen n-v, dem schwedischen n ent¬
sprechend, so würde damit wahrscheinlich unser Bedarf im wesentlichen gedeckt
sein. Wenigstens ließen sich mit passenden Kombinationen wohl die Ausdrücke
schreibe», welche aus dem Französischen, Englischen, Italienischen in unsre Sprache
übergegangen sind, und die geographischen und Personennamen, Bezeichnungen
von Natur- oder Jndustrieerzengnissen aus Sprachen, welche eigene Schriftzeichen
haben. Das polnische 1 richtig aussprechen zu lernen, darauf muß ein Germane wohl
von vornherein verzichten, und er kommt ja auch uicht leicht in die Verlegenheit.

Die hier angedeutete Unterscheidung zwischen Weltsprachen und andern wird
einer Rechtfertigung kaum bedürfen, ebensowenig, daß wir das Beibehalten der
ursprünglichen Schreibung bei holländische,,, dänischen, schwedischen, spanischen ze.
Eigennamen befürworte«. Wohl aber würde sich bei solche» die Einführung
des Accents, wie ihn die Augsburger Allgemeine Zeitung bei spanischen Wörtern
anwendet, nötigenfalls auch eines Trennungszeichens, empfehle». Schreiben wir
z. B. den spanischen Namen, welchen General Prim als Prädikat führte, Re-us,
so würde nicht immer das komische Mißverständnis zwischen diesem u»d unserm
Reuß vorkommen.

Alles dies wird als unvorgreifliche Anregung gegeben. Vielleicht findet
jemand es einer weiteren Erörterung würdig, wo nicht — »tag es im Winde
verwehen.



*) Wahrscheinlich wird das letztere geschehen. Der Bestand unseres Alphabets beruht
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[0611] Zur Rechtschreibung der Fremdwörter. kommen zu lassen. So pflegt bekanntlich der Märker von den „luden" Sachsen zu sprechen, für ihn giebt es also keine Mittelstufe zwischen j und k. Allerdings stolpern andre wieder über andre Schwierigkeiten, wissen b und p, i und ü nicht zu trennen, verschlucken die Schlußsilben, bringen kein Zungen-r zustande u. tgi. in. Allein sie sind sich ihrer Schwäche bewußt, verlangen nicht, daß ihre Lässigkeit für andre Gesetzgeberin werde. Folglich tragen sie auch ihre Unarten nicht, oder weniger, in fremde Sprachen hinüber, es sei denn, daß sie die fremde als zweite Muttersprache behandeln, wie die Elsüsser und Westschweizer das Französische. Wie dem aber auch sei : bei geringer Fähigkeit oder Geneigtheit, Ohr und Zunge zu üben und zu überwachen, erscheint das Unheil unvermeidlich, wenn Lernenden Laute, welche die deutsche Sprache nicht besitzt, durch deutsche Buch¬ staben veranschaulicht werden sollen, und würde doch eher etwas gedeihliches zu erreichet? sein, wenn wir sür den fremden Laut auch ein besondres Zeichen hätten. Deren Zahl brauchte keineswegs groß zu sein. Vor mir liegt ein ency¬ klopädisches Werk, in welchem die Aussprache des Namens ^«znUs Schcmgli, und des Worts Liman ----- Emallje vorgeschrieben ist. Da haben wir gleich die wichtigsten: das französische oder s, gleichbedeutend mit dem tschechischen dem magyarischen sis u. s. w., mit einem d verbunden zugleich für das Englische und Italienische zu verwenden; — das Rasal-n; das I rnonills. Nehmen wir noch das englische dir, das dunkle a, dem englischen n-v, dem schwedischen n ent¬ sprechend, so würde damit wahrscheinlich unser Bedarf im wesentlichen gedeckt sein. Wenigstens ließen sich mit passenden Kombinationen wohl die Ausdrücke schreibe», welche aus dem Französischen, Englischen, Italienischen in unsre Sprache übergegangen sind, und die geographischen und Personennamen, Bezeichnungen von Natur- oder Jndustrieerzengnissen aus Sprachen, welche eigene Schriftzeichen haben. Das polnische 1 richtig aussprechen zu lernen, darauf muß ein Germane wohl von vornherein verzichten, und er kommt ja auch uicht leicht in die Verlegenheit. Die hier angedeutete Unterscheidung zwischen Weltsprachen und andern wird einer Rechtfertigung kaum bedürfen, ebensowenig, daß wir das Beibehalten der ursprünglichen Schreibung bei holländische,,, dänischen, schwedischen, spanischen ze. Eigennamen befürworte«. Wohl aber würde sich bei solche» die Einführung des Accents, wie ihn die Augsburger Allgemeine Zeitung bei spanischen Wörtern anwendet, nötigenfalls auch eines Trennungszeichens, empfehle». Schreiben wir z. B. den spanischen Namen, welchen General Prim als Prädikat führte, Re-us, so würde nicht immer das komische Mißverständnis zwischen diesem u»d unserm Reuß vorkommen. Alles dies wird als unvorgreifliche Anregung gegeben. Vielleicht findet jemand es einer weiteren Erörterung würdig, wo nicht — »tag es im Winde verwehen. *) Wahrscheinlich wird das letztere geschehen. Der Bestand unseres Alphabets beruht

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_193340/611>, abgerufen am 01.07.2024.