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Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Drittes Quartal.

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Mißstimmung, daß der König ihm seine Saiiktio" versagte. Die wieder ans
genommenen Bemühungen der Regierung wegen einer größeren Annäherung der
beiden Staaten um einander führten zu keinem Resultat. Auch der aus Ver¬
tretern Schwedens und Norwegens zusammengesetzte Staatsrat, der die dahin
zielenden Pläne 1801 und 1362 der Priifuiig unterzog, richtete nichts aus.
Das Stvrthing, das im Herbst des letztgenannten Jahres tagte, beharrte bei
der Ablehnung der Vorschläge, die der König ihm in dieser Richtung machen
ließ, doch beschloß es einige wichtige Bestimmungen des jenem besonders am
Herzen liegenden Verteidigungswesens, welche 1866 im Hinblick ans die damals
sich vollziehende Einigung Deutschlands ergänzt wurden, nachdem 1864 ein nußer-
ordentliches Stvrthing dein Könige eine halbe Million Speziesthaler zu Zwecken
der Landesverteidigung bewilligt, auch dein Begehren der Regierung, der König
solle die norwegische Kriegsmacht nach Gutdüuke" zur Unterstützung Dänemarks
verwenden können, seine Zustimmung erteilt hatte, wobei zu bemerken, daß der
Souverän nach der Verfassung Norwegens nur nach Anhören des Staatsrntes
Krieg erklären, Frieden schließen und Bündnisse eingehen darf. Auch ist nicht
anßer Acht zu lassen, daß die Volksvertretung in jenem Falle die Teilnahme
am dänisch-deutscheu Kampfe von einer die Interessen Norwegens sichernden
Allianz abhängig machte, die bekanntermaßen ausblieb, so daß das bereits zu-
sammengezogene schwedisch-norwegische Geschwader aufgelöst werden mußte, bevor
es einen Schuß gethan hatte.

Der Streit und die Eifersucht der beiden Schwesteruativnen, die von 1869
bis 1862 sich wieder so fühlbar gemacht hatte", nähme" später und zwar bald
einen mildere" Charakter a" und schliefe" allmählich in dem Maße ein, daß um
4. November 1864 die Feier des funfzigjährigen Bestehens der schwedisch-nor¬
wegischen Union in beiden Ländern beinahe mit gleicher Herzlichkeit begangen wurde.

Indeß drohte jetzt von andrer Seite der Negierung und den wahren In¬
teressen des Landes Gefahr. Infolge der letzte" Wähle" hatte die Zahl der
radikale" Demokraten im Storthing sich dermaßen vermehrt, daß die Partei der
grundsätzlichen Opposition gegen alle Regiernngsvorschläge zuletzt die Oberhand
gewann. Es war, wie man sagen kann, der norwegische Fortschritt, der
fortan dnrch Widerspruch "uter allen Umständen und gesinnungstüchtige Recht¬
haberei den wahre" Fortschritt für geraume Zeit unmöglich machte. Zwar
sprach das Storthing, das 1865 und 1866 tagte, sich für engere Vereinigung
mit Schweden aus, aber mir weil die Einrichtungen des schwedischen Reichstags
sich inzwischen mehr dein Ideal der Demokraten genähert hatte". Auch wurde
die vom König vorgelegte neue Unionsatte von dem norwegische" Parla¬
mente nicht angenommen, dasselbe genehmigte vielmehr nur die Einsiihruiig der
Gewerbefreiheit und der Freizügigkeit zwischen den beiden Länder". 1872 aber
brach wegen der Weigerung des Königs, das Stvrthing z" verläiiger" und die
Minister zur Teilnahme an den Verhandluuge" desselben zu verpflichten, el"


Mißstimmung, daß der König ihm seine Saiiktio» versagte. Die wieder ans
genommenen Bemühungen der Regierung wegen einer größeren Annäherung der
beiden Staaten um einander führten zu keinem Resultat. Auch der aus Ver¬
tretern Schwedens und Norwegens zusammengesetzte Staatsrat, der die dahin
zielenden Pläne 1801 und 1362 der Priifuiig unterzog, richtete nichts aus.
Das Stvrthing, das im Herbst des letztgenannten Jahres tagte, beharrte bei
der Ablehnung der Vorschläge, die der König ihm in dieser Richtung machen
ließ, doch beschloß es einige wichtige Bestimmungen des jenem besonders am
Herzen liegenden Verteidigungswesens, welche 1866 im Hinblick ans die damals
sich vollziehende Einigung Deutschlands ergänzt wurden, nachdem 1864 ein nußer-
ordentliches Stvrthing dein Könige eine halbe Million Speziesthaler zu Zwecken
der Landesverteidigung bewilligt, auch dein Begehren der Regierung, der König
solle die norwegische Kriegsmacht nach Gutdüuke» zur Unterstützung Dänemarks
verwenden können, seine Zustimmung erteilt hatte, wobei zu bemerken, daß der
Souverän nach der Verfassung Norwegens nur nach Anhören des Staatsrntes
Krieg erklären, Frieden schließen und Bündnisse eingehen darf. Auch ist nicht
anßer Acht zu lassen, daß die Volksvertretung in jenem Falle die Teilnahme
am dänisch-deutscheu Kampfe von einer die Interessen Norwegens sichernden
Allianz abhängig machte, die bekanntermaßen ausblieb, so daß das bereits zu-
sammengezogene schwedisch-norwegische Geschwader aufgelöst werden mußte, bevor
es einen Schuß gethan hatte.

Der Streit und die Eifersucht der beiden Schwesteruativnen, die von 1869
bis 1862 sich wieder so fühlbar gemacht hatte», nähme» später und zwar bald
einen mildere» Charakter a» und schliefe» allmählich in dem Maße ein, daß um
4. November 1864 die Feier des funfzigjährigen Bestehens der schwedisch-nor¬
wegischen Union in beiden Ländern beinahe mit gleicher Herzlichkeit begangen wurde.

Indeß drohte jetzt von andrer Seite der Negierung und den wahren In¬
teressen des Landes Gefahr. Infolge der letzte» Wähle» hatte die Zahl der
radikale» Demokraten im Storthing sich dermaßen vermehrt, daß die Partei der
grundsätzlichen Opposition gegen alle Regiernngsvorschläge zuletzt die Oberhand
gewann. Es war, wie man sagen kann, der norwegische Fortschritt, der
fortan dnrch Widerspruch »uter allen Umständen und gesinnungstüchtige Recht¬
haberei den wahre» Fortschritt für geraume Zeit unmöglich machte. Zwar
sprach das Storthing, das 1865 und 1866 tagte, sich für engere Vereinigung
mit Schweden aus, aber mir weil die Einrichtungen des schwedischen Reichstags
sich inzwischen mehr dein Ideal der Demokraten genähert hatte». Auch wurde
die vom König vorgelegte neue Unionsatte von dem norwegische» Parla¬
mente nicht angenommen, dasselbe genehmigte vielmehr nur die Einsiihruiig der
Gewerbefreiheit und der Freizügigkeit zwischen den beiden Länder». 1872 aber
brach wegen der Weigerung des Königs, das Stvrthing z» verläiiger» und die
Minister zur Teilnahme an den Verhandluuge» desselben zu verpflichten, el»


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_193340/61>, abgerufen am 03.07.2024.