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Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Drittes Quartal.

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Die Aonferenzgernchte und der ägyptische Xrieg,

garieu ebensowenig ausgezeichnet; mir die Negerregimeuter thaten sich durch Mut
und Ausdauer hervor. Immerhin kann Arnbi deu fünfzehn- oder sechzehntausend
Engländern Wvlseleys ungefähr die doppelte Anzahl entgegenstellen; er ist ihm
auch an Geschützen überlegen, und dieselben werden von einer tüchtigen Artillerie
bedient und stehen hinter gewaltigen und geschickt angelegten Schanzwerken, die
namentlich bei Tel El Kebir formidnbel sein sollen. Seit 1801. ferner, wo
Bonaparte so rasch Erfolge erfocht, ist Ägypten reicher und zivilisirter geworden.
Ismail allein erbaute binnen zwölf Jahren Eisenbahnen von einer Gesammt-
länge von 260 deutschen Meilen, die jetzt Arabis Generalstab für seine Ope¬
rationen zu Gute kommen. Desgleichen schuf Ismail mehr als hundert neue
Kanäle zu Bewässerungszwecken und gegen fünfhundert Brücken, die der Ver¬
teidigung des Landes dienen werden, nachdem der Nil dasselbe zu überschlvemmeu
begonnen hat. Die ägyptische Kavallerie ist bei weitem nicht so gut als die
englische, die Infanterie aber ist wenigstens so gut bewaffnet als die, über welche
der britische Obergeneral verfügt. Sie ist mit den: Remingtougewehr versehen,
welches nicht so leicht in Unordnung gerät als das Henry-Martinigewehr, das
namentlich in einer mit Wüstenstaub erfüllten Atmosphäre leicht versagt. An
Waffen und Munition fehlt es nicht. Ismail hat davon so ungeheure Vorräte
aufgehäuft, daß er der Pforte wühreud ihres letzten Krieges mit Nußland ganze
Schiffsladungen mit Patronen zur Aushilfe senden konnte. Die schwarzen Sol-
daten ans dem Süden sind schwer zu diszipliniren, geben aber, wenn es gelungen
ist, eine treffliche Truppe ab, und es ist einzunehmen, daß Arabi als praktischer
Militär dies weiß, und den größern Teil seiner Negerregimenter da konzentrirt
hat, wo die größte Gefahr droht, also im verschanzten Lager zwischen Zagazig
und Kasfasiu im Wadi Tumilat. Wie viel Leute dort stehen, ist mit Sicher¬
heit nicht zu sagen, doch wird man nicht irre gehen, wenn man annimmt, Arabi
werde am Tage der Entscheidung fünfundzwanzig- bis dreißigtausend Reguläre
und etwa fünftausend Beduinen, die als leichte Reiterei dienen, dort zu konzen-
triren imstande sein.

Einen Ansturm der Engländer in offenem Felde wird diese Armee schwerlich
aushalten. Ebensowenig aber werden, wie es scheint, die Engländer die Schanzen
der Araber im ersten Anlauf zu nehmen vermöge::, und eine Umgehung der
Stellung Arabis ist nach der Beschreibung derselben kaum möglich. Sir Garnet
Wolseley wird somit bei Tel El Kebir ein schweres Stück Arbeit zu bewältigen
haben, und wenn nicht alles täuscht, was wir von der Sache zu wissen glauben,
so wird ein dort erfochtener Sieg erstens viel englisches Blut kosten, sodann
aber vermutlich nicht so entscheidend seil,, daß er dem Aufstand gegen den Chedive
sofort ein Ende machte. Die Verfolgung wird bei der Schwerfälligkeit der
Engländer nicht sehr rasch vor sich gehen, bei Zagazig und weiterhin können
sollten wenigstens) andre Schanzen zur Aufnahme der geschlagenen Ägypter sein,
und wenn auch diese genommen wären, bliebe bei einer resoluter und zähen Ver-


Die Aonferenzgernchte und der ägyptische Xrieg,

garieu ebensowenig ausgezeichnet; mir die Negerregimeuter thaten sich durch Mut
und Ausdauer hervor. Immerhin kann Arnbi deu fünfzehn- oder sechzehntausend
Engländern Wvlseleys ungefähr die doppelte Anzahl entgegenstellen; er ist ihm
auch an Geschützen überlegen, und dieselben werden von einer tüchtigen Artillerie
bedient und stehen hinter gewaltigen und geschickt angelegten Schanzwerken, die
namentlich bei Tel El Kebir formidnbel sein sollen. Seit 1801. ferner, wo
Bonaparte so rasch Erfolge erfocht, ist Ägypten reicher und zivilisirter geworden.
Ismail allein erbaute binnen zwölf Jahren Eisenbahnen von einer Gesammt-
länge von 260 deutschen Meilen, die jetzt Arabis Generalstab für seine Ope¬
rationen zu Gute kommen. Desgleichen schuf Ismail mehr als hundert neue
Kanäle zu Bewässerungszwecken und gegen fünfhundert Brücken, die der Ver¬
teidigung des Landes dienen werden, nachdem der Nil dasselbe zu überschlvemmeu
begonnen hat. Die ägyptische Kavallerie ist bei weitem nicht so gut als die
englische, die Infanterie aber ist wenigstens so gut bewaffnet als die, über welche
der britische Obergeneral verfügt. Sie ist mit den: Remingtougewehr versehen,
welches nicht so leicht in Unordnung gerät als das Henry-Martinigewehr, das
namentlich in einer mit Wüstenstaub erfüllten Atmosphäre leicht versagt. An
Waffen und Munition fehlt es nicht. Ismail hat davon so ungeheure Vorräte
aufgehäuft, daß er der Pforte wühreud ihres letzten Krieges mit Nußland ganze
Schiffsladungen mit Patronen zur Aushilfe senden konnte. Die schwarzen Sol-
daten ans dem Süden sind schwer zu diszipliniren, geben aber, wenn es gelungen
ist, eine treffliche Truppe ab, und es ist einzunehmen, daß Arabi als praktischer
Militär dies weiß, und den größern Teil seiner Negerregimenter da konzentrirt
hat, wo die größte Gefahr droht, also im verschanzten Lager zwischen Zagazig
und Kasfasiu im Wadi Tumilat. Wie viel Leute dort stehen, ist mit Sicher¬
heit nicht zu sagen, doch wird man nicht irre gehen, wenn man annimmt, Arabi
werde am Tage der Entscheidung fünfundzwanzig- bis dreißigtausend Reguläre
und etwa fünftausend Beduinen, die als leichte Reiterei dienen, dort zu konzen-
triren imstande sein.

Einen Ansturm der Engländer in offenem Felde wird diese Armee schwerlich
aushalten. Ebensowenig aber werden, wie es scheint, die Engländer die Schanzen
der Araber im ersten Anlauf zu nehmen vermöge::, und eine Umgehung der
Stellung Arabis ist nach der Beschreibung derselben kaum möglich. Sir Garnet
Wolseley wird somit bei Tel El Kebir ein schweres Stück Arbeit zu bewältigen
haben, und wenn nicht alles täuscht, was wir von der Sache zu wissen glauben,
so wird ein dort erfochtener Sieg erstens viel englisches Blut kosten, sodann
aber vermutlich nicht so entscheidend seil,, daß er dem Aufstand gegen den Chedive
sofort ein Ende machte. Die Verfolgung wird bei der Schwerfälligkeit der
Engländer nicht sehr rasch vor sich gehen, bei Zagazig und weiterhin können
sollten wenigstens) andre Schanzen zur Aufnahme der geschlagenen Ägypter sein,
und wenn auch diese genommen wären, bliebe bei einer resoluter und zähen Ver-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_193340/542>, abgerufen am 01.07.2024.