Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Drittes Quartal.

Bild:
<< vorherige Seite
Der Regen.

Wüstes Erdreich, und Südafrika. An die regenlosen schließen sich zwei regen¬
reiche anßertropische Gebiete an.

Asien hat seine besondern Regenverhaltnisse, welche von dem jährlich wech¬
selnden Mmisum abhängen. Wenn nämlich dnrch starke Erwärmung die Luft¬
schichten über Asien sich gelockert haben, strömt ans dem indischen Ozean ein
wasserhaltiger Südwestwind in das Landgebiet ein, um besonders vor dem Hima-
layagebirge, das diese Luftmassen übersteigen müssen, gewaltige Regenfluten nieder¬
zuwerfen. Hier sind quantitativ gerechnet die regenreichsten Orte der Erde. So
erreicht die Regenmenge in Cherrapooujee, 1250 Meter über dem Meere, die
Jahreshöhe von 14 200 Millimeter, während die Jahreshöhe in der Sierra
Leone, einem berüchtigten Regenlande um der Westküste Afrikas, 4800 Milli¬
meter, in dem schou erwähnten enmbrischen Gebirge 3060 Millimeter und in
Petersburg 450 Millimeter beträgt.

Eine Karte von Deutschland, in welcher die jährlichen Regenmengen mit
Farben eingetragen sind, sieht ungefähr so wie eine Höheuschichtcukarte ans.
Man hat das Bild sämmtlicher Gebirge vor sich, nnr daß die mehr westlich
gelegenen Gebirge eben wegen ihrer größeren Nähe des Meeres höher erscheinen
als sie sind. So haben die Argonnen, der Harz und der Thüringer Wald größere
Negenhöhe als die Sudeten, während letztere einen Hvhenvorzng von mehr als
1000 Fuß besitzen.

Die durchschnittliche Regenmenge beträgt für Zentraleuropa im nördlichen
Tieflande 613, im mitteldeutschen Berglande 690, im süddeutschen Berglande
825 Millimeter; Klansthal im Harz hat 1427, Baden im Schwarzwalde 1445,
Santa Maria in den Lombardischer Alpen 2483 Millimeter. Regenarme Gegenden
sind die Rheinebene von Mainz bis Straßburg, das thüringische Hügelland und
die goldne Ane, der innere Teil von Böhmen und merkwürdigerweise auch
ein großes Gebiet, welches Vorpommern, das nördliche Sachsen, die östliche
Hälfte der Mark Brandenburg und Teile von Posen und Westpreußen umfaßt,
während Polen wieder regenreicher ist. Liegt das vielleicht an dem berüchtigten
Sandboden, der sich im Sommer so stark erwärmt, daß Regenstrome über ihn
dahin ziehen, ohne so leicht wie anderwärts zur Regensüttignng gelangen zu
können?

Alle diese Dinge sind die konstanten Faktoren unsrer Witternngserscheinungen.
Sie sind wichtig, da sie der einzelnen Ortschaft ihr allgemeines Gepräge geben.
Zur Erklärung des Wetterverlanfes, wie er in unsern Breiten charakteristisch
ist, bedarf es jedoch eines bis jetzt von uns noch nicht ins Ange gefaßten
Elementes, der rotirenden Luftströmung. Davon soll in einem zweiten Aufsatz:
"Wind und Wetter" die Rede sein.




Der Regen.

Wüstes Erdreich, und Südafrika. An die regenlosen schließen sich zwei regen¬
reiche anßertropische Gebiete an.

Asien hat seine besondern Regenverhaltnisse, welche von dem jährlich wech¬
selnden Mmisum abhängen. Wenn nämlich dnrch starke Erwärmung die Luft¬
schichten über Asien sich gelockert haben, strömt ans dem indischen Ozean ein
wasserhaltiger Südwestwind in das Landgebiet ein, um besonders vor dem Hima-
layagebirge, das diese Luftmassen übersteigen müssen, gewaltige Regenfluten nieder¬
zuwerfen. Hier sind quantitativ gerechnet die regenreichsten Orte der Erde. So
erreicht die Regenmenge in Cherrapooujee, 1250 Meter über dem Meere, die
Jahreshöhe von 14 200 Millimeter, während die Jahreshöhe in der Sierra
Leone, einem berüchtigten Regenlande um der Westküste Afrikas, 4800 Milli¬
meter, in dem schou erwähnten enmbrischen Gebirge 3060 Millimeter und in
Petersburg 450 Millimeter beträgt.

Eine Karte von Deutschland, in welcher die jährlichen Regenmengen mit
Farben eingetragen sind, sieht ungefähr so wie eine Höheuschichtcukarte ans.
Man hat das Bild sämmtlicher Gebirge vor sich, nnr daß die mehr westlich
gelegenen Gebirge eben wegen ihrer größeren Nähe des Meeres höher erscheinen
als sie sind. So haben die Argonnen, der Harz und der Thüringer Wald größere
Negenhöhe als die Sudeten, während letztere einen Hvhenvorzng von mehr als
1000 Fuß besitzen.

Die durchschnittliche Regenmenge beträgt für Zentraleuropa im nördlichen
Tieflande 613, im mitteldeutschen Berglande 690, im süddeutschen Berglande
825 Millimeter; Klansthal im Harz hat 1427, Baden im Schwarzwalde 1445,
Santa Maria in den Lombardischer Alpen 2483 Millimeter. Regenarme Gegenden
sind die Rheinebene von Mainz bis Straßburg, das thüringische Hügelland und
die goldne Ane, der innere Teil von Böhmen und merkwürdigerweise auch
ein großes Gebiet, welches Vorpommern, das nördliche Sachsen, die östliche
Hälfte der Mark Brandenburg und Teile von Posen und Westpreußen umfaßt,
während Polen wieder regenreicher ist. Liegt das vielleicht an dem berüchtigten
Sandboden, der sich im Sommer so stark erwärmt, daß Regenstrome über ihn
dahin ziehen, ohne so leicht wie anderwärts zur Regensüttignng gelangen zu
können?

Alle diese Dinge sind die konstanten Faktoren unsrer Witternngserscheinungen.
Sie sind wichtig, da sie der einzelnen Ortschaft ihr allgemeines Gepräge geben.
Zur Erklärung des Wetterverlanfes, wie er in unsern Breiten charakteristisch
ist, bedarf es jedoch eines bis jetzt von uns noch nicht ins Ange gefaßten
Elementes, der rotirenden Luftströmung. Davon soll in einem zweiten Aufsatz:
„Wind und Wetter" die Rede sein.




<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0528" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/193869"/>
          <fw type="header" place="top"> Der Regen.</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_1794" prev="#ID_1793"> Wüstes Erdreich, und Südafrika. An die regenlosen schließen sich zwei regen¬<lb/>
reiche anßertropische Gebiete an.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1795"> Asien hat seine besondern Regenverhaltnisse, welche von dem jährlich wech¬<lb/>
selnden Mmisum abhängen. Wenn nämlich dnrch starke Erwärmung die Luft¬<lb/>
schichten über Asien sich gelockert haben, strömt ans dem indischen Ozean ein<lb/>
wasserhaltiger Südwestwind in das Landgebiet ein, um besonders vor dem Hima-<lb/>
layagebirge, das diese Luftmassen übersteigen müssen, gewaltige Regenfluten nieder¬<lb/>
zuwerfen. Hier sind quantitativ gerechnet die regenreichsten Orte der Erde. So<lb/>
erreicht die Regenmenge in Cherrapooujee, 1250 Meter über dem Meere, die<lb/>
Jahreshöhe von 14 200 Millimeter, während die Jahreshöhe in der Sierra<lb/>
Leone, einem berüchtigten Regenlande um der Westküste Afrikas, 4800 Milli¬<lb/>
meter, in dem schou erwähnten enmbrischen Gebirge 3060 Millimeter und in<lb/>
Petersburg 450 Millimeter beträgt.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1796"> Eine Karte von Deutschland, in welcher die jährlichen Regenmengen mit<lb/>
Farben eingetragen sind, sieht ungefähr so wie eine Höheuschichtcukarte ans.<lb/>
Man hat das Bild sämmtlicher Gebirge vor sich, nnr daß die mehr westlich<lb/>
gelegenen Gebirge eben wegen ihrer größeren Nähe des Meeres höher erscheinen<lb/>
als sie sind. So haben die Argonnen, der Harz und der Thüringer Wald größere<lb/>
Negenhöhe als die Sudeten, während letztere einen Hvhenvorzng von mehr als<lb/>
1000 Fuß besitzen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1797"> Die durchschnittliche Regenmenge beträgt für Zentraleuropa im nördlichen<lb/>
Tieflande 613, im mitteldeutschen Berglande 690, im süddeutschen Berglande<lb/>
825 Millimeter; Klansthal im Harz hat 1427, Baden im Schwarzwalde 1445,<lb/>
Santa Maria in den Lombardischer Alpen 2483 Millimeter. Regenarme Gegenden<lb/>
sind die Rheinebene von Mainz bis Straßburg, das thüringische Hügelland und<lb/>
die goldne Ane, der innere Teil von Böhmen und merkwürdigerweise auch<lb/>
ein großes Gebiet, welches Vorpommern, das nördliche Sachsen, die östliche<lb/>
Hälfte der Mark Brandenburg und Teile von Posen und Westpreußen umfaßt,<lb/>
während Polen wieder regenreicher ist. Liegt das vielleicht an dem berüchtigten<lb/>
Sandboden, der sich im Sommer so stark erwärmt, daß Regenstrome über ihn<lb/>
dahin ziehen, ohne so leicht wie anderwärts zur Regensüttignng gelangen zu<lb/>
können?</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1798"> Alle diese Dinge sind die konstanten Faktoren unsrer Witternngserscheinungen.<lb/>
Sie sind wichtig, da sie der einzelnen Ortschaft ihr allgemeines Gepräge geben.<lb/>
Zur Erklärung des Wetterverlanfes, wie er in unsern Breiten charakteristisch<lb/>
ist, bedarf es jedoch eines bis jetzt von uns noch nicht ins Ange gefaßten<lb/>
Elementes, der rotirenden Luftströmung. Davon soll in einem zweiten Aufsatz:<lb/>
&#x201E;Wind und Wetter" die Rede sein.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0528] Der Regen. Wüstes Erdreich, und Südafrika. An die regenlosen schließen sich zwei regen¬ reiche anßertropische Gebiete an. Asien hat seine besondern Regenverhaltnisse, welche von dem jährlich wech¬ selnden Mmisum abhängen. Wenn nämlich dnrch starke Erwärmung die Luft¬ schichten über Asien sich gelockert haben, strömt ans dem indischen Ozean ein wasserhaltiger Südwestwind in das Landgebiet ein, um besonders vor dem Hima- layagebirge, das diese Luftmassen übersteigen müssen, gewaltige Regenfluten nieder¬ zuwerfen. Hier sind quantitativ gerechnet die regenreichsten Orte der Erde. So erreicht die Regenmenge in Cherrapooujee, 1250 Meter über dem Meere, die Jahreshöhe von 14 200 Millimeter, während die Jahreshöhe in der Sierra Leone, einem berüchtigten Regenlande um der Westküste Afrikas, 4800 Milli¬ meter, in dem schou erwähnten enmbrischen Gebirge 3060 Millimeter und in Petersburg 450 Millimeter beträgt. Eine Karte von Deutschland, in welcher die jährlichen Regenmengen mit Farben eingetragen sind, sieht ungefähr so wie eine Höheuschichtcukarte ans. Man hat das Bild sämmtlicher Gebirge vor sich, nnr daß die mehr westlich gelegenen Gebirge eben wegen ihrer größeren Nähe des Meeres höher erscheinen als sie sind. So haben die Argonnen, der Harz und der Thüringer Wald größere Negenhöhe als die Sudeten, während letztere einen Hvhenvorzng von mehr als 1000 Fuß besitzen. Die durchschnittliche Regenmenge beträgt für Zentraleuropa im nördlichen Tieflande 613, im mitteldeutschen Berglande 690, im süddeutschen Berglande 825 Millimeter; Klansthal im Harz hat 1427, Baden im Schwarzwalde 1445, Santa Maria in den Lombardischer Alpen 2483 Millimeter. Regenarme Gegenden sind die Rheinebene von Mainz bis Straßburg, das thüringische Hügelland und die goldne Ane, der innere Teil von Böhmen und merkwürdigerweise auch ein großes Gebiet, welches Vorpommern, das nördliche Sachsen, die östliche Hälfte der Mark Brandenburg und Teile von Posen und Westpreußen umfaßt, während Polen wieder regenreicher ist. Liegt das vielleicht an dem berüchtigten Sandboden, der sich im Sommer so stark erwärmt, daß Regenstrome über ihn dahin ziehen, ohne so leicht wie anderwärts zur Regensüttignng gelangen zu können? Alle diese Dinge sind die konstanten Faktoren unsrer Witternngserscheinungen. Sie sind wichtig, da sie der einzelnen Ortschaft ihr allgemeines Gepräge geben. Zur Erklärung des Wetterverlanfes, wie er in unsern Breiten charakteristisch ist, bedarf es jedoch eines bis jetzt von uns noch nicht ins Ange gefaßten Elementes, der rotirenden Luftströmung. Davon soll in einem zweiten Aufsatz: „Wind und Wetter" die Rede sein.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_193340
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_193340/528
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_193340/528>, abgerufen am 22.07.2024.