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Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Drittes Quartal.

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Gainbeitistische velleitäten.

I" solche Lage bringen uns die Freunde Gambettas; den" dieser ist in der
Person seines Freundes Duronlüde ^des Präsidenten der Patriotenliga> der wahre
Chef jener Gesellschaft." Recht energisch zogen endlich mich die Organe der
Radikalen gegen die Dentschenfresserei der Gambettisten zu Felde. Der "Jntran-
sigeant" bemerkte scherzend: "Alles ging gut, da erzittert ans einmal die Erde,
"ut der Olymp setzt sich in Bewegung. ... Angstvoll harren die Völker, Pulver-
geruch durchdringt die Luft, und ein kriegerischer Hauch weht über das Land.
Was ist passirt? Eine Einladung des Präsidenten der deutschen Patrioten ist,
sei es durch einfachen Irrtum oder einen Spaßvogel, an den Präsidenten der
Tentvnenfresser gelaugt. Es hat sich ereignet, daß die französischen Patrioten
darin eine blntfordernde Beleidigung des verstümmelten Vaterlands erblickt, daß
sie einen Eid geschworen,' eher zu sterben als diese Schmach uugerochen zu lassen,
und daß sie beschlossen haben, das feindliche Kaffeehaus in hellen Haufen zu
berenneu, eine offene Feldschlncht zu wagen und in der Passage des Panorama
fürchterliche Rache für Sedan zu nehmen. Wohlan denn, ich bitte die von den
Dichtungen des Herrn Döroulöde berauschten Revancheträumer um Verzeihung,
aber ihr ganzes Benehmen ist eine schauderhafte gräuliche Lächerlichkeit!" Die
"Lanterne" aber bemerkt dem genannte" kriegswütigen Poeten kurz und bündig:
"Unser Patriotismus besteht nicht darin, daß loir "Nach Berlin!" schreien. Wir
wollen den Krieg des Herrn Gambetta nicht; denn nur erinnern uns noch sehr
wohl, was uns der Krieg der Kaiserin gekostet hat. Der eine wäre des andern
wert. Wir sind keine lärmenden Chauvinisten. Auch wir haben das schreckliche
Jahr nicht vergessen, noch weniger aber die furchtbaren Lehren, die es uns erteilt
hat." Ähnlich die "Bvritv," der "Radieal" und der "Citoyen," die im wesent¬
lichen so urteilen wie Broglies Organ, der "Fran<,;ais," welcher sich genötigt
sieht, "die Gambettisten nochmals dringend aufzufordern, Frankreich nicht in
kleine Händel zu verwickeln, zum Troste dafür, daß sie es uicht haben zu ernsten
Abenteuern fin Ägyptens fortreißen können."

Mit diesen Widerlegungen der Gambettistischen Thorheiten eines Teils der
Pariser Presse durch andre französische Blätter können wir uns zufrieden geben.
Doch scheinen uns uoch einige Bemerkungen am Platze zu sein.

Das deutsche Voll wlluscht nichts sehnlicher als Erhaltung des Friedens
und guter Nachbarschaft vor allein mit den Franzosen. Seine Regierung hat
es an Anstrengungen in dieser Richtung seit dem Sommer 1871 niemals fehlen
lassen und alles vermieden, was in Paris hätte reizen können. Die französische
Landbevölkerung und ein sehr großer Teil der Städtebewohner teilen den Wunsch
der Deutschen, das Ministerium Freycinet unterhielt durchaus gute Veziehnugen
zum Berliner Knbinet, und die Mehrheit der Deputirtenkammer stand dabei
hinter ihm. Wir dürfen annehmen, daß sie gegen jeden Versuch der Nachfolger
Freveinets und seiner Kollegen, einen Konflikt mit Deutschand aufs Tapet zu
bringen, mit größter Energie auftreten würde.


Gainbeitistische velleitäten.

I» solche Lage bringen uns die Freunde Gambettas; den» dieser ist in der
Person seines Freundes Duronlüde ^des Präsidenten der Patriotenliga> der wahre
Chef jener Gesellschaft." Recht energisch zogen endlich mich die Organe der
Radikalen gegen die Dentschenfresserei der Gambettisten zu Felde. Der „Jntran-
sigeant" bemerkte scherzend: „Alles ging gut, da erzittert ans einmal die Erde,
»ut der Olymp setzt sich in Bewegung. ... Angstvoll harren die Völker, Pulver-
geruch durchdringt die Luft, und ein kriegerischer Hauch weht über das Land.
Was ist passirt? Eine Einladung des Präsidenten der deutschen Patrioten ist,
sei es durch einfachen Irrtum oder einen Spaßvogel, an den Präsidenten der
Tentvnenfresser gelaugt. Es hat sich ereignet, daß die französischen Patrioten
darin eine blntfordernde Beleidigung des verstümmelten Vaterlands erblickt, daß
sie einen Eid geschworen,' eher zu sterben als diese Schmach uugerochen zu lassen,
und daß sie beschlossen haben, das feindliche Kaffeehaus in hellen Haufen zu
berenneu, eine offene Feldschlncht zu wagen und in der Passage des Panorama
fürchterliche Rache für Sedan zu nehmen. Wohlan denn, ich bitte die von den
Dichtungen des Herrn Döroulöde berauschten Revancheträumer um Verzeihung,
aber ihr ganzes Benehmen ist eine schauderhafte gräuliche Lächerlichkeit!" Die
„Lanterne" aber bemerkt dem genannte» kriegswütigen Poeten kurz und bündig:
„Unser Patriotismus besteht nicht darin, daß loir »Nach Berlin!« schreien. Wir
wollen den Krieg des Herrn Gambetta nicht; denn nur erinnern uns noch sehr
wohl, was uns der Krieg der Kaiserin gekostet hat. Der eine wäre des andern
wert. Wir sind keine lärmenden Chauvinisten. Auch wir haben das schreckliche
Jahr nicht vergessen, noch weniger aber die furchtbaren Lehren, die es uns erteilt
hat." Ähnlich die „Bvritv," der „Radieal" und der „Citoyen," die im wesent¬
lichen so urteilen wie Broglies Organ, der „Fran<,;ais," welcher sich genötigt
sieht, „die Gambettisten nochmals dringend aufzufordern, Frankreich nicht in
kleine Händel zu verwickeln, zum Troste dafür, daß sie es uicht haben zu ernsten
Abenteuern fin Ägyptens fortreißen können."

Mit diesen Widerlegungen der Gambettistischen Thorheiten eines Teils der
Pariser Presse durch andre französische Blätter können wir uns zufrieden geben.
Doch scheinen uns uoch einige Bemerkungen am Platze zu sein.

Das deutsche Voll wlluscht nichts sehnlicher als Erhaltung des Friedens
und guter Nachbarschaft vor allein mit den Franzosen. Seine Regierung hat
es an Anstrengungen in dieser Richtung seit dem Sommer 1871 niemals fehlen
lassen und alles vermieden, was in Paris hätte reizen können. Die französische
Landbevölkerung und ein sehr großer Teil der Städtebewohner teilen den Wunsch
der Deutschen, das Ministerium Freycinet unterhielt durchaus gute Veziehnugen
zum Berliner Knbinet, und die Mehrheit der Deputirtenkammer stand dabei
hinter ihm. Wir dürfen annehmen, daß sie gegen jeden Versuch der Nachfolger
Freveinets und seiner Kollegen, einen Konflikt mit Deutschand aufs Tapet zu
bringen, mit größter Energie auftreten würde.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_193340/492>, abgerufen am 01.07.2024.