Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Drittes Quartal.Zur Geschichte des deutschen Liberalisinus. Stellung des deutschen Liberalismus den Anlaß geboten. Weiter als bis ins Unter diesen liberalen Parteien des übrigen Europas indessen war der Ave.izboteu 111. 1882. 5(j
Zur Geschichte des deutschen Liberalisinus. Stellung des deutschen Liberalismus den Anlaß geboten. Weiter als bis ins Unter diesen liberalen Parteien des übrigen Europas indessen war der Ave.izboteu 111. 1882. 5(j
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Zur Geschichte des deutschen Liberalisinus.
Stellung des deutschen Liberalismus den Anlaß geboten. Weiter als bis ins
zweite Jahrzehnt dieses Jahrhunderts (nicht weiter, als unsre eigne unmittel¬
bare Erfahrung reicht) haben wir dabei nicht zurückzugehen, da das Wort
„liberal," das als politischer Ausdruck auch im Englischen und Französischen
el» Neologismus (im Italienischen ein Fremdwort) geblieben ist, erst damals,
zusammen mit dem Gegeilwort „konservativ," aus Spanien gelegentlich der Re¬
volution von 182V und des drei Jahre später gegen dieselbe, sowie gegen die
Konstitution von 1312, gerichteten Krieges in einen Teil des übrigen Europas
impvrtirt wurde, als eine Bezeichnung für neue konstitutionelle Einrichtungen
und Gesinnungen im Gegensatz zu den hergebrachten — „konservativen" — des
absolutistischen (karlistischen) Mouarchentums, und also namentlich auch im
Gegensatz zu der absolutistischen Rcstanrativnspvlitik, die damals von Wien aus
Europa beherrschte und den französischen Krieg gegen Spanien angeordnet hatte.
Die systematische Unbedingtheit, mit der diese sogenannte konservative Politik
der verbündeten Regierungen auf die Herstellung vorrevolutionärer Zustände
und antirevolntionärer Grundsätze hinarbeitete, hatte bei einem Teile der Be-
völkerungen als natürliches Gegenspiel das nicht minder unbedingte System
einer allgemeinen Wiederaufnahme und Fortführung jener Grundsätze und Zu¬
stände hervorgerufen, für welches nun das Wort „liberal" eine passende Be¬
nennung und antitonservntive Parole wurde. Und während so die beiden Worte
„liberal" und „konservativ" sich in England als neue Namen für den, schon
über ein Jahrhundert alten, Antagonismus zwischen Whigs und Tories geltend
machten, in Frankreich aber den neuentstandenen politisch-sozialen Widerstreit
zwischen der unverbessert zurückgekehrten Emigration und der stufenweise zurück-
kehruugssüchtigen Revolution zu bezeichnen dienten, wurden sie für beide Länder
zugleich ein Mittel, um zwischen ihnen und den übrigen Nationen einen allge¬
meinen Zusammenhang des Parteiwesens herzustellen und insbesondre das
liberale Europa gelegentlich auf ein gegen die Regierungen zu schließendes
Schutzbündnis mit dem französischen und (seit Canning) englischen Liberalisinus
hinzuweisen.
Unter diesen liberalen Parteien des übrigen Europas indessen war der
deutsche Liberalismus von dem englischen und französischen seinein ursprüng¬
lichen Zweck und Wesen nach durchaus verschieden und ans die Idee eines Zieles
^richtet, das weit mehr der konservativen als der liberalen Politik angehörte,
nämlich auf die Herstellung eines neuen dentschen Reichs und Kaisertums. Daß
^e im Krieg und Sieg gegen den fremden Feind neu bethätigte geistige Einheit
des „alten Reichs deutscher Nation" nun mich, anstatt des in Wien interimistisch
vereinbarten (mir als Interim auch vou ewigen Regierungen anerkannten) Kom¬
promisses, sofort einen dauernden würdigen Ausdruck erhalte, war gewiß ein
sich echt konservativer, nicht minder historisch als natürlich berechtigter Wunsch
u»d Gedanke, und liberal an demselben waren nur die konstitutionellen und
Ave.izboteu 111. 1882. 5(j
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