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Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Drittes Quartal.

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dischen Glanben an die Herrlichkeit des Oppositionsmachens überall und zu jeder
Zeit, wäre ein Regiment der Parlameutsmajorität unzweifelhaft der Anfang
vom Ende; und ob Gott so langnu'ltig sein würde, uns ungestört die Komödie
nach dem Muster Griechenlands oder Perus oder sonst eines fortgeschrittenen
Staatswesens abspielen zu lassen, ist doch etwas unsicher. Mau kann auch
überzeugt fein, daß die ungeheure Mehrheit des Volkes weit entfernt ist, das
zu wollen, was ihre Wortführer anstreben. Aber ganze Bevölkeruugsschichteu
haben sich des eignen Urteils begeben, sie lauschen gedankenlos den ihnen täglich
wiederholten Tiraden und glauben endlich eine Überzeugung zu habe", die ihrem
Wesen völlig fremd ist. Diesem Zustande ein Ende zu machen, ist die größte
Energie notwendig, und uns scheint, daß die Parteien, welche im Ernst und in
der Wahrheit ein deutsches Reich wollen, noch lange nicht entschlossen lind thätig
genug sind.

Denn wie die Dinge heute liegen, sollte man in Deutschland nnr von zwei
Parteien sprechen können, der deutschen oder Reichspartei und der andern, deren
bunte Bestandteile der Kuckuk weiß was alles wollen mögen, nur nicht jenes
eine, oder doch nicht ohne Bedingungen, welche es unmöglich machen würden.
In friedlichen Zeiten, wie sie ja hoffentlich der Welt noch einmal bescheert sein
werden, kann mau sich den Luxus der Parteizersplittcruug nach allen Nüancen
des FarbeusPektrumS gestatte"; jetzt siud nur noch im offne" Kriege, und da
darf es nnr eine Fahne und Feldbinde geben. Wenn die Partei des Reiches
sich die konservative nennt, so hat sie dazu alles Recht, denn sie null erhalten,
was errungen ist, es weder mit Absicht untergraben noch leichtfertig aufs Spiel
gesetzt wissen. Aber der Name Konservative besagt doch nicht genug, und es
haftet demselben von früher her eine Nebenbedeutung a", welche der Sache nichr
förderlich ist. Wie viele stehen auf demselben Standpunkte und bekennen im
stille", daß das alte Programm der Liberalen in allem wesentlichen und ver¬
nünftigen erfüllt ist, während das übrige sich als Schaum und Nebel durge-
thau hat; aber konservativ wollen sie doch nicht genannt werden. Und mit
solchen Schwächen muß man ja rechnen. Wenn die Frage präzis gestellt wird:
Wollt ihr das deutsche Reich, wie es ist, nicht mit diesem oder jenem Vorbe¬
halt? so treten Unzählige auf diese Seite, welche darum doch gute Liberale oder
gute Katholiken zu bleiben glauben und auch bleiben dürfen.

Von der großen Partei also, welche sich nnter keinem Vorwande dazu ge¬
brauchen lassen will, an dem Reiche wieder zu rütteln oder es uach irgend
einem fremden Modell umzubauen, von der Partei, welche die dieses Reich
von außen und im Innern bedrohenden Gefahren erkennt, von der Partei,
welche Herrn Richter dankbar ist, daß er endlich mit der Farbe herausgerückt
ist und nicht bloß den innern, sondern mich den äußern Bismarck über Bord
Werfen will, und welche ebenso entschieden dem Manne, der dem Herrn Richter
um Wege steht, als ihren, Generalissimus vertrauend folgt: von der Partei also


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dischen Glanben an die Herrlichkeit des Oppositionsmachens überall und zu jeder
Zeit, wäre ein Regiment der Parlameutsmajorität unzweifelhaft der Anfang
vom Ende; und ob Gott so langnu'ltig sein würde, uns ungestört die Komödie
nach dem Muster Griechenlands oder Perus oder sonst eines fortgeschrittenen
Staatswesens abspielen zu lassen, ist doch etwas unsicher. Mau kann auch
überzeugt fein, daß die ungeheure Mehrheit des Volkes weit entfernt ist, das
zu wollen, was ihre Wortführer anstreben. Aber ganze Bevölkeruugsschichteu
haben sich des eignen Urteils begeben, sie lauschen gedankenlos den ihnen täglich
wiederholten Tiraden und glauben endlich eine Überzeugung zu habe», die ihrem
Wesen völlig fremd ist. Diesem Zustande ein Ende zu machen, ist die größte
Energie notwendig, und uns scheint, daß die Parteien, welche im Ernst und in
der Wahrheit ein deutsches Reich wollen, noch lange nicht entschlossen lind thätig
genug sind.

Denn wie die Dinge heute liegen, sollte man in Deutschland nnr von zwei
Parteien sprechen können, der deutschen oder Reichspartei und der andern, deren
bunte Bestandteile der Kuckuk weiß was alles wollen mögen, nur nicht jenes
eine, oder doch nicht ohne Bedingungen, welche es unmöglich machen würden.
In friedlichen Zeiten, wie sie ja hoffentlich der Welt noch einmal bescheert sein
werden, kann mau sich den Luxus der Parteizersplittcruug nach allen Nüancen
des FarbeusPektrumS gestatte»; jetzt siud nur noch im offne» Kriege, und da
darf es nnr eine Fahne und Feldbinde geben. Wenn die Partei des Reiches
sich die konservative nennt, so hat sie dazu alles Recht, denn sie null erhalten,
was errungen ist, es weder mit Absicht untergraben noch leichtfertig aufs Spiel
gesetzt wissen. Aber der Name Konservative besagt doch nicht genug, und es
haftet demselben von früher her eine Nebenbedeutung a», welche der Sache nichr
förderlich ist. Wie viele stehen auf demselben Standpunkte und bekennen im
stille», daß das alte Programm der Liberalen in allem wesentlichen und ver¬
nünftigen erfüllt ist, während das übrige sich als Schaum und Nebel durge-
thau hat; aber konservativ wollen sie doch nicht genannt werden. Und mit
solchen Schwächen muß man ja rechnen. Wenn die Frage präzis gestellt wird:
Wollt ihr das deutsche Reich, wie es ist, nicht mit diesem oder jenem Vorbe¬
halt? so treten Unzählige auf diese Seite, welche darum doch gute Liberale oder
gute Katholiken zu bleiben glauben und auch bleiben dürfen.

Von der großen Partei also, welche sich nnter keinem Vorwande dazu ge¬
brauchen lassen will, an dem Reiche wieder zu rütteln oder es uach irgend
einem fremden Modell umzubauen, von der Partei, welche die dieses Reich
von außen und im Innern bedrohenden Gefahren erkennt, von der Partei,
welche Herrn Richter dankbar ist, daß er endlich mit der Farbe herausgerückt
ist und nicht bloß den innern, sondern mich den äußern Bismarck über Bord
Werfen will, und welche ebenso entschieden dem Manne, der dem Herrn Richter
um Wege steht, als ihren, Generalissimus vertrauend folgt: von der Partei also


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_193340/443>, abgerufen am 03.07.2024.