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Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Drittes Quartal.

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Der jüngste Tag.

an sich trägt, das in der Bibel so verboten ist, von der Disciplin gnr nicht zu
reden. Die Bibel fügt, ihr sollt den Baum an seinen Früchten erkennen, und
ich glaube, seine Früchte sind in der Hauptsache Petschafte. Ich denke mir,
eine gute, tüchtige Bekehrung auf der Sünderbank würde bewirken, daß er einige
von diesen Dingern von sich thäte und in die Missionskvllekte legte. Obwohl
er am Ende nicht so arg sein mag; denn Jonas meint, daß die Dinger wahr¬
scheinlich nicht von Gold, sondern vergoldetes Zinn sind. Aber ich fürchte, er
ist ein Weltkind. Doch möchte ich nicht zu hart urteilen über ein Mitgeschöpf.

Cynthy, mir träumte eben jetzt, ich wäre eine Fliege und er eine Spinne,
und er Hütte mich ganz in sein Gewebe eingesponnen, und da kämst dn gerade
mit einem Besen.

Das muß ein Zeichen sein, sagte Cynthy Ann. Es ist gut, daß du es
nicht den Morgen geträumt hast. Dann würde es eingetroffen sein. Aber wie
stehts mit ihm? Ich dachte, du liebtest August Wehte, und obwohl ich fürchte,
dn treibst Abgötterei mit ihm, und obwohl ich den Verdacht hege, daß er ein
Unglünbiger ist. und ich es durchaus nicht billigen kann, daß man Ungläubige
heiratet, so wollte ich dir doch helfen, und darum brachte ich dir früher einmal
ein Billet von ihm und steckte es in dein Bett unter's Kopfkissen. Ich fürchtete
damals, daß ich etwas thäte, was Timotheus verbietet, wenn er sagt, wir sollen
nicht Theilnehmer an andrer Leute Sünden sein, aber du siehst, wie konnte ich
anders, als du so erbarmungswürdig auffasst und Jonas mich bat, es zu thun.
Es ist fürchterlich schwer, zu Jonas zu sagen, ich will uicht, weißt du. So
steckte ich denu den Brief dorthin, und ich zweifle uicht, daß deine Mutter dem
Dinge nicht traute und sich seiner bemächtigte.

Was? Hat er an mich geschrieben? Geht er denu nicht mit dieser Betsey
Malcolm?

Ich glaube kaum, daß er das thut. Erst noch diesen Abend sagte Jonas
zu mir, als ich ihm erzählte, daß du dich mit Herrn Hnmphreys verlobt hättest,
da sagte er in seiner Art: Der Habicht ist herabgestoßen, siehst du. Das wird
der Tod von zweien sein, sagte er; denn sie wird daran sterben und der arme
Angust auch, sagte er. Und denn fuhr er fort und erzählte, wie August auf
dem Sprunge ist, die Gegend zu verlassen, und ihn gebeten hat, ihm von allem,
was vorgeht, zu schreiben. Aber er sagt, das wolle er nicht thun, er wolle
ihm einige Hoffnung lassen. Denn er sagte, August wäre fast wie verrückt ge¬
wesen heute -- das heißt gestern; denn es ist beinahe Morgen, glaub' ich.

(Fortsetzung folgt.)






Für die Redaktion, verantwortlich! Johannes Grnnow in Leipzig.
Verlag von F. L. Herd ig in Leipzig, -- Druck von Carl Mnrgnart in Nendnitz Leipzig.
Der jüngste Tag.

an sich trägt, das in der Bibel so verboten ist, von der Disciplin gnr nicht zu
reden. Die Bibel fügt, ihr sollt den Baum an seinen Früchten erkennen, und
ich glaube, seine Früchte sind in der Hauptsache Petschafte. Ich denke mir,
eine gute, tüchtige Bekehrung auf der Sünderbank würde bewirken, daß er einige
von diesen Dingern von sich thäte und in die Missionskvllekte legte. Obwohl
er am Ende nicht so arg sein mag; denn Jonas meint, daß die Dinger wahr¬
scheinlich nicht von Gold, sondern vergoldetes Zinn sind. Aber ich fürchte, er
ist ein Weltkind. Doch möchte ich nicht zu hart urteilen über ein Mitgeschöpf.

Cynthy, mir träumte eben jetzt, ich wäre eine Fliege und er eine Spinne,
und er Hütte mich ganz in sein Gewebe eingesponnen, und da kämst dn gerade
mit einem Besen.

Das muß ein Zeichen sein, sagte Cynthy Ann. Es ist gut, daß du es
nicht den Morgen geträumt hast. Dann würde es eingetroffen sein. Aber wie
stehts mit ihm? Ich dachte, du liebtest August Wehte, und obwohl ich fürchte,
dn treibst Abgötterei mit ihm, und obwohl ich den Verdacht hege, daß er ein
Unglünbiger ist. und ich es durchaus nicht billigen kann, daß man Ungläubige
heiratet, so wollte ich dir doch helfen, und darum brachte ich dir früher einmal
ein Billet von ihm und steckte es in dein Bett unter's Kopfkissen. Ich fürchtete
damals, daß ich etwas thäte, was Timotheus verbietet, wenn er sagt, wir sollen
nicht Theilnehmer an andrer Leute Sünden sein, aber du siehst, wie konnte ich
anders, als du so erbarmungswürdig auffasst und Jonas mich bat, es zu thun.
Es ist fürchterlich schwer, zu Jonas zu sagen, ich will uicht, weißt du. So
steckte ich denu den Brief dorthin, und ich zweifle uicht, daß deine Mutter dem
Dinge nicht traute und sich seiner bemächtigte.

Was? Hat er an mich geschrieben? Geht er denu nicht mit dieser Betsey
Malcolm?

Ich glaube kaum, daß er das thut. Erst noch diesen Abend sagte Jonas
zu mir, als ich ihm erzählte, daß du dich mit Herrn Hnmphreys verlobt hättest,
da sagte er in seiner Art: Der Habicht ist herabgestoßen, siehst du. Das wird
der Tod von zweien sein, sagte er; denn sie wird daran sterben und der arme
Angust auch, sagte er. Und denn fuhr er fort und erzählte, wie August auf
dem Sprunge ist, die Gegend zu verlassen, und ihn gebeten hat, ihm von allem,
was vorgeht, zu schreiben. Aber er sagt, das wolle er nicht thun, er wolle
ihm einige Hoffnung lassen. Denn er sagte, August wäre fast wie verrückt ge¬
wesen heute — das heißt gestern; denn es ist beinahe Morgen, glaub' ich.

(Fortsetzung folgt.)






Für die Redaktion, verantwortlich! Johannes Grnnow in Leipzig.
Verlag von F. L. Herd ig in Leipzig, — Druck von Carl Mnrgnart in Nendnitz Leipzig.
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[0440] Der jüngste Tag. an sich trägt, das in der Bibel so verboten ist, von der Disciplin gnr nicht zu reden. Die Bibel fügt, ihr sollt den Baum an seinen Früchten erkennen, und ich glaube, seine Früchte sind in der Hauptsache Petschafte. Ich denke mir, eine gute, tüchtige Bekehrung auf der Sünderbank würde bewirken, daß er einige von diesen Dingern von sich thäte und in die Missionskvllekte legte. Obwohl er am Ende nicht so arg sein mag; denn Jonas meint, daß die Dinger wahr¬ scheinlich nicht von Gold, sondern vergoldetes Zinn sind. Aber ich fürchte, er ist ein Weltkind. Doch möchte ich nicht zu hart urteilen über ein Mitgeschöpf. Cynthy, mir träumte eben jetzt, ich wäre eine Fliege und er eine Spinne, und er Hütte mich ganz in sein Gewebe eingesponnen, und da kämst dn gerade mit einem Besen. Das muß ein Zeichen sein, sagte Cynthy Ann. Es ist gut, daß du es nicht den Morgen geträumt hast. Dann würde es eingetroffen sein. Aber wie stehts mit ihm? Ich dachte, du liebtest August Wehte, und obwohl ich fürchte, dn treibst Abgötterei mit ihm, und obwohl ich den Verdacht hege, daß er ein Unglünbiger ist. und ich es durchaus nicht billigen kann, daß man Ungläubige heiratet, so wollte ich dir doch helfen, und darum brachte ich dir früher einmal ein Billet von ihm und steckte es in dein Bett unter's Kopfkissen. Ich fürchtete damals, daß ich etwas thäte, was Timotheus verbietet, wenn er sagt, wir sollen nicht Theilnehmer an andrer Leute Sünden sein, aber du siehst, wie konnte ich anders, als du so erbarmungswürdig auffasst und Jonas mich bat, es zu thun. Es ist fürchterlich schwer, zu Jonas zu sagen, ich will uicht, weißt du. So steckte ich denu den Brief dorthin, und ich zweifle uicht, daß deine Mutter dem Dinge nicht traute und sich seiner bemächtigte. Was? Hat er an mich geschrieben? Geht er denu nicht mit dieser Betsey Malcolm? Ich glaube kaum, daß er das thut. Erst noch diesen Abend sagte Jonas zu mir, als ich ihm erzählte, daß du dich mit Herrn Hnmphreys verlobt hättest, da sagte er in seiner Art: Der Habicht ist herabgestoßen, siehst du. Das wird der Tod von zweien sein, sagte er; denn sie wird daran sterben und der arme Angust auch, sagte er. Und denn fuhr er fort und erzählte, wie August auf dem Sprunge ist, die Gegend zu verlassen, und ihn gebeten hat, ihm von allem, was vorgeht, zu schreiben. Aber er sagt, das wolle er nicht thun, er wolle ihm einige Hoffnung lassen. Denn er sagte, August wäre fast wie verrückt ge¬ wesen heute — das heißt gestern; denn es ist beinahe Morgen, glaub' ich. (Fortsetzung folgt.) Für die Redaktion, verantwortlich! Johannes Grnnow in Leipzig. Verlag von F. L. Herd ig in Leipzig, — Druck von Carl Mnrgnart in Nendnitz Leipzig.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_193340/440>, abgerufen am 01.07.2024.