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Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Drittes Quartal.

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minder ergeht sich diese Thatsache aus den in den Entscheidungen des Ober-
verwaltnngsgerichts mitgeteilten Gcschäftsübersichten der Bczirtsverlvaltnngs-
gerichte. Diese beginnen mit dem Jahre 1876 und werden, wie folgt, hier
si l um a r isch mitgeteilt.

Zahl der
Journalinnnmern:
Zahl der neueuigcganaenen
streitigen Verwaltunqssachcn:
Zahl der
SiKungen:
1876: 3227 28172 200
1877: 5863 43 403 437
1878: 5355 48 535 383
1879: 5459 49 303 361
1380: 5167 48189 373
1881: 4628 43 511 317.

Die so konstatiren Abnahme der Nerwaltnngsstreitsachen ist um so mehr von
Interesse, als gerade dnrch die neueren Gesetze, d. h. durch das Gesetz be-
treffend Berwaltnngsgcrichte?e. vom 3. Juli 1875 und das Znständigkeitsgesetz
vom 26. Juli 1876, der ursprünglich in der Kreisvrdnnng vom 13. Dezember 1872
noch nicht so scharf hervortretende Gedanke der Trennung der Verwaltungsjuris-
diktivn von der Verwaltung immer reiner zur Geltung gekommen ist und die
Annahme nahe lag, daß das Publikum mit diesem Augenblicke der früher so
heiß und sehnsuchtsvoll begehrten Institute der Verwaltungsgerichte nach deren
Kreirung in der ergiebigsten Weise sich bediene" würde. Woher die offenkundige
Unpopnlaritcit von Instituten, zu Gunsten von deren Beibehaltung im Abgeord¬
netenhause einstens behauptet wurde, sie wären eine berechtigte preußische Eigen¬
tümlichkeit geworden?

Der Grund hiervon liegt tief, er liegt in der Unmöglichkeit, die Verwaltnngs-
justiz logisch zu konstruiren. Und da das Prinzip falsch oder überhaupt eigentlich
unfindbar war, so haben sich alle Verbesseruugsversuche als verfehlt heraus¬
gestellt, ja die ursprünglich in der Kreisordnung noch leidliche Behandlung des
Gegenstandes immer mehr verschlechtert.

In den Motiven des die Verwaltuugsstreitsnche dem Namen und der Sache
nach eigentlich erst ins Leben rufenden Gesetzes vom 3. Juli 1875, betreffend
die Verwaltungsgerichte?c., heißt es unter anderm: "Streitsachen über die aus
deu Verwaltungsgesetzen entspringenden Rechte und Pflichten der Privatpersonen
und Korporationen bedürfen einer anderen Behandlung, als solche Angelegen¬
heiten, in denen lediglich administrative Zweckmnßigkeitsfragen zur Erörterung
stehen. Während die BeHandlungsweise der letzteren, der Natur der Dinge nach,
mehr oder weniger stets reinem arbiträren Ermessen wird überlassen bleiben
müssen, ist im Gegensatze hierzu das Verlangen berechtigt, daß der Entscheidung
über Rechte und Pflichten ein Verfahren vorausgehe, das in vorgeschriebenen
festen Formen sich bewegt, und mittelst solcher Formell der Partei die Möglichkeit
selbständiger Verteidigung ihrer Rechte gewährleistet. Solcher Gewährleistung


minder ergeht sich diese Thatsache aus den in den Entscheidungen des Ober-
verwaltnngsgerichts mitgeteilten Gcschäftsübersichten der Bczirtsverlvaltnngs-
gerichte. Diese beginnen mit dem Jahre 1876 und werden, wie folgt, hier
si l um a r isch mitgeteilt.

Zahl der
Journalinnnmern:
Zahl der neueuigcganaenen
streitigen Verwaltunqssachcn:
Zahl der
SiKungen:
1876: 3227 28172 200
1877: 5863 43 403 437
1878: 5355 48 535 383
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1881: 4628 43 511 317.

Die so konstatiren Abnahme der Nerwaltnngsstreitsachen ist um so mehr von
Interesse, als gerade dnrch die neueren Gesetze, d. h. durch das Gesetz be-
treffend Berwaltnngsgcrichte?e. vom 3. Juli 1875 und das Znständigkeitsgesetz
vom 26. Juli 1876, der ursprünglich in der Kreisvrdnnng vom 13. Dezember 1872
noch nicht so scharf hervortretende Gedanke der Trennung der Verwaltungsjuris-
diktivn von der Verwaltung immer reiner zur Geltung gekommen ist und die
Annahme nahe lag, daß das Publikum mit diesem Augenblicke der früher so
heiß und sehnsuchtsvoll begehrten Institute der Verwaltungsgerichte nach deren
Kreirung in der ergiebigsten Weise sich bediene» würde. Woher die offenkundige
Unpopnlaritcit von Instituten, zu Gunsten von deren Beibehaltung im Abgeord¬
netenhause einstens behauptet wurde, sie wären eine berechtigte preußische Eigen¬
tümlichkeit geworden?

Der Grund hiervon liegt tief, er liegt in der Unmöglichkeit, die Verwaltnngs-
justiz logisch zu konstruiren. Und da das Prinzip falsch oder überhaupt eigentlich
unfindbar war, so haben sich alle Verbesseruugsversuche als verfehlt heraus¬
gestellt, ja die ursprünglich in der Kreisordnung noch leidliche Behandlung des
Gegenstandes immer mehr verschlechtert.

In den Motiven des die Verwaltuugsstreitsnche dem Namen und der Sache
nach eigentlich erst ins Leben rufenden Gesetzes vom 3. Juli 1875, betreffend
die Verwaltungsgerichte?c., heißt es unter anderm: „Streitsachen über die aus
deu Verwaltungsgesetzen entspringenden Rechte und Pflichten der Privatpersonen
und Korporationen bedürfen einer anderen Behandlung, als solche Angelegen¬
heiten, in denen lediglich administrative Zweckmnßigkeitsfragen zur Erörterung
stehen. Während die BeHandlungsweise der letzteren, der Natur der Dinge nach,
mehr oder weniger stets reinem arbiträren Ermessen wird überlassen bleiben
müssen, ist im Gegensatze hierzu das Verlangen berechtigt, daß der Entscheidung
über Rechte und Pflichten ein Verfahren vorausgehe, das in vorgeschriebenen
festen Formen sich bewegt, und mittelst solcher Formell der Partei die Möglichkeit
selbständiger Verteidigung ihrer Rechte gewährleistet. Solcher Gewährleistung


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[0430] minder ergeht sich diese Thatsache aus den in den Entscheidungen des Ober- verwaltnngsgerichts mitgeteilten Gcschäftsübersichten der Bczirtsverlvaltnngs- gerichte. Diese beginnen mit dem Jahre 1876 und werden, wie folgt, hier si l um a r isch mitgeteilt. Zahl der Journalinnnmern: Zahl der neueuigcganaenen streitigen Verwaltunqssachcn: Zahl der SiKungen: 1876: 3227 28172 200 1877: 5863 43 403 437 1878: 5355 48 535 383 1879: 5459 49 303 361 1380: 5167 48189 373 1881: 4628 43 511 317. Die so konstatiren Abnahme der Nerwaltnngsstreitsachen ist um so mehr von Interesse, als gerade dnrch die neueren Gesetze, d. h. durch das Gesetz be- treffend Berwaltnngsgcrichte?e. vom 3. Juli 1875 und das Znständigkeitsgesetz vom 26. Juli 1876, der ursprünglich in der Kreisvrdnnng vom 13. Dezember 1872 noch nicht so scharf hervortretende Gedanke der Trennung der Verwaltungsjuris- diktivn von der Verwaltung immer reiner zur Geltung gekommen ist und die Annahme nahe lag, daß das Publikum mit diesem Augenblicke der früher so heiß und sehnsuchtsvoll begehrten Institute der Verwaltungsgerichte nach deren Kreirung in der ergiebigsten Weise sich bediene» würde. Woher die offenkundige Unpopnlaritcit von Instituten, zu Gunsten von deren Beibehaltung im Abgeord¬ netenhause einstens behauptet wurde, sie wären eine berechtigte preußische Eigen¬ tümlichkeit geworden? Der Grund hiervon liegt tief, er liegt in der Unmöglichkeit, die Verwaltnngs- justiz logisch zu konstruiren. Und da das Prinzip falsch oder überhaupt eigentlich unfindbar war, so haben sich alle Verbesseruugsversuche als verfehlt heraus¬ gestellt, ja die ursprünglich in der Kreisordnung noch leidliche Behandlung des Gegenstandes immer mehr verschlechtert. In den Motiven des die Verwaltuugsstreitsnche dem Namen und der Sache nach eigentlich erst ins Leben rufenden Gesetzes vom 3. Juli 1875, betreffend die Verwaltungsgerichte?c., heißt es unter anderm: „Streitsachen über die aus deu Verwaltungsgesetzen entspringenden Rechte und Pflichten der Privatpersonen und Korporationen bedürfen einer anderen Behandlung, als solche Angelegen¬ heiten, in denen lediglich administrative Zweckmnßigkeitsfragen zur Erörterung stehen. Während die BeHandlungsweise der letzteren, der Natur der Dinge nach, mehr oder weniger stets reinem arbiträren Ermessen wird überlassen bleiben müssen, ist im Gegensatze hierzu das Verlangen berechtigt, daß der Entscheidung über Rechte und Pflichten ein Verfahren vorausgehe, das in vorgeschriebenen festen Formen sich bewegt, und mittelst solcher Formell der Partei die Möglichkeit selbständiger Verteidigung ihrer Rechte gewährleistet. Solcher Gewährleistung

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_193340/430>, abgerufen am 01.07.2024.