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Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Drittes Quartal.

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Nach dem nächtlichen Kampf in die Schnur der Gestirne versehen
Und ihr den Namen verleihn als liebeleitenden Brantstern,
Weil die Gehilfin sie war in dein rasenden Wehe der Liebe,
Treulich die Botschaft gab schlaflos hochzeitlicher Nächte,
Bis aufbrausend der Sturm sich erhob und vernichtend hereinbrach.

Nun folgt die Erzählung, wie Eros ein einzig Geschoß uach Schlof und Abydos
entsandte, um dort die Jungfrau Hero, hier den Jüngling Leander zu treffen.
Hero, aus edelm Geschlecht, Priesterin der Aphrodite, wohnt ans hohem Thurme
vor der Stadt, am Ufer des Meeres, sittig und schamhaft. Sie hält sich fern
von den Versammlungen der Frauen und ihrem Geschwätz und sucht auch den
Eros durch Opfer sich gnädig zu stimmen. Da kommt das Fest der Göttin.
Von allen Städten und Inseln eilt das Volk dicht gedrängt zur Feier desselben
herbei, bei welchen: Hero als Priesterin ihres Amtes wartet.


Purpurn glühten im oberen Rund ihr die schneeigen Wangen,
Wie zweifarbig die Ros' ans dein Kelch bricht. Leichtlich vermochte
Einer zu sagen, das; ihm wie Rosenauen erschienen
Heros Glieder, so rosig nmhaucht, und wenn sie dahin schritt,
Glänzt' es wie Rosen auch unter den weißen Gewändern der Jungfrau.
Tausendfältige Anmut umfloft ihr die Glieder; die Alten
Logen, wenn sie von drei Charitinnen nur sprachen: ans einem
Lächelnden Auge des Mädchens allein ja sprangen schon hundert.

Ihre Erscheinung bezaubert die Herzen der Jünglinge, und ihren Schritten
folgen die Augen und Herzen der Männer, die selbst in Sparta nicht solche
Schönheit gesehen haben, wo die Jungfrauen um deu Preis der Schönheit sich
tummeln; sie wünschen, das;, wenn ihnen Hero nicht als Gemahlin bestimmt
sei, Aphrodite ihnen eine Gattin schenken möge, die ihr ganz und in jeglichem
gleich sei.


Doch du, armer Leander, das herrliche Mädchen erschauend,
Wolltest das Herz dir nicht verzehren in heimlicher Sehnsucht,
Sondern bezwungen im Nu von den gluthinschleudernden Pfeilen,
Lieber auch lciuger nicht sein, wenn die göttliche Hero uicht dein ward.

Und je länger er sie sieht, um so stärker wächst sein Verlangen, sie zu gewinnen.
Aber Zagen erfaßt ihn, und er schämt sich, daß er besiegt ist, bis er, immer
wieder von Staunen ergriffen, endlich die Scham überwindet und keck sich vor¬
drängend der Jungfrau gegenübertritt. Hero


Freude sich, das; sie gefiel; dann gleichfalls ruhig sich fassend,
neigte sie wieder und wieder ihr aumiitiunlenchtetes Antlitz,
Nur mit verstohlenen Blicken Erwiederung deutend dem Jüngling,
Und dann neigte sie's wieder. Ihm jauchzte die innerste Seele,
Das; seine. Werbung gewährt und nicht von sich gewiesen die Jungfrau.

Als die Nacht kommt, naht er sich ihr und zieht sie mit sich in den Tempel.
Sie aber folgt zaudernd und bedroht ihn:



Nach dem nächtlichen Kampf in die Schnur der Gestirne versehen
Und ihr den Namen verleihn als liebeleitenden Brantstern,
Weil die Gehilfin sie war in dein rasenden Wehe der Liebe,
Treulich die Botschaft gab schlaflos hochzeitlicher Nächte,
Bis aufbrausend der Sturm sich erhob und vernichtend hereinbrach.

Nun folgt die Erzählung, wie Eros ein einzig Geschoß uach Schlof und Abydos
entsandte, um dort die Jungfrau Hero, hier den Jüngling Leander zu treffen.
Hero, aus edelm Geschlecht, Priesterin der Aphrodite, wohnt ans hohem Thurme
vor der Stadt, am Ufer des Meeres, sittig und schamhaft. Sie hält sich fern
von den Versammlungen der Frauen und ihrem Geschwätz und sucht auch den
Eros durch Opfer sich gnädig zu stimmen. Da kommt das Fest der Göttin.
Von allen Städten und Inseln eilt das Volk dicht gedrängt zur Feier desselben
herbei, bei welchen: Hero als Priesterin ihres Amtes wartet.


Purpurn glühten im oberen Rund ihr die schneeigen Wangen,
Wie zweifarbig die Ros' ans dein Kelch bricht. Leichtlich vermochte
Einer zu sagen, das; ihm wie Rosenauen erschienen
Heros Glieder, so rosig nmhaucht, und wenn sie dahin schritt,
Glänzt' es wie Rosen auch unter den weißen Gewändern der Jungfrau.
Tausendfältige Anmut umfloft ihr die Glieder; die Alten
Logen, wenn sie von drei Charitinnen nur sprachen: ans einem
Lächelnden Auge des Mädchens allein ja sprangen schon hundert.

Ihre Erscheinung bezaubert die Herzen der Jünglinge, und ihren Schritten
folgen die Augen und Herzen der Männer, die selbst in Sparta nicht solche
Schönheit gesehen haben, wo die Jungfrauen um deu Preis der Schönheit sich
tummeln; sie wünschen, das;, wenn ihnen Hero nicht als Gemahlin bestimmt
sei, Aphrodite ihnen eine Gattin schenken möge, die ihr ganz und in jeglichem
gleich sei.


Doch du, armer Leander, das herrliche Mädchen erschauend,
Wolltest das Herz dir nicht verzehren in heimlicher Sehnsucht,
Sondern bezwungen im Nu von den gluthinschleudernden Pfeilen,
Lieber auch lciuger nicht sein, wenn die göttliche Hero uicht dein ward.

Und je länger er sie sieht, um so stärker wächst sein Verlangen, sie zu gewinnen.
Aber Zagen erfaßt ihn, und er schämt sich, daß er besiegt ist, bis er, immer
wieder von Staunen ergriffen, endlich die Scham überwindet und keck sich vor¬
drängend der Jungfrau gegenübertritt. Hero


Freude sich, das; sie gefiel; dann gleichfalls ruhig sich fassend,
neigte sie wieder und wieder ihr aumiitiunlenchtetes Antlitz,
Nur mit verstohlenen Blicken Erwiederung deutend dem Jüngling,
Und dann neigte sie's wieder. Ihm jauchzte die innerste Seele,
Das; seine. Werbung gewährt und nicht von sich gewiesen die Jungfrau.

Als die Nacht kommt, naht er sich ihr und zieht sie mit sich in den Tempel.
Sie aber folgt zaudernd und bedroht ihn:


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[0424] Nach dem nächtlichen Kampf in die Schnur der Gestirne versehen Und ihr den Namen verleihn als liebeleitenden Brantstern, Weil die Gehilfin sie war in dein rasenden Wehe der Liebe, Treulich die Botschaft gab schlaflos hochzeitlicher Nächte, Bis aufbrausend der Sturm sich erhob und vernichtend hereinbrach. Nun folgt die Erzählung, wie Eros ein einzig Geschoß uach Schlof und Abydos entsandte, um dort die Jungfrau Hero, hier den Jüngling Leander zu treffen. Hero, aus edelm Geschlecht, Priesterin der Aphrodite, wohnt ans hohem Thurme vor der Stadt, am Ufer des Meeres, sittig und schamhaft. Sie hält sich fern von den Versammlungen der Frauen und ihrem Geschwätz und sucht auch den Eros durch Opfer sich gnädig zu stimmen. Da kommt das Fest der Göttin. Von allen Städten und Inseln eilt das Volk dicht gedrängt zur Feier desselben herbei, bei welchen: Hero als Priesterin ihres Amtes wartet. Purpurn glühten im oberen Rund ihr die schneeigen Wangen, Wie zweifarbig die Ros' ans dein Kelch bricht. Leichtlich vermochte Einer zu sagen, das; ihm wie Rosenauen erschienen Heros Glieder, so rosig nmhaucht, und wenn sie dahin schritt, Glänzt' es wie Rosen auch unter den weißen Gewändern der Jungfrau. Tausendfältige Anmut umfloft ihr die Glieder; die Alten Logen, wenn sie von drei Charitinnen nur sprachen: ans einem Lächelnden Auge des Mädchens allein ja sprangen schon hundert. Ihre Erscheinung bezaubert die Herzen der Jünglinge, und ihren Schritten folgen die Augen und Herzen der Männer, die selbst in Sparta nicht solche Schönheit gesehen haben, wo die Jungfrauen um deu Preis der Schönheit sich tummeln; sie wünschen, das;, wenn ihnen Hero nicht als Gemahlin bestimmt sei, Aphrodite ihnen eine Gattin schenken möge, die ihr ganz und in jeglichem gleich sei. Doch du, armer Leander, das herrliche Mädchen erschauend, Wolltest das Herz dir nicht verzehren in heimlicher Sehnsucht, Sondern bezwungen im Nu von den gluthinschleudernden Pfeilen, Lieber auch lciuger nicht sein, wenn die göttliche Hero uicht dein ward. Und je länger er sie sieht, um so stärker wächst sein Verlangen, sie zu gewinnen. Aber Zagen erfaßt ihn, und er schämt sich, daß er besiegt ist, bis er, immer wieder von Staunen ergriffen, endlich die Scham überwindet und keck sich vor¬ drängend der Jungfrau gegenübertritt. Hero Freude sich, das; sie gefiel; dann gleichfalls ruhig sich fassend, neigte sie wieder und wieder ihr aumiitiunlenchtetes Antlitz, Nur mit verstohlenen Blicken Erwiederung deutend dem Jüngling, Und dann neigte sie's wieder. Ihm jauchzte die innerste Seele, Das; seine. Werbung gewährt und nicht von sich gewiesen die Jungfrau. Als die Nacht kommt, naht er sich ihr und zieht sie mit sich in den Tempel. Sie aber folgt zaudernd und bedroht ihn:

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_193340/424>, abgerufen am 22.07.2024.