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Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Drittes Quartal.

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Die Theorie der sphärischen ^<rädert>eeken.

ist die Bezeichnung der Richtungen, in denen die gebirgsbildende Kraft wirkte,
nach allgemeinen Himmelsgegenden jedoch nicht genau, man kann viel einfacher
und richtiger sagen: Die Kettengebirge sind von einer radial von dem Zentrum
der Ringe nach der Peripherie wirkenden Kraft aufgestaut. Bei eingehender
Betrachtung der drei Ningfaltenbüudel springen noch folgende Gesetzmäßigkeiten
ins Auge:

Die Riugfalten zeigen an Stellen schwacher Faltung concave, an Stellen
starker Faltung convexe Biegung. Von den Stellen evneavcr Biegungen, welche
stellenweise Lücken ausweisen, gehen rechtwinklig eine Anzahl Querfalten aus,
welche alle drei Faltenringe durchschneiden und noch darüber hinaus in den
großen Flußbetten, Seen und Meerbusen sich fortsetzen. Durch diese Querfalten
erscheinen alle drei Faltenringe gleichmäßig verbogen, auch da, wo sie weit aus¬
einanderliegen, wie in Afrika.

Diese Querfalten haben sich augenscheinlich erst nach Vollendung der Ketten¬
gebirge gebildet, die Zeit ihrer Entstehung würde also in den Anfang der Diluvial¬
periode zu legen sein. Es muß den Geologen mit Staunen erfüllen, wenn er
sieht, daß die gewaltigsten Dislokationen in einen, nach der Mächtigkeit der ent¬
sprechende" Sedimente zu schließe", relativ kurzen Zeitraum zusammengedrängt
erscheinen.

Es stellt sich ferner heraus, daß an den Stellen stärkster Faltung, ganz
analog den europäischen Kettengebirgen, die drei Fnltenbündel sich einander nähern,
wie in den Alpen, im .Kaukasus, Pamir, Thiciu-schau, Himalayci, Karcckornm,
daß sie sich dagegen weit von einander entfernen an Stellen schwacher Faltung,
wie in Afrika, wo wir kein Kettengebirge von bedeutender Erhebung kennen, denn
der.Wimaudscharo und Kenia sind ans niederem Plateanrand ruhende Vulkane.

Die Gestalt der Zentralaxe des östlichen Kvntinentalkomplexes selbst scheint
dnrch die Querfalten bedingt zu sein. Dort, wo sich Nord- und Südrand des
inneren Ringes berühren, in den beiden Plateaus vou Armenien und Pamir,
finden sich die größten Massenerhebungen, sowie in ganz Asien, wo sich die
Ringe einander nähern, die Zentralaxe aus eiuer zusammenhängenden Reihe von
Platcaumulden besteht (Hochland von Iran, Tarini-Becken, Wüste Gobi, Mon¬
golei), während sich im Westen, wo die Ringfalten weit auseinander liegen, die
Zentralaxe so weit senkt, daß sie den Boden des Mittelmeerbeckens bildet.

Die einzelnen Querfalten find von Habenicht nach den Flußbetten, See"
und Meerbusen, durch welche sie markirt sind, wie folgt benannt worden:
I. Biscaya-Tyrrhenische Falte, 2. Dujepr-Donan-Pontische Dvppelfalte, 3. Wolga-
Caspische Falte, 4. Ural-Oxusfalte, 5. Irtysch-Balknschfalte, 6. Jenissei-Baikal-
falte, 7. Lenafalte, 8. Ochotskische Falte, 9. Hoanghofnlte, 10. Tonlingfalte,
II. Bengalenbusen-Brahmapntrafalte, 12. Jndusfalte. 13. Oman-Euphratfalte,
14. Aden-Suesfalte, 15. Mozambiquefalte, 1U. Limpopofalte, 17. Congvfalte,
endlich 13. die Doppelfalte des Guineabusens, welche weiter nördlich durch die


Die Theorie der sphärischen ^<rädert>eeken.

ist die Bezeichnung der Richtungen, in denen die gebirgsbildende Kraft wirkte,
nach allgemeinen Himmelsgegenden jedoch nicht genau, man kann viel einfacher
und richtiger sagen: Die Kettengebirge sind von einer radial von dem Zentrum
der Ringe nach der Peripherie wirkenden Kraft aufgestaut. Bei eingehender
Betrachtung der drei Ningfaltenbüudel springen noch folgende Gesetzmäßigkeiten
ins Auge:

Die Riugfalten zeigen an Stellen schwacher Faltung concave, an Stellen
starker Faltung convexe Biegung. Von den Stellen evneavcr Biegungen, welche
stellenweise Lücken ausweisen, gehen rechtwinklig eine Anzahl Querfalten aus,
welche alle drei Faltenringe durchschneiden und noch darüber hinaus in den
großen Flußbetten, Seen und Meerbusen sich fortsetzen. Durch diese Querfalten
erscheinen alle drei Faltenringe gleichmäßig verbogen, auch da, wo sie weit aus¬
einanderliegen, wie in Afrika.

Diese Querfalten haben sich augenscheinlich erst nach Vollendung der Ketten¬
gebirge gebildet, die Zeit ihrer Entstehung würde also in den Anfang der Diluvial¬
periode zu legen sein. Es muß den Geologen mit Staunen erfüllen, wenn er
sieht, daß die gewaltigsten Dislokationen in einen, nach der Mächtigkeit der ent¬
sprechende» Sedimente zu schließe», relativ kurzen Zeitraum zusammengedrängt
erscheinen.

Es stellt sich ferner heraus, daß an den Stellen stärkster Faltung, ganz
analog den europäischen Kettengebirgen, die drei Fnltenbündel sich einander nähern,
wie in den Alpen, im .Kaukasus, Pamir, Thiciu-schau, Himalayci, Karcckornm,
daß sie sich dagegen weit von einander entfernen an Stellen schwacher Faltung,
wie in Afrika, wo wir kein Kettengebirge von bedeutender Erhebung kennen, denn
der.Wimaudscharo und Kenia sind ans niederem Plateanrand ruhende Vulkane.

Die Gestalt der Zentralaxe des östlichen Kvntinentalkomplexes selbst scheint
dnrch die Querfalten bedingt zu sein. Dort, wo sich Nord- und Südrand des
inneren Ringes berühren, in den beiden Plateaus vou Armenien und Pamir,
finden sich die größten Massenerhebungen, sowie in ganz Asien, wo sich die
Ringe einander nähern, die Zentralaxe aus eiuer zusammenhängenden Reihe von
Platcaumulden besteht (Hochland von Iran, Tarini-Becken, Wüste Gobi, Mon¬
golei), während sich im Westen, wo die Ringfalten weit auseinander liegen, die
Zentralaxe so weit senkt, daß sie den Boden des Mittelmeerbeckens bildet.

Die einzelnen Querfalten find von Habenicht nach den Flußbetten, See»
und Meerbusen, durch welche sie markirt sind, wie folgt benannt worden:
I. Biscaya-Tyrrhenische Falte, 2. Dujepr-Donan-Pontische Dvppelfalte, 3. Wolga-
Caspische Falte, 4. Ural-Oxusfalte, 5. Irtysch-Balknschfalte, 6. Jenissei-Baikal-
falte, 7. Lenafalte, 8. Ochotskische Falte, 9. Hoanghofnlte, 10. Tonlingfalte,
II. Bengalenbusen-Brahmapntrafalte, 12. Jndusfalte. 13. Oman-Euphratfalte,
14. Aden-Suesfalte, 15. Mozambiquefalte, 1U. Limpopofalte, 17. Congvfalte,
endlich 13. die Doppelfalte des Guineabusens, welche weiter nördlich durch die


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[0360] Die Theorie der sphärischen ^<rädert>eeken. ist die Bezeichnung der Richtungen, in denen die gebirgsbildende Kraft wirkte, nach allgemeinen Himmelsgegenden jedoch nicht genau, man kann viel einfacher und richtiger sagen: Die Kettengebirge sind von einer radial von dem Zentrum der Ringe nach der Peripherie wirkenden Kraft aufgestaut. Bei eingehender Betrachtung der drei Ningfaltenbüudel springen noch folgende Gesetzmäßigkeiten ins Auge: Die Riugfalten zeigen an Stellen schwacher Faltung concave, an Stellen starker Faltung convexe Biegung. Von den Stellen evneavcr Biegungen, welche stellenweise Lücken ausweisen, gehen rechtwinklig eine Anzahl Querfalten aus, welche alle drei Faltenringe durchschneiden und noch darüber hinaus in den großen Flußbetten, Seen und Meerbusen sich fortsetzen. Durch diese Querfalten erscheinen alle drei Faltenringe gleichmäßig verbogen, auch da, wo sie weit aus¬ einanderliegen, wie in Afrika. Diese Querfalten haben sich augenscheinlich erst nach Vollendung der Ketten¬ gebirge gebildet, die Zeit ihrer Entstehung würde also in den Anfang der Diluvial¬ periode zu legen sein. Es muß den Geologen mit Staunen erfüllen, wenn er sieht, daß die gewaltigsten Dislokationen in einen, nach der Mächtigkeit der ent¬ sprechende» Sedimente zu schließe», relativ kurzen Zeitraum zusammengedrängt erscheinen. Es stellt sich ferner heraus, daß an den Stellen stärkster Faltung, ganz analog den europäischen Kettengebirgen, die drei Fnltenbündel sich einander nähern, wie in den Alpen, im .Kaukasus, Pamir, Thiciu-schau, Himalayci, Karcckornm, daß sie sich dagegen weit von einander entfernen an Stellen schwacher Faltung, wie in Afrika, wo wir kein Kettengebirge von bedeutender Erhebung kennen, denn der.Wimaudscharo und Kenia sind ans niederem Plateanrand ruhende Vulkane. Die Gestalt der Zentralaxe des östlichen Kvntinentalkomplexes selbst scheint dnrch die Querfalten bedingt zu sein. Dort, wo sich Nord- und Südrand des inneren Ringes berühren, in den beiden Plateaus vou Armenien und Pamir, finden sich die größten Massenerhebungen, sowie in ganz Asien, wo sich die Ringe einander nähern, die Zentralaxe aus eiuer zusammenhängenden Reihe von Platcaumulden besteht (Hochland von Iran, Tarini-Becken, Wüste Gobi, Mon¬ golei), während sich im Westen, wo die Ringfalten weit auseinander liegen, die Zentralaxe so weit senkt, daß sie den Boden des Mittelmeerbeckens bildet. Die einzelnen Querfalten find von Habenicht nach den Flußbetten, See» und Meerbusen, durch welche sie markirt sind, wie folgt benannt worden: I. Biscaya-Tyrrhenische Falte, 2. Dujepr-Donan-Pontische Dvppelfalte, 3. Wolga- Caspische Falte, 4. Ural-Oxusfalte, 5. Irtysch-Balknschfalte, 6. Jenissei-Baikal- falte, 7. Lenafalte, 8. Ochotskische Falte, 9. Hoanghofnlte, 10. Tonlingfalte, II. Bengalenbusen-Brahmapntrafalte, 12. Jndusfalte. 13. Oman-Euphratfalte, 14. Aden-Suesfalte, 15. Mozambiquefalte, 1U. Limpopofalte, 17. Congvfalte, endlich 13. die Doppelfalte des Guineabusens, welche weiter nördlich durch die

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_193340/360>, abgerufen am 01.07.2024.