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Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Drittes Quartal.

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Der ägyptische Kriegsschauplatz.

zögernd und bis jetzt nur soweit angeschlossen, daß es mit Schiffen und einem
verhältnismüßig kleinen Korps vou Landtruppen die Sicherheit des Suczkanals
im Interesse und Auftrag Europas wahren will. Auch die Pforte hat sich
endlich, nachdem sie der Konferenz in Konstantinopel beigetreten, bereit erklärt,
durch Absendung einiger Abteilungen ihres Heeres in Ägypten zu interveniren.
Ob das letztere wirklich stattfinden wird, ist gegenwärtig noch einigermaßen
zweifelhaft, da es auf die Gewährung der Bedingungen ankommt, von welchen
der Sultan seine Mitwirkung abhängig machen wird. Selbst der Abgang fran¬
zösischer Lnndtruppcn ist augenblicklich noch ungewiß, da die Mehrheit der
Deputirtenkammer den von Freycinet dafür geforderten Kredit nicht bewilligen
zu wollen scheint."') Die englische Regierung dagegen ist offenbar entschlossen,
die Niederwerfung der Revolution Arabis und der Nationalpartei unter allen
Umstünden in die Hand zu nehmen, und wenn sich die Nachricht des "Daily
Telegraph" nicht bestätigt, derselbe habe sich zum Rücktritt von seiner Stellung
erbötig erklärt, so ist es möglich, daß sie den Kampf mit den Ägyptern allein
aufnehmen muß, da sie den Mächten, die sich neben ihr an der Sache beteiligen
könnten, nur eine untergeordnete Mitarbeit einräumen und für sich die Führer¬
rolle und die Hnuptthütigkeit beanspruchen zu wollen scheint, um dann mit einem
gewissen Rechte von den gewonnenen Vorteilen die besten Stücke für sich be¬
halten zu können.

Die bis jetzt ausgeschifften britischen Truppen haben sich vorläufig nur in
Alexandrien festgesetzt, welches mehrere Meilen vom Westrande des Deltas auf
einer Landzunge zwischen dein Mittelmeer und dem Mnrintsee liegt. Das eigent¬
liche Delta wird von den beiden Hauptarmen des Nils, dem von Rosette im
Westen und dein von Damiette im Osten, sowie vom Mittelmeer im Norden
gebildet. Es beginnt im Süden an dem Punkte bei Kaljub, wo der Strom
sich, drei Meilen unterhalb Kairos, in jene beiden Hauptadern teilt, und besteht,
von diesem im Laufe der Jahrtausende angeschwemmt, fast ausnahmslos aus
dem fettesten Marschboden. Rechts und links von dem durch jene Hauptarme
des Flusses eingeschlossenen Gebiete strecken sich, im Osten von andern größeren
Armen des Nils durchflossen, Landstriche ähnlichen Charakters hin. Weiterhin
im Osten und Westen beginnen weite Wüsten, die von Natur ohne süßes Wasser
sind, hier die libysche, dort die arabische, durch welche sich der Suezkanal mit
seinen Brackwasserseeu hinzieht. Im Norden des Deltas und der sich ihm an¬
schließenden fruchtbaren Niederungen befinden sich hinter einer sandigen und bis¬
weilen hügeligen Meeresküste, welche großen Schiffen nnr an wenigen Stellen
die Annäherung gestattet, weitgedehnte Sümpfe, die einst Wasserbecken waren
wie die Haffe des preußischen Ostseestrnndcs dann zum Teil ausgetrocknet und



Nach den neuestem Nachrichten hat sie ihn mit großer Majorität abgelehnt; dagegen
wird sehr wahrscheinlich ein starkes türkisches Korps nach Ägypten gehen.
Der ägyptische Kriegsschauplatz.

zögernd und bis jetzt nur soweit angeschlossen, daß es mit Schiffen und einem
verhältnismüßig kleinen Korps vou Landtruppen die Sicherheit des Suczkanals
im Interesse und Auftrag Europas wahren will. Auch die Pforte hat sich
endlich, nachdem sie der Konferenz in Konstantinopel beigetreten, bereit erklärt,
durch Absendung einiger Abteilungen ihres Heeres in Ägypten zu interveniren.
Ob das letztere wirklich stattfinden wird, ist gegenwärtig noch einigermaßen
zweifelhaft, da es auf die Gewährung der Bedingungen ankommt, von welchen
der Sultan seine Mitwirkung abhängig machen wird. Selbst der Abgang fran¬
zösischer Lnndtruppcn ist augenblicklich noch ungewiß, da die Mehrheit der
Deputirtenkammer den von Freycinet dafür geforderten Kredit nicht bewilligen
zu wollen scheint."') Die englische Regierung dagegen ist offenbar entschlossen,
die Niederwerfung der Revolution Arabis und der Nationalpartei unter allen
Umstünden in die Hand zu nehmen, und wenn sich die Nachricht des „Daily
Telegraph" nicht bestätigt, derselbe habe sich zum Rücktritt von seiner Stellung
erbötig erklärt, so ist es möglich, daß sie den Kampf mit den Ägyptern allein
aufnehmen muß, da sie den Mächten, die sich neben ihr an der Sache beteiligen
könnten, nur eine untergeordnete Mitarbeit einräumen und für sich die Führer¬
rolle und die Hnuptthütigkeit beanspruchen zu wollen scheint, um dann mit einem
gewissen Rechte von den gewonnenen Vorteilen die besten Stücke für sich be¬
halten zu können.

Die bis jetzt ausgeschifften britischen Truppen haben sich vorläufig nur in
Alexandrien festgesetzt, welches mehrere Meilen vom Westrande des Deltas auf
einer Landzunge zwischen dein Mittelmeer und dem Mnrintsee liegt. Das eigent¬
liche Delta wird von den beiden Hauptarmen des Nils, dem von Rosette im
Westen und dein von Damiette im Osten, sowie vom Mittelmeer im Norden
gebildet. Es beginnt im Süden an dem Punkte bei Kaljub, wo der Strom
sich, drei Meilen unterhalb Kairos, in jene beiden Hauptadern teilt, und besteht,
von diesem im Laufe der Jahrtausende angeschwemmt, fast ausnahmslos aus
dem fettesten Marschboden. Rechts und links von dem durch jene Hauptarme
des Flusses eingeschlossenen Gebiete strecken sich, im Osten von andern größeren
Armen des Nils durchflossen, Landstriche ähnlichen Charakters hin. Weiterhin
im Osten und Westen beginnen weite Wüsten, die von Natur ohne süßes Wasser
sind, hier die libysche, dort die arabische, durch welche sich der Suezkanal mit
seinen Brackwasserseeu hinzieht. Im Norden des Deltas und der sich ihm an¬
schließenden fruchtbaren Niederungen befinden sich hinter einer sandigen und bis¬
weilen hügeligen Meeresküste, welche großen Schiffen nnr an wenigen Stellen
die Annäherung gestattet, weitgedehnte Sümpfe, die einst Wasserbecken waren
wie die Haffe des preußischen Ostseestrnndcs dann zum Teil ausgetrocknet und



Nach den neuestem Nachrichten hat sie ihn mit großer Majorität abgelehnt; dagegen
wird sehr wahrscheinlich ein starkes türkisches Korps nach Ägypten gehen.
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[0277] Der ägyptische Kriegsschauplatz. zögernd und bis jetzt nur soweit angeschlossen, daß es mit Schiffen und einem verhältnismüßig kleinen Korps vou Landtruppen die Sicherheit des Suczkanals im Interesse und Auftrag Europas wahren will. Auch die Pforte hat sich endlich, nachdem sie der Konferenz in Konstantinopel beigetreten, bereit erklärt, durch Absendung einiger Abteilungen ihres Heeres in Ägypten zu interveniren. Ob das letztere wirklich stattfinden wird, ist gegenwärtig noch einigermaßen zweifelhaft, da es auf die Gewährung der Bedingungen ankommt, von welchen der Sultan seine Mitwirkung abhängig machen wird. Selbst der Abgang fran¬ zösischer Lnndtruppcn ist augenblicklich noch ungewiß, da die Mehrheit der Deputirtenkammer den von Freycinet dafür geforderten Kredit nicht bewilligen zu wollen scheint."') Die englische Regierung dagegen ist offenbar entschlossen, die Niederwerfung der Revolution Arabis und der Nationalpartei unter allen Umstünden in die Hand zu nehmen, und wenn sich die Nachricht des „Daily Telegraph" nicht bestätigt, derselbe habe sich zum Rücktritt von seiner Stellung erbötig erklärt, so ist es möglich, daß sie den Kampf mit den Ägyptern allein aufnehmen muß, da sie den Mächten, die sich neben ihr an der Sache beteiligen könnten, nur eine untergeordnete Mitarbeit einräumen und für sich die Führer¬ rolle und die Hnuptthütigkeit beanspruchen zu wollen scheint, um dann mit einem gewissen Rechte von den gewonnenen Vorteilen die besten Stücke für sich be¬ halten zu können. Die bis jetzt ausgeschifften britischen Truppen haben sich vorläufig nur in Alexandrien festgesetzt, welches mehrere Meilen vom Westrande des Deltas auf einer Landzunge zwischen dein Mittelmeer und dem Mnrintsee liegt. Das eigent¬ liche Delta wird von den beiden Hauptarmen des Nils, dem von Rosette im Westen und dein von Damiette im Osten, sowie vom Mittelmeer im Norden gebildet. Es beginnt im Süden an dem Punkte bei Kaljub, wo der Strom sich, drei Meilen unterhalb Kairos, in jene beiden Hauptadern teilt, und besteht, von diesem im Laufe der Jahrtausende angeschwemmt, fast ausnahmslos aus dem fettesten Marschboden. Rechts und links von dem durch jene Hauptarme des Flusses eingeschlossenen Gebiete strecken sich, im Osten von andern größeren Armen des Nils durchflossen, Landstriche ähnlichen Charakters hin. Weiterhin im Osten und Westen beginnen weite Wüsten, die von Natur ohne süßes Wasser sind, hier die libysche, dort die arabische, durch welche sich der Suezkanal mit seinen Brackwasserseeu hinzieht. Im Norden des Deltas und der sich ihm an¬ schließenden fruchtbaren Niederungen befinden sich hinter einer sandigen und bis¬ weilen hügeligen Meeresküste, welche großen Schiffen nnr an wenigen Stellen die Annäherung gestattet, weitgedehnte Sümpfe, die einst Wasserbecken waren wie die Haffe des preußischen Ostseestrnndcs dann zum Teil ausgetrocknet und Nach den neuestem Nachrichten hat sie ihn mit großer Majorität abgelehnt; dagegen wird sehr wahrscheinlich ein starkes türkisches Korps nach Ägypten gehen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_193340/277>, abgerufen am 25.08.2024.