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Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Drittes Quartal.

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Der jüngste Tag.
Von Edward <Lgg leston.
Erstes Aapitel.
Sie hat eine Liebschaft mit einem Dutchman.

es glaube, du würdest dir gar nichts draus "lachen, wenn sie wirk¬
lich einen Dntchiuan heiratete. Ich weiß aber, daß sie einen solchen
Kerl ebensogut zu heiraten imstande wäre als einen ordentlichen
Menschen.

Samuel Anderson gab ihr keine Autwort. Es würde nichts
genutzt haben, ihr zu antworten. Hausdrachen zähmt man nnr durch Schweigen.
Anderson hatte schon längst gelernt, daß der kleine Fetzen von Einfluß, der ihn:
in seinen vier Pfählen verblieben war, sofort verschwinden würde, wenn der
Zaun seiner Zähne nicht mehr imstande wäre, seine Zunge sicher abzusperren.
So schloß er denn jetzt, wo seine Frau diese heiße Laon eines a.rAnuikntura g,ä
noininkin ergoß, seine Zähne wie ein Fallgatter vor seiner Zunge, preßte die
Lippen dicht an die Zähne und drückte seine Fingernagel in seine von Arbeit
gehärtete Handfläche. Und dann ging der kleine Mann, allen diesen Vorsichts¬
maßregeln mißtrauend, in der Furcht, daß er trotz seines festen Griffs doch am
Ende seinem Ärger die Zügel schießen lassen konnte, mit großen Schritten zum
Hanse hinaus, wobei er die schrille Stimme seiner Frau im Ohre mitnahm.

Frau Anderson hatte guten Grund zu der Befürchtung, daß ihre Tochter
sich in eine Liebschaft mit einem "Dutchmcm" eingelassen habe, wie sie es in
ihrer Verachtung nannte.^) Die wenigen Deutschen, die damals bis in den
Westen vorgedrungen waren, sah man hier kaum mit günstigeren Augen an, als
heutzutage die Kaliforuier den mandelängigen Chinesen ansehen. Sie waren



*) vntoiur^n, eigentlich Holländer, ist im Munde des gemeinen Amerikaners die Be¬
zeichnung des Deutschen und hat oft einen starken Anflug von Verächtlichkeit, der sich in
dem Ausdruck clumiwä ti".e1c Unke-d gesteigert findet.


Der jüngste Tag.
Von Edward <Lgg leston.
Erstes Aapitel.
Sie hat eine Liebschaft mit einem Dutchman.

es glaube, du würdest dir gar nichts draus »lachen, wenn sie wirk¬
lich einen Dntchiuan heiratete. Ich weiß aber, daß sie einen solchen
Kerl ebensogut zu heiraten imstande wäre als einen ordentlichen
Menschen.

Samuel Anderson gab ihr keine Autwort. Es würde nichts
genutzt haben, ihr zu antworten. Hausdrachen zähmt man nnr durch Schweigen.
Anderson hatte schon längst gelernt, daß der kleine Fetzen von Einfluß, der ihn:
in seinen vier Pfählen verblieben war, sofort verschwinden würde, wenn der
Zaun seiner Zähne nicht mehr imstande wäre, seine Zunge sicher abzusperren.
So schloß er denn jetzt, wo seine Frau diese heiße Laon eines a.rAnuikntura g,ä
noininkin ergoß, seine Zähne wie ein Fallgatter vor seiner Zunge, preßte die
Lippen dicht an die Zähne und drückte seine Fingernagel in seine von Arbeit
gehärtete Handfläche. Und dann ging der kleine Mann, allen diesen Vorsichts¬
maßregeln mißtrauend, in der Furcht, daß er trotz seines festen Griffs doch am
Ende seinem Ärger die Zügel schießen lassen konnte, mit großen Schritten zum
Hanse hinaus, wobei er die schrille Stimme seiner Frau im Ohre mitnahm.

Frau Anderson hatte guten Grund zu der Befürchtung, daß ihre Tochter
sich in eine Liebschaft mit einem „Dutchmcm" eingelassen habe, wie sie es in
ihrer Verachtung nannte.^) Die wenigen Deutschen, die damals bis in den
Westen vorgedrungen waren, sah man hier kaum mit günstigeren Augen an, als
heutzutage die Kaliforuier den mandelängigen Chinesen ansehen. Sie waren



*) vntoiur^n, eigentlich Holländer, ist im Munde des gemeinen Amerikaners die Be¬
zeichnung des Deutschen und hat oft einen starken Anflug von Verächtlichkeit, der sich in
dem Ausdruck clumiwä ti».e1c Unke-d gesteigert findet.
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[0240] [Abbildung] Der jüngste Tag. Von Edward <Lgg leston. Erstes Aapitel. Sie hat eine Liebschaft mit einem Dutchman. es glaube, du würdest dir gar nichts draus »lachen, wenn sie wirk¬ lich einen Dntchiuan heiratete. Ich weiß aber, daß sie einen solchen Kerl ebensogut zu heiraten imstande wäre als einen ordentlichen Menschen. Samuel Anderson gab ihr keine Autwort. Es würde nichts genutzt haben, ihr zu antworten. Hausdrachen zähmt man nnr durch Schweigen. Anderson hatte schon längst gelernt, daß der kleine Fetzen von Einfluß, der ihn: in seinen vier Pfählen verblieben war, sofort verschwinden würde, wenn der Zaun seiner Zähne nicht mehr imstande wäre, seine Zunge sicher abzusperren. So schloß er denn jetzt, wo seine Frau diese heiße Laon eines a.rAnuikntura g,ä noininkin ergoß, seine Zähne wie ein Fallgatter vor seiner Zunge, preßte die Lippen dicht an die Zähne und drückte seine Fingernagel in seine von Arbeit gehärtete Handfläche. Und dann ging der kleine Mann, allen diesen Vorsichts¬ maßregeln mißtrauend, in der Furcht, daß er trotz seines festen Griffs doch am Ende seinem Ärger die Zügel schießen lassen konnte, mit großen Schritten zum Hanse hinaus, wobei er die schrille Stimme seiner Frau im Ohre mitnahm. Frau Anderson hatte guten Grund zu der Befürchtung, daß ihre Tochter sich in eine Liebschaft mit einem „Dutchmcm" eingelassen habe, wie sie es in ihrer Verachtung nannte.^) Die wenigen Deutschen, die damals bis in den Westen vorgedrungen waren, sah man hier kaum mit günstigeren Augen an, als heutzutage die Kaliforuier den mandelängigen Chinesen ansehen. Sie waren *) vntoiur^n, eigentlich Holländer, ist im Munde des gemeinen Amerikaners die Be¬ zeichnung des Deutschen und hat oft einen starken Anflug von Verächtlichkeit, der sich in dem Ausdruck clumiwä ti».e1c Unke-d gesteigert findet.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_193340/240>, abgerufen am 22.07.2024.