Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Viertes Quartal.Pietro Lossa. auf Venedigs Schönheit, die einen wahren Sturm von Beifallsbezeigungen Ueber das äußere Leben Cossas läßt sich in Kürze Bericht erstatten. Ge¬ *) So die Aufzeichnung in den Kirchenbüchern der Parochie von 83. Lslso s (zwli-wo,
welche ein römisches Blatt in diesen Tagen reproducirte; darnach und ein Schreibfehler ob¬ walten, wenn der Dichter selbst in dem kurzen Abriß seines Lebens, den Samosch a. a. O. mittheilt, das Jahr 1834 als sein Geburtsjahr bezeichnet. Pietro Lossa. auf Venedigs Schönheit, die einen wahren Sturm von Beifallsbezeigungen Ueber das äußere Leben Cossas läßt sich in Kürze Bericht erstatten. Ge¬ *) So die Aufzeichnung in den Kirchenbüchern der Parochie von 83. Lslso s (zwli-wo,
welche ein römisches Blatt in diesen Tagen reproducirte; darnach und ein Schreibfehler ob¬ walten, wenn der Dichter selbst in dem kurzen Abriß seines Lebens, den Samosch a. a. O. mittheilt, das Jahr 1834 als sein Geburtsjahr bezeichnet. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0092" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/150814"/> <fw type="header" place="top"> Pietro Lossa.</fw><lb/> <p xml:id="ID_239" prev="#ID_238"> auf Venedigs Schönheit, die einen wahren Sturm von Beifallsbezeigungen<lb/> hervorzurufen pflegte, leidet das Drama jedoch an einer zu dürftigen Handlung<lb/> und außerdem an compositionellen Mängeln, die selbst die begeistertsten Ver¬<lb/> ehrer der Cossaschen Muse nicht in Abrede stellen konnten. Wenig entsprach<lb/> den gehegten Erwartungen die letzte Arbeit des Dichters, ^ Mxolstiinl äst 1799,<lb/> mit der er nur Achtungserfolge davontrug. Für einen rastlos strebenden Geist<lb/> wie Pietro Cossa, dem alle Selbstgefälligkeit fremd war, hätte jedoch selbst eine<lb/> entschiedene Niederlage nur eine Triebfeder zu neuer Kraftanspannung sein können.<lb/> Selten wird sich die Entwicklung einer Künstlernatur in beständig aufsteigender<lb/> Linie bewegen; glücklich, wem das Loos fällt, nach einer großen That, welche<lb/> die Summe seines Strebens und Könnens zusammenfaßt, den Plan zu räumen —<lb/> aber kein billig Denkender wird deshalb einem schöpferischen Geiste, der mitten<lb/> im Laufe sich Halt geboten sieht, seine Bedeutung schmälern, weil seine letzte<lb/> Leistung nicht zugleich seine beste war, und bezweifeln wollen, daß er bei längerem<lb/> Schaffen nach einzelnen Fehlgriffen sich um so glorreicher entfaltet haben würde.</p><lb/> <p xml:id="ID_240"> Ueber das äußere Leben Cossas läßt sich in Kürze Bericht erstatten. Ge¬<lb/> boren war er am 25. Januar 1830 zu Rom/) wo er, wie bereits erwähnt,<lb/> im Collegio Romano seine erste Ausbildung erhielt. Aus dieser Anstalt ver¬<lb/> wiesen, lag er privatim seinen Studien ob. Nach der Einnahme Roms durch<lb/> die Franzosen und der Wiederherstellung der päpstlichen Herrschaft wandte er<lb/> sich, um Verfolgungen zu entgehen, nach Südamerika, wo er als Opernsänger<lb/> seinen Unterhalt suchte, sah sich indeß bald gezwungen, in die Heimat zurückzu¬<lb/> kehren. Seine Laufbahn als Dramatiker ist in den Hauptzügen skizzirt worden.<lb/> In den bescheidensten Verhältnissen wohnte er lange Jahre hindurch zu Trastevere<lb/> in einem unscheinbaren Häuschen hinter dem Hospital San Galliccmo mit seiner<lb/> hochbetagten Mutter, die er späterhin in Rücksicht auf ihre größere Bequemlich¬<lb/> keit bei einer verheirateten Schwester in Siena unterbrachte. Mit dieser, die<lb/> zu spät in Livorno eintraf, um das letzte Lebewohl des Sterbenden zu em¬<lb/> pfangen, beweint die 84jährige Greisin den frühen Hingang des gefeierten Sohnes,<lb/> unter dessen edlen Charakterzügen die Liebe zu ihr der schönsten einer. Die<lb/> Humanität, die ihm im vollen Sinne des Wortes eigen war, sein leutseliges,<lb/> freundliches Wesen, das nichts von jenem Dünkel kannte, in den man so oft<lb/> berechtigten Künstlerstolz ausarten sieht, gewann ihm alle zu Freunden, denen<lb/> es vergönnt war, in persönliche Berührung mit ihm zu treten. Schweigsam,<lb/> ja verschlossen in großer Gesellschaft, bildete er, ohne sich dessen vielleicht selbst<lb/> recht bewußt zu sein, den Mittelpunkt eines geistig regsamen Kreises, der sich<lb/> im Cass des ?sg,er0 VÄls aus Schriftstellern, Künstlern und Schauspielern<lb/> gebildet hatte und dem Männer wie Paolo Ferrari, Bono, Barrili, Monteverde<lb/> u. a. angehörten. In seinen politischen Ansichten gemäßigt und dem Getriebe<lb/> der Parteien abhold, führte er als Privatmann das bescheidne Leben des Schrift¬<lb/> stellers, der sich ans den mäßigen Ertrag seiner Feder angewiesen sah, und ver¬<lb/> zichtete darauf, sich um Aemter und Ehrenstellen zu bewerben. Dies verhinderte<lb/> jedoch nicht, daß ihm seine Mitbürger durch Ernennung zum Mitgliede des rö¬<lb/> mischen Gemeinderaths ihre Hochachtung auch äußerlich bekundete».</p><lb/> <note xml:id="FID_7" place="foot"> *) So die Aufzeichnung in den Kirchenbüchern der Parochie von 83. Lslso s (zwli-wo,<lb/> welche ein römisches Blatt in diesen Tagen reproducirte; darnach und ein Schreibfehler ob¬<lb/> walten, wenn der Dichter selbst in dem kurzen Abriß seines Lebens, den Samosch a. a. O.<lb/> mittheilt, das Jahr 1834 als sein Geburtsjahr bezeichnet.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0092]
Pietro Lossa.
auf Venedigs Schönheit, die einen wahren Sturm von Beifallsbezeigungen
hervorzurufen pflegte, leidet das Drama jedoch an einer zu dürftigen Handlung
und außerdem an compositionellen Mängeln, die selbst die begeistertsten Ver¬
ehrer der Cossaschen Muse nicht in Abrede stellen konnten. Wenig entsprach
den gehegten Erwartungen die letzte Arbeit des Dichters, ^ Mxolstiinl äst 1799,
mit der er nur Achtungserfolge davontrug. Für einen rastlos strebenden Geist
wie Pietro Cossa, dem alle Selbstgefälligkeit fremd war, hätte jedoch selbst eine
entschiedene Niederlage nur eine Triebfeder zu neuer Kraftanspannung sein können.
Selten wird sich die Entwicklung einer Künstlernatur in beständig aufsteigender
Linie bewegen; glücklich, wem das Loos fällt, nach einer großen That, welche
die Summe seines Strebens und Könnens zusammenfaßt, den Plan zu räumen —
aber kein billig Denkender wird deshalb einem schöpferischen Geiste, der mitten
im Laufe sich Halt geboten sieht, seine Bedeutung schmälern, weil seine letzte
Leistung nicht zugleich seine beste war, und bezweifeln wollen, daß er bei längerem
Schaffen nach einzelnen Fehlgriffen sich um so glorreicher entfaltet haben würde.
Ueber das äußere Leben Cossas läßt sich in Kürze Bericht erstatten. Ge¬
boren war er am 25. Januar 1830 zu Rom/) wo er, wie bereits erwähnt,
im Collegio Romano seine erste Ausbildung erhielt. Aus dieser Anstalt ver¬
wiesen, lag er privatim seinen Studien ob. Nach der Einnahme Roms durch
die Franzosen und der Wiederherstellung der päpstlichen Herrschaft wandte er
sich, um Verfolgungen zu entgehen, nach Südamerika, wo er als Opernsänger
seinen Unterhalt suchte, sah sich indeß bald gezwungen, in die Heimat zurückzu¬
kehren. Seine Laufbahn als Dramatiker ist in den Hauptzügen skizzirt worden.
In den bescheidensten Verhältnissen wohnte er lange Jahre hindurch zu Trastevere
in einem unscheinbaren Häuschen hinter dem Hospital San Galliccmo mit seiner
hochbetagten Mutter, die er späterhin in Rücksicht auf ihre größere Bequemlich¬
keit bei einer verheirateten Schwester in Siena unterbrachte. Mit dieser, die
zu spät in Livorno eintraf, um das letzte Lebewohl des Sterbenden zu em¬
pfangen, beweint die 84jährige Greisin den frühen Hingang des gefeierten Sohnes,
unter dessen edlen Charakterzügen die Liebe zu ihr der schönsten einer. Die
Humanität, die ihm im vollen Sinne des Wortes eigen war, sein leutseliges,
freundliches Wesen, das nichts von jenem Dünkel kannte, in den man so oft
berechtigten Künstlerstolz ausarten sieht, gewann ihm alle zu Freunden, denen
es vergönnt war, in persönliche Berührung mit ihm zu treten. Schweigsam,
ja verschlossen in großer Gesellschaft, bildete er, ohne sich dessen vielleicht selbst
recht bewußt zu sein, den Mittelpunkt eines geistig regsamen Kreises, der sich
im Cass des ?sg,er0 VÄls aus Schriftstellern, Künstlern und Schauspielern
gebildet hatte und dem Männer wie Paolo Ferrari, Bono, Barrili, Monteverde
u. a. angehörten. In seinen politischen Ansichten gemäßigt und dem Getriebe
der Parteien abhold, führte er als Privatmann das bescheidne Leben des Schrift¬
stellers, der sich ans den mäßigen Ertrag seiner Feder angewiesen sah, und ver¬
zichtete darauf, sich um Aemter und Ehrenstellen zu bewerben. Dies verhinderte
jedoch nicht, daß ihm seine Mitbürger durch Ernennung zum Mitgliede des rö¬
mischen Gemeinderaths ihre Hochachtung auch äußerlich bekundete».
*) So die Aufzeichnung in den Kirchenbüchern der Parochie von 83. Lslso s (zwli-wo,
welche ein römisches Blatt in diesen Tagen reproducirte; darnach und ein Schreibfehler ob¬
walten, wenn der Dichter selbst in dem kurzen Abriß seines Lebens, den Samosch a. a. O.
mittheilt, das Jahr 1834 als sein Geburtsjahr bezeichnet.
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