Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Viertes Quartal.politische!! Parteion und ihr Einfluß auf Justiz und Verwaltung. siegeln. Der lZris-, der IÄmin,W^-rale leben noch in aller Erinnerung. Bis Belgien und die Niederlande werden von Minghctti nur oberflächlich be¬ Dagegen wendet selbstverständlich der Verfasser sein Hauptaugenmerk auf politische!! Parteion und ihr Einfluß auf Justiz und Verwaltung. siegeln. Der lZris-, der IÄmin,W^-rale leben noch in aller Erinnerung. Bis Belgien und die Niederlande werden von Minghctti nur oberflächlich be¬ Dagegen wendet selbstverständlich der Verfasser sein Hauptaugenmerk auf <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0502" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/151224"/> <fw type="header" place="top"> politische!! Parteion und ihr Einfluß auf Justiz und Verwaltung.</fw><lb/> <p xml:id="ID_1645" prev="#ID_1644"> siegeln. Der lZris-, der IÄmin,W^-rale leben noch in aller Erinnerung. Bis<lb/> jetzt freilich hat der Staat noch die Widerstandsfähigkeit besessen, um diese<lb/> Raubverwaltung zu ertragen - eine Widerstandsfähigkeit, die in den eigen¬<lb/> thümlichen Verhältnissen des Landes, in seinem Reichthum an Grund und Boden,<lb/> in dem Zuströme» einer arbeitsamen Bevölkerung, in der von den europäischen<lb/> Händeln unberührten Lage ihren Grund hat. Die Quellen des Wohlstandes<lb/> werden aber «icht ewig fließen, und je länger die Heilmittel aufgeschoben werden,<lb/> um so furchtbarer wird der Zusammensturz sein. Ein Vorspiel haben schon die<lb/> westlichen Eiscnbahnnnruhen und die Zerstörung von Eigenthum durch unzu¬<lb/> friedene Arbeiter geliefert.</p><lb/> <p xml:id="ID_1646"> Belgien und die Niederlande werden von Minghctti nur oberflächlich be¬<lb/> rührt. Auch hier zeigt sich seine Uebereinstimmung mit den Ideen des Kanzlers.<lb/> In so kleinen Ländern haben die Leidenschaften nicht den großen Spielraum,<lb/> um sich auszutoben, sie können nicht maßgebend sein für große Reiche, ebenso¬<lb/> wenig wie man z. B. die Verhältnisse von Schwarzburg-Rudolstadt oder Reuß<lb/> als ein Spiegelbild des deutschen Reiches betrachten kann.</p><lb/> <p xml:id="ID_1647" next="#ID_1648"> Dagegen wendet selbstverständlich der Verfasser sein Hauptaugenmerk auf<lb/> Italien; wer feine eingehenden Schilderungen des Parteilebens mit den kurzen<lb/> aber kräftigen Bemerkungen vergleicht, welche der Kanzler in seiner Rede<lb/> über Italien gemacht hat, der wird nicht ohne Staunen den Scharfsinn unseres<lb/> großen Staatsmannes betrachten können. In Italien freilich hat sich das Partei-<lb/> leben zu einer Blüte mit allen ihren Auswüchsen um so leichter entwickeln<lb/> können, als hier die wichtigsten Garantien des Rechtsstaates fehlen. Wie in<lb/> Frankreich siud die mit unsern Amtsrichtern vergleichbaren xrstori absetzbar,<lb/> neben der Rechtsprechung ist es ihr Beruf, im Auftrage der jedesmaligen Re¬<lb/> gierung Stimmung in der Bevölkerung zu machen und für entsprechende Wahlen<lb/> zu sorgen. Die höheren Richter können nach Willkür versetzt werden, und auch<lb/> dies erscheint den fortgeschrittensten Politikern nicht genügend, vielmehr wird<lb/> anch hier wie in Frankreich an eine Purification des Richterstandes gedacht.<lb/> An einer Verwaltungsgerichtsbarkeit fehlt es gänzlich, in allen wichtigen Zweigen<lb/> entscheidet die Willkür des Parteiministerinms. Unter diesen Verhältnissen ist es<lb/> klar, »vorauf die Reformbestrebungen der eigentlichen Vaterlandsfreunde gerichtet<lb/> sein müssen. Daß aber auch eine Abhilfe der geschilderten Mißstände nicht<lb/> ausreichen würde, das beweisen noch die weiteren Fehler, welche mit dem Partei¬<lb/> regime in Italien verbunden sind. Die Interessenpolitik hat zu einer Zersplitte¬<lb/> rung der Parteien (onisZuols) geführt; denn da ein Parteircgiment nicht im¬<lb/> stande ist, alle Anhänger zu belohnen, so entstehe» nicht selten aus den bisherigen<lb/> Freunden Feinde, die sich zusammenthun, um ihrerseits an das Ruder zu ge¬<lb/> langen und die Früchte des Sieges zu genießen. Das jeweilige Ministerium<lb/> muß daher alles aufbieten, um sich zu erhalten und überall den Freunden<lb/> Genüge zu thun bestrebt sein. Es ist daher vollständig von den Deputirten</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0502]
politische!! Parteion und ihr Einfluß auf Justiz und Verwaltung.
siegeln. Der lZris-, der IÄmin,W^-rale leben noch in aller Erinnerung. Bis
jetzt freilich hat der Staat noch die Widerstandsfähigkeit besessen, um diese
Raubverwaltung zu ertragen - eine Widerstandsfähigkeit, die in den eigen¬
thümlichen Verhältnissen des Landes, in seinem Reichthum an Grund und Boden,
in dem Zuströme» einer arbeitsamen Bevölkerung, in der von den europäischen
Händeln unberührten Lage ihren Grund hat. Die Quellen des Wohlstandes
werden aber «icht ewig fließen, und je länger die Heilmittel aufgeschoben werden,
um so furchtbarer wird der Zusammensturz sein. Ein Vorspiel haben schon die
westlichen Eiscnbahnnnruhen und die Zerstörung von Eigenthum durch unzu¬
friedene Arbeiter geliefert.
Belgien und die Niederlande werden von Minghctti nur oberflächlich be¬
rührt. Auch hier zeigt sich seine Uebereinstimmung mit den Ideen des Kanzlers.
In so kleinen Ländern haben die Leidenschaften nicht den großen Spielraum,
um sich auszutoben, sie können nicht maßgebend sein für große Reiche, ebenso¬
wenig wie man z. B. die Verhältnisse von Schwarzburg-Rudolstadt oder Reuß
als ein Spiegelbild des deutschen Reiches betrachten kann.
Dagegen wendet selbstverständlich der Verfasser sein Hauptaugenmerk auf
Italien; wer feine eingehenden Schilderungen des Parteilebens mit den kurzen
aber kräftigen Bemerkungen vergleicht, welche der Kanzler in seiner Rede
über Italien gemacht hat, der wird nicht ohne Staunen den Scharfsinn unseres
großen Staatsmannes betrachten können. In Italien freilich hat sich das Partei-
leben zu einer Blüte mit allen ihren Auswüchsen um so leichter entwickeln
können, als hier die wichtigsten Garantien des Rechtsstaates fehlen. Wie in
Frankreich siud die mit unsern Amtsrichtern vergleichbaren xrstori absetzbar,
neben der Rechtsprechung ist es ihr Beruf, im Auftrage der jedesmaligen Re¬
gierung Stimmung in der Bevölkerung zu machen und für entsprechende Wahlen
zu sorgen. Die höheren Richter können nach Willkür versetzt werden, und auch
dies erscheint den fortgeschrittensten Politikern nicht genügend, vielmehr wird
anch hier wie in Frankreich an eine Purification des Richterstandes gedacht.
An einer Verwaltungsgerichtsbarkeit fehlt es gänzlich, in allen wichtigen Zweigen
entscheidet die Willkür des Parteiministerinms. Unter diesen Verhältnissen ist es
klar, »vorauf die Reformbestrebungen der eigentlichen Vaterlandsfreunde gerichtet
sein müssen. Daß aber auch eine Abhilfe der geschilderten Mißstände nicht
ausreichen würde, das beweisen noch die weiteren Fehler, welche mit dem Partei¬
regime in Italien verbunden sind. Die Interessenpolitik hat zu einer Zersplitte¬
rung der Parteien (onisZuols) geführt; denn da ein Parteircgiment nicht im¬
stande ist, alle Anhänger zu belohnen, so entstehe» nicht selten aus den bisherigen
Freunden Feinde, die sich zusammenthun, um ihrerseits an das Ruder zu ge¬
langen und die Früchte des Sieges zu genießen. Das jeweilige Ministerium
muß daher alles aufbieten, um sich zu erhalten und überall den Freunden
Genüge zu thun bestrebt sein. Es ist daher vollständig von den Deputirten
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |