Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Viertes Quartal.Die Jude" in Ninnänioa. das Volk sich aller nahrhaften Speisen enthält und nur wilde Kräuter genießt, so In drei oder vier Jahren hat der jüdische Schenkwirth, der mit 10 Ducaten Wie kommt es nun, daß der Bauer sich auf diese Weise die Wolle abscheeren Die Jude» in Ninnänioa. das Volk sich aller nahrhaften Speisen enthält und nur wilde Kräuter genießt, so In drei oder vier Jahren hat der jüdische Schenkwirth, der mit 10 Ducaten Wie kommt es nun, daß der Bauer sich auf diese Weise die Wolle abscheeren <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0480" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/151202"/> <fw type="header" place="top"> Die Jude» in Ninnänioa.</fw><lb/> <p xml:id="ID_1574" prev="#ID_1573"> das Volk sich aller nahrhaften Speisen enthält und nur wilde Kräuter genießt, so<lb/> begreift man, daß es, bereits durch die Fieberlnft der meisten Gegenden des ebnen<lb/> Landes geschwächt, zuletzt ganz von Kräften kommt. Um sich auf den Beinen zu<lb/> erhalten, trinkt es den landesüblichen Pflaumenbrcmutweiu (WmiLa,), der meist ver¬<lb/> fälscht ist. Seit fünfzehn Jahren haben die rumänischen Bauern ferner jährlich<lb/> Abgaben zur Amortisation des Preises für die ihnen zugesprochenen Ländereien<lb/> zahlen müssen, und so sind sie außer Staude gewesen, zu sparen. Während der<lb/> Jahre, wo die Ernte schlecht ausfiel, waren sie genöthigt, sich wenigstens einen<lb/> Theil des Geldes für diese und andre Steuer» zu borgen und sich deshalb an<lb/> den einzigen Darleiher, den Juden des Dorfes, zu wenden. Wie es dabei zuging,<lb/> mag ein Beispiel von tausend zeigen. Der Jude borgt dem Bauer eiuen Ducaten<lb/> — etwa 9 Mark — und verlangt dafür, daß die Rückzahlung binnen drei Mo-<lb/> naten in Gestalt von Wocheuraten von 30 Pfennigen unsres Geldes erfolge, wobei<lb/> er 14V Pfennige Zinsen erzielt. Bleibt der Bauer mit der Abzahlung zurück, so<lb/> fordert der Jude dafür ein Geschenk, oder vielmehr, er schickt seine Frau ab, um<lb/> der Frau des Schuldners, wenn sie mit Gemüsen und Geflügel zu Markte geht,<lb/> aufzupassen, Sie hält die Bäuerin auf dem Wege an und sagt: »Dein Mann<lb/> hat uns nicht bezahlt; wenn ich Dich verkaufen lasse, wirst Du das Geld verthun,<lb/> also bezahle uns oder gieb uns Deine Waare,« Und sie nimmt ein Huhn, das<lb/> 60 Pfennige gilt, und berechnet es zu 30, und mit dem übrigen wird nach dem¬<lb/> selben Verhältniß Verfahren, Ein Bauer hatte sich 20 Francs geliehen und davon<lb/> fünf Monate hindurch wöchentlich 1 Franc zurückgezahlt. Er begriff aber nicht,<lb/> daß er damit frei war; »denn, sagte er, ich habe ja nicht das Zwanzigfranestück<lb/> zurückgegeben.« Mit solchen Naturen haben die Juden leichtes Spiel,</p><lb/> <p xml:id="ID_1575"> In drei oder vier Jahren hat der jüdische Schenkwirth, der mit 10 Ducaten<lb/> angefangen hat, ein kleines Capital znsammengewuchert. Er Pachtet dann ein Stück<lb/> Land von 10 oder 20 Fakel (15 oder 30 Heetaren), Da er eine Schenke hält,<lb/> braucht er Leute, die ihm das Feld bestellen. Er wendet sich an seine Schuldner,<lb/> denn er hat Sorge getragen, durch Gestundung und weiteres Creditgeben die<lb/> Schulden so anschwellen zu lassen, daß die Betreffenden sich nicht leicht davon frei<lb/> machen können. Aller vier Monate regelt er die Sache auf seine Weise, »Ich<lb/> habe Dir,« sagt er, »im ganzen 3 Ducaten vorgestreckt,« Der Bauer bestreitet das,<lb/> aber der Jude hat alles, Posten für Posten, gehörig gebucht, er besteht auf seiner<lb/> Behauptung, der Bauer sträubt sich noch ein Weilchen, giebt aber dann nach,<lb/> »Gut dann,« sagt der Jude, »Du hast kein Geld, aber Du kannst in Arbeit zahlen,<lb/> Pflüge mir mein Land, jade, nahe, fahre das Getreide ein.« So macht sich die<lb/> Sache ganz leicht. Für das Bestellen einer Falce werden durchschnittlich 1^, für<lb/> das Mähen 2, für das Jäten 3 bis 4 Ducaten gezahlt, aber der Jude rechnet<lb/> von alledem immer nur ein Drittel, Glaubt der Bauer eine Falce Mais gejätet<lb/> zu haben, so kommt der Jude, mißt und sagt: »Das ist ja keine Falce, das sind<lb/> höchstens zwei Drittel,« Nicht zufrieden damit, viel zu wenig zu bezahlen, ver¬<lb/> langt der spitzbübische Jude auch mehr Arbeit, als recht ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_1576" next="#ID_1577"> Wie kommt es nun, daß der Bauer sich auf diese Weise die Wolle abscheeren<lb/> und die Federn ausrupfen läßt? Man muß ihn und den Juden gesehen haben,<lb/> um die Sache zu begreifen. Der Jude drückt, dringt und droht, der arme Rumäne,<lb/> welcher weiß, daß er morgen deu Juden wieder brauche» wird, wird eingeschüchtert<lb/> und ergiebt sich in sein Schicksal. Wenn es einmal eine Arbeit giebt, die mehr<lb/> als die Schuld beträgt, so hütet sich der Jude, deu Ueberschuß mit Geld zu be¬<lb/> gleichen; während der Bauer nahe bei der scheute arbeitet, ruft ihn der Jude</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0480]
Die Jude» in Ninnänioa.
das Volk sich aller nahrhaften Speisen enthält und nur wilde Kräuter genießt, so
begreift man, daß es, bereits durch die Fieberlnft der meisten Gegenden des ebnen
Landes geschwächt, zuletzt ganz von Kräften kommt. Um sich auf den Beinen zu
erhalten, trinkt es den landesüblichen Pflaumenbrcmutweiu (WmiLa,), der meist ver¬
fälscht ist. Seit fünfzehn Jahren haben die rumänischen Bauern ferner jährlich
Abgaben zur Amortisation des Preises für die ihnen zugesprochenen Ländereien
zahlen müssen, und so sind sie außer Staude gewesen, zu sparen. Während der
Jahre, wo die Ernte schlecht ausfiel, waren sie genöthigt, sich wenigstens einen
Theil des Geldes für diese und andre Steuer» zu borgen und sich deshalb an
den einzigen Darleiher, den Juden des Dorfes, zu wenden. Wie es dabei zuging,
mag ein Beispiel von tausend zeigen. Der Jude borgt dem Bauer eiuen Ducaten
— etwa 9 Mark — und verlangt dafür, daß die Rückzahlung binnen drei Mo-
naten in Gestalt von Wocheuraten von 30 Pfennigen unsres Geldes erfolge, wobei
er 14V Pfennige Zinsen erzielt. Bleibt der Bauer mit der Abzahlung zurück, so
fordert der Jude dafür ein Geschenk, oder vielmehr, er schickt seine Frau ab, um
der Frau des Schuldners, wenn sie mit Gemüsen und Geflügel zu Markte geht,
aufzupassen, Sie hält die Bäuerin auf dem Wege an und sagt: »Dein Mann
hat uns nicht bezahlt; wenn ich Dich verkaufen lasse, wirst Du das Geld verthun,
also bezahle uns oder gieb uns Deine Waare,« Und sie nimmt ein Huhn, das
60 Pfennige gilt, und berechnet es zu 30, und mit dem übrigen wird nach dem¬
selben Verhältniß Verfahren, Ein Bauer hatte sich 20 Francs geliehen und davon
fünf Monate hindurch wöchentlich 1 Franc zurückgezahlt. Er begriff aber nicht,
daß er damit frei war; »denn, sagte er, ich habe ja nicht das Zwanzigfranestück
zurückgegeben.« Mit solchen Naturen haben die Juden leichtes Spiel,
In drei oder vier Jahren hat der jüdische Schenkwirth, der mit 10 Ducaten
angefangen hat, ein kleines Capital znsammengewuchert. Er Pachtet dann ein Stück
Land von 10 oder 20 Fakel (15 oder 30 Heetaren), Da er eine Schenke hält,
braucht er Leute, die ihm das Feld bestellen. Er wendet sich an seine Schuldner,
denn er hat Sorge getragen, durch Gestundung und weiteres Creditgeben die
Schulden so anschwellen zu lassen, daß die Betreffenden sich nicht leicht davon frei
machen können. Aller vier Monate regelt er die Sache auf seine Weise, »Ich
habe Dir,« sagt er, »im ganzen 3 Ducaten vorgestreckt,« Der Bauer bestreitet das,
aber der Jude hat alles, Posten für Posten, gehörig gebucht, er besteht auf seiner
Behauptung, der Bauer sträubt sich noch ein Weilchen, giebt aber dann nach,
»Gut dann,« sagt der Jude, »Du hast kein Geld, aber Du kannst in Arbeit zahlen,
Pflüge mir mein Land, jade, nahe, fahre das Getreide ein.« So macht sich die
Sache ganz leicht. Für das Bestellen einer Falce werden durchschnittlich 1^, für
das Mähen 2, für das Jäten 3 bis 4 Ducaten gezahlt, aber der Jude rechnet
von alledem immer nur ein Drittel, Glaubt der Bauer eine Falce Mais gejätet
zu haben, so kommt der Jude, mißt und sagt: »Das ist ja keine Falce, das sind
höchstens zwei Drittel,« Nicht zufrieden damit, viel zu wenig zu bezahlen, ver¬
langt der spitzbübische Jude auch mehr Arbeit, als recht ist.
Wie kommt es nun, daß der Bauer sich auf diese Weise die Wolle abscheeren
und die Federn ausrupfen läßt? Man muß ihn und den Juden gesehen haben,
um die Sache zu begreifen. Der Jude drückt, dringt und droht, der arme Rumäne,
welcher weiß, daß er morgen deu Juden wieder brauche» wird, wird eingeschüchtert
und ergiebt sich in sein Schicksal. Wenn es einmal eine Arbeit giebt, die mehr
als die Schuld beträgt, so hütet sich der Jude, deu Ueberschuß mit Geld zu be¬
gleichen; während der Bauer nahe bei der scheute arbeitet, ruft ihn der Jude
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