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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Viertes Quartal.

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Petroleumquellen in Deutschland.

auch die Petroleumgegcnden in Deutschland einer gründlichen Untersuchung. In
seinem "Geognostischen Bericht über ein sehr bedeutendes Petrvlcumlnger in der
königl. preuß. Provinz Hannover" sagt er, daß in Deutschland viel bestimmtere
Anzeichen von Petroleum vorhanden seien als in den Vereinigten Staaten, wo
oft schon ein charakteristischer Geruch der Gesteine zu sehr reichen Oeladern ge¬
führt habe. Das im Sande von Witze steckende Oel schätzte er auf hundert
Millionen Centner.

Bald nach dieser Anregung durch Harper wurden die Theerstätten von
Steinvörde entdeckt. Beim Chausseebau stieß man zufällig auf eine Thecrquelle,
welche seitdem von Ortseinwohnern nach Witzer Art ausgebeutet wird und die
Arbeit reichlich lohnen soll. Bohrungen, die daraufhin von esthlündischen Kapi¬
talisten unternommen wurden, führte,: damals noch zu keinem lohnenden Er¬
gebniß. Auch die Arbeiten einer Hamburger Gesellschaft, die bald nachher bei
Oedesse unternommen wurden, blieben ohne erheblichen Erfolg.

Eine glückliche Wendung trat erst ein, als vor anderthalb Jahren die
Bremer "Deutsche Petroleum-Bohr-Gesellschaft," welche unter dem Vorsitz des
Consuls Meier steht, die Bohrungen bei Oedesse mit der größten Energie wieder
aufnahm. Der Erfolg blieb nun nicht mehr aus. Die ersten Berichte, welche
darüber in die Zeitungen drangen, wurden vielfach bezweifelt und belächelt. Die
Zeitungen hatten Gelegenheit, sich in Witz und Spott zu üben. Von der Sache
wußten sie ja nichts genaues, und sie zu falschen Berichten zu veranlassen, hatte
damals noch niemand ein Interesse. Von den zahlreichen Bohrlöchern, welche
die Bremer Gesellschaft niederstoßen ließ, brachte nach den Berichten der Ge¬
sellschaft das ergiebigste in fünf Monaten 4000, ein zweites in drei Monaten
gegen 2000 Centner Oel.

Dieser außerordentliche und ganz unerwartete Erfolg spornte auch andre an.
Das meiste Glück hatte, wie es scheint, Adolf Mohr, der, mit der amerikanischen
Petrvleumtechnik ganz vertraut, seiue Bohrversuche nach amerikanischem Muster
austeilte. Sofort fand sich nun auch eine Berliner Gründung ein. Mohrs
Terrain wurde zu außerordentlich hohem Preise an eine Actiengesellschaft ver¬
lauft. Die Actien wurden an die Börse gebracht. Es gelangten Berichte über
die glänzenden Erfolge dieser Oelhcimer Gesellschaft in alle Tagesblätter. Das
Publicum wurde interessirt; es kaufte die Actien. Die Sache ging glatt von
statten. Die gründende Bank wurde die Papiere sehr bald los. Es war ja
auch die Vereinsbank, die vor kurzem aus dem durch Zeitungsannoncen zum
Börsenspiel reizenden Bankhause Sternberg hervorgegangen war.

Ein Gutes hatte diese Gründung und ihre Reclame jedenfalls: das In¬
teresse an einer deutschen Petroleumindustrie drang weiter in die Capitalisten-
kreise hinein. Man fing an, zu merken, daß hier viel Geld zu verdienen sein
würde. Man vereinigte sich, bildete neue Gesellschaften -- und nnn ohne Hilfe
des Börsenmarktes -- und machte neue Bohrversuche. Gegenwärtig giebt es


Petroleumquellen in Deutschland.

auch die Petroleumgegcnden in Deutschland einer gründlichen Untersuchung. In
seinem „Geognostischen Bericht über ein sehr bedeutendes Petrvlcumlnger in der
königl. preuß. Provinz Hannover" sagt er, daß in Deutschland viel bestimmtere
Anzeichen von Petroleum vorhanden seien als in den Vereinigten Staaten, wo
oft schon ein charakteristischer Geruch der Gesteine zu sehr reichen Oeladern ge¬
führt habe. Das im Sande von Witze steckende Oel schätzte er auf hundert
Millionen Centner.

Bald nach dieser Anregung durch Harper wurden die Theerstätten von
Steinvörde entdeckt. Beim Chausseebau stieß man zufällig auf eine Thecrquelle,
welche seitdem von Ortseinwohnern nach Witzer Art ausgebeutet wird und die
Arbeit reichlich lohnen soll. Bohrungen, die daraufhin von esthlündischen Kapi¬
talisten unternommen wurden, führte,: damals noch zu keinem lohnenden Er¬
gebniß. Auch die Arbeiten einer Hamburger Gesellschaft, die bald nachher bei
Oedesse unternommen wurden, blieben ohne erheblichen Erfolg.

Eine glückliche Wendung trat erst ein, als vor anderthalb Jahren die
Bremer „Deutsche Petroleum-Bohr-Gesellschaft," welche unter dem Vorsitz des
Consuls Meier steht, die Bohrungen bei Oedesse mit der größten Energie wieder
aufnahm. Der Erfolg blieb nun nicht mehr aus. Die ersten Berichte, welche
darüber in die Zeitungen drangen, wurden vielfach bezweifelt und belächelt. Die
Zeitungen hatten Gelegenheit, sich in Witz und Spott zu üben. Von der Sache
wußten sie ja nichts genaues, und sie zu falschen Berichten zu veranlassen, hatte
damals noch niemand ein Interesse. Von den zahlreichen Bohrlöchern, welche
die Bremer Gesellschaft niederstoßen ließ, brachte nach den Berichten der Ge¬
sellschaft das ergiebigste in fünf Monaten 4000, ein zweites in drei Monaten
gegen 2000 Centner Oel.

Dieser außerordentliche und ganz unerwartete Erfolg spornte auch andre an.
Das meiste Glück hatte, wie es scheint, Adolf Mohr, der, mit der amerikanischen
Petrvleumtechnik ganz vertraut, seiue Bohrversuche nach amerikanischem Muster
austeilte. Sofort fand sich nun auch eine Berliner Gründung ein. Mohrs
Terrain wurde zu außerordentlich hohem Preise an eine Actiengesellschaft ver¬
lauft. Die Actien wurden an die Börse gebracht. Es gelangten Berichte über
die glänzenden Erfolge dieser Oelhcimer Gesellschaft in alle Tagesblätter. Das
Publicum wurde interessirt; es kaufte die Actien. Die Sache ging glatt von
statten. Die gründende Bank wurde die Papiere sehr bald los. Es war ja
auch die Vereinsbank, die vor kurzem aus dem durch Zeitungsannoncen zum
Börsenspiel reizenden Bankhause Sternberg hervorgegangen war.

Ein Gutes hatte diese Gründung und ihre Reclame jedenfalls: das In¬
teresse an einer deutschen Petroleumindustrie drang weiter in die Capitalisten-
kreise hinein. Man fing an, zu merken, daß hier viel Geld zu verdienen sein
würde. Man vereinigte sich, bildete neue Gesellschaften — und nnn ohne Hilfe
des Börsenmarktes — und machte neue Bohrversuche. Gegenwärtig giebt es


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[0433] Petroleumquellen in Deutschland. auch die Petroleumgegcnden in Deutschland einer gründlichen Untersuchung. In seinem „Geognostischen Bericht über ein sehr bedeutendes Petrvlcumlnger in der königl. preuß. Provinz Hannover" sagt er, daß in Deutschland viel bestimmtere Anzeichen von Petroleum vorhanden seien als in den Vereinigten Staaten, wo oft schon ein charakteristischer Geruch der Gesteine zu sehr reichen Oeladern ge¬ führt habe. Das im Sande von Witze steckende Oel schätzte er auf hundert Millionen Centner. Bald nach dieser Anregung durch Harper wurden die Theerstätten von Steinvörde entdeckt. Beim Chausseebau stieß man zufällig auf eine Thecrquelle, welche seitdem von Ortseinwohnern nach Witzer Art ausgebeutet wird und die Arbeit reichlich lohnen soll. Bohrungen, die daraufhin von esthlündischen Kapi¬ talisten unternommen wurden, führte,: damals noch zu keinem lohnenden Er¬ gebniß. Auch die Arbeiten einer Hamburger Gesellschaft, die bald nachher bei Oedesse unternommen wurden, blieben ohne erheblichen Erfolg. Eine glückliche Wendung trat erst ein, als vor anderthalb Jahren die Bremer „Deutsche Petroleum-Bohr-Gesellschaft," welche unter dem Vorsitz des Consuls Meier steht, die Bohrungen bei Oedesse mit der größten Energie wieder aufnahm. Der Erfolg blieb nun nicht mehr aus. Die ersten Berichte, welche darüber in die Zeitungen drangen, wurden vielfach bezweifelt und belächelt. Die Zeitungen hatten Gelegenheit, sich in Witz und Spott zu üben. Von der Sache wußten sie ja nichts genaues, und sie zu falschen Berichten zu veranlassen, hatte damals noch niemand ein Interesse. Von den zahlreichen Bohrlöchern, welche die Bremer Gesellschaft niederstoßen ließ, brachte nach den Berichten der Ge¬ sellschaft das ergiebigste in fünf Monaten 4000, ein zweites in drei Monaten gegen 2000 Centner Oel. Dieser außerordentliche und ganz unerwartete Erfolg spornte auch andre an. Das meiste Glück hatte, wie es scheint, Adolf Mohr, der, mit der amerikanischen Petrvleumtechnik ganz vertraut, seiue Bohrversuche nach amerikanischem Muster austeilte. Sofort fand sich nun auch eine Berliner Gründung ein. Mohrs Terrain wurde zu außerordentlich hohem Preise an eine Actiengesellschaft ver¬ lauft. Die Actien wurden an die Börse gebracht. Es gelangten Berichte über die glänzenden Erfolge dieser Oelhcimer Gesellschaft in alle Tagesblätter. Das Publicum wurde interessirt; es kaufte die Actien. Die Sache ging glatt von statten. Die gründende Bank wurde die Papiere sehr bald los. Es war ja auch die Vereinsbank, die vor kurzem aus dem durch Zeitungsannoncen zum Börsenspiel reizenden Bankhause Sternberg hervorgegangen war. Ein Gutes hatte diese Gründung und ihre Reclame jedenfalls: das In¬ teresse an einer deutschen Petroleumindustrie drang weiter in die Capitalisten- kreise hinein. Man fing an, zu merken, daß hier viel Geld zu verdienen sein würde. Man vereinigte sich, bildete neue Gesellschaften — und nnn ohne Hilfe des Börsenmarktes — und machte neue Bohrversuche. Gegenwärtig giebt es

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157970/433>, abgerufen am 15.01.2025.