Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Viertes Quartal.Die Frauen der italienischen Renaissance. mit Kunst und Wissenschaft. Etwa fünfnndsechzigjährig beschloß sie am 13. Fe¬ Liegt das Verdienst der Frauen, die wir bisher ins Auge faßten, haupt¬ Während das Verhältniß der Frauen zu den Wissenschaften der Natur der Inwieweit die Frauen des Quattrocento, wie die Venezianerin Cassandra Veronica Gambara (1485---1550), die Tochter des Grafen Gianfranco Auch bei Vittoria Colonna, der Freundin Veronieas, steht Leben und Dichten Die Frauen der italienischen Renaissance. mit Kunst und Wissenschaft. Etwa fünfnndsechzigjährig beschloß sie am 13. Fe¬ Liegt das Verdienst der Frauen, die wir bisher ins Auge faßten, haupt¬ Während das Verhältniß der Frauen zu den Wissenschaften der Natur der Inwieweit die Frauen des Quattrocento, wie die Venezianerin Cassandra Veronica Gambara (1485—-1550), die Tochter des Grafen Gianfranco Auch bei Vittoria Colonna, der Freundin Veronieas, steht Leben und Dichten <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0412" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/151134"/> <fw type="header" place="top"> Die Frauen der italienischen Renaissance.</fw><lb/> <p xml:id="ID_1367" prev="#ID_1366"> mit Kunst und Wissenschaft. Etwa fünfnndsechzigjährig beschloß sie am 13. Fe¬<lb/> bruar 1539 zu Mantua ihre Tage.</p><lb/> <p xml:id="ID_1368"> Liegt das Verdienst der Frauen, die wir bisher ins Auge faßten, haupt¬<lb/> sächlich darin, daß sie als Mittelpunkte geistigen Verkehrs in stürmisch bewegten,<lb/> kriegerischen Zeiten das Banner des Idealen hochhielten, das Gefühl für eine<lb/> schöne Form des Daseins hegten und pflegten und, ohne selbst gerade schöpferisch<lb/> in Kunst und Wissenschaft aufzutreten, doch den bedeutendsten Geistern ihrer Zeit<lb/> Anregung und Förderung gewährten, so findet sich neben ihnen auch eine Anzahl<lb/> von Frauen, die durch ihre productive Thätigkeit sich Achtung, ja Bewunderung<lb/> zu erringen wußten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1369"> Während das Verhältniß der Frauen zu den Wissenschaften der Natur der<lb/> Sache nach auch in der Renaissance bei aller Gründlichkeit ihrer Studien doch<lb/> nur ein receptives sein konnte, oder höchstens, wie bei jenen berühmten Ncd-<lb/> nerinnen, die bereits Erwähnung fanden, sich zu einer gewandten Reproduction<lb/> des Gelernten zu erheben vermochte, weist die schöne Literatur einige Ver¬<lb/> treterinnen ans, die über die bloße Nachahmung hinausgehen und in Inhalt wie<lb/> Darstellung ein eigenartiges Gepräge erkennen lassen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1370"> Inwieweit die Frauen des Quattrocento, wie die Venezianerin Cassandra<lb/> Fedele, die der Dichtkunst oblagen, sich dabei selbständig und originell zeigten,<lb/> läßt sich nicht beurtheilen, da Proben ihrer Poesien nicht ans uns gekommen<lb/> sind. Unter den Dichterinnen des 16. Jahrhunderts aber ragen namentlich<lb/> zwei durch ihre eigenthümliche Begabung und eine über den gewöhnlichen weib¬<lb/> lichen Dilettantismus erhabene künstlerische Physiognomie hervor. Es sind dies<lb/> Veronica Gambara und Vittoria Colonna; die letztere hat durch ihre Freund¬<lb/> schaft zu Michelangelo noch besondre Berühmtheit erlangt. Beide wurden haupt¬<lb/> sächlich durch herbe Lebensschicksale der Poesie zugeführt, und ans diesen erklärt<lb/> sich der elegische Grundton ihrer Dichtungen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1371"> Veronica Gambara (1485—-1550), die Tochter des Grafen Gianfranco<lb/> Gambara aus Brescia und der Alba Pia von Carpi, verlor frühzeitig ihren<lb/> Gatten, den Principe Giberto X. von Correggio, und setzte ihm in zahlreichen<lb/> Sonetten ein Denkmal ihrer Liebe. In ihren spätern Gedichten bilden religiöse<lb/> Betrachtungen den Hauptinhalt, und die Lieder ihrer Jugend, die von weltlichen<lb/> Gefühlen eingegeben waren, erscheinen ihr als Thorheiten, die sie bereut, obwohl<lb/> sie an poetischem Gehalte jene frommen Ergüsse bei weitem überragen. Ein<lb/> Sonett, in welchem sie Karl V. und Franz I. zum Frieden mahnt, kann man<lb/> nicht lesen, ohne an die kraftvollen patriotischen Töne erinnert zu werden, die<lb/> später der edle Vincenzo da Filieaja unter dem Danke tiefen nationalen Elends<lb/> anstimmte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1372" next="#ID_1373"> Auch bei Vittoria Colonna, der Freundin Veronieas, steht Leben und Dichten<lb/> in engem, unlöslichem Zusammenhange, so daß man ihre Poesien nicht ver¬<lb/> stehen kann, ohne mit ihren Schicksalen vertraut zu sein. Beide vereinigten sich</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0412]
Die Frauen der italienischen Renaissance.
mit Kunst und Wissenschaft. Etwa fünfnndsechzigjährig beschloß sie am 13. Fe¬
bruar 1539 zu Mantua ihre Tage.
Liegt das Verdienst der Frauen, die wir bisher ins Auge faßten, haupt¬
sächlich darin, daß sie als Mittelpunkte geistigen Verkehrs in stürmisch bewegten,
kriegerischen Zeiten das Banner des Idealen hochhielten, das Gefühl für eine
schöne Form des Daseins hegten und pflegten und, ohne selbst gerade schöpferisch
in Kunst und Wissenschaft aufzutreten, doch den bedeutendsten Geistern ihrer Zeit
Anregung und Förderung gewährten, so findet sich neben ihnen auch eine Anzahl
von Frauen, die durch ihre productive Thätigkeit sich Achtung, ja Bewunderung
zu erringen wußten.
Während das Verhältniß der Frauen zu den Wissenschaften der Natur der
Sache nach auch in der Renaissance bei aller Gründlichkeit ihrer Studien doch
nur ein receptives sein konnte, oder höchstens, wie bei jenen berühmten Ncd-
nerinnen, die bereits Erwähnung fanden, sich zu einer gewandten Reproduction
des Gelernten zu erheben vermochte, weist die schöne Literatur einige Ver¬
treterinnen ans, die über die bloße Nachahmung hinausgehen und in Inhalt wie
Darstellung ein eigenartiges Gepräge erkennen lassen.
Inwieweit die Frauen des Quattrocento, wie die Venezianerin Cassandra
Fedele, die der Dichtkunst oblagen, sich dabei selbständig und originell zeigten,
läßt sich nicht beurtheilen, da Proben ihrer Poesien nicht ans uns gekommen
sind. Unter den Dichterinnen des 16. Jahrhunderts aber ragen namentlich
zwei durch ihre eigenthümliche Begabung und eine über den gewöhnlichen weib¬
lichen Dilettantismus erhabene künstlerische Physiognomie hervor. Es sind dies
Veronica Gambara und Vittoria Colonna; die letztere hat durch ihre Freund¬
schaft zu Michelangelo noch besondre Berühmtheit erlangt. Beide wurden haupt¬
sächlich durch herbe Lebensschicksale der Poesie zugeführt, und ans diesen erklärt
sich der elegische Grundton ihrer Dichtungen.
Veronica Gambara (1485—-1550), die Tochter des Grafen Gianfranco
Gambara aus Brescia und der Alba Pia von Carpi, verlor frühzeitig ihren
Gatten, den Principe Giberto X. von Correggio, und setzte ihm in zahlreichen
Sonetten ein Denkmal ihrer Liebe. In ihren spätern Gedichten bilden religiöse
Betrachtungen den Hauptinhalt, und die Lieder ihrer Jugend, die von weltlichen
Gefühlen eingegeben waren, erscheinen ihr als Thorheiten, die sie bereut, obwohl
sie an poetischem Gehalte jene frommen Ergüsse bei weitem überragen. Ein
Sonett, in welchem sie Karl V. und Franz I. zum Frieden mahnt, kann man
nicht lesen, ohne an die kraftvollen patriotischen Töne erinnert zu werden, die
später der edle Vincenzo da Filieaja unter dem Danke tiefen nationalen Elends
anstimmte.
Auch bei Vittoria Colonna, der Freundin Veronieas, steht Leben und Dichten
in engem, unlöslichem Zusammenhange, so daß man ihre Poesien nicht ver¬
stehen kann, ohne mit ihren Schicksalen vertraut zu sein. Beide vereinigten sich
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