Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Viertes Quartal.Unruh über Bismarck, schon von Frankfurt aus anregte,^) und der sie 1866 in den Friedensverträgen S. 30 wird berichtet: "Bei der Verhandlung über die Tabakstenervorlage Weiterhin sagt Unruh: "Von da ab änderte sich die Stellung des Reichs¬ *) Am 2. April 13S8 schrieb er (Hesckiel, S. 183) von dort an einen befreundeten Poli¬
tiker: "Ich glaube, daß wir in einem nach 186S von Preußen auszubildenden Zollvereine,.. für die Ausübung des ständischen Zustimmungsrcchtes in Zollvcreinssachcn den UuiouS- projccten von 1849 eine Einrichtung entnehmen, eine Art Zollparlament einrichten müssen____ Die Regierungen werden schwer daran gehen, aber wenn wir dreist und consequent wäre", könnten wir viel durchsetzen." Und am 18. September 1361 sagte er in einem Briefe, der von Stolpmiinde datirt war (a. a. O. S. 189), einem Freunde in Berlin: "Ich sehe nicht ein, warum wir vor der Idee einer Volksvertretung, sei es am Bunde, sei es in einem Zoll- vcreinsparlament, so zimperlich zurückschrecken. Eine Institution, die in jedem deutschen Staate legitime Geltung hat, die wir Conservativen selbst in Preußen uicht entbehren möchten, können wir doch nicht als revolutionär bekämpfen. .. . Man könnte so eine recht conser- vative Nationalvcrtrctung schaffen und doch selbst bei den Liberalen Dank dafür ernten." Unruh über Bismarck, schon von Frankfurt aus anregte,^) und der sie 1866 in den Friedensverträgen S. 30 wird berichtet: „Bei der Verhandlung über die Tabakstenervorlage Weiterhin sagt Unruh: „Von da ab änderte sich die Stellung des Reichs¬ *) Am 2. April 13S8 schrieb er (Hesckiel, S. 183) von dort an einen befreundeten Poli¬
tiker: „Ich glaube, daß wir in einem nach 186S von Preußen auszubildenden Zollvereine,.. für die Ausübung des ständischen Zustimmungsrcchtes in Zollvcreinssachcn den UuiouS- projccten von 1849 eine Einrichtung entnehmen, eine Art Zollparlament einrichten müssen____ Die Regierungen werden schwer daran gehen, aber wenn wir dreist und consequent wäre», könnten wir viel durchsetzen." Und am 18. September 1361 sagte er in einem Briefe, der von Stolpmiinde datirt war (a. a. O. S. 189), einem Freunde in Berlin: „Ich sehe nicht ein, warum wir vor der Idee einer Volksvertretung, sei es am Bunde, sei es in einem Zoll- vcreinsparlament, so zimperlich zurückschrecken. Eine Institution, die in jedem deutschen Staate legitime Geltung hat, die wir Conservativen selbst in Preußen uicht entbehren möchten, können wir doch nicht als revolutionär bekämpfen. .. . Man könnte so eine recht conser- vative Nationalvcrtrctung schaffen und doch selbst bei den Liberalen Dank dafür ernten." <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0406" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/151128"/> <fw type="header" place="top"> Unruh über Bismarck,</fw><lb/> <p xml:id="ID_1341" prev="#ID_1340"> schon von Frankfurt aus anregte,^) und der sie 1866 in den Friedensverträgen<lb/> ausdrückte und sicherstellte. Aber es mußte ein Liberaler, ein Gelehrter sein,<lb/> der sie zuerst gehabt hatte, kein Junker. Wir wallen Herrn Delbrücks Verdiensten<lb/> nicht zu nahe treten, aber wir behaupten zuversichtlich, daß dieser niemals auf<lb/> den Gedanken verfallen wäre, daß der Zollverein in dieser Weise zu verwenden<lb/> wäre; Delbrück hatte mancherlei Vorzüge, aber keinen politischen Sinn und<lb/> Instinkt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1342"> S. 30 wird berichtet: „Bei der Verhandlung über die Tabakstenervorlage<lb/> (von 1878), als Bismarck das Monopol für sein Ideal erklärte, theilte mir<lb/> Bemiigsen mit, daß er die Verhandlung mit Bismarck Suber seinen Eintritt in<lb/> das Ministerium, die im Herbst vorher begonnen hattet abgebrochen und ihm<lb/> erklärt habe, er könne sich nicht für das Monopol engagiren." Das ist unwahr<lb/> oder mindestens nur halb wahr. Die Sache verhielt sich folgendermaßen. Graf<lb/> Eulenburg, der Minister des Innern, wollte 1877 zurücktreten. Der Reichs¬<lb/> kanzler bot seinen Posten dein Herrn von Bennigsen an. Dieser verlangte, daß<lb/> außer ihm noch die Herren von Forckenbeck und von Stauffenberg Ministerstellen<lb/> erhielten, für die aber keine offen waren. Es wurde dann noch einige Zeit<lb/> weiter verhandelt. Inzwischen besann sich Graf Eulenburg anders, er entschloß<lb/> sich zu bleiben, und erklärte das dem Könige, der auf Eulenburgs Vortrag hin<lb/> Bismarck benachrichtigte, jener werde nicht abgehen. Das hatte mehrere Mo¬<lb/> nate gedauert, während in der Presse trcmspirirte, daß auch Herr Laster auf einen<lb/> Sitz im Cabinet rechnete. Später suchte Bennigsen den Kanzler im Reichstage<lb/> auf, was sonst nicht seine Gewohnheit ist, und befragte ihn wegen des Tabaks¬<lb/> inonopols, worauf Bismarck ihm antwortete, er halte es für gut und werde es<lb/> erstreben, und jetzt erklärte Bennigsen, daß er dasselbe nicht unterstützen könne<lb/> und auf Eintritt ins Cabinet verzichte. Ans Höflichkeit wurde ihm verschwiegen,<lb/> daß gar nicht mehr an ihn gedacht worden, da die Stelle, um die sichs handelte,<lb/> nicht mehr offen war.</p><lb/> <p xml:id="ID_1343" next="#ID_1344"> Weiterhin sagt Unruh: „Von da ab änderte sich die Stellung des Reichs¬<lb/> kanzlers zur nationcilliberalcn Partei augenscheinlich." Dies ist unrichtig, das</p><lb/> <note xml:id="FID_64" place="foot"> *) Am 2. April 13S8 schrieb er (Hesckiel, S. 183) von dort an einen befreundeten Poli¬<lb/> tiker: „Ich glaube, daß wir in einem nach 186S von Preußen auszubildenden Zollvereine,..<lb/> für die Ausübung des ständischen Zustimmungsrcchtes in Zollvcreinssachcn den UuiouS-<lb/> projccten von 1849 eine Einrichtung entnehmen, eine Art Zollparlament einrichten müssen____<lb/> Die Regierungen werden schwer daran gehen, aber wenn wir dreist und consequent wäre»,<lb/> könnten wir viel durchsetzen." Und am 18. September 1361 sagte er in einem Briefe, der<lb/> von Stolpmiinde datirt war (a. a. O. S. 189), einem Freunde in Berlin: „Ich sehe nicht ein,<lb/> warum wir vor der Idee einer Volksvertretung, sei es am Bunde, sei es in einem Zoll-<lb/> vcreinsparlament, so zimperlich zurückschrecken. Eine Institution, die in jedem deutschen<lb/> Staate legitime Geltung hat, die wir Conservativen selbst in Preußen uicht entbehren möchten,<lb/> können wir doch nicht als revolutionär bekämpfen. .. . Man könnte so eine recht conser-<lb/> vative Nationalvcrtrctung schaffen und doch selbst bei den Liberalen Dank dafür ernten."</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0406]
Unruh über Bismarck,
schon von Frankfurt aus anregte,^) und der sie 1866 in den Friedensverträgen
ausdrückte und sicherstellte. Aber es mußte ein Liberaler, ein Gelehrter sein,
der sie zuerst gehabt hatte, kein Junker. Wir wallen Herrn Delbrücks Verdiensten
nicht zu nahe treten, aber wir behaupten zuversichtlich, daß dieser niemals auf
den Gedanken verfallen wäre, daß der Zollverein in dieser Weise zu verwenden
wäre; Delbrück hatte mancherlei Vorzüge, aber keinen politischen Sinn und
Instinkt.
S. 30 wird berichtet: „Bei der Verhandlung über die Tabakstenervorlage
(von 1878), als Bismarck das Monopol für sein Ideal erklärte, theilte mir
Bemiigsen mit, daß er die Verhandlung mit Bismarck Suber seinen Eintritt in
das Ministerium, die im Herbst vorher begonnen hattet abgebrochen und ihm
erklärt habe, er könne sich nicht für das Monopol engagiren." Das ist unwahr
oder mindestens nur halb wahr. Die Sache verhielt sich folgendermaßen. Graf
Eulenburg, der Minister des Innern, wollte 1877 zurücktreten. Der Reichs¬
kanzler bot seinen Posten dein Herrn von Bennigsen an. Dieser verlangte, daß
außer ihm noch die Herren von Forckenbeck und von Stauffenberg Ministerstellen
erhielten, für die aber keine offen waren. Es wurde dann noch einige Zeit
weiter verhandelt. Inzwischen besann sich Graf Eulenburg anders, er entschloß
sich zu bleiben, und erklärte das dem Könige, der auf Eulenburgs Vortrag hin
Bismarck benachrichtigte, jener werde nicht abgehen. Das hatte mehrere Mo¬
nate gedauert, während in der Presse trcmspirirte, daß auch Herr Laster auf einen
Sitz im Cabinet rechnete. Später suchte Bennigsen den Kanzler im Reichstage
auf, was sonst nicht seine Gewohnheit ist, und befragte ihn wegen des Tabaks¬
inonopols, worauf Bismarck ihm antwortete, er halte es für gut und werde es
erstreben, und jetzt erklärte Bennigsen, daß er dasselbe nicht unterstützen könne
und auf Eintritt ins Cabinet verzichte. Ans Höflichkeit wurde ihm verschwiegen,
daß gar nicht mehr an ihn gedacht worden, da die Stelle, um die sichs handelte,
nicht mehr offen war.
Weiterhin sagt Unruh: „Von da ab änderte sich die Stellung des Reichs¬
kanzlers zur nationcilliberalcn Partei augenscheinlich." Dies ist unrichtig, das
*) Am 2. April 13S8 schrieb er (Hesckiel, S. 183) von dort an einen befreundeten Poli¬
tiker: „Ich glaube, daß wir in einem nach 186S von Preußen auszubildenden Zollvereine,..
für die Ausübung des ständischen Zustimmungsrcchtes in Zollvcreinssachcn den UuiouS-
projccten von 1849 eine Einrichtung entnehmen, eine Art Zollparlament einrichten müssen____
Die Regierungen werden schwer daran gehen, aber wenn wir dreist und consequent wäre»,
könnten wir viel durchsetzen." Und am 18. September 1361 sagte er in einem Briefe, der
von Stolpmiinde datirt war (a. a. O. S. 189), einem Freunde in Berlin: „Ich sehe nicht ein,
warum wir vor der Idee einer Volksvertretung, sei es am Bunde, sei es in einem Zoll-
vcreinsparlament, so zimperlich zurückschrecken. Eine Institution, die in jedem deutschen
Staate legitime Geltung hat, die wir Conservativen selbst in Preußen uicht entbehren möchten,
können wir doch nicht als revolutionär bekämpfen. .. . Man könnte so eine recht conser-
vative Nationalvcrtrctung schaffen und doch selbst bei den Liberalen Dank dafür ernten."
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