Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Viertes Quartal.Ein nationales Bühnenspiel. schrecklich aus." Nachdem alle Platz genommen, beschäftigen sich Fuchs und Heut schenkte ihm den ersten Kranz die Muse, Alle stoßen an, jubeln und trinken, Dämon und Fuchs geberden sich "lächerlich um doch nicht ganz Komödiant zu heißen, Darauf giebt er denn in extenso sein Trinklied zum besten: "Gestern, Brüder, Dies der Inhalt dieses neuesten "nationalen Bühnenspiels." Wir konnten uns auf diese Inhaltsangabe des Stückes beschränken, denn Wenn die Verlagshandlung in ihrer Empfehlung des Stückes schreibt: Ein nationales Bühnenspiel. schrecklich aus." Nachdem alle Platz genommen, beschäftigen sich Fuchs und Heut schenkte ihm den ersten Kranz die Muse, Alle stoßen an, jubeln und trinken, Dämon und Fuchs geberden sich „lächerlich um doch nicht ganz Komödiant zu heißen, Darauf giebt er denn in extenso sein Trinklied zum besten: „Gestern, Brüder, Dies der Inhalt dieses neuesten „nationalen Bühnenspiels." Wir konnten uns auf diese Inhaltsangabe des Stückes beschränken, denn Wenn die Verlagshandlung in ihrer Empfehlung des Stückes schreibt: <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0278" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/151000"/> <fw type="header" place="top"> Ein nationales Bühnenspiel.</fw><lb/> <p xml:id="ID_926" prev="#ID_925" next="#ID_927"> schrecklich aus." Nachdem alle Platz genommen, beschäftigen sich Fuchs und<lb/> Dämon, die am untersten Ende der Tafel Platz gefunden haben, damit, schlecht<lb/> ihren Widerwillen zu verbergen, Mylius aber erhebt sich und ergreift das Wort<lb/> zu einem fulminanten Toast auf Lessing, den „deutschen Molisre":</p><lb/> <quote> Heut schenkte ihm den ersten Kranz die Muse,<lb/> Sie schenk' ihm auch den zweiten, wenn er wirbt.<lb/> Er hat den Neid der stumpfen Welt entwaffnet,<lb/> Er hat mit Muth den alten Zopf besiegt.<lb/> Auf diesen Muth, der nach dem Höchsten dürstet,<lb/> Das Leben liebt und doch sein Sklcw' nie wird,<lb/> Auf diesen Muth — deu Tod der schlechten Dichter —<lb/> Auf Lessings Wahrheit leer' ich dieses Glas.</quote><lb/> <p xml:id="ID_927" prev="#ID_926" next="#ID_928"> Alle stoßen an, jubeln und trinken, Dämon und Fuchs geberden sich „lächerlich<lb/> zornig." Als die Ruhe wieder hergestellt ist, erhebt sich Lessing und lehnt die<lb/> ihm gewordene Ovation bescheiden ab. Nun aber, fährt er fort,</p><lb/> <quote> um doch nicht ganz Komödiant zu heißen,<lb/> Gelob' ich mich hier laut zur Medicin.<lb/> Aus Urkund deß' will ich ein Lied Euch sagen,<lb/> Auf daß ein heitrer Scherz den Abend schließt.</quote><lb/> <p xml:id="ID_928" prev="#ID_927"> Darauf giebt er denn in extenso sein Trinklied zum besten: „Gestern, Brüder,<lb/> könnt ihr's glauben." Während der letzten Strophe nimmt die Lorenz den<lb/> Kranz von ihrem Haupte und setzt ihn Lessing auf. strahlendes Morgenlicht<lb/> fällt wie eine Glorie über die Gruppe, und nachdem das ?er«zg.t> trisMig, ab¬<lb/> gesungen ist, fällt unter brausendem Jubel der Vorhang.</p><lb/> <p xml:id="ID_929"> Dies der Inhalt dieses neuesten „nationalen Bühnenspiels."</p><lb/> <p xml:id="ID_930"> Wir konnten uns auf diese Inhaltsangabe des Stückes beschränken, denn<lb/> sie zeigt wohl deutlicher die Qualitäten der Dichtung, als irgend eine Kritik es<lb/> könnte. Dennoch möchten wir noch einen kurzen Epilog hinzufügen.</p><lb/> <p xml:id="ID_931" next="#ID_932"> Wenn die Verlagshandlung in ihrer Empfehlung des Stückes schreibt:<lb/> „Dieses Lustspiel beruht auf einer wahren Anekdote aus der Leipziger Studien¬<lb/> zeit des großen Dichters," so ist das zu wenig gesagt. Was hat der Verfasser<lb/> offenbar gethan? Er hat aus irgend einer Lessingbiographie, vermuthlich der<lb/> verwässerten von Stahr — denn hätte er sich an Danzel gehalten, so hätte<lb/> sein Stück doch noch etwas mehr echte Farbe bekommen —, den sämmtlichen<lb/> Anekdotenkram aus der Studentenzeit Lessings herausgelesen und diesen in eine<lb/> Art Handlung zu bringen gesucht. Daß er sich dabei den naseweisen Brief hat<lb/> entgehen lassen, den der vierzehnjährige Lessing als Meißner Fürstenschüler an<lb/> seine Schwester geschrieben, und der an der Stelle, wo Justine die Geschichte<lb/> vom Schneeball erwähnt, sich vortrefflich zur „Bereicherung der einfachen Grund¬<lb/> form" hätte verwenden lassen, ist wohl ein Beweis dafür, daß der Verfasser<lb/> sich über das Capitel „Die Universität" hinaus nicht viel umgesehen hat. Wie<lb/> tief überhaupt seine Quellenstudien gegangen sind, zeigt am besten der Umstand,</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0278]
Ein nationales Bühnenspiel.
schrecklich aus." Nachdem alle Platz genommen, beschäftigen sich Fuchs und
Dämon, die am untersten Ende der Tafel Platz gefunden haben, damit, schlecht
ihren Widerwillen zu verbergen, Mylius aber erhebt sich und ergreift das Wort
zu einem fulminanten Toast auf Lessing, den „deutschen Molisre":
Heut schenkte ihm den ersten Kranz die Muse,
Sie schenk' ihm auch den zweiten, wenn er wirbt.
Er hat den Neid der stumpfen Welt entwaffnet,
Er hat mit Muth den alten Zopf besiegt.
Auf diesen Muth, der nach dem Höchsten dürstet,
Das Leben liebt und doch sein Sklcw' nie wird,
Auf diesen Muth — deu Tod der schlechten Dichter —
Auf Lessings Wahrheit leer' ich dieses Glas.
Alle stoßen an, jubeln und trinken, Dämon und Fuchs geberden sich „lächerlich
zornig." Als die Ruhe wieder hergestellt ist, erhebt sich Lessing und lehnt die
ihm gewordene Ovation bescheiden ab. Nun aber, fährt er fort,
um doch nicht ganz Komödiant zu heißen,
Gelob' ich mich hier laut zur Medicin.
Aus Urkund deß' will ich ein Lied Euch sagen,
Auf daß ein heitrer Scherz den Abend schließt.
Darauf giebt er denn in extenso sein Trinklied zum besten: „Gestern, Brüder,
könnt ihr's glauben." Während der letzten Strophe nimmt die Lorenz den
Kranz von ihrem Haupte und setzt ihn Lessing auf. strahlendes Morgenlicht
fällt wie eine Glorie über die Gruppe, und nachdem das ?er«zg.t> trisMig, ab¬
gesungen ist, fällt unter brausendem Jubel der Vorhang.
Dies der Inhalt dieses neuesten „nationalen Bühnenspiels."
Wir konnten uns auf diese Inhaltsangabe des Stückes beschränken, denn
sie zeigt wohl deutlicher die Qualitäten der Dichtung, als irgend eine Kritik es
könnte. Dennoch möchten wir noch einen kurzen Epilog hinzufügen.
Wenn die Verlagshandlung in ihrer Empfehlung des Stückes schreibt:
„Dieses Lustspiel beruht auf einer wahren Anekdote aus der Leipziger Studien¬
zeit des großen Dichters," so ist das zu wenig gesagt. Was hat der Verfasser
offenbar gethan? Er hat aus irgend einer Lessingbiographie, vermuthlich der
verwässerten von Stahr — denn hätte er sich an Danzel gehalten, so hätte
sein Stück doch noch etwas mehr echte Farbe bekommen —, den sämmtlichen
Anekdotenkram aus der Studentenzeit Lessings herausgelesen und diesen in eine
Art Handlung zu bringen gesucht. Daß er sich dabei den naseweisen Brief hat
entgehen lassen, den der vierzehnjährige Lessing als Meißner Fürstenschüler an
seine Schwester geschrieben, und der an der Stelle, wo Justine die Geschichte
vom Schneeball erwähnt, sich vortrefflich zur „Bereicherung der einfachen Grund¬
form" hätte verwenden lassen, ist wohl ein Beweis dafür, daß der Verfasser
sich über das Capitel „Die Universität" hinaus nicht viel umgesehen hat. Wie
tief überhaupt seine Quellenstudien gegangen sind, zeigt am besten der Umstand,
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