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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Viertes Quartal.

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Deutsche palästiuafahrten.

Pilger während des Besuches an heiligen Stätten im Schiffe ließen, haftete der
Patron, der es ordentlich zu behüten hatte.

Beim Abschluß dieser Verträge, deren einzelne Punkte nach den Berichten
andrer Pilger leicht vermehrt werden könnten, war es dringend nöthig, Vene-
tianische Bürger als Garanten zu nehmen. Am besten war es, den Contract
in der Canzlei des Dogen, beim sogenannten mag'istrato g.1 og.et,g,v6r (dessen
Acten bis jetzt leider noch nicht aufgefunden worden sind) ratifieiren zu lassen.
Wer klug war, benutzte zugleich die Gelegenheit, sich Empfehlungsbriefe an die
venetianischen Behörden in der Levante, besonders an die Consuln, mitgeben
zu lassen.

Neben der höchst wichtigen Angelegenheit, sich eine gute Ueberfahrt zu ver¬
schaffe", beschäftigten den Pilger aber noch tausenderlei andre Sorgen für aller¬
hand Kleinigkeiten. Der Kleider- und Wüschevorrnth mußte in einer für die
Seefahrt und den Aufenthalt in Palästina passenden Weise completirt werden.
Breitenbach bemerkt hierüber: "Ich rathe keinem nicht, daß er aus deutschen
Landen gen Venedig Kleider mit sich führen soll. Zu Venedig kauft Ihr gute
leinene Tücher; da laßt Euch mindestens vier Hemden machen, da habt Ihr
genug bis "ach Jerusalem unä viäsr umb. Item laßt Euch zwei Paar Lei-
lacheu zu Venedig mache"; denn die Galioten oder Schiffsleute waschen solches
Stück, da es umb ein sismliolrs nothwendig ist. Item kauft zu Venedig eine
Strvhmatmtze, ein Polster mit zwei Kissen (das eine soll ein gutes Lendenkisse"
sein), zu jede": zwei Ueberzüge um des' Wechsels Nullen. Item einen Kasten
mit Leisten, auf dem man liegt. Item kauft man große und kleine tÄtMot
(vnsontüolisr oäsr svöisäüousr), denn es ist sehr warm in der Galea und in
dem heiligen Land. Item kauft zwei Paar leinene Hosen, denn um der Hitze
willen wird man keine wollenen leiden mögen, und lederne sind nicht gut.
Item kaufe ein graues oder schwarzes Tuch zu einem langen Rock mit einer
(AvxrntMn ung'stoäÄe-re; es ist sehr gut im Schiff und im heiligen Lande,
og,r>n of ist us-odds AM Knif unä allzuoft alle imvlrt, ctitss vinsr höre us-hö
virt, kM6r nit, uiMsr ÄAvb ist." Ein Paar hohe, bis an die Knie reichende,
mit Dvppclsohlen und aus Russeuleder gemachte Schuhe, mit denen man bis
Rhodus, wo es gute Schuhmacher und gutes Leder gab, bequem ausreichte,
vervollständigte die Ausrüstung des Pilgers.

Nun galt es aber auch noch eine Fülle von Geräthen, Lebensmitteln,
Arzeneien und sonstigen Kleinigkeiten, an deren Gebrauch man damals schon ge¬
wöhnt war, einzuhandeln. Vor allein mußte eine Flasche gekauft werden, in
welche eine Maß ging. Sie sollte ans Zinn sein, nicht aus Glas; denn da
mau im heiligen Lande oft einmal vom Esel geworfen wird, konnte sie zu leicht
zerbrechen. Es empfahl sich auch. daß mehrere Pilger sich zusammenthaten
und in Venedig eine große, eine Maß haltende zinnerne Flasche kauften, um
beim Anlaufen eines Hafens eignen Wasservorrath, der vom Patron unabhängiger


Deutsche palästiuafahrten.

Pilger während des Besuches an heiligen Stätten im Schiffe ließen, haftete der
Patron, der es ordentlich zu behüten hatte.

Beim Abschluß dieser Verträge, deren einzelne Punkte nach den Berichten
andrer Pilger leicht vermehrt werden könnten, war es dringend nöthig, Vene-
tianische Bürger als Garanten zu nehmen. Am besten war es, den Contract
in der Canzlei des Dogen, beim sogenannten mag'istrato g.1 og.et,g,v6r (dessen
Acten bis jetzt leider noch nicht aufgefunden worden sind) ratifieiren zu lassen.
Wer klug war, benutzte zugleich die Gelegenheit, sich Empfehlungsbriefe an die
venetianischen Behörden in der Levante, besonders an die Consuln, mitgeben
zu lassen.

Neben der höchst wichtigen Angelegenheit, sich eine gute Ueberfahrt zu ver¬
schaffe», beschäftigten den Pilger aber noch tausenderlei andre Sorgen für aller¬
hand Kleinigkeiten. Der Kleider- und Wüschevorrnth mußte in einer für die
Seefahrt und den Aufenthalt in Palästina passenden Weise completirt werden.
Breitenbach bemerkt hierüber: „Ich rathe keinem nicht, daß er aus deutschen
Landen gen Venedig Kleider mit sich führen soll. Zu Venedig kauft Ihr gute
leinene Tücher; da laßt Euch mindestens vier Hemden machen, da habt Ihr
genug bis »ach Jerusalem unä viäsr umb. Item laßt Euch zwei Paar Lei-
lacheu zu Venedig mache»; denn die Galioten oder Schiffsleute waschen solches
Stück, da es umb ein sismliolrs nothwendig ist. Item kauft zu Venedig eine
Strvhmatmtze, ein Polster mit zwei Kissen (das eine soll ein gutes Lendenkisse»
sein), zu jede»: zwei Ueberzüge um des' Wechsels Nullen. Item einen Kasten
mit Leisten, auf dem man liegt. Item kauft man große und kleine tÄtMot
(vnsontüolisr oäsr svöisäüousr), denn es ist sehr warm in der Galea und in
dem heiligen Land. Item kauft zwei Paar leinene Hosen, denn um der Hitze
willen wird man keine wollenen leiden mögen, und lederne sind nicht gut.
Item kaufe ein graues oder schwarzes Tuch zu einem langen Rock mit einer
(AvxrntMn ung'stoäÄe-re; es ist sehr gut im Schiff und im heiligen Lande,
og,r>n of ist us-odds AM Knif unä allzuoft alle imvlrt, ctitss vinsr höre us-hö
virt, kM6r nit, uiMsr ÄAvb ist." Ein Paar hohe, bis an die Knie reichende,
mit Dvppclsohlen und aus Russeuleder gemachte Schuhe, mit denen man bis
Rhodus, wo es gute Schuhmacher und gutes Leder gab, bequem ausreichte,
vervollständigte die Ausrüstung des Pilgers.

Nun galt es aber auch noch eine Fülle von Geräthen, Lebensmitteln,
Arzeneien und sonstigen Kleinigkeiten, an deren Gebrauch man damals schon ge¬
wöhnt war, einzuhandeln. Vor allein mußte eine Flasche gekauft werden, in
welche eine Maß ging. Sie sollte ans Zinn sein, nicht aus Glas; denn da
mau im heiligen Lande oft einmal vom Esel geworfen wird, konnte sie zu leicht
zerbrechen. Es empfahl sich auch. daß mehrere Pilger sich zusammenthaten
und in Venedig eine große, eine Maß haltende zinnerne Flasche kauften, um
beim Anlaufen eines Hafens eignen Wasservorrath, der vom Patron unabhängiger


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157970/245>, abgerufen am 15.01.2025.