Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Viertes Quartal.Rubens in Italien, Judith mit dem Haupte des Holofernes, der die Alte leuchtet (in Braunschweig), Einen mächtigern Eindruck noch als Caravaggio und Mantegna übte auf Am 20. April 1602 befand sich Rubens wieder in Mantua. Die drei großen Der Herzog von Mantua war, wenn auch sonst gerade kein Mann von In der ^Berliner Gemäldegalerie befindet sich ein kleines skizzenhaft behandeltes
Bild, die Beweinung Christi durch Maria und Magdalena, von rechts durch eine Fackel grell beleuchtet. Die Bildung der Gestalten weist auf die mittlere Zeit des Meisters. Rubens in Italien, Judith mit dem Haupte des Holofernes, der die Alte leuchtet (in Braunschweig), Einen mächtigern Eindruck noch als Caravaggio und Mantegna übte auf Am 20. April 1602 befand sich Rubens wieder in Mantua. Die drei großen Der Herzog von Mantua war, wenn auch sonst gerade kein Mann von In der ^Berliner Gemäldegalerie befindet sich ein kleines skizzenhaft behandeltes
Bild, die Beweinung Christi durch Maria und Magdalena, von rechts durch eine Fackel grell beleuchtet. Die Bildung der Gestalten weist auf die mittlere Zeit des Meisters. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0222" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/150944"/> <fw type="header" place="top"> Rubens in Italien,</fw><lb/> <p xml:id="ID_732" prev="#ID_731"> Judith mit dem Haupte des Holofernes, der die Alte leuchtet (in Braunschweig),<lb/> in Rom oder doch später unter dem Einflüsse der römischen Erinnerungen ge¬<lb/> malt hat.*) Wie lebhaft Rubens sich für Caravaggio und seine Art interessirte,<lb/> beweist auch die Thatsache, daß er des Meisters berühmte Grablegung Christi,<lb/> die sich damals in der Kirche Santa Maria nuova befand und jetzt in der<lb/> Galerie des Vaticans hängt, in verkleinerten! Maße copirte. Diese Copie ist<lb/> noch heute in der Galerie Liechtenstein in Wien vorhanden. Daß er die Figuren<lb/> im Hintergründe veränderte, deutet vielleicht auf eine Kritik, welche sich der junge<lb/> Künstler dem ältern Meister gegenüber im Bewußtsein seiner Kraft herausnehmen<lb/> zu dürfen glaubte. Vielleicht bekundet sich darin aber auch nur die eigne Schaffens¬<lb/> lust, die sich nicht lange am bloßen Copiren genügen ließ. Ein merkwürdiges<lb/> Beispiel dafür bietet eine von Rubens angefertigte Copie nach einem der neun<lb/> Bilder von Mantegnas Triumphzug Cäsars, welche damals noch in einem Saale<lb/> des Schlosses in Mantua hingen, während sie heute in Schloß Hampton-Court<lb/> in England zu sehen sind. Die Rubenssche Copie befindet sich in der Londoner<lb/> Nativnalgalerie. Sie wiederholt schon in der Rubens eignen Formensprache und<lb/> in weitaus lebhafterer Färbung, als die des Originals ist, die fünfte Abtheilung<lb/> des Triumphzuges, die Gruppe der Elephanten. Während aber Mantcgnn neben<lb/> einem der Elephanten einen Widder einherschreiten läßt, ersetzte Rubens dieses<lb/> Thier durch ein Löwenpaar, welches dem Elephanten die Zähne zeigt, der seiner¬<lb/> seits den Rüssel zur Abwehr erhebt. Auch dadurch ist eine größere Lebendigkeit<lb/> in den Zug der Thiere gekommen, daß Rubens ihnen eine lebhaftere Gangart gab.<lb/> Er muß auch nochnndereAbtheilungendiesesTriumphzuges copirt haben, da dasVer-<lb/> zeichniß seines Nachlasses unter Ur. 315 drei Bilder (Leinwand auf Holz gezogen)<lb/> nach den Triumphen des Mantegna mit der Bemerkung „unvollendet" aufführt.</p><lb/> <p xml:id="ID_733"> Einen mächtigern Eindruck noch als Caravaggio und Mantegna übte auf<lb/> den jugendlichen Rubens der ihm eongeniale Michelangelo aus, dessen drama¬<lb/> tische Furia die in ihm schlummernde Kraft weckte. Wie die erhabenen Ge¬<lb/> stalten der Propheten und Sibhllen, mit welchen der große Florentiner die Decke<lb/> der Sixtinischen Capelle geschmückt hatte, sahen auch seine Ideale aus, welche<lb/> über die kümmerlichen Grenzen der Menschlichkeit weit hinausgingen. Mit ehr¬<lb/> furchtsvollem Eifer zeichnete er die Figuren der Decke in rother und schwarzer<lb/> Kreide nach, indem er sich dabei bemühte, seine eigne Individualität zurückzu¬<lb/> drängen und den gewaltigen Geist, der diese Gestalten belebt, in seiner ganzen<lb/> Größe wiedcrzuspiegelu. Das Louvre besitzt acht von diesen Blättern, die eumäische<lb/> und die libysche Sibylle und die Propheten Jesaias, Zachanas, Joel, Hesetiel,<lb/> Jeremias und Daniel. Mit großer Sorgfalt ausgeführt, wirken sie vornehmlich durch<lb/> den plastische» Ausdruck der Formen und deu grandiosen Faltenwurf der Gewänder.</p><lb/> <p xml:id="ID_734"> Am 20. April 1602 befand sich Rubens wieder in Mantua. Die drei großen<lb/> Altarbilder für die Kirche S. Croce in Gerusalemme müssen also schon vollendet<lb/> gewesen sein. Für das folgende Jahr sind wir ohne Nachrichten über seine<lb/> künstlerische Thätigkeit. Dann aber fließen die Quellen wieder desto reichlicher.</p><lb/> <p xml:id="ID_735" next="#ID_736"> Der Herzog von Mantua war, wenn auch sonst gerade kein Mann von<lb/> glänzenden geistigen Eigenschaften, ein kluger Politiker, dem es vor allen Dingen<lb/> darum zu thun war, seine Dynastie zu sichern und sein Land vor den Wechsel¬<lb/> fällen kriegerischer Verwicklungen zu schützen. Er beschloß also, den wachsenden</p><lb/> <note xml:id="FID_36" place="foot"> In der ^Berliner Gemäldegalerie befindet sich ein kleines skizzenhaft behandeltes<lb/> Bild, die Beweinung Christi durch Maria und Magdalena, von rechts durch eine Fackel grell<lb/> beleuchtet. Die Bildung der Gestalten weist auf die mittlere Zeit des Meisters.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0222]
Rubens in Italien,
Judith mit dem Haupte des Holofernes, der die Alte leuchtet (in Braunschweig),
in Rom oder doch später unter dem Einflüsse der römischen Erinnerungen ge¬
malt hat.*) Wie lebhaft Rubens sich für Caravaggio und seine Art interessirte,
beweist auch die Thatsache, daß er des Meisters berühmte Grablegung Christi,
die sich damals in der Kirche Santa Maria nuova befand und jetzt in der
Galerie des Vaticans hängt, in verkleinerten! Maße copirte. Diese Copie ist
noch heute in der Galerie Liechtenstein in Wien vorhanden. Daß er die Figuren
im Hintergründe veränderte, deutet vielleicht auf eine Kritik, welche sich der junge
Künstler dem ältern Meister gegenüber im Bewußtsein seiner Kraft herausnehmen
zu dürfen glaubte. Vielleicht bekundet sich darin aber auch nur die eigne Schaffens¬
lust, die sich nicht lange am bloßen Copiren genügen ließ. Ein merkwürdiges
Beispiel dafür bietet eine von Rubens angefertigte Copie nach einem der neun
Bilder von Mantegnas Triumphzug Cäsars, welche damals noch in einem Saale
des Schlosses in Mantua hingen, während sie heute in Schloß Hampton-Court
in England zu sehen sind. Die Rubenssche Copie befindet sich in der Londoner
Nativnalgalerie. Sie wiederholt schon in der Rubens eignen Formensprache und
in weitaus lebhafterer Färbung, als die des Originals ist, die fünfte Abtheilung
des Triumphzuges, die Gruppe der Elephanten. Während aber Mantcgnn neben
einem der Elephanten einen Widder einherschreiten läßt, ersetzte Rubens dieses
Thier durch ein Löwenpaar, welches dem Elephanten die Zähne zeigt, der seiner¬
seits den Rüssel zur Abwehr erhebt. Auch dadurch ist eine größere Lebendigkeit
in den Zug der Thiere gekommen, daß Rubens ihnen eine lebhaftere Gangart gab.
Er muß auch nochnndereAbtheilungendiesesTriumphzuges copirt haben, da dasVer-
zeichniß seines Nachlasses unter Ur. 315 drei Bilder (Leinwand auf Holz gezogen)
nach den Triumphen des Mantegna mit der Bemerkung „unvollendet" aufführt.
Einen mächtigern Eindruck noch als Caravaggio und Mantegna übte auf
den jugendlichen Rubens der ihm eongeniale Michelangelo aus, dessen drama¬
tische Furia die in ihm schlummernde Kraft weckte. Wie die erhabenen Ge¬
stalten der Propheten und Sibhllen, mit welchen der große Florentiner die Decke
der Sixtinischen Capelle geschmückt hatte, sahen auch seine Ideale aus, welche
über die kümmerlichen Grenzen der Menschlichkeit weit hinausgingen. Mit ehr¬
furchtsvollem Eifer zeichnete er die Figuren der Decke in rother und schwarzer
Kreide nach, indem er sich dabei bemühte, seine eigne Individualität zurückzu¬
drängen und den gewaltigen Geist, der diese Gestalten belebt, in seiner ganzen
Größe wiedcrzuspiegelu. Das Louvre besitzt acht von diesen Blättern, die eumäische
und die libysche Sibylle und die Propheten Jesaias, Zachanas, Joel, Hesetiel,
Jeremias und Daniel. Mit großer Sorgfalt ausgeführt, wirken sie vornehmlich durch
den plastische» Ausdruck der Formen und deu grandiosen Faltenwurf der Gewänder.
Am 20. April 1602 befand sich Rubens wieder in Mantua. Die drei großen
Altarbilder für die Kirche S. Croce in Gerusalemme müssen also schon vollendet
gewesen sein. Für das folgende Jahr sind wir ohne Nachrichten über seine
künstlerische Thätigkeit. Dann aber fließen die Quellen wieder desto reichlicher.
Der Herzog von Mantua war, wenn auch sonst gerade kein Mann von
glänzenden geistigen Eigenschaften, ein kluger Politiker, dem es vor allen Dingen
darum zu thun war, seine Dynastie zu sichern und sein Land vor den Wechsel¬
fällen kriegerischer Verwicklungen zu schützen. Er beschloß also, den wachsenden
In der ^Berliner Gemäldegalerie befindet sich ein kleines skizzenhaft behandeltes
Bild, die Beweinung Christi durch Maria und Magdalena, von rechts durch eine Fackel grell
beleuchtet. Die Bildung der Gestalten weist auf die mittlere Zeit des Meisters.
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