Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Viertes Quartal.Häusliches Loben in Skandinavien im sechzehnten Jahrhundert. genannt. Sie dienten zumeist als Vorrathskammern, gaben dem Ganzen ein Das feste Barfredhaus vermittelt den Uebergang zur städtischen Wohnung. Das nahe Zusammenleben von Tausenden auf einem eng begrenzten Raume Wohl hatte man seit 1S00 unter holländischem Einfluß sich dazu ver¬ Häusliches Loben in Skandinavien im sechzehnten Jahrhundert. genannt. Sie dienten zumeist als Vorrathskammern, gaben dem Ganzen ein Das feste Barfredhaus vermittelt den Uebergang zur städtischen Wohnung. Das nahe Zusammenleben von Tausenden auf einem eng begrenzten Raume Wohl hatte man seit 1S00 unter holländischem Einfluß sich dazu ver¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0201" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/150923"/> <fw type="header" place="top"> Häusliches Loben in Skandinavien im sechzehnten Jahrhundert.</fw><lb/> <p xml:id="ID_640" prev="#ID_639"> genannt. Sie dienten zumeist als Vorrathskammern, gaben dem Ganzen ein<lb/> herrschaftliches Aussehen und verstärkten die Vertheidigungskraft. Auch eman-<lb/> cipirten sich jene übereinander liegenden Stuben vom Hause und bildeten einen<lb/> thurmartigen Vorbau. „Bcirfrö" oder „Barfred" hat man solche Häuser ge¬<lb/> nannt, ein Name, der von dein altdeutschen Worte „Berkfrit" abgeleitet wird, sich<lb/> im französischen bellroi, im englischen voler^ wiederfindet und in allen Sprachen<lb/> die Bedeutung eines Wachtthurmes bekommen hat. Varfredhäuser finden wir<lb/> namentlich häusig in Dänemark bei den Pastoraten. Hier dienten sie zuweilen<lb/> dem Könige zum Nachtquartier, wenn kein königliches Schloß in der Nähe war.<lb/> Vielleicht besaß der König sie geradezu als sein Eigenthum. Wenigstens munterte<lb/> er die Bevölkerung auf, sie bereit und in gutem Staude zu halten. In Nor¬<lb/> wegen und Schweden gediehen sie ohne solche königliche Fürsorge und dienten<lb/> den eigenen Bewohnern des Hauses zur Schutzwehr.</p><lb/> <p xml:id="ID_641"> Das feste Barfredhaus vermittelt den Uebergang zur städtischen Wohnung.<lb/> Nicht als ob hier ein jeder auf das Wehrhafte seiner Behausung Werth gelegt<lb/> hätte, sondern weil beide Ansiedlungen entstanden sind in dem Bedürfnisse, Eigen¬<lb/> thum und Leben gegen fremden Angriff zu vertheidigen. Im Bnrfredhaus konnte<lb/> sich der Jnsasse nur auf seine Kräfte und die seiner Hausgenossen verlassen. Ge¬<lb/> meinsames Beisammenwohnen in der Stadt gab ungleich größere Sicherheit und<lb/> erleichterte die Vertheidigung. Das Haus des Bürgers konnte daher aller kriegerischen<lb/> Attribute sich entledigen, deren das einsam gelegene Haus des Bauern nie ganz<lb/> entrathen konnte. Alles was zum Schutz und Schirm gehörte, wurde in die<lb/> Außenlinie geschoben. Hier trat es auf, das Land von der Stadt fest abgrenzend,<lb/> als Pallisaden-Einfriedigung, Pfahlwerk, als Mauer und Wall.</p><lb/> <p xml:id="ID_642"> Das nahe Zusammenleben von Tausenden auf einem eng begrenzten Raume<lb/> mußte neue Anschauungen und neue Gesetze ergeben, und die Freiheiten, die der<lb/> für sich wohnende Bauer sich ungestört verstatten durfte, erfuhren in der Stadt<lb/> nothwendigerweise manche Beschränkung. Nur langsam hat diese einfache Wahr¬<lb/> heit Eingang gefunden. Im sechzehnten Jahrhundert scheint man noch meist<lb/> von der Vorstellung atisgegangen zu sein, daß alle öffentlichen Anordnungen,<lb/> die auf Reinlichkeit und Ordnung abzielten, ebenso viele Eingriffe seien in die<lb/> Rechte der einzelnen und daher übertreten werden dürften. Die entgegengesetzte<lb/> Strömung traf daher auf einen hartnäckigen Widerstand. Ein kurzer Gang durch<lb/> die Straßen wird uns davon überzeugen.</p><lb/> <p xml:id="ID_643" next="#ID_644"> Wohl hatte man seit 1S00 unter holländischem Einfluß sich dazu ver¬<lb/> standen, die Straßen mit einem Pflaster zu versehen, welches zu beiden Seiten<lb/> der Häuser Gossen enthielt. Aber das Resultat war doch ein kümmerliches.<lb/> Denn nicht nur war die Pflasterung so uneben, daß große Lachen stehen blieben,<lb/> man betrachtete auch die Straße als den Ort, auf den man mit vollem Rechte<lb/> alles herauswerfen könne, was man im Hause nicht weiter zu behalten wünschte,<lb/> Abfülle, Asche, altes Stroh, todte Thiere und noch ärgeres. Vergebens ver-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0201]
Häusliches Loben in Skandinavien im sechzehnten Jahrhundert.
genannt. Sie dienten zumeist als Vorrathskammern, gaben dem Ganzen ein
herrschaftliches Aussehen und verstärkten die Vertheidigungskraft. Auch eman-
cipirten sich jene übereinander liegenden Stuben vom Hause und bildeten einen
thurmartigen Vorbau. „Bcirfrö" oder „Barfred" hat man solche Häuser ge¬
nannt, ein Name, der von dein altdeutschen Worte „Berkfrit" abgeleitet wird, sich
im französischen bellroi, im englischen voler^ wiederfindet und in allen Sprachen
die Bedeutung eines Wachtthurmes bekommen hat. Varfredhäuser finden wir
namentlich häusig in Dänemark bei den Pastoraten. Hier dienten sie zuweilen
dem Könige zum Nachtquartier, wenn kein königliches Schloß in der Nähe war.
Vielleicht besaß der König sie geradezu als sein Eigenthum. Wenigstens munterte
er die Bevölkerung auf, sie bereit und in gutem Staude zu halten. In Nor¬
wegen und Schweden gediehen sie ohne solche königliche Fürsorge und dienten
den eigenen Bewohnern des Hauses zur Schutzwehr.
Das feste Barfredhaus vermittelt den Uebergang zur städtischen Wohnung.
Nicht als ob hier ein jeder auf das Wehrhafte seiner Behausung Werth gelegt
hätte, sondern weil beide Ansiedlungen entstanden sind in dem Bedürfnisse, Eigen¬
thum und Leben gegen fremden Angriff zu vertheidigen. Im Bnrfredhaus konnte
sich der Jnsasse nur auf seine Kräfte und die seiner Hausgenossen verlassen. Ge¬
meinsames Beisammenwohnen in der Stadt gab ungleich größere Sicherheit und
erleichterte die Vertheidigung. Das Haus des Bürgers konnte daher aller kriegerischen
Attribute sich entledigen, deren das einsam gelegene Haus des Bauern nie ganz
entrathen konnte. Alles was zum Schutz und Schirm gehörte, wurde in die
Außenlinie geschoben. Hier trat es auf, das Land von der Stadt fest abgrenzend,
als Pallisaden-Einfriedigung, Pfahlwerk, als Mauer und Wall.
Das nahe Zusammenleben von Tausenden auf einem eng begrenzten Raume
mußte neue Anschauungen und neue Gesetze ergeben, und die Freiheiten, die der
für sich wohnende Bauer sich ungestört verstatten durfte, erfuhren in der Stadt
nothwendigerweise manche Beschränkung. Nur langsam hat diese einfache Wahr¬
heit Eingang gefunden. Im sechzehnten Jahrhundert scheint man noch meist
von der Vorstellung atisgegangen zu sein, daß alle öffentlichen Anordnungen,
die auf Reinlichkeit und Ordnung abzielten, ebenso viele Eingriffe seien in die
Rechte der einzelnen und daher übertreten werden dürften. Die entgegengesetzte
Strömung traf daher auf einen hartnäckigen Widerstand. Ein kurzer Gang durch
die Straßen wird uns davon überzeugen.
Wohl hatte man seit 1S00 unter holländischem Einfluß sich dazu ver¬
standen, die Straßen mit einem Pflaster zu versehen, welches zu beiden Seiten
der Häuser Gossen enthielt. Aber das Resultat war doch ein kümmerliches.
Denn nicht nur war die Pflasterung so uneben, daß große Lachen stehen blieben,
man betrachtete auch die Straße als den Ort, auf den man mit vollem Rechte
alles herauswerfen könne, was man im Hause nicht weiter zu behalten wünschte,
Abfülle, Asche, altes Stroh, todte Thiere und noch ärgeres. Vergebens ver-
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |