Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Viertes Quartal.Der Porträtmaler unsrer Klassiker. gäbe waren, auf diese einfach anspruchslose, mit der größten Liebe gefertigte Bald boten ihm die von Hagedorn eingerichteten, alljährlich im März wieder¬ Reich, allen Bücherliebhabern wohlbekannt durch seine zahlreichen unter der Aber noch in andrer Weise griff Reich bestimmend in Graffs Leben ein. Der Porträtmaler unsrer Klassiker. gäbe waren, auf diese einfach anspruchslose, mit der größten Liebe gefertigte Bald boten ihm die von Hagedorn eingerichteten, alljährlich im März wieder¬ Reich, allen Bücherliebhabern wohlbekannt durch seine zahlreichen unter der Aber noch in andrer Weise griff Reich bestimmend in Graffs Leben ein. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0161" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/150883"/> <fw type="header" place="top"> Der Porträtmaler unsrer Klassiker.</fw><lb/> <p xml:id="ID_495" prev="#ID_494"> gäbe waren, auf diese einfach anspruchslose, mit der größten Liebe gefertigte<lb/> Arbeit zu werfen — es ist das Bild Ur. 1971 der Dresdener Galerie, nicht<lb/> Ur. 1790, wie der Katalog angiebt—. um in den allgemeinen Beifall einzustimmen,<lb/> mit welchem es von Hoch und Niedrig begrüßt wurde. Im Februar erhielt<lb/> Graff in Zürich, wo er noch bei Salomon Geßner wohnte, sein Berufungs¬<lb/> schreiben, in welchem ihm 400 Thaler jährlicher Gehalt und „für jedes Original-<lb/> bilduiß, welches er über dasjenige, das er jährlich aus Verbindlichkeit zu über¬<lb/> nehmen hat, dem Hofe liefert/' eine besondre Bezahlung geboten, endlich auch<lb/> der Titel eines kurfürstlichen Hofmalers zugesichert wurde, und so nahm er im<lb/> März von der Schweiz und von Augsburg Abschied und langte am 7. April<lb/> 1766 in Dresden an.</p><lb/> <p xml:id="ID_496"> Bald boten ihm die von Hagedorn eingerichteten, alljährlich im März wieder¬<lb/> kehrenden Kunstausstellungen Gelegenheit, seine künstlerische Tüchtigkeit auch<lb/> öffentlich zu zeigen. 1767 stellte er eine Anzahl von Porträts hochgestellter<lb/> Dresdener Persönlichkeiten ans, und in kurzer Zeit war er der Modemaler nicht<lb/> bloß Dresdens, sondern auch der Nachbarstädte. Namentlich in den Kreisen des<lb/> hohen Adels gehörte es bald zum guten Tone, sich von ihm malen zu lassen.<lb/> Was ihn aber recht eigentlich zum Porträtmaler unsrer Classiker machte, das<lb/> war sein Zusammentreffen mit dem intelligenten, hochgebildeten und kunstsinnigen<lb/> Buchhändler Philipp Erasmus Reich in Leipzig im Frühjahr 1769.</p><lb/> <p xml:id="ID_497"> Reich, allen Bücherliebhabern wohlbekannt durch seine zahlreichen unter der<lb/> Firma „M. G. Weidmanns Erben und Reich" erschienenen schöngeistigen Ver¬<lb/> lagswerke, allen Goethefreunden in der Erinnerung um der freundschaftlichen<lb/> Beziehungen willen, die den jungen Goethe während seiner Leipziger Studenten¬<lb/> zeit (1765 — 68) an Reichs Haus ebenso wie an das Breitkopfische knüpften,<lb/> ging einer ähnlichen Liebhaberei nach wie der „Dichtervater" Gleim in Halber¬<lb/> stadt. Wie dieser schon seit einem Jahrzehnt die verschiedensten Maler zu seiner<lb/> unter dem Namen „Freundschaftstempel" berühmt gewordenen Porträtgalerie<lb/> Halberstadt in Bewegung setzte, so suchte auch Reich eine Sammlung von<lb/> Porträts aller Gelehrten und Schöngeister seiner Bekanntschaft zusammenzu¬<lb/> bringen, und fortan wurde neben Johann Heinrich Tischbein nur noch Graff<lb/> zu diesem Zwecke von ihm beschäftigt. So entstand im Laufe der Jahre jene<lb/> herrliche Porträtgalerie, die später von Reichs Witwe der Leipziger Universi¬<lb/> tätsbibliothek geschenkt wurde, wo sie noch heute, vollständig erhalten, die Freude<lb/> und Bewunderung aller Besucher der Bibliothek erregt.</p><lb/> <p xml:id="ID_498" next="#ID_499"> Aber noch in andrer Weise griff Reich bestimmend in Graffs Leben ein.<lb/> Um die Porträts von Spalding, Ramler, Mendelssohn und Sulzer zu malen,<lb/> reiste Graff in Reichs Auftrage im Frühjahre 1771 zum erstenmale nach Berlin<lb/> und lernte hier Sulzers liebenswürdige, damals siebzehnjährige Tochter Auguste<lb/> kennen. Er warb um sie, der Vater gab ihm ihre Hand — die Mutter war<lb/> jung gestorben — weniger wegen seiner künstlerischen Verdienste und seiner an-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0161]
Der Porträtmaler unsrer Klassiker.
gäbe waren, auf diese einfach anspruchslose, mit der größten Liebe gefertigte
Arbeit zu werfen — es ist das Bild Ur. 1971 der Dresdener Galerie, nicht
Ur. 1790, wie der Katalog angiebt—. um in den allgemeinen Beifall einzustimmen,
mit welchem es von Hoch und Niedrig begrüßt wurde. Im Februar erhielt
Graff in Zürich, wo er noch bei Salomon Geßner wohnte, sein Berufungs¬
schreiben, in welchem ihm 400 Thaler jährlicher Gehalt und „für jedes Original-
bilduiß, welches er über dasjenige, das er jährlich aus Verbindlichkeit zu über¬
nehmen hat, dem Hofe liefert/' eine besondre Bezahlung geboten, endlich auch
der Titel eines kurfürstlichen Hofmalers zugesichert wurde, und so nahm er im
März von der Schweiz und von Augsburg Abschied und langte am 7. April
1766 in Dresden an.
Bald boten ihm die von Hagedorn eingerichteten, alljährlich im März wieder¬
kehrenden Kunstausstellungen Gelegenheit, seine künstlerische Tüchtigkeit auch
öffentlich zu zeigen. 1767 stellte er eine Anzahl von Porträts hochgestellter
Dresdener Persönlichkeiten ans, und in kurzer Zeit war er der Modemaler nicht
bloß Dresdens, sondern auch der Nachbarstädte. Namentlich in den Kreisen des
hohen Adels gehörte es bald zum guten Tone, sich von ihm malen zu lassen.
Was ihn aber recht eigentlich zum Porträtmaler unsrer Classiker machte, das
war sein Zusammentreffen mit dem intelligenten, hochgebildeten und kunstsinnigen
Buchhändler Philipp Erasmus Reich in Leipzig im Frühjahr 1769.
Reich, allen Bücherliebhabern wohlbekannt durch seine zahlreichen unter der
Firma „M. G. Weidmanns Erben und Reich" erschienenen schöngeistigen Ver¬
lagswerke, allen Goethefreunden in der Erinnerung um der freundschaftlichen
Beziehungen willen, die den jungen Goethe während seiner Leipziger Studenten¬
zeit (1765 — 68) an Reichs Haus ebenso wie an das Breitkopfische knüpften,
ging einer ähnlichen Liebhaberei nach wie der „Dichtervater" Gleim in Halber¬
stadt. Wie dieser schon seit einem Jahrzehnt die verschiedensten Maler zu seiner
unter dem Namen „Freundschaftstempel" berühmt gewordenen Porträtgalerie
Halberstadt in Bewegung setzte, so suchte auch Reich eine Sammlung von
Porträts aller Gelehrten und Schöngeister seiner Bekanntschaft zusammenzu¬
bringen, und fortan wurde neben Johann Heinrich Tischbein nur noch Graff
zu diesem Zwecke von ihm beschäftigt. So entstand im Laufe der Jahre jene
herrliche Porträtgalerie, die später von Reichs Witwe der Leipziger Universi¬
tätsbibliothek geschenkt wurde, wo sie noch heute, vollständig erhalten, die Freude
und Bewunderung aller Besucher der Bibliothek erregt.
Aber noch in andrer Weise griff Reich bestimmend in Graffs Leben ein.
Um die Porträts von Spalding, Ramler, Mendelssohn und Sulzer zu malen,
reiste Graff in Reichs Auftrage im Frühjahre 1771 zum erstenmale nach Berlin
und lernte hier Sulzers liebenswürdige, damals siebzehnjährige Tochter Auguste
kennen. Er warb um sie, der Vater gab ihm ihre Hand — die Mutter war
jung gestorben — weniger wegen seiner künstlerischen Verdienste und seiner an-
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |