Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Viertes Quartal.Der Porträtmaler unsrer Llassikor. ragende Stellung anweist; wenige Porträtmaler haben auch so wie Graff ver¬ Ueber das Leben dieses trefflichen Künstlers sich genauer zu informiren, ") Die Arbeit bildet das vierte Heft der seit 1878 im Seemanuschcn Verlage in zwang¬
losen Zeiträumen erscheinenden "Beiträge zur Kunstgeschichte." Die drei vorhergehenden Hefte enthielten: 1. Die Legende vom Leben der Jungfrau Maria und ihre Dar¬ stellung in der bildenden Kunst des Mittelalters von Atom Schultz. S. Beiträge zur Geschichte der Malerei in Leipzig vom Is, bis zum 17, Jahrhundert von Gustav Wustmann. 3. Das Motiv des aufgestützten Fußes in der antiken Kunst und dessen statuarische Verwendung durch Lysipvos von Konrad Lange, Der Porträtmaler unsrer Llassikor. ragende Stellung anweist; wenige Porträtmaler haben auch so wie Graff ver¬ Ueber das Leben dieses trefflichen Künstlers sich genauer zu informiren, ") Die Arbeit bildet das vierte Heft der seit 1878 im Seemanuschcn Verlage in zwang¬
losen Zeiträumen erscheinenden „Beiträge zur Kunstgeschichte." Die drei vorhergehenden Hefte enthielten: 1. Die Legende vom Leben der Jungfrau Maria und ihre Dar¬ stellung in der bildenden Kunst des Mittelalters von Atom Schultz. S. Beiträge zur Geschichte der Malerei in Leipzig vom Is, bis zum 17, Jahrhundert von Gustav Wustmann. 3. Das Motiv des aufgestützten Fußes in der antiken Kunst und dessen statuarische Verwendung durch Lysipvos von Konrad Lange, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0156" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/150878"/> <fw type="header" place="top"> Der Porträtmaler unsrer Llassikor.</fw><lb/> <p xml:id="ID_482" prev="#ID_481"> ragende Stellung anweist; wenige Porträtmaler haben auch so wie Graff ver¬<lb/> mocht, die geistige Individualität der darzustellenden Personen wiederzugeben.<lb/> Sulzer, der bekannte Aesthetiker, der Schwiegervater Graffs, schreibt in seiner<lb/> „Theorie der schonen Künste": „Ich habe mehr als einmal bemerkt, daß ver¬<lb/> schiedene Personen, die sich von unserm Graff, der vorzüglich die Gabe hat,<lb/> die ganze Physiognomie in der Wahrheit der Natur darzustellen, haben malen<lb/> lassen, die scharfen und empfindungsvollen Blicke, die er auf sie wirft, kaum<lb/> ertragen können, weil jeder bis in das Innere der Seele zu dringen scheint,"<lb/> und in einem Aufsatze der Augsburger Allgemeinen Zeitung von 1803 heißt<lb/> es: „Graff trifft, wie man sage» möchte, in höheren Sinne; er malt nicht den<lb/> Leib, sondern den Geist und weiß fast immer mit einem unglaublich glücklichen<lb/> Tact den Moment zu ergreifen, wo sich nicht bloß eine oder die andre charak¬<lb/> teristische Eigenthümlichkeit, sondern die ganze Individualität des Innern in<lb/> dem ruhigen Aeußern abspiegelt."</p><lb/> <p xml:id="ID_483" next="#ID_484"> Ueber das Leben dieses trefflichen Künstlers sich genauer zu informiren,<lb/> war bisher nicht leicht, um uicht zu sagen unmöglich. Eine besondere Schrift<lb/> über ihn gab es nicht. Zwar lagen zwei Biographien vou ihm vor: die eine<lb/> in Füßli's „Geschichte der besten Künstler in der Schweiz," die andre in dem<lb/> „Neujahrsstück der Züricher Künstlergesellschaft auf das Jahr 181S;" aber die<lb/> erstere umfaßt nur die ersten dreißig Lebensjahre des in hohem Alter verstor¬<lb/> benen Künstlers, die letztere behandelt zwar sein ganzes Leben, aber nnr kurz<lb/> und für die spätere Zeit auch unvollständig. So ist denn eine eben erschienene<lb/> Monographie „Anton Graff. Sein Leben und seine Werke. Von Richard<lb/> Mulder" (Leipzig, E.A.Seemann, 1881) als eine willkommene Bereicherung<lb/> zur deutschen Künstlergeschichte des 18, Jahrhunderts zu begrüßen.*) Der Ver¬<lb/> sasser, ein Schüler Anton Springers, wie die Widmung des Buches zeigt, hat<lb/> mit großem Eifer nach ungedruckten Material über Graff geforscht, hat sür<lb/> seine Darstellung eine werthvolle kleine Selbstbiographie des Künstlers, die bis<lb/> zum Jahre 1777 reicht, und eine humoristisch geschriebene Lebensgeschichte von<lb/> ihm aus der Feder seines Freundes Heidegger, eines Schwagers von Salomon<lb/> Geßner, ferner eine Anzahl von Briefen und sonstigen Documenten benutzen<lb/> können, von Hunderten von Bildern Graffs durch Reisen sich Autopsie verschafft<lb/> und das gestimmte gewonnene Material in knapper, schlichter und ansprechender<lb/> Darstellung zusammengefaßt. Die sorgfältige kleine Studie ist in jedem Betracht</p><lb/> <note xml:id="FID_23" place="foot"> ") Die Arbeit bildet das vierte Heft der seit 1878 im Seemanuschcn Verlage in zwang¬<lb/> losen Zeiträumen erscheinenden „Beiträge zur Kunstgeschichte." Die drei vorhergehenden<lb/> Hefte enthielten: 1. Die Legende vom Leben der Jungfrau Maria und ihre Dar¬<lb/> stellung in der bildenden Kunst des Mittelalters von Atom Schultz. S. Beiträge zur<lb/> Geschichte der Malerei in Leipzig vom Is, bis zum 17, Jahrhundert von Gustav<lb/> Wustmann. 3. Das Motiv des aufgestützten Fußes in der antiken Kunst und<lb/> dessen statuarische Verwendung durch Lysipvos von Konrad Lange,</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0156]
Der Porträtmaler unsrer Llassikor.
ragende Stellung anweist; wenige Porträtmaler haben auch so wie Graff ver¬
mocht, die geistige Individualität der darzustellenden Personen wiederzugeben.
Sulzer, der bekannte Aesthetiker, der Schwiegervater Graffs, schreibt in seiner
„Theorie der schonen Künste": „Ich habe mehr als einmal bemerkt, daß ver¬
schiedene Personen, die sich von unserm Graff, der vorzüglich die Gabe hat,
die ganze Physiognomie in der Wahrheit der Natur darzustellen, haben malen
lassen, die scharfen und empfindungsvollen Blicke, die er auf sie wirft, kaum
ertragen können, weil jeder bis in das Innere der Seele zu dringen scheint,"
und in einem Aufsatze der Augsburger Allgemeinen Zeitung von 1803 heißt
es: „Graff trifft, wie man sage» möchte, in höheren Sinne; er malt nicht den
Leib, sondern den Geist und weiß fast immer mit einem unglaublich glücklichen
Tact den Moment zu ergreifen, wo sich nicht bloß eine oder die andre charak¬
teristische Eigenthümlichkeit, sondern die ganze Individualität des Innern in
dem ruhigen Aeußern abspiegelt."
Ueber das Leben dieses trefflichen Künstlers sich genauer zu informiren,
war bisher nicht leicht, um uicht zu sagen unmöglich. Eine besondere Schrift
über ihn gab es nicht. Zwar lagen zwei Biographien vou ihm vor: die eine
in Füßli's „Geschichte der besten Künstler in der Schweiz," die andre in dem
„Neujahrsstück der Züricher Künstlergesellschaft auf das Jahr 181S;" aber die
erstere umfaßt nur die ersten dreißig Lebensjahre des in hohem Alter verstor¬
benen Künstlers, die letztere behandelt zwar sein ganzes Leben, aber nnr kurz
und für die spätere Zeit auch unvollständig. So ist denn eine eben erschienene
Monographie „Anton Graff. Sein Leben und seine Werke. Von Richard
Mulder" (Leipzig, E.A.Seemann, 1881) als eine willkommene Bereicherung
zur deutschen Künstlergeschichte des 18, Jahrhunderts zu begrüßen.*) Der Ver¬
sasser, ein Schüler Anton Springers, wie die Widmung des Buches zeigt, hat
mit großem Eifer nach ungedruckten Material über Graff geforscht, hat sür
seine Darstellung eine werthvolle kleine Selbstbiographie des Künstlers, die bis
zum Jahre 1777 reicht, und eine humoristisch geschriebene Lebensgeschichte von
ihm aus der Feder seines Freundes Heidegger, eines Schwagers von Salomon
Geßner, ferner eine Anzahl von Briefen und sonstigen Documenten benutzen
können, von Hunderten von Bildern Graffs durch Reisen sich Autopsie verschafft
und das gestimmte gewonnene Material in knapper, schlichter und ansprechender
Darstellung zusammengefaßt. Die sorgfältige kleine Studie ist in jedem Betracht
") Die Arbeit bildet das vierte Heft der seit 1878 im Seemanuschcn Verlage in zwang¬
losen Zeiträumen erscheinenden „Beiträge zur Kunstgeschichte." Die drei vorhergehenden
Hefte enthielten: 1. Die Legende vom Leben der Jungfrau Maria und ihre Dar¬
stellung in der bildenden Kunst des Mittelalters von Atom Schultz. S. Beiträge zur
Geschichte der Malerei in Leipzig vom Is, bis zum 17, Jahrhundert von Gustav
Wustmann. 3. Das Motiv des aufgestützten Fußes in der antiken Kunst und
dessen statuarische Verwendung durch Lysipvos von Konrad Lange,
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