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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Drittes Quartal.

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Rückblicke auf die Lehrervorsammlung in Karlsruhe.

Kost, schließlich in den sogenannten geistigen Regungen: dem Bildungsgrad und
-Drang, dem Wissen und Unterricht, der Kunst und ihren mannichfaltigen Zweige",
der Religion ?e. Man sieht, es sind zahlreiche Gesichtspunkte, auf die der
Ethnograph sein Augenmerk richten muß, aber man kann beinahe sagen, daß
die Zahl der Streitfragen ebenso groß ist wie die der aufgestellte" Gesichtspunkte.
Zunächst läßt sich darüber streiten, wo die Grenze zwischen Physis und Psyche
zu ziehen sei, ob nicht Haltung und Gang, Ausdruck des Gesichts und der
Augen eher zur Psyche als zur Physis zu rechnen oder ob diese Aeußerung
nicht viel mehr individuell als national aufzufassen sei, ferner ob nicht der Be¬
griff Psyche viel zu weit gefaßt sei und für solche Momente wie Tracht, Kost
und Wohnung andre Gesichtspunkte maßgebend seien als Klima und Vege¬
tation des jeweiligen Wohnraums.

Es ist hier nicht der Ort, die Zahl solcher Streitpunkte zu vermehren, ge¬
schweige denn sie zu discutiren. Wir wollten nur damit andeuten, daß eine
endgiltige Lösung der ethnographischen Probleme Osteuropas noch in weiter
Ferne liegt und daß vor allen Dingen die nöthigen Beobachtungen gemacht
werden müssen, ehe das Gesammtresultat wird gezogen werden können. Dem
Verfasser des vorliegenden Werkes aber gebührt Anerkennung und Dank für
den bewunderungswürdigem Fleiß, womit er den Anfang gemacht und spätern
Forschern, an denen es hoffentlich nicht fehlen wird, bis zu einem gewissen
Grade den Weg gebahnt hat, dadurch daß er das Vorhandene, soweit möglich,
sammelte und sichtete.


A, Vppel.


Rückblicke auf die Lehrerversammlung in Karlsruhe.

i
s zu Pfingsten dieses Jahres zu Karlsruhe die Allgemeine deutsche
Lehrerversammlung zum fünfundzwanzigsten male zusammentrat,
geschah dies nicht, ohne daß lebhafte Debatten innerhalb und
außerhalb der pädagogischen Presse darüber geführt wurden, wie
hoch der Nutzen derartiger Versammlungen anzuschlagen sei. Die
von einander stark abweichenden herrschenden Ansichten über diese Frage ge¬
wannen in der Folge erheblich an Schärfe durch einen Entschluß des damaligen
preußischen Cultusministers. Herr von Puttkamer wies nämlich die Schulbe-
hörden an, den Lehrern zum Besuche jeuer Versammlung keinen Urlaub zu be¬
willigen, da dieselbe dein Berufe des Lehrerstandes fern stehe. Wie nicht anders


Rückblicke auf die Lehrervorsammlung in Karlsruhe.

Kost, schließlich in den sogenannten geistigen Regungen: dem Bildungsgrad und
-Drang, dem Wissen und Unterricht, der Kunst und ihren mannichfaltigen Zweige»,
der Religion ?e. Man sieht, es sind zahlreiche Gesichtspunkte, auf die der
Ethnograph sein Augenmerk richten muß, aber man kann beinahe sagen, daß
die Zahl der Streitfragen ebenso groß ist wie die der aufgestellte« Gesichtspunkte.
Zunächst läßt sich darüber streiten, wo die Grenze zwischen Physis und Psyche
zu ziehen sei, ob nicht Haltung und Gang, Ausdruck des Gesichts und der
Augen eher zur Psyche als zur Physis zu rechnen oder ob diese Aeußerung
nicht viel mehr individuell als national aufzufassen sei, ferner ob nicht der Be¬
griff Psyche viel zu weit gefaßt sei und für solche Momente wie Tracht, Kost
und Wohnung andre Gesichtspunkte maßgebend seien als Klima und Vege¬
tation des jeweiligen Wohnraums.

Es ist hier nicht der Ort, die Zahl solcher Streitpunkte zu vermehren, ge¬
schweige denn sie zu discutiren. Wir wollten nur damit andeuten, daß eine
endgiltige Lösung der ethnographischen Probleme Osteuropas noch in weiter
Ferne liegt und daß vor allen Dingen die nöthigen Beobachtungen gemacht
werden müssen, ehe das Gesammtresultat wird gezogen werden können. Dem
Verfasser des vorliegenden Werkes aber gebührt Anerkennung und Dank für
den bewunderungswürdigem Fleiß, womit er den Anfang gemacht und spätern
Forschern, an denen es hoffentlich nicht fehlen wird, bis zu einem gewissen
Grade den Weg gebahnt hat, dadurch daß er das Vorhandene, soweit möglich,
sammelte und sichtete.


A, Vppel.


Rückblicke auf die Lehrerversammlung in Karlsruhe.

i
s zu Pfingsten dieses Jahres zu Karlsruhe die Allgemeine deutsche
Lehrerversammlung zum fünfundzwanzigsten male zusammentrat,
geschah dies nicht, ohne daß lebhafte Debatten innerhalb und
außerhalb der pädagogischen Presse darüber geführt wurden, wie
hoch der Nutzen derartiger Versammlungen anzuschlagen sei. Die
von einander stark abweichenden herrschenden Ansichten über diese Frage ge¬
wannen in der Folge erheblich an Schärfe durch einen Entschluß des damaligen
preußischen Cultusministers. Herr von Puttkamer wies nämlich die Schulbe-
hörden an, den Lehrern zum Besuche jeuer Versammlung keinen Urlaub zu be¬
willigen, da dieselbe dein Berufe des Lehrerstandes fern stehe. Wie nicht anders


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[0558] Rückblicke auf die Lehrervorsammlung in Karlsruhe. Kost, schließlich in den sogenannten geistigen Regungen: dem Bildungsgrad und -Drang, dem Wissen und Unterricht, der Kunst und ihren mannichfaltigen Zweige», der Religion ?e. Man sieht, es sind zahlreiche Gesichtspunkte, auf die der Ethnograph sein Augenmerk richten muß, aber man kann beinahe sagen, daß die Zahl der Streitfragen ebenso groß ist wie die der aufgestellte« Gesichtspunkte. Zunächst läßt sich darüber streiten, wo die Grenze zwischen Physis und Psyche zu ziehen sei, ob nicht Haltung und Gang, Ausdruck des Gesichts und der Augen eher zur Psyche als zur Physis zu rechnen oder ob diese Aeußerung nicht viel mehr individuell als national aufzufassen sei, ferner ob nicht der Be¬ griff Psyche viel zu weit gefaßt sei und für solche Momente wie Tracht, Kost und Wohnung andre Gesichtspunkte maßgebend seien als Klima und Vege¬ tation des jeweiligen Wohnraums. Es ist hier nicht der Ort, die Zahl solcher Streitpunkte zu vermehren, ge¬ schweige denn sie zu discutiren. Wir wollten nur damit andeuten, daß eine endgiltige Lösung der ethnographischen Probleme Osteuropas noch in weiter Ferne liegt und daß vor allen Dingen die nöthigen Beobachtungen gemacht werden müssen, ehe das Gesammtresultat wird gezogen werden können. Dem Verfasser des vorliegenden Werkes aber gebührt Anerkennung und Dank für den bewunderungswürdigem Fleiß, womit er den Anfang gemacht und spätern Forschern, an denen es hoffentlich nicht fehlen wird, bis zu einem gewissen Grade den Weg gebahnt hat, dadurch daß er das Vorhandene, soweit möglich, sammelte und sichtete. A, Vppel. Rückblicke auf die Lehrerversammlung in Karlsruhe. i s zu Pfingsten dieses Jahres zu Karlsruhe die Allgemeine deutsche Lehrerversammlung zum fünfundzwanzigsten male zusammentrat, geschah dies nicht, ohne daß lebhafte Debatten innerhalb und außerhalb der pädagogischen Presse darüber geführt wurden, wie hoch der Nutzen derartiger Versammlungen anzuschlagen sei. Die von einander stark abweichenden herrschenden Ansichten über diese Frage ge¬ wannen in der Folge erheblich an Schärfe durch einen Entschluß des damaligen preußischen Cultusministers. Herr von Puttkamer wies nämlich die Schulbe- hörden an, den Lehrern zum Besuche jeuer Versammlung keinen Urlaub zu be¬ willigen, da dieselbe dein Berufe des Lehrerstandes fern stehe. Wie nicht anders

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157968/558>, abgerufen am 22.11.2024.