Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Drittes Quartal.bezeichnen kann, sind nur sieben durchgekommen, die übrigen wurden auf ein mehr Im Ganzen steht die Sache so, daß die große Masse der Wähler keinen Die Wahlen des 21. August sind ein unzweifelhafter Triumph der Sache Natürlich drohen noch Gefahren, und es fehlt nicht an Propheten, welche Aber alles das liegt für jetzt augenscheinlich in weitem Felde. Gegen¬ bezeichnen kann, sind nur sieben durchgekommen, die übrigen wurden auf ein mehr Im Ganzen steht die Sache so, daß die große Masse der Wähler keinen Die Wahlen des 21. August sind ein unzweifelhafter Triumph der Sache Natürlich drohen noch Gefahren, und es fehlt nicht an Propheten, welche Aber alles das liegt für jetzt augenscheinlich in weitem Felde. Gegen¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0402" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/150552"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_1287" prev="#ID_1286"> bezeichnen kann, sind nur sieben durchgekommen, die übrigen wurden auf ein mehr<lb/> oder weniger farblvses Programm hin mit einem Mandate versehen. Die Legi¬<lb/> tim ihter dagegen haben mit dein Beistande der Klerikalen einige neue Sitze ge¬<lb/> wonnen und namentlich ihre Schreier durchgebracht, den Grafen Mur, den<lb/> Bischof Freppel, Baudry d'Assvn und andre komische Persönlichkeiten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1288"> Im Ganzen steht die Sache so, daß die große Masse der Wähler keinen<lb/> Geschmack mehr an dem findet, was mau als außerhalb der Verfassung siehende<lb/> Opposition bezeichnen kann. Unabhängige Haltung ist etwas ganz andres als<lb/> unversöhnliche Kritik. Hätten sich die verschiednen Gruppen der Rechten mit<lb/> einem rein conservativen Programm dem Lande empfohlen, so würden sie viel¬<lb/> leicht mehr Erfolg gehabt haben. Aber als Verfechter von Regierungsmethoden,<lb/> die jetzt der Vergangenheit angehören, hatten sie eine äußerst schwierige Aufgabe<lb/> vor sich, und es ist nur zu verwundern, daß die Wahlen ihre Reihen nicht noch<lb/> mehr gelichtet haben.</p><lb/> <p xml:id="ID_1289"> Die Wahlen des 21. August sind ein unzweifelhafter Triumph der Sache<lb/> der verfassungsmäßigen Regierung in Frankreich. Ihr Ergebniß zeigt, daß die<lb/> weit überwiegende Mehrheit der Franzosen auch ferner regiert sehen will, wie<lb/> unter Thiers und GrLvy im Innern und nach außen hin regiert worden ist,<lb/> daß sie in Zukunft wie in der Vergangenheit den Fortschritt, aber auch die<lb/> Ordnung und den Frieden will; man kann sagen, daß die Republik mit diesen<lb/> Wahlen die Kinderschuhe abgelegt hat.</p><lb/> <p xml:id="ID_1290"> Natürlich drohen noch Gefahren, und es fehlt nicht an Propheten, welche<lb/> Unheil weissagen, und in nicht zu großer Entfernung eine Katastrophe von der<lb/> äußersten Linken herkommen und ein Schreckensregiment eintreten sehen. Wir<lb/> untersuchen hier nicht ausführlich, ob sie Recht haben können. Jene Gefahren<lb/> sind vorhanden; sie liegen in der Veränderlichkeit des französischen Volkschnrccktcrs,<lb/> in der Neigung der Franzosen, einem volltönenden Feldgeschrei zu folgen, und<lb/> in der Stimmung der Arbeitermassen in den großen Städten, vorzüglich in Paris.<lb/> Die Unversöhnlichen, die eigentlichen Neu-Caledonier, die Communisten und<lb/> Socialisten befinden sich hier augenblicklich in der Minderheit, weil die jetzt<lb/> blühenden Wirthschaftsverhültnisse den Arbeitern reichliche Beschäftigung und guten<lb/> Verdienst sichern. Wie aber, wenn diese Verhältnisse sich eines Tages ändern?<lb/> Nicht unmöglich, ja wahrscheinlich ist es, daß in solchem Falle die jetzt großen-<lb/> theils zufriedner Massen sich wieder um die rothe Fahne sammeln und Barrikaden<lb/> bauen werde», daß ein neues Tohuwabohu eintreten, und daß zuletzt — gewiß kein<lb/> Napoleon, kein Bourbon und kein Orleans — wohl aber ein glücklicher General<lb/> aus dem Pulverdampf hervor auf die blutigen Trümmer treten wird, um die<lb/> Fahne des Kaisertums — seines Kaiserthums — aufzupflanzen und die Re¬<lb/> publik zum drittenmale zu begraben.</p><lb/> <p xml:id="ID_1291" next="#ID_1292"> Aber alles das liegt für jetzt augenscheinlich in weitem Felde. Gegen¬<lb/> wärtig läßt sich mit Bestimmtheit nur erkennen, daß Frankreich sich an den</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0402]
bezeichnen kann, sind nur sieben durchgekommen, die übrigen wurden auf ein mehr
oder weniger farblvses Programm hin mit einem Mandate versehen. Die Legi¬
tim ihter dagegen haben mit dein Beistande der Klerikalen einige neue Sitze ge¬
wonnen und namentlich ihre Schreier durchgebracht, den Grafen Mur, den
Bischof Freppel, Baudry d'Assvn und andre komische Persönlichkeiten.
Im Ganzen steht die Sache so, daß die große Masse der Wähler keinen
Geschmack mehr an dem findet, was mau als außerhalb der Verfassung siehende
Opposition bezeichnen kann. Unabhängige Haltung ist etwas ganz andres als
unversöhnliche Kritik. Hätten sich die verschiednen Gruppen der Rechten mit
einem rein conservativen Programm dem Lande empfohlen, so würden sie viel¬
leicht mehr Erfolg gehabt haben. Aber als Verfechter von Regierungsmethoden,
die jetzt der Vergangenheit angehören, hatten sie eine äußerst schwierige Aufgabe
vor sich, und es ist nur zu verwundern, daß die Wahlen ihre Reihen nicht noch
mehr gelichtet haben.
Die Wahlen des 21. August sind ein unzweifelhafter Triumph der Sache
der verfassungsmäßigen Regierung in Frankreich. Ihr Ergebniß zeigt, daß die
weit überwiegende Mehrheit der Franzosen auch ferner regiert sehen will, wie
unter Thiers und GrLvy im Innern und nach außen hin regiert worden ist,
daß sie in Zukunft wie in der Vergangenheit den Fortschritt, aber auch die
Ordnung und den Frieden will; man kann sagen, daß die Republik mit diesen
Wahlen die Kinderschuhe abgelegt hat.
Natürlich drohen noch Gefahren, und es fehlt nicht an Propheten, welche
Unheil weissagen, und in nicht zu großer Entfernung eine Katastrophe von der
äußersten Linken herkommen und ein Schreckensregiment eintreten sehen. Wir
untersuchen hier nicht ausführlich, ob sie Recht haben können. Jene Gefahren
sind vorhanden; sie liegen in der Veränderlichkeit des französischen Volkschnrccktcrs,
in der Neigung der Franzosen, einem volltönenden Feldgeschrei zu folgen, und
in der Stimmung der Arbeitermassen in den großen Städten, vorzüglich in Paris.
Die Unversöhnlichen, die eigentlichen Neu-Caledonier, die Communisten und
Socialisten befinden sich hier augenblicklich in der Minderheit, weil die jetzt
blühenden Wirthschaftsverhültnisse den Arbeitern reichliche Beschäftigung und guten
Verdienst sichern. Wie aber, wenn diese Verhältnisse sich eines Tages ändern?
Nicht unmöglich, ja wahrscheinlich ist es, daß in solchem Falle die jetzt großen-
theils zufriedner Massen sich wieder um die rothe Fahne sammeln und Barrikaden
bauen werde», daß ein neues Tohuwabohu eintreten, und daß zuletzt — gewiß kein
Napoleon, kein Bourbon und kein Orleans — wohl aber ein glücklicher General
aus dem Pulverdampf hervor auf die blutigen Trümmer treten wird, um die
Fahne des Kaisertums — seines Kaiserthums — aufzupflanzen und die Re¬
publik zum drittenmale zu begraben.
Aber alles das liegt für jetzt augenscheinlich in weitem Felde. Gegen¬
wärtig läßt sich mit Bestimmtheit nur erkennen, daß Frankreich sich an den
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