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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Drittes Quartal.

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schemlich stark beeinflußt haben, wählt er zwar einen erhöhten Standpunkt und
läßt deu Beschauer in ein waldiges Thal, auf die Hütten eines kleinen Dorfes
in der Tiefe und weit über Hügel und Berge blicken. Alles ist mit der Sorg¬
falt eines Miuiaturenmcilers ausgeführt, aber Ton und Stimmung find stark
genug, um das Bild über den Charakter der Vedute zu erheben. Ein saubres
Gehöft liegt zu unsern Füßen: man sieht den Garten mit Obstbciumen und
Lauben, eine Gesellschaft ist um den Tisch versammelt, und durch die Fenster
des Hauses schimmert ein Licht. Ein überaus anheimelndes Abbild deutscher
Gemüthlichkeit, umgeben von der Poesie des schweigenden Waldesduulels!

Ein andrer .Hamburger Landschaftsmaler, der in Düsseldorf gelernt hat.
Ascan Lutteroth, sucht dagegen mit Vorliebe die sonnigen Fluren des Südens
mif, wie er es von seinem Lehrer Oswald Ueberhand gelernt hat. Er wurde
1842 geboren und studirte erst zwei Jahre bei Calame in Genf, ehe er nach
Düsseldorf kam, wo er ebenfalls zwei Jahre verweilt, Zeit genug, um sich die
glänzende Farbengebung Oswald Achenbachs anzueignen. Ein dreijähriger Aufent¬
halt in Rom beendete die Zeit des Studiums. 1871 ließ er sich in Berlin sür
einige Jahre nieder, und 1877 nahm er seinen Wohnsitz in Hamburg. Er liebt
es, den Glanz seiner Palette an dem Farbenspiel uns dem Wasser und in den
Tvnabstufungen der Luftperspective zu zeigen, kommt aber an Feinheit der Farben-
niianeen und namentlich in der Stimmung seinem Lehrer nicht gleich. Oft ver¬
flüchtigen sich seine Bilder in das Decorative, und es bleibt nichts als ein rein
äußerlich wirkender Farbenzauber übrig, der die ordinärsten "Schläger" nicht
verschmäht. Zu seinen erfreulichsten und am meisten durchgebildeten Schöpfungen
der letzten Jahre gehört ein Cyclus "Die vier Jahreszeiten in Italien" (Herbst
bei Neapel, Winter in der Campagnci n. s. w.).

Eine mehr realistische oder richtiger eine mehr prosaische Richtung als die
Landschaftsmaler, die wir bisher betrachtet haben, hat Karl Jrmer (geboren
1834 in Babitz bei Wittstock) eingeschlagen. Er kam 1855 nach Düsseldorf und
studirte unter Gudes Leitung, hat aber wenig von dessen poetischer, schwung¬
voller Auffassung der Natur angenommen. Er sühlt sich am behaglichsten in
der norddeutschen Binnenlandschaft, der er möglichst einfache Motive entlehnt.
Eine Wiese mit weidenden Rindvieh, ein kleiner von Bäumen umsäumter Teich,
eine Landstraße, ein paar Bauernhäuser oder ein einsamer Waldessaum sind
die hauptsächlichsten Themata seiner schlicht vorgetragenen Gemälde, deren Reize
'"ehe ans jedermann verführerisch wirken. In verwandter Richtung ist Richard
Burnier (geboren 1326 im Haag) thätig. Ein Schüler vou Schirmer, weiter
beeinflußt von Andreas Ueberhand, ging er 1855 nach Paris zu Trohou, wo
^ sich als Thiermaler ausbildete. Nach längern Naturstudien in Holland und
Belgien ließ er sich 1867 in Düsseldorf nieder, wo er meist mit Rindern staffirte
Landschaften nach Motiven seiner Heimat flott, breit, bisweilen auch etwas
brutal im Stile der französischen Realisten malte. Ein Realist, einer von denen, die


schemlich stark beeinflußt haben, wählt er zwar einen erhöhten Standpunkt und
läßt deu Beschauer in ein waldiges Thal, auf die Hütten eines kleinen Dorfes
in der Tiefe und weit über Hügel und Berge blicken. Alles ist mit der Sorg¬
falt eines Miuiaturenmcilers ausgeführt, aber Ton und Stimmung find stark
genug, um das Bild über den Charakter der Vedute zu erheben. Ein saubres
Gehöft liegt zu unsern Füßen: man sieht den Garten mit Obstbciumen und
Lauben, eine Gesellschaft ist um den Tisch versammelt, und durch die Fenster
des Hauses schimmert ein Licht. Ein überaus anheimelndes Abbild deutscher
Gemüthlichkeit, umgeben von der Poesie des schweigenden Waldesduulels!

Ein andrer .Hamburger Landschaftsmaler, der in Düsseldorf gelernt hat.
Ascan Lutteroth, sucht dagegen mit Vorliebe die sonnigen Fluren des Südens
mif, wie er es von seinem Lehrer Oswald Ueberhand gelernt hat. Er wurde
1842 geboren und studirte erst zwei Jahre bei Calame in Genf, ehe er nach
Düsseldorf kam, wo er ebenfalls zwei Jahre verweilt, Zeit genug, um sich die
glänzende Farbengebung Oswald Achenbachs anzueignen. Ein dreijähriger Aufent¬
halt in Rom beendete die Zeit des Studiums. 1871 ließ er sich in Berlin sür
einige Jahre nieder, und 1877 nahm er seinen Wohnsitz in Hamburg. Er liebt
es, den Glanz seiner Palette an dem Farbenspiel uns dem Wasser und in den
Tvnabstufungen der Luftperspective zu zeigen, kommt aber an Feinheit der Farben-
niianeen und namentlich in der Stimmung seinem Lehrer nicht gleich. Oft ver¬
flüchtigen sich seine Bilder in das Decorative, und es bleibt nichts als ein rein
äußerlich wirkender Farbenzauber übrig, der die ordinärsten „Schläger" nicht
verschmäht. Zu seinen erfreulichsten und am meisten durchgebildeten Schöpfungen
der letzten Jahre gehört ein Cyclus „Die vier Jahreszeiten in Italien" (Herbst
bei Neapel, Winter in der Campagnci n. s. w.).

Eine mehr realistische oder richtiger eine mehr prosaische Richtung als die
Landschaftsmaler, die wir bisher betrachtet haben, hat Karl Jrmer (geboren
1834 in Babitz bei Wittstock) eingeschlagen. Er kam 1855 nach Düsseldorf und
studirte unter Gudes Leitung, hat aber wenig von dessen poetischer, schwung¬
voller Auffassung der Natur angenommen. Er sühlt sich am behaglichsten in
der norddeutschen Binnenlandschaft, der er möglichst einfache Motive entlehnt.
Eine Wiese mit weidenden Rindvieh, ein kleiner von Bäumen umsäumter Teich,
eine Landstraße, ein paar Bauernhäuser oder ein einsamer Waldessaum sind
die hauptsächlichsten Themata seiner schlicht vorgetragenen Gemälde, deren Reize
'"ehe ans jedermann verführerisch wirken. In verwandter Richtung ist Richard
Burnier (geboren 1326 im Haag) thätig. Ein Schüler vou Schirmer, weiter
beeinflußt von Andreas Ueberhand, ging er 1855 nach Paris zu Trohou, wo
^ sich als Thiermaler ausbildete. Nach längern Naturstudien in Holland und
Belgien ließ er sich 1867 in Düsseldorf nieder, wo er meist mit Rindern staffirte
Landschaften nach Motiven seiner Heimat flott, breit, bisweilen auch etwas
brutal im Stile der französischen Realisten malte. Ein Realist, einer von denen, die


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[0397] schemlich stark beeinflußt haben, wählt er zwar einen erhöhten Standpunkt und läßt deu Beschauer in ein waldiges Thal, auf die Hütten eines kleinen Dorfes in der Tiefe und weit über Hügel und Berge blicken. Alles ist mit der Sorg¬ falt eines Miuiaturenmcilers ausgeführt, aber Ton und Stimmung find stark genug, um das Bild über den Charakter der Vedute zu erheben. Ein saubres Gehöft liegt zu unsern Füßen: man sieht den Garten mit Obstbciumen und Lauben, eine Gesellschaft ist um den Tisch versammelt, und durch die Fenster des Hauses schimmert ein Licht. Ein überaus anheimelndes Abbild deutscher Gemüthlichkeit, umgeben von der Poesie des schweigenden Waldesduulels! Ein andrer .Hamburger Landschaftsmaler, der in Düsseldorf gelernt hat. Ascan Lutteroth, sucht dagegen mit Vorliebe die sonnigen Fluren des Südens mif, wie er es von seinem Lehrer Oswald Ueberhand gelernt hat. Er wurde 1842 geboren und studirte erst zwei Jahre bei Calame in Genf, ehe er nach Düsseldorf kam, wo er ebenfalls zwei Jahre verweilt, Zeit genug, um sich die glänzende Farbengebung Oswald Achenbachs anzueignen. Ein dreijähriger Aufent¬ halt in Rom beendete die Zeit des Studiums. 1871 ließ er sich in Berlin sür einige Jahre nieder, und 1877 nahm er seinen Wohnsitz in Hamburg. Er liebt es, den Glanz seiner Palette an dem Farbenspiel uns dem Wasser und in den Tvnabstufungen der Luftperspective zu zeigen, kommt aber an Feinheit der Farben- niianeen und namentlich in der Stimmung seinem Lehrer nicht gleich. Oft ver¬ flüchtigen sich seine Bilder in das Decorative, und es bleibt nichts als ein rein äußerlich wirkender Farbenzauber übrig, der die ordinärsten „Schläger" nicht verschmäht. Zu seinen erfreulichsten und am meisten durchgebildeten Schöpfungen der letzten Jahre gehört ein Cyclus „Die vier Jahreszeiten in Italien" (Herbst bei Neapel, Winter in der Campagnci n. s. w.). Eine mehr realistische oder richtiger eine mehr prosaische Richtung als die Landschaftsmaler, die wir bisher betrachtet haben, hat Karl Jrmer (geboren 1834 in Babitz bei Wittstock) eingeschlagen. Er kam 1855 nach Düsseldorf und studirte unter Gudes Leitung, hat aber wenig von dessen poetischer, schwung¬ voller Auffassung der Natur angenommen. Er sühlt sich am behaglichsten in der norddeutschen Binnenlandschaft, der er möglichst einfache Motive entlehnt. Eine Wiese mit weidenden Rindvieh, ein kleiner von Bäumen umsäumter Teich, eine Landstraße, ein paar Bauernhäuser oder ein einsamer Waldessaum sind die hauptsächlichsten Themata seiner schlicht vorgetragenen Gemälde, deren Reize '"ehe ans jedermann verführerisch wirken. In verwandter Richtung ist Richard Burnier (geboren 1326 im Haag) thätig. Ein Schüler vou Schirmer, weiter beeinflußt von Andreas Ueberhand, ging er 1855 nach Paris zu Trohou, wo ^ sich als Thiermaler ausbildete. Nach längern Naturstudien in Holland und Belgien ließ er sich 1867 in Düsseldorf nieder, wo er meist mit Rindern staffirte Landschaften nach Motiven seiner Heimat flott, breit, bisweilen auch etwas brutal im Stile der französischen Realisten malte. Ein Realist, einer von denen, die

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157968/397>, abgerufen am 01.09.2024.