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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Drittes Quartal.

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Johann Maria Hildebrandt,

und die Freude an Pflanzen- und besonders Käfersammlungen, brachte seinen
Sohn häufig mit, wenn wir zusammen auf dem Landgute meines Vaters bei
Düsseldorf botanisirtcn, Hildebrandt war damals ein neunzehnjähriger, unter¬
setzter, muskulöser, aber etwas bleich aussehender junger Mann; er war jedoch
ein gewandter Turner und besonders ein tüchtiger Springer, was ich bei vielen
Gelegenheiten beobachten konnte. Schon damals imponirte er seinen Altersge¬
nossen durch seine botanischen Kenntnisse. Für Mathematik und die classischen
Sprachen hatte er niemals ein besondres Interesse, dagegen sprach er französisch,
englisch und holländisch verhältnißmüßig geläufig und wußte über die außer¬
ordentlich reiche Käfersammlung seines Vaters so gut Bescheid wie dieser selbst.
Bei aller Eigenartigkeit seiner Bildung und Frühreife seiner Anlagen war Hilde¬
brandts Charakter durchaus liebenswürdig. Bestimmt, energisch, schweigsam und
bescheiden, war er trotz ausgeprägter individueller Charakterfestigkeit doch nach¬
giebig gegenüber den Ansichten andrer.

Ein leiser Anflug von Brustleiden schien mit seiner ganzen übrigen Consti-
tution in Widerspruch zu stehen, trat aber schon Anfang der sechziger Jahre zu
Tage, zu welcher Zeit Hildebrandt in die Obhut und Lehre des Gartendirectors
Hering in Benrath bei Düsseldorf trat, der ihn im Verlauf einiger Jahre zu
einem praktischen Gärtner und Botaniker ausbildete. Die Gärtnerei übte er
außer in dem Schloßgarten von Benrath später in Halle und in den botanischen
Gärten Berlins ans. In Halle interessirte sich für ihn der ausgezeichnete Botaniker
Graf Solms-Laubach, dessen botanische Vorlesungen er regelmäßig besuchte, und
der ihn in liebenswürdigster Weise in seinem Streben unterstützte. Ueber seiue
Stellung in Berlin und über seine Leistungen in den dortigen botanischen Gärten
gelangten nach Düsseldorf zur Genugthuung seiner Bekannten und Freunde die
günstigsten Nachrichten, sowohl über den Fortgang seiner Studien als anch über
das specifisch botanische Talent Hildcbrcmdts, welches sich nunmehr offenkundig
entfaltet hatte.

Der Wunsch, die wunderbare" Gebilde der Pflanzenwelt in ihren Urformen
und ohne Kunst gezogen an den Küsten Afrikas zu studiren, beherrschte um
diese Zeit seine Phantasie ausschließlich. Mit eiserner Energie ging er an die
Ausführung dieses seines Lieblings- und Lebensplanes und bereitete sich durch
eifrige Studien auf die Reise vor. Zunächst galt es die Erlernung der arabische"
Sprache. In fünf Monaten hatte er diese Aufgabe gelöst, sowie die Literatur
über Ostnfrika sich zu eigen gemacht. Zu gleichem Zwecke hatte er inzwischen
das Photographiren erlernt. Ein Hauptpunkt war aber die Beschaffung der
nöthigen Geldmittel. Zuerst verschaffte er sich selber durch den Verkauf seiner
Pflanzensammlung ein kleines Capital, und da er sich bewußt war, in Botanik
und Entomologie etwas zu leisten, so hoffte er das fehlende durch Vorschüsse
auf zu samnielude naturwissenschaftliche Gegenstünde herbeizuschaffen. Außerdem
war es besonders der Geheime Commerzienrath Ravens in Berlin, welcher den


Johann Maria Hildebrandt,

und die Freude an Pflanzen- und besonders Käfersammlungen, brachte seinen
Sohn häufig mit, wenn wir zusammen auf dem Landgute meines Vaters bei
Düsseldorf botanisirtcn, Hildebrandt war damals ein neunzehnjähriger, unter¬
setzter, muskulöser, aber etwas bleich aussehender junger Mann; er war jedoch
ein gewandter Turner und besonders ein tüchtiger Springer, was ich bei vielen
Gelegenheiten beobachten konnte. Schon damals imponirte er seinen Altersge¬
nossen durch seine botanischen Kenntnisse. Für Mathematik und die classischen
Sprachen hatte er niemals ein besondres Interesse, dagegen sprach er französisch,
englisch und holländisch verhältnißmüßig geläufig und wußte über die außer¬
ordentlich reiche Käfersammlung seines Vaters so gut Bescheid wie dieser selbst.
Bei aller Eigenartigkeit seiner Bildung und Frühreife seiner Anlagen war Hilde¬
brandts Charakter durchaus liebenswürdig. Bestimmt, energisch, schweigsam und
bescheiden, war er trotz ausgeprägter individueller Charakterfestigkeit doch nach¬
giebig gegenüber den Ansichten andrer.

Ein leiser Anflug von Brustleiden schien mit seiner ganzen übrigen Consti-
tution in Widerspruch zu stehen, trat aber schon Anfang der sechziger Jahre zu
Tage, zu welcher Zeit Hildebrandt in die Obhut und Lehre des Gartendirectors
Hering in Benrath bei Düsseldorf trat, der ihn im Verlauf einiger Jahre zu
einem praktischen Gärtner und Botaniker ausbildete. Die Gärtnerei übte er
außer in dem Schloßgarten von Benrath später in Halle und in den botanischen
Gärten Berlins ans. In Halle interessirte sich für ihn der ausgezeichnete Botaniker
Graf Solms-Laubach, dessen botanische Vorlesungen er regelmäßig besuchte, und
der ihn in liebenswürdigster Weise in seinem Streben unterstützte. Ueber seiue
Stellung in Berlin und über seine Leistungen in den dortigen botanischen Gärten
gelangten nach Düsseldorf zur Genugthuung seiner Bekannten und Freunde die
günstigsten Nachrichten, sowohl über den Fortgang seiner Studien als anch über
das specifisch botanische Talent Hildcbrcmdts, welches sich nunmehr offenkundig
entfaltet hatte.

Der Wunsch, die wunderbare» Gebilde der Pflanzenwelt in ihren Urformen
und ohne Kunst gezogen an den Küsten Afrikas zu studiren, beherrschte um
diese Zeit seine Phantasie ausschließlich. Mit eiserner Energie ging er an die
Ausführung dieses seines Lieblings- und Lebensplanes und bereitete sich durch
eifrige Studien auf die Reise vor. Zunächst galt es die Erlernung der arabische»
Sprache. In fünf Monaten hatte er diese Aufgabe gelöst, sowie die Literatur
über Ostnfrika sich zu eigen gemacht. Zu gleichem Zwecke hatte er inzwischen
das Photographiren erlernt. Ein Hauptpunkt war aber die Beschaffung der
nöthigen Geldmittel. Zuerst verschaffte er sich selber durch den Verkauf seiner
Pflanzensammlung ein kleines Capital, und da er sich bewußt war, in Botanik
und Entomologie etwas zu leisten, so hoffte er das fehlende durch Vorschüsse
auf zu samnielude naturwissenschaftliche Gegenstünde herbeizuschaffen. Außerdem
war es besonders der Geheime Commerzienrath Ravens in Berlin, welcher den


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[0382] Johann Maria Hildebrandt, und die Freude an Pflanzen- und besonders Käfersammlungen, brachte seinen Sohn häufig mit, wenn wir zusammen auf dem Landgute meines Vaters bei Düsseldorf botanisirtcn, Hildebrandt war damals ein neunzehnjähriger, unter¬ setzter, muskulöser, aber etwas bleich aussehender junger Mann; er war jedoch ein gewandter Turner und besonders ein tüchtiger Springer, was ich bei vielen Gelegenheiten beobachten konnte. Schon damals imponirte er seinen Altersge¬ nossen durch seine botanischen Kenntnisse. Für Mathematik und die classischen Sprachen hatte er niemals ein besondres Interesse, dagegen sprach er französisch, englisch und holländisch verhältnißmüßig geläufig und wußte über die außer¬ ordentlich reiche Käfersammlung seines Vaters so gut Bescheid wie dieser selbst. Bei aller Eigenartigkeit seiner Bildung und Frühreife seiner Anlagen war Hilde¬ brandts Charakter durchaus liebenswürdig. Bestimmt, energisch, schweigsam und bescheiden, war er trotz ausgeprägter individueller Charakterfestigkeit doch nach¬ giebig gegenüber den Ansichten andrer. Ein leiser Anflug von Brustleiden schien mit seiner ganzen übrigen Consti- tution in Widerspruch zu stehen, trat aber schon Anfang der sechziger Jahre zu Tage, zu welcher Zeit Hildebrandt in die Obhut und Lehre des Gartendirectors Hering in Benrath bei Düsseldorf trat, der ihn im Verlauf einiger Jahre zu einem praktischen Gärtner und Botaniker ausbildete. Die Gärtnerei übte er außer in dem Schloßgarten von Benrath später in Halle und in den botanischen Gärten Berlins ans. In Halle interessirte sich für ihn der ausgezeichnete Botaniker Graf Solms-Laubach, dessen botanische Vorlesungen er regelmäßig besuchte, und der ihn in liebenswürdigster Weise in seinem Streben unterstützte. Ueber seiue Stellung in Berlin und über seine Leistungen in den dortigen botanischen Gärten gelangten nach Düsseldorf zur Genugthuung seiner Bekannten und Freunde die günstigsten Nachrichten, sowohl über den Fortgang seiner Studien als anch über das specifisch botanische Talent Hildcbrcmdts, welches sich nunmehr offenkundig entfaltet hatte. Der Wunsch, die wunderbare» Gebilde der Pflanzenwelt in ihren Urformen und ohne Kunst gezogen an den Küsten Afrikas zu studiren, beherrschte um diese Zeit seine Phantasie ausschließlich. Mit eiserner Energie ging er an die Ausführung dieses seines Lieblings- und Lebensplanes und bereitete sich durch eifrige Studien auf die Reise vor. Zunächst galt es die Erlernung der arabische» Sprache. In fünf Monaten hatte er diese Aufgabe gelöst, sowie die Literatur über Ostnfrika sich zu eigen gemacht. Zu gleichem Zwecke hatte er inzwischen das Photographiren erlernt. Ein Hauptpunkt war aber die Beschaffung der nöthigen Geldmittel. Zuerst verschaffte er sich selber durch den Verkauf seiner Pflanzensammlung ein kleines Capital, und da er sich bewußt war, in Botanik und Entomologie etwas zu leisten, so hoffte er das fehlende durch Vorschüsse auf zu samnielude naturwissenschaftliche Gegenstünde herbeizuschaffen. Außerdem war es besonders der Geheime Commerzienrath Ravens in Berlin, welcher den

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157968/382>, abgerufen am 24.11.2024.