Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Drittes Quartal.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Lösung der Wallonstomfrage.

geradezu ans die keinen Augenblick länger zu verschiebende Entsetzung des Herzogs,
sonder" vermißt sich sogar, seiner sonstigen Devotion entgegen, dem Kaiser indirekt
darüber Vorwürfe zu machen, daß seine Beschwerden gegen Wallenstein aus dem
Jahre 1624 und sein Rath, ihm im Jahre 1631 das Generalat nur in der
Eigenschaft eines Generallieutenants des Königs zu übertragen, unberücksichtigt
geblieben seien. Dasselbe Votum scheint bereits der Instruction als Vorlage
gedient zu habe", welche Maximilian den 22. December aus Braunen an Riedel
in Wie" abgehen ließ. Denn in beiden Ackerstücken wird dem gottesfürchtigen
Kaiser das Fluchen und Gotteslastern seines Feldhnuvtmanns und dessen Hang
zur Sterndeuterei vorgehalten.

Noch stärkere Aufreizungen gegen Wallenstein enthält eine Mahn- lind
Strafpredigt unter dem Titel: lüxQorliMo luiMli provinemlis <ni iinper^wrenr
vt rög'hö ^.WtrmeoL. Schon nach Aretins Vermuthen stammt sie aus Slawatas
Feder. Schedel hält dies für eine unbestreitbare Thatsache.

Ein andres Gutachten an den Kaiser über den Herzog von Friedland,
welches der bairische Vicekanzler Riedel an seinen Herrn am 18. Januar 1634
schickte und als ein "welsches scriptum" bezeichnete, geht noch rücksichtsloser und
heftiger zu Wege. Der General, heißt es da, hat nichts gutes gethan, dagegen
alles üble verschuldet. Die Siege und sonstigen militärischen Erfolge, die er
errungen, sind nicht ihm, sondern den Nachwirkungen der Siege Tillys und
den Unterbefehlshabern Gallas, Aldringen und andern zu danken. Das ganze
Unheil aber, welches der Krieg mit sich gebracht, wird ihm allein zur Last
gelegt. Hätte nicht ein Wunder den Tod des Schwedcnkönigs bei Lützen herbei¬
geführt, so wäre die Residenz Wien selbst in die Hände der Feinde gefallen.
Inhalt und Form ähneln wieder auffallend den Schriften, für deren Verfasser
Slawata bei Schedel gilt.

Anfang Januar 1633 wurden Gerüchte verbreitet, daß Friedlnnd mit Richelieu
in Verhandlung stehe. Für Baiern mußte es höchst wichtig sein, Aufklärung
darüber zu erhalten. Der bairische Agent war denn auch endlich imstande, seinem
Herrn den Baiern und Köln betreffenden Auszug der Verhandlungen mitzu¬
theilen, deu Arelim unter dem Titel: üstratto ^rimosse veröffentlicht hat.
Das vorhandene Fragment behandelt allerdings nur die kühnen Pläne, welche
Wallenstein bezüglich Baierns verfolgt haben soll. Schedel macht aber wahr¬
scheinlich, daß wir es hier nur mit einem Theil des Ländervertheilungsplanes
zu thun haben, mit dem sich Friedland nach der Meinung seiner Gegner getragen.
Als den Vater dieses tief angelegten Anschlages macht er wieder den Grafen
Slawata namhaft, "denn der IZstrattv paßt nicht nur vortrefflich in das System
seiner Machinationen, sondern steht anch nach Geist und Wort in unverkenn¬
barer Verwandtschaft mit der von Baiern Handelnden Stelle in der Bamberger
Schrift." Daß der Plan, der Wallenstein zugeschoben wird, wenig Glaubwürdig¬
keit verdient, setzt Schedel in treffender Weise auseinander.


Die Lösung der Wallonstomfrage.

geradezu ans die keinen Augenblick länger zu verschiebende Entsetzung des Herzogs,
sonder» vermißt sich sogar, seiner sonstigen Devotion entgegen, dem Kaiser indirekt
darüber Vorwürfe zu machen, daß seine Beschwerden gegen Wallenstein aus dem
Jahre 1624 und sein Rath, ihm im Jahre 1631 das Generalat nur in der
Eigenschaft eines Generallieutenants des Königs zu übertragen, unberücksichtigt
geblieben seien. Dasselbe Votum scheint bereits der Instruction als Vorlage
gedient zu habe», welche Maximilian den 22. December aus Braunen an Riedel
in Wie» abgehen ließ. Denn in beiden Ackerstücken wird dem gottesfürchtigen
Kaiser das Fluchen und Gotteslastern seines Feldhnuvtmanns und dessen Hang
zur Sterndeuterei vorgehalten.

Noch stärkere Aufreizungen gegen Wallenstein enthält eine Mahn- lind
Strafpredigt unter dem Titel: lüxQorliMo luiMli provinemlis <ni iinper^wrenr
vt rög'hö ^.WtrmeoL. Schon nach Aretins Vermuthen stammt sie aus Slawatas
Feder. Schedel hält dies für eine unbestreitbare Thatsache.

Ein andres Gutachten an den Kaiser über den Herzog von Friedland,
welches der bairische Vicekanzler Riedel an seinen Herrn am 18. Januar 1634
schickte und als ein „welsches scriptum" bezeichnete, geht noch rücksichtsloser und
heftiger zu Wege. Der General, heißt es da, hat nichts gutes gethan, dagegen
alles üble verschuldet. Die Siege und sonstigen militärischen Erfolge, die er
errungen, sind nicht ihm, sondern den Nachwirkungen der Siege Tillys und
den Unterbefehlshabern Gallas, Aldringen und andern zu danken. Das ganze
Unheil aber, welches der Krieg mit sich gebracht, wird ihm allein zur Last
gelegt. Hätte nicht ein Wunder den Tod des Schwedcnkönigs bei Lützen herbei¬
geführt, so wäre die Residenz Wien selbst in die Hände der Feinde gefallen.
Inhalt und Form ähneln wieder auffallend den Schriften, für deren Verfasser
Slawata bei Schedel gilt.

Anfang Januar 1633 wurden Gerüchte verbreitet, daß Friedlnnd mit Richelieu
in Verhandlung stehe. Für Baiern mußte es höchst wichtig sein, Aufklärung
darüber zu erhalten. Der bairische Agent war denn auch endlich imstande, seinem
Herrn den Baiern und Köln betreffenden Auszug der Verhandlungen mitzu¬
theilen, deu Arelim unter dem Titel: üstratto ^rimosse veröffentlicht hat.
Das vorhandene Fragment behandelt allerdings nur die kühnen Pläne, welche
Wallenstein bezüglich Baierns verfolgt haben soll. Schedel macht aber wahr¬
scheinlich, daß wir es hier nur mit einem Theil des Ländervertheilungsplanes
zu thun haben, mit dem sich Friedland nach der Meinung seiner Gegner getragen.
Als den Vater dieses tief angelegten Anschlages macht er wieder den Grafen
Slawata namhaft, „denn der IZstrattv paßt nicht nur vortrefflich in das System
seiner Machinationen, sondern steht anch nach Geist und Wort in unverkenn¬
barer Verwandtschaft mit der von Baiern Handelnden Stelle in der Bamberger
Schrift." Daß der Plan, der Wallenstein zugeschoben wird, wenig Glaubwürdig¬
keit verdient, setzt Schedel in treffender Weise auseinander.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0372" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/150522"/>
          <fw type="header" place="top"> Die Lösung der Wallonstomfrage.</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_1183" prev="#ID_1182"> geradezu ans die keinen Augenblick länger zu verschiebende Entsetzung des Herzogs,<lb/>
sonder» vermißt sich sogar, seiner sonstigen Devotion entgegen, dem Kaiser indirekt<lb/>
darüber Vorwürfe zu machen, daß seine Beschwerden gegen Wallenstein aus dem<lb/>
Jahre 1624 und sein Rath, ihm im Jahre 1631 das Generalat nur in der<lb/>
Eigenschaft eines Generallieutenants des Königs zu übertragen, unberücksichtigt<lb/>
geblieben seien. Dasselbe Votum scheint bereits der Instruction als Vorlage<lb/>
gedient zu habe», welche Maximilian den 22. December aus Braunen an Riedel<lb/>
in Wie» abgehen ließ. Denn in beiden Ackerstücken wird dem gottesfürchtigen<lb/>
Kaiser das Fluchen und Gotteslastern seines Feldhnuvtmanns und dessen Hang<lb/>
zur Sterndeuterei vorgehalten.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1184"> Noch stärkere Aufreizungen gegen Wallenstein enthält eine Mahn- lind<lb/>
Strafpredigt unter dem Titel: lüxQorliMo luiMli provinemlis &lt;ni iinper^wrenr<lb/>
vt rög'hö ^.WtrmeoL. Schon nach Aretins Vermuthen stammt sie aus Slawatas<lb/>
Feder. Schedel hält dies für eine unbestreitbare Thatsache.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1185"> Ein andres Gutachten an den Kaiser über den Herzog von Friedland,<lb/>
welches der bairische Vicekanzler Riedel an seinen Herrn am 18. Januar 1634<lb/>
schickte und als ein &#x201E;welsches scriptum" bezeichnete, geht noch rücksichtsloser und<lb/>
heftiger zu Wege. Der General, heißt es da, hat nichts gutes gethan, dagegen<lb/>
alles üble verschuldet. Die Siege und sonstigen militärischen Erfolge, die er<lb/>
errungen, sind nicht ihm, sondern den Nachwirkungen der Siege Tillys und<lb/>
den Unterbefehlshabern Gallas, Aldringen und andern zu danken. Das ganze<lb/>
Unheil aber, welches der Krieg mit sich gebracht, wird ihm allein zur Last<lb/>
gelegt. Hätte nicht ein Wunder den Tod des Schwedcnkönigs bei Lützen herbei¬<lb/>
geführt, so wäre die Residenz Wien selbst in die Hände der Feinde gefallen.<lb/>
Inhalt und Form ähneln wieder auffallend den Schriften, für deren Verfasser<lb/>
Slawata bei Schedel gilt.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1186"> Anfang Januar 1633 wurden Gerüchte verbreitet, daß Friedlnnd mit Richelieu<lb/>
in Verhandlung stehe. Für Baiern mußte es höchst wichtig sein, Aufklärung<lb/>
darüber zu erhalten. Der bairische Agent war denn auch endlich imstande, seinem<lb/>
Herrn den Baiern und Köln betreffenden Auszug der Verhandlungen mitzu¬<lb/>
theilen, deu Arelim unter dem Titel: üstratto ^rimosse veröffentlicht hat.<lb/>
Das vorhandene Fragment behandelt allerdings nur die kühnen Pläne, welche<lb/>
Wallenstein bezüglich Baierns verfolgt haben soll. Schedel macht aber wahr¬<lb/>
scheinlich, daß wir es hier nur mit einem Theil des Ländervertheilungsplanes<lb/>
zu thun haben, mit dem sich Friedland nach der Meinung seiner Gegner getragen.<lb/>
Als den Vater dieses tief angelegten Anschlages macht er wieder den Grafen<lb/>
Slawata namhaft, &#x201E;denn der IZstrattv paßt nicht nur vortrefflich in das System<lb/>
seiner Machinationen, sondern steht anch nach Geist und Wort in unverkenn¬<lb/>
barer Verwandtschaft mit der von Baiern Handelnden Stelle in der Bamberger<lb/>
Schrift." Daß der Plan, der Wallenstein zugeschoben wird, wenig Glaubwürdig¬<lb/>
keit verdient, setzt Schedel in treffender Weise auseinander.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0372] Die Lösung der Wallonstomfrage. geradezu ans die keinen Augenblick länger zu verschiebende Entsetzung des Herzogs, sonder» vermißt sich sogar, seiner sonstigen Devotion entgegen, dem Kaiser indirekt darüber Vorwürfe zu machen, daß seine Beschwerden gegen Wallenstein aus dem Jahre 1624 und sein Rath, ihm im Jahre 1631 das Generalat nur in der Eigenschaft eines Generallieutenants des Königs zu übertragen, unberücksichtigt geblieben seien. Dasselbe Votum scheint bereits der Instruction als Vorlage gedient zu habe», welche Maximilian den 22. December aus Braunen an Riedel in Wie» abgehen ließ. Denn in beiden Ackerstücken wird dem gottesfürchtigen Kaiser das Fluchen und Gotteslastern seines Feldhnuvtmanns und dessen Hang zur Sterndeuterei vorgehalten. Noch stärkere Aufreizungen gegen Wallenstein enthält eine Mahn- lind Strafpredigt unter dem Titel: lüxQorliMo luiMli provinemlis <ni iinper^wrenr vt rög'hö ^.WtrmeoL. Schon nach Aretins Vermuthen stammt sie aus Slawatas Feder. Schedel hält dies für eine unbestreitbare Thatsache. Ein andres Gutachten an den Kaiser über den Herzog von Friedland, welches der bairische Vicekanzler Riedel an seinen Herrn am 18. Januar 1634 schickte und als ein „welsches scriptum" bezeichnete, geht noch rücksichtsloser und heftiger zu Wege. Der General, heißt es da, hat nichts gutes gethan, dagegen alles üble verschuldet. Die Siege und sonstigen militärischen Erfolge, die er errungen, sind nicht ihm, sondern den Nachwirkungen der Siege Tillys und den Unterbefehlshabern Gallas, Aldringen und andern zu danken. Das ganze Unheil aber, welches der Krieg mit sich gebracht, wird ihm allein zur Last gelegt. Hätte nicht ein Wunder den Tod des Schwedcnkönigs bei Lützen herbei¬ geführt, so wäre die Residenz Wien selbst in die Hände der Feinde gefallen. Inhalt und Form ähneln wieder auffallend den Schriften, für deren Verfasser Slawata bei Schedel gilt. Anfang Januar 1633 wurden Gerüchte verbreitet, daß Friedlnnd mit Richelieu in Verhandlung stehe. Für Baiern mußte es höchst wichtig sein, Aufklärung darüber zu erhalten. Der bairische Agent war denn auch endlich imstande, seinem Herrn den Baiern und Köln betreffenden Auszug der Verhandlungen mitzu¬ theilen, deu Arelim unter dem Titel: üstratto ^rimosse veröffentlicht hat. Das vorhandene Fragment behandelt allerdings nur die kühnen Pläne, welche Wallenstein bezüglich Baierns verfolgt haben soll. Schedel macht aber wahr¬ scheinlich, daß wir es hier nur mit einem Theil des Ländervertheilungsplanes zu thun haben, mit dem sich Friedland nach der Meinung seiner Gegner getragen. Als den Vater dieses tief angelegten Anschlages macht er wieder den Grafen Slawata namhaft, „denn der IZstrattv paßt nicht nur vortrefflich in das System seiner Machinationen, sondern steht anch nach Geist und Wort in unverkenn¬ barer Verwandtschaft mit der von Baiern Handelnden Stelle in der Bamberger Schrift." Daß der Plan, der Wallenstein zugeschoben wird, wenig Glaubwürdig¬ keit verdient, setzt Schedel in treffender Weise auseinander.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157968
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157968/372
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157968/372>, abgerufen am 01.09.2024.