Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Drittes Quartal.Zur Lhcimkwristik dos Miuchostcrthums. Die einzige Gefahr für dasselbe sei die einer Einverleibung in Frankreich, und "Es versteht sich von selbst," sagt die Schrift über den Cobden-Club, "daß Zur Lhcimkwristik dos Miuchostcrthums. Die einzige Gefahr für dasselbe sei die einer Einverleibung in Frankreich, und „Es versteht sich von selbst," sagt die Schrift über den Cobden-Club, „daß <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0320" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/150470"/> <fw type="header" place="top"> Zur Lhcimkwristik dos Miuchostcrthums.</fw><lb/> <p xml:id="ID_1017" prev="#ID_1016"> Die einzige Gefahr für dasselbe sei die einer Einverleibung in Frankreich, und<lb/> heutzutage annectire man Völker nicht ohne deren Einwilligung, „Wenn ich<lb/> König der Belgier wäre," äußerte er, „und die Krone meinen Nachkommen er¬<lb/> halten wollte, würde ich nur ein paar tausend Mann bei den Fahnen halten,<lb/> mich als König allein vermöge sittlicher Kraft betrachten und meinen mächtigen<lb/> Nachbarn hageln »Ihr habt meine Neutralität proclamirt, und ich beabsichtige,<lb/> meinem Volke die Vortheile dieser Situation zu gewähre», indem ich es zu dem<lb/> geringst besteuerten und am meisten prosperirenden Gemeinwesen in Europa mache,«"<lb/> Eine kleine Schrift Kiolmrä Lodclön lioi ass ZelAss (London, Trübner) ver¬<lb/> spottete diese nnerbetenen und arroganten Rathschläge in ergötzlichster Weise, er¬<lb/> kannte aber nicht, wohin Cobden damit hinauswollte. Er wußte, daß eine englische<lb/> Garantie der belgischen Neutralität und Unabhängigkeit nichts zu bedeuten hat.<lb/> Wird Belgien, so schloß er, von den Franzosen erobert und besorgen diese dann<lb/> eine Volksabstimmung wie in Nizza und Savoyen, so ergiebt sich England in<lb/> die vollendete Thatsache; leisten aber die Belgier, gestützt auf ein starkes Ant¬<lb/> werpen, hartnäckigen Widerstand, so kann sichs ereignen, daß John Bull sich<lb/> entschließt, sie zu unterstützen, was viel schönes Geld kosten würde, das man<lb/> vortheilhnftcr zur Besiegung der Concurrenz des Auslandes mit der englischen<lb/> Industrie verwenden könnte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1018" next="#ID_1019"> „Es versteht sich von selbst," sagt die Schrift über den Cobden-Club, „daß<lb/> Cobden sich lebhaft an der Friedensagitation betheiligte, in welcher philanthropische<lb/> Redensarten, Bibelsprüche, Handelsgeist und juristischer Unsinn zu einem wider¬<lb/> lichen Gemisch zusammenfließen." Aber auch noch andres fließt hier mit ein.<lb/> Am 8. Juli d, I, versandte die Friedensgescllschaft in London an hochstehende<lb/> deutsche Persönlichkeiten einen Artikel des ^g,t,oniri!in, in welchem unter anderen<lb/> schändlichen Unsinn folgendes zu lesen war: „Ist die Verbindung zwischen den<lb/> mörderischen Tendenzen, welche sich neuerdings so rasch und so schrecklich ent¬<lb/> wickelt haben, und den Aussprüchen, die dem Fürsten Bismarck und dem Grafen<lb/> Moltke zugeschrieben werde», eine sehr entfernte und schwer erkennbare? Der<lb/> erstere erklärte vor Jahren in seiner halb brutalen Weise, daß die Welt nur<lb/> >durch Blut und Eisen regenerirt werden könne, und die neulichen Aeußerungen<lb/> des großen Strategen über die Nothwendigkeit und den sittlichen Nutzen des<lb/> Krieges liefen ziemlich auf dasselbe hinaus. Aber andre als Generale und<lb/> Armeen können mit Blut und Eisen spielen und so, wie sie meinen, die ihnen<lb/> von dem Fürsten und dem Grafen gegebnen „Anweisungen verbessern." Warum<lb/> sollten sie nicht, wenn sich Gelegenheit bietet, die Wirkung des großen deutschen<lb/> Recepts an Leuten vom Stande des Fürsten oder von viel höheren Range ver¬<lb/> suchen, wie an dem verstorbnen russischen Zar und an dem Präsidenten Garfield?<lb/> Wenn Blut und Eisen die Regeneratoren der Menschheit sind, so kann es viel¬<lb/> leicht keine weisere und wohlwollendere Anwendung dieser Maxime geben, als<lb/> den Gebrauch dieser furchtbaren Heilmittel gegen die, welche in den Grundsätzen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0320]
Zur Lhcimkwristik dos Miuchostcrthums.
Die einzige Gefahr für dasselbe sei die einer Einverleibung in Frankreich, und
heutzutage annectire man Völker nicht ohne deren Einwilligung, „Wenn ich
König der Belgier wäre," äußerte er, „und die Krone meinen Nachkommen er¬
halten wollte, würde ich nur ein paar tausend Mann bei den Fahnen halten,
mich als König allein vermöge sittlicher Kraft betrachten und meinen mächtigen
Nachbarn hageln »Ihr habt meine Neutralität proclamirt, und ich beabsichtige,
meinem Volke die Vortheile dieser Situation zu gewähre», indem ich es zu dem
geringst besteuerten und am meisten prosperirenden Gemeinwesen in Europa mache,«"
Eine kleine Schrift Kiolmrä Lodclön lioi ass ZelAss (London, Trübner) ver¬
spottete diese nnerbetenen und arroganten Rathschläge in ergötzlichster Weise, er¬
kannte aber nicht, wohin Cobden damit hinauswollte. Er wußte, daß eine englische
Garantie der belgischen Neutralität und Unabhängigkeit nichts zu bedeuten hat.
Wird Belgien, so schloß er, von den Franzosen erobert und besorgen diese dann
eine Volksabstimmung wie in Nizza und Savoyen, so ergiebt sich England in
die vollendete Thatsache; leisten aber die Belgier, gestützt auf ein starkes Ant¬
werpen, hartnäckigen Widerstand, so kann sichs ereignen, daß John Bull sich
entschließt, sie zu unterstützen, was viel schönes Geld kosten würde, das man
vortheilhnftcr zur Besiegung der Concurrenz des Auslandes mit der englischen
Industrie verwenden könnte.
„Es versteht sich von selbst," sagt die Schrift über den Cobden-Club, „daß
Cobden sich lebhaft an der Friedensagitation betheiligte, in welcher philanthropische
Redensarten, Bibelsprüche, Handelsgeist und juristischer Unsinn zu einem wider¬
lichen Gemisch zusammenfließen." Aber auch noch andres fließt hier mit ein.
Am 8. Juli d, I, versandte die Friedensgescllschaft in London an hochstehende
deutsche Persönlichkeiten einen Artikel des ^g,t,oniri!in, in welchem unter anderen
schändlichen Unsinn folgendes zu lesen war: „Ist die Verbindung zwischen den
mörderischen Tendenzen, welche sich neuerdings so rasch und so schrecklich ent¬
wickelt haben, und den Aussprüchen, die dem Fürsten Bismarck und dem Grafen
Moltke zugeschrieben werde», eine sehr entfernte und schwer erkennbare? Der
erstere erklärte vor Jahren in seiner halb brutalen Weise, daß die Welt nur
>durch Blut und Eisen regenerirt werden könne, und die neulichen Aeußerungen
des großen Strategen über die Nothwendigkeit und den sittlichen Nutzen des
Krieges liefen ziemlich auf dasselbe hinaus. Aber andre als Generale und
Armeen können mit Blut und Eisen spielen und so, wie sie meinen, die ihnen
von dem Fürsten und dem Grafen gegebnen „Anweisungen verbessern." Warum
sollten sie nicht, wenn sich Gelegenheit bietet, die Wirkung des großen deutschen
Recepts an Leuten vom Stande des Fürsten oder von viel höheren Range ver¬
suchen, wie an dem verstorbnen russischen Zar und an dem Präsidenten Garfield?
Wenn Blut und Eisen die Regeneratoren der Menschheit sind, so kann es viel¬
leicht keine weisere und wohlwollendere Anwendung dieser Maxime geben, als
den Gebrauch dieser furchtbaren Heilmittel gegen die, welche in den Grundsätzen
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