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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Drittes Quartal.

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Als dann Graf Platen I 8V" auf eine Aufforderung Preußens nach Berlin
reiste, um den seit einiger Zeit ins Auge gefaßte" Neutralitätsvertrag Hannovers
mit Preufieu abzuschließen - ein Vertrag, der nicht zu Stande kam. weil König
Georg es nicht mit Oesterreich verderben und den Gang der Ereignisse abwarten
wollte, um je nach deren Gestaltung sich für die eine oder die andre Partei zu
entscheiden --, fuhr eines Tags Graf Bismnrck bei demselben vor und erklärte,
daß er vom Könige beauftragt sei, den Wunsch einer Verbindung des Prinzen
Albrecht Sohn von Preuße" mit der Prinzessin Friederike von Hannover nuö-
zusprechen,

"Gras Platen," erzählt unsre Schrift weiter, "der die Eigeuthiimlichkeiten
des hannoverschen Hofes und insbesondre die unberechenbaren Anschauungen der
Königin in solchen Fragen kannte flint als österreichisch gesinnt an der Sache
keinen Gefallen fand), erschrak über diese so plötzlich in officieller Form an ihn
herantretende ^vielleicht eine Sondirung nach andrer Seite hin bedeutende! Frage.
Er erwiederte, daß er in der angeregten Verbindung ein Glück für beide könig¬
liche Häuser erblicke, und daß die in Frage stehenden hohen fürstlichen Personen
mich "ach seiner Ueberzeugung besonders sür einander passend seien. Er bäte
jedoch, da er über einen so delicaten Punkt sich zu äußern keine Vollmacht habe,
den Grafen Vismarck, dessen Frage nicht als eine offizielle Aeußerung betrachten
zu dürfen, sondern die Sache so aufzufassen, daß sie beide über diese vortreff¬
liche Idee einig seien und so jeder an seinen: Theile zur Ausführung derselben
wirken wolle. Trotzdem aber war es nun unvermeidlich, daß das fürstliche Heiraths-
Prvjeet nu die hannoversche Königsfamilie, wenn auch nicht in absolut officieller
Form, so doch als Gegenstand politischer Natur herantrat. Dasselbe sand. von
dieser Seite betrachtet, denn mich bei der Königin, deren Einfluß in Faun.cn-
augclcgenheiten bei dem Könige stets maßgebend war, den allerhärtestcu Wider¬
stand. Ihre Majestät erklärte, daß ihre Tochter noch zu jung sei, und daß
dieselbe nicht der Politik geopfert werden solle. Der König, ungemein. ja fast
sensitiv empfindlich für alle Trübungen des Familienfriedens, zögerte mit der
Entscheidung, um Zeit zu gewinnen, seine Gemahlin für die ihm durchaus will¬
kommene und sympathische Idee zu gewinnen. ^Verschiebung der Wahrheit, Ver-
schweigung der Hauptmotive. Der König zögerte hierbei vor allem aus demselben
Grunde wie bei° dem Abschlüsse des Neutralitätsvertrages, er wollte abwarten
">'d sich je nach dem Ausgange des heraufziehendeu Kampfes entscheiden,! Er
glaubte dies vielleicht umsomehr thun zu könne... als das Project auch jetzt nnr
Form einer vertraulichen Anfrage an ihn gelaugt war. Indeß ist einem großen
Fürstenhause gegenüber in einer dasselbe so uunüttelbar in del.eatester Weise
berührenden Angelegenheit jede Zögerung immer eine Verletzung. und sie mußte
"' Berlin umsomehr als eine solche empfunden werde.,, als mau dort ,a d.c
Sache bereits zu einem formellen Anträge für reif gehalten hatte." Als der
Kb'lig daher endlich durch den Grafen Platen erwiedern Keß. daß er "in der


Als dann Graf Platen I 8V« auf eine Aufforderung Preußens nach Berlin
reiste, um den seit einiger Zeit ins Auge gefaßte» Neutralitätsvertrag Hannovers
mit Preufieu abzuschließen - ein Vertrag, der nicht zu Stande kam. weil König
Georg es nicht mit Oesterreich verderben und den Gang der Ereignisse abwarten
wollte, um je nach deren Gestaltung sich für die eine oder die andre Partei zu
entscheiden —, fuhr eines Tags Graf Bismnrck bei demselben vor und erklärte,
daß er vom Könige beauftragt sei, den Wunsch einer Verbindung des Prinzen
Albrecht Sohn von Preuße» mit der Prinzessin Friederike von Hannover nuö-
zusprechen,

„Gras Platen," erzählt unsre Schrift weiter, „der die Eigeuthiimlichkeiten
des hannoverschen Hofes und insbesondre die unberechenbaren Anschauungen der
Königin in solchen Fragen kannte flint als österreichisch gesinnt an der Sache
keinen Gefallen fand), erschrak über diese so plötzlich in officieller Form an ihn
herantretende ^vielleicht eine Sondirung nach andrer Seite hin bedeutende! Frage.
Er erwiederte, daß er in der angeregten Verbindung ein Glück für beide könig¬
liche Häuser erblicke, und daß die in Frage stehenden hohen fürstlichen Personen
mich „ach seiner Ueberzeugung besonders sür einander passend seien. Er bäte
jedoch, da er über einen so delicaten Punkt sich zu äußern keine Vollmacht habe,
den Grafen Vismarck, dessen Frage nicht als eine offizielle Aeußerung betrachten
zu dürfen, sondern die Sache so aufzufassen, daß sie beide über diese vortreff¬
liche Idee einig seien und so jeder an seinen: Theile zur Ausführung derselben
wirken wolle. Trotzdem aber war es nun unvermeidlich, daß das fürstliche Heiraths-
Prvjeet nu die hannoversche Königsfamilie, wenn auch nicht in absolut officieller
Form, so doch als Gegenstand politischer Natur herantrat. Dasselbe sand. von
dieser Seite betrachtet, denn mich bei der Königin, deren Einfluß in Faun.cn-
augclcgenheiten bei dem Könige stets maßgebend war, den allerhärtestcu Wider¬
stand. Ihre Majestät erklärte, daß ihre Tochter noch zu jung sei, und daß
dieselbe nicht der Politik geopfert werden solle. Der König, ungemein. ja fast
sensitiv empfindlich für alle Trübungen des Familienfriedens, zögerte mit der
Entscheidung, um Zeit zu gewinnen, seine Gemahlin für die ihm durchaus will¬
kommene und sympathische Idee zu gewinnen. ^Verschiebung der Wahrheit, Ver-
schweigung der Hauptmotive. Der König zögerte hierbei vor allem aus demselben
Grunde wie bei° dem Abschlüsse des Neutralitätsvertrages, er wollte abwarten
">'d sich je nach dem Ausgange des heraufziehendeu Kampfes entscheiden,! Er
glaubte dies vielleicht umsomehr thun zu könne... als das Project auch jetzt nnr
Form einer vertraulichen Anfrage an ihn gelaugt war. Indeß ist einem großen
Fürstenhause gegenüber in einer dasselbe so uunüttelbar in del.eatester Weise
berührenden Angelegenheit jede Zögerung immer eine Verletzung. und sie mußte
"' Berlin umsomehr als eine solche empfunden werde.,, als mau dort ,a d.c
Sache bereits zu einem formellen Anträge für reif gehalten hatte." Als der
Kb'lig daher endlich durch den Grafen Platen erwiedern Keß. daß er „in der


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[0229] Als dann Graf Platen I 8V« auf eine Aufforderung Preußens nach Berlin reiste, um den seit einiger Zeit ins Auge gefaßte» Neutralitätsvertrag Hannovers mit Preufieu abzuschließen - ein Vertrag, der nicht zu Stande kam. weil König Georg es nicht mit Oesterreich verderben und den Gang der Ereignisse abwarten wollte, um je nach deren Gestaltung sich für die eine oder die andre Partei zu entscheiden —, fuhr eines Tags Graf Bismnrck bei demselben vor und erklärte, daß er vom Könige beauftragt sei, den Wunsch einer Verbindung des Prinzen Albrecht Sohn von Preuße» mit der Prinzessin Friederike von Hannover nuö- zusprechen, „Gras Platen," erzählt unsre Schrift weiter, „der die Eigeuthiimlichkeiten des hannoverschen Hofes und insbesondre die unberechenbaren Anschauungen der Königin in solchen Fragen kannte flint als österreichisch gesinnt an der Sache keinen Gefallen fand), erschrak über diese so plötzlich in officieller Form an ihn herantretende ^vielleicht eine Sondirung nach andrer Seite hin bedeutende! Frage. Er erwiederte, daß er in der angeregten Verbindung ein Glück für beide könig¬ liche Häuser erblicke, und daß die in Frage stehenden hohen fürstlichen Personen mich „ach seiner Ueberzeugung besonders sür einander passend seien. Er bäte jedoch, da er über einen so delicaten Punkt sich zu äußern keine Vollmacht habe, den Grafen Vismarck, dessen Frage nicht als eine offizielle Aeußerung betrachten zu dürfen, sondern die Sache so aufzufassen, daß sie beide über diese vortreff¬ liche Idee einig seien und so jeder an seinen: Theile zur Ausführung derselben wirken wolle. Trotzdem aber war es nun unvermeidlich, daß das fürstliche Heiraths- Prvjeet nu die hannoversche Königsfamilie, wenn auch nicht in absolut officieller Form, so doch als Gegenstand politischer Natur herantrat. Dasselbe sand. von dieser Seite betrachtet, denn mich bei der Königin, deren Einfluß in Faun.cn- augclcgenheiten bei dem Könige stets maßgebend war, den allerhärtestcu Wider¬ stand. Ihre Majestät erklärte, daß ihre Tochter noch zu jung sei, und daß dieselbe nicht der Politik geopfert werden solle. Der König, ungemein. ja fast sensitiv empfindlich für alle Trübungen des Familienfriedens, zögerte mit der Entscheidung, um Zeit zu gewinnen, seine Gemahlin für die ihm durchaus will¬ kommene und sympathische Idee zu gewinnen. ^Verschiebung der Wahrheit, Ver- schweigung der Hauptmotive. Der König zögerte hierbei vor allem aus demselben Grunde wie bei° dem Abschlüsse des Neutralitätsvertrages, er wollte abwarten ">'d sich je nach dem Ausgange des heraufziehendeu Kampfes entscheiden,! Er glaubte dies vielleicht umsomehr thun zu könne... als das Project auch jetzt nnr Form einer vertraulichen Anfrage an ihn gelaugt war. Indeß ist einem großen Fürstenhause gegenüber in einer dasselbe so uunüttelbar in del.eatester Weise berührenden Angelegenheit jede Zögerung immer eine Verletzung. und sie mußte "' Berlin umsomehr als eine solche empfunden werde.,, als mau dort ,a d.c Sache bereits zu einem formellen Anträge für reif gehalten hatte." Als der Kb'lig daher endlich durch den Grafen Platen erwiedern Keß. daß er „in der

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157968/229>, abgerufen am 26.11.2024.