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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Drittes Quartal.

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Hannovers Lüde und Herr Meding.

zuziehen und sich in den hannoverschen Wühlapparat gegen die nationale Be¬
wegung einstellen zu lassen. Er war ein rühriger Streber, ziemlich belesen, gut
zu Hanse in den Verhältnissen der Zeitungswelt, auch sonst zu allerlei Dingen
zu brauchen und äußerst gewandt im Jntriguenspiel. Sein Eifer gegen die
Politik der Regierung seiner Heimat wäre einer bessern Sache würdig gewesen.
Eine Probe seiner Wirksamkeit für das Interesse des neuen, sehr reichlich zahlenden
Brodherrn wird genügen, ihn und die Pläne, denen er seine Hand lieh, zu zeichnen.
Wer mehr davon zu genießen wünscht, lese das Buch selbst, das mit erstaun¬
licher Unverfrorenheit über seine Thätigkeit gegen Preußen berichtet.

Am 5. Mai 186V ertheilte Meding") einem früheren Mitgliede des Berliner
Preßbureaus, welches noch während seiner Anstellung im preußischen Dienste
für die Bvrriessche Regierung gegen Bezahlung Berichte erstattete und in der
Presse für dieselbe thätig war, und welches noch 1870 und weiterhin mit jenem
Institute in Verbindung stand, einem Herrn v. Ch, folgende anmuthige schrift¬
liche Instruction, "Das Rheinbundsgespenst können Sie zweckmäßig etwas lebhaft
in der Presse spuken lassen, ebenso ein festgeschlossenes Anlehnen aller deutscheu
Mittelstaaten und undurchdringliche Front gegen den preußischen Gothaismns.
Verhandlungen in dieser Richtung können Sie als angebahnt bezeichnen. Zweck
der Allianz: Abwerfung jedes preußischen Antrags am Bunde. Wenn Preußen
dann die Bundesbeschlttsse nicht anerkennt oder dem Bunde entgegentritt: Aus¬
scheidung Preußens aus Deutschland nach dem umgekehrte" Programme des
Gothaismus, Aufnahme der außerdeutschen Staaten Oesterreichs in den Bund
(selbst Kündigung des Zollvereins und österreichische Zollcinigung), so daß Preußen
gedrängt wird: entweder zu einer Allianz mit Frankreich, die für immer seinen
Einfluß in Deutschland vernichtet, oder zu einem Kriege mit Frankreich, in welchem
keine Hand in Deutschland sich für dasselbe erhebt. Wahrscheinlich Beides successive."

Das Geschick und der Eifer, die der Ueberläufer aus dem preußischen Lager
entwickelte, und die vertraute Stellung zum Minister, die er einnahm, führten
ihn, während die letztere ihm die eigentlichen Beamtenkreife entfremdete, sodaß
er gesellschaftlich isolirt war, sehr bald zu persönlichen Beziehungen zum Könige,
die er gewandt nach Möglichkeit auszunutzen wußte, um den Einfluß seines bis¬
herigen Protectors zu verringern und sich in das volle Vertrauen des Monarchen
einzuschmeicheln, wobei ihm liebenswürdige Formen und ein klangvolles Organ
gute Dienste leisteten. Die zwischen Borries als Minister des Innern und Platen-
Hallermund als Minister der auswärtigen Angelegenheiten entstandene Rivalität,
welche zum Schaden des öffentlichen Wohles stets zunahm und zuletzt zu offenen
Feindseligkeiten ausartete, wurde damals in Hannover allgemein auf den Ein¬
fluß Medings zurückgeführt, dessen Stellung in der Nähe des Königs durch den



*) Dich erzählt er nicht selbst, es ist aber vollkommen authentisch, wie juristisch zu be¬
weisen wäre.
Grenzboten III. 1881. 24
Hannovers Lüde und Herr Meding.

zuziehen und sich in den hannoverschen Wühlapparat gegen die nationale Be¬
wegung einstellen zu lassen. Er war ein rühriger Streber, ziemlich belesen, gut
zu Hanse in den Verhältnissen der Zeitungswelt, auch sonst zu allerlei Dingen
zu brauchen und äußerst gewandt im Jntriguenspiel. Sein Eifer gegen die
Politik der Regierung seiner Heimat wäre einer bessern Sache würdig gewesen.
Eine Probe seiner Wirksamkeit für das Interesse des neuen, sehr reichlich zahlenden
Brodherrn wird genügen, ihn und die Pläne, denen er seine Hand lieh, zu zeichnen.
Wer mehr davon zu genießen wünscht, lese das Buch selbst, das mit erstaun¬
licher Unverfrorenheit über seine Thätigkeit gegen Preußen berichtet.

Am 5. Mai 186V ertheilte Meding") einem früheren Mitgliede des Berliner
Preßbureaus, welches noch während seiner Anstellung im preußischen Dienste
für die Bvrriessche Regierung gegen Bezahlung Berichte erstattete und in der
Presse für dieselbe thätig war, und welches noch 1870 und weiterhin mit jenem
Institute in Verbindung stand, einem Herrn v. Ch, folgende anmuthige schrift¬
liche Instruction, „Das Rheinbundsgespenst können Sie zweckmäßig etwas lebhaft
in der Presse spuken lassen, ebenso ein festgeschlossenes Anlehnen aller deutscheu
Mittelstaaten und undurchdringliche Front gegen den preußischen Gothaismns.
Verhandlungen in dieser Richtung können Sie als angebahnt bezeichnen. Zweck
der Allianz: Abwerfung jedes preußischen Antrags am Bunde. Wenn Preußen
dann die Bundesbeschlttsse nicht anerkennt oder dem Bunde entgegentritt: Aus¬
scheidung Preußens aus Deutschland nach dem umgekehrte» Programme des
Gothaismus, Aufnahme der außerdeutschen Staaten Oesterreichs in den Bund
(selbst Kündigung des Zollvereins und österreichische Zollcinigung), so daß Preußen
gedrängt wird: entweder zu einer Allianz mit Frankreich, die für immer seinen
Einfluß in Deutschland vernichtet, oder zu einem Kriege mit Frankreich, in welchem
keine Hand in Deutschland sich für dasselbe erhebt. Wahrscheinlich Beides successive."

Das Geschick und der Eifer, die der Ueberläufer aus dem preußischen Lager
entwickelte, und die vertraute Stellung zum Minister, die er einnahm, führten
ihn, während die letztere ihm die eigentlichen Beamtenkreife entfremdete, sodaß
er gesellschaftlich isolirt war, sehr bald zu persönlichen Beziehungen zum Könige,
die er gewandt nach Möglichkeit auszunutzen wußte, um den Einfluß seines bis¬
herigen Protectors zu verringern und sich in das volle Vertrauen des Monarchen
einzuschmeicheln, wobei ihm liebenswürdige Formen und ein klangvolles Organ
gute Dienste leisteten. Die zwischen Borries als Minister des Innern und Platen-
Hallermund als Minister der auswärtigen Angelegenheiten entstandene Rivalität,
welche zum Schaden des öffentlichen Wohles stets zunahm und zuletzt zu offenen
Feindseligkeiten ausartete, wurde damals in Hannover allgemein auf den Ein¬
fluß Medings zurückgeführt, dessen Stellung in der Nähe des Königs durch den



*) Dich erzählt er nicht selbst, es ist aber vollkommen authentisch, wie juristisch zu be¬
weisen wäre.
Grenzboten III. 1881. 24
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[0193] Hannovers Lüde und Herr Meding. zuziehen und sich in den hannoverschen Wühlapparat gegen die nationale Be¬ wegung einstellen zu lassen. Er war ein rühriger Streber, ziemlich belesen, gut zu Hanse in den Verhältnissen der Zeitungswelt, auch sonst zu allerlei Dingen zu brauchen und äußerst gewandt im Jntriguenspiel. Sein Eifer gegen die Politik der Regierung seiner Heimat wäre einer bessern Sache würdig gewesen. Eine Probe seiner Wirksamkeit für das Interesse des neuen, sehr reichlich zahlenden Brodherrn wird genügen, ihn und die Pläne, denen er seine Hand lieh, zu zeichnen. Wer mehr davon zu genießen wünscht, lese das Buch selbst, das mit erstaun¬ licher Unverfrorenheit über seine Thätigkeit gegen Preußen berichtet. Am 5. Mai 186V ertheilte Meding") einem früheren Mitgliede des Berliner Preßbureaus, welches noch während seiner Anstellung im preußischen Dienste für die Bvrriessche Regierung gegen Bezahlung Berichte erstattete und in der Presse für dieselbe thätig war, und welches noch 1870 und weiterhin mit jenem Institute in Verbindung stand, einem Herrn v. Ch, folgende anmuthige schrift¬ liche Instruction, „Das Rheinbundsgespenst können Sie zweckmäßig etwas lebhaft in der Presse spuken lassen, ebenso ein festgeschlossenes Anlehnen aller deutscheu Mittelstaaten und undurchdringliche Front gegen den preußischen Gothaismns. Verhandlungen in dieser Richtung können Sie als angebahnt bezeichnen. Zweck der Allianz: Abwerfung jedes preußischen Antrags am Bunde. Wenn Preußen dann die Bundesbeschlttsse nicht anerkennt oder dem Bunde entgegentritt: Aus¬ scheidung Preußens aus Deutschland nach dem umgekehrte» Programme des Gothaismus, Aufnahme der außerdeutschen Staaten Oesterreichs in den Bund (selbst Kündigung des Zollvereins und österreichische Zollcinigung), so daß Preußen gedrängt wird: entweder zu einer Allianz mit Frankreich, die für immer seinen Einfluß in Deutschland vernichtet, oder zu einem Kriege mit Frankreich, in welchem keine Hand in Deutschland sich für dasselbe erhebt. Wahrscheinlich Beides successive." Das Geschick und der Eifer, die der Ueberläufer aus dem preußischen Lager entwickelte, und die vertraute Stellung zum Minister, die er einnahm, führten ihn, während die letztere ihm die eigentlichen Beamtenkreife entfremdete, sodaß er gesellschaftlich isolirt war, sehr bald zu persönlichen Beziehungen zum Könige, die er gewandt nach Möglichkeit auszunutzen wußte, um den Einfluß seines bis¬ herigen Protectors zu verringern und sich in das volle Vertrauen des Monarchen einzuschmeicheln, wobei ihm liebenswürdige Formen und ein klangvolles Organ gute Dienste leisteten. Die zwischen Borries als Minister des Innern und Platen- Hallermund als Minister der auswärtigen Angelegenheiten entstandene Rivalität, welche zum Schaden des öffentlichen Wohles stets zunahm und zuletzt zu offenen Feindseligkeiten ausartete, wurde damals in Hannover allgemein auf den Ein¬ fluß Medings zurückgeführt, dessen Stellung in der Nähe des Königs durch den *) Dich erzählt er nicht selbst, es ist aber vollkommen authentisch, wie juristisch zu be¬ weisen wäre. Grenzboten III. 1881. 24

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157968/193>, abgerufen am 01.09.2024.