Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Drittes Quartal.Gcimbetta und kein Lüde. zwar die Beibehaltung dieser Körperschaft, verlangte aber Einschränkung der Der Wunsch Gambettas ging nnr auf baldige Auflösung der jetzigen Kammer Gambetta hat, wie wir sahen, in der letzten Zeit Unglück gehabt. Die Reise Gcimbetta und kein Lüde. zwar die Beibehaltung dieser Körperschaft, verlangte aber Einschränkung der Der Wunsch Gambettas ging nnr auf baldige Auflösung der jetzigen Kammer Gambetta hat, wie wir sahen, in der letzten Zeit Unglück gehabt. Die Reise <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0016" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/150166"/> <fw type="header" place="top"> Gcimbetta und kein Lüde.</fw><lb/> <p xml:id="ID_28" prev="#ID_27"> zwar die Beibehaltung dieser Körperschaft, verlangte aber Einschränkung der<lb/> Dauer des Maubads der jetzt lebenslänglichen, sowie der gewählten Senatoren<lb/> auf sechs Jahre. Die Wahl derjenigen, welche die bisher auf Lebenszeit er¬<lb/> nannten Senatoren zu ersetzen bestimmt sind, soll durch beide Kammern vereint,<lb/> nicht bloß durch den Senat vorgenommen werden. Endlich soll die Grundlage<lb/> der Senatorenwabl in den größern Gemeinden durch Vermehrung der Zahl der<lb/> Wahlmänner in angemessnen Verhältnisse ausgedehnt werden.</p><lb/> <p xml:id="ID_29"> Der Wunsch Gambettas ging nnr auf baldige Auflösung der jetzigen Kammer<lb/> vor Berathung des Budgets. Derselbe erfüllte sich indeß ebensowenig wie vorher<lb/> der vou sputter, dem Vertrauten des Kammerpräsidenten, unterstützte Versuch,<lb/> die Abgeordneten zu bewegen, schon jetzt eine Revision der Verfassung vorzu¬<lb/> nehmen. Die „Rvpubliaue FrainMse" hofft, daß die Deputirten ihren Beschluß,<lb/> noch das Budget zu berathen, nicht zu bereuen haben; „denn sie sollen wissen,<lb/> daß vou jetzt an die Wahlevmitos sich zu bilden beginnen, und daß ihre Neben¬<lb/> buhler ius Feld rücken und ihre Bewerbung an die als einflußreich geltenden<lb/> Wähler richten, während sie stoisch auf ihrem Posten bleiben und ihre Pflicht<lb/> thun, ohne sich um den Lärm der Außenwelt zu kümmern; das ist keine correcte<lb/> Haltung." Nachdem also der Versuch, die Kammer sich selbst das Lebenslicht<lb/> ausblasen zu lassen, mißlungen ist, wird ihr gesagt, sie habe keine Zukunft. Die<lb/> Wahlen werden in der ersten Woche des September stattfinden. Die Wahl¬<lb/> agenten Gambettas haben Zeit genug zum Wühlen. Auch den Ministern Constans<lb/> und Cazot, guten Freunden des Meisters, wird sehr auf die Finger gesehen<lb/> werden müssen. Wenigstens hat es Grsvy und Ferry, den Wählern und jetzigen<lb/> Abgeordnete» nicht an Warnungen gefehlt. Die letztern wissen, daß ihrer ein<lb/> Kampf auf Leben und Tod harrt. Wie die „Rvpublique Franyaise" ankündigt,<lb/> wird zunächst darauf hingearbeitet, daß keine Monarchisten, dann darauf, daß<lb/> nur solche Candidaten gewählt werden, welche für die „Reform" des Senats<lb/> nach Gambettas Plane einzutreten gewillt sind.</p><lb/> <p xml:id="ID_30" next="#ID_31"> Gambetta hat, wie wir sahen, in der letzten Zeit Unglück gehabt. Die Reise<lb/> nach Censors war ein politischer Mißgriff, die Entlarvung durch Waddingtou<lb/> konnte ihre Wirkung auf einen Theil der französischen Republikaner kaum ver¬<lb/> fehlen. Ebenso gewiß aber ist dieser Schlag noch kein entscheidender. Gambetta ist<lb/> ein geistreicher Mann, beredt, energisch, rührig, ein Meister auf dein Gebiete<lb/> der Reclame und des Effects, in der Kunst des Opportunismus wohl bewan¬<lb/> dert. Seine Verdienste um die Republik sind nicht klein, aber nicht groß genug,<lb/> um so viel Aufhebens werth zu sein, als von ihnen gemacht wird. Ein kost¬<lb/> spieliger, aber nicht bloß vergeblicher, sondern auch verderblicher Widerstand gegen<lb/> die deutschen Heere, eine Anzahl brillanter Kammerreden, Erfolge gegen eine<lb/> vielgespaltne Menge wenig befähigter Gegner, die Versicherung, zuversichtlich an<lb/> die Republik zu glauben ^ das ungefähr ist es, was ihm die Volksgunst ver¬<lb/> schafft hat. Man steht, es ist nicht besonders viel, aber einerlei, die Volksgunst</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0016]
Gcimbetta und kein Lüde.
zwar die Beibehaltung dieser Körperschaft, verlangte aber Einschränkung der
Dauer des Maubads der jetzt lebenslänglichen, sowie der gewählten Senatoren
auf sechs Jahre. Die Wahl derjenigen, welche die bisher auf Lebenszeit er¬
nannten Senatoren zu ersetzen bestimmt sind, soll durch beide Kammern vereint,
nicht bloß durch den Senat vorgenommen werden. Endlich soll die Grundlage
der Senatorenwabl in den größern Gemeinden durch Vermehrung der Zahl der
Wahlmänner in angemessnen Verhältnisse ausgedehnt werden.
Der Wunsch Gambettas ging nnr auf baldige Auflösung der jetzigen Kammer
vor Berathung des Budgets. Derselbe erfüllte sich indeß ebensowenig wie vorher
der vou sputter, dem Vertrauten des Kammerpräsidenten, unterstützte Versuch,
die Abgeordneten zu bewegen, schon jetzt eine Revision der Verfassung vorzu¬
nehmen. Die „Rvpubliaue FrainMse" hofft, daß die Deputirten ihren Beschluß,
noch das Budget zu berathen, nicht zu bereuen haben; „denn sie sollen wissen,
daß vou jetzt an die Wahlevmitos sich zu bilden beginnen, und daß ihre Neben¬
buhler ius Feld rücken und ihre Bewerbung an die als einflußreich geltenden
Wähler richten, während sie stoisch auf ihrem Posten bleiben und ihre Pflicht
thun, ohne sich um den Lärm der Außenwelt zu kümmern; das ist keine correcte
Haltung." Nachdem also der Versuch, die Kammer sich selbst das Lebenslicht
ausblasen zu lassen, mißlungen ist, wird ihr gesagt, sie habe keine Zukunft. Die
Wahlen werden in der ersten Woche des September stattfinden. Die Wahl¬
agenten Gambettas haben Zeit genug zum Wühlen. Auch den Ministern Constans
und Cazot, guten Freunden des Meisters, wird sehr auf die Finger gesehen
werden müssen. Wenigstens hat es Grsvy und Ferry, den Wählern und jetzigen
Abgeordnete» nicht an Warnungen gefehlt. Die letztern wissen, daß ihrer ein
Kampf auf Leben und Tod harrt. Wie die „Rvpublique Franyaise" ankündigt,
wird zunächst darauf hingearbeitet, daß keine Monarchisten, dann darauf, daß
nur solche Candidaten gewählt werden, welche für die „Reform" des Senats
nach Gambettas Plane einzutreten gewillt sind.
Gambetta hat, wie wir sahen, in der letzten Zeit Unglück gehabt. Die Reise
nach Censors war ein politischer Mißgriff, die Entlarvung durch Waddingtou
konnte ihre Wirkung auf einen Theil der französischen Republikaner kaum ver¬
fehlen. Ebenso gewiß aber ist dieser Schlag noch kein entscheidender. Gambetta ist
ein geistreicher Mann, beredt, energisch, rührig, ein Meister auf dein Gebiete
der Reclame und des Effects, in der Kunst des Opportunismus wohl bewan¬
dert. Seine Verdienste um die Republik sind nicht klein, aber nicht groß genug,
um so viel Aufhebens werth zu sein, als von ihnen gemacht wird. Ein kost¬
spieliger, aber nicht bloß vergeblicher, sondern auch verderblicher Widerstand gegen
die deutschen Heere, eine Anzahl brillanter Kammerreden, Erfolge gegen eine
vielgespaltne Menge wenig befähigter Gegner, die Versicherung, zuversichtlich an
die Republik zu glauben ^ das ungefähr ist es, was ihm die Volksgunst ver¬
schafft hat. Man steht, es ist nicht besonders viel, aber einerlei, die Volksgunst
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