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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal.

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vom Torpedowesen.

gange unsrer Truppen nach der Insel Alsen am 20. Juni jenes Jahres keine
solche in Wirksamkeit getreten. Im Jahre 1867 wurde während des Krieges zwischen
Brasilien und Paraguay das brasilianische Panzerschiff "Rio de Janeiro" durch
eine Treibmine zerstört. Wenn man aber in dem nordamerikanischen Kriege ein
mit mehrern 100 Centnern Pulver beladnes Schiff gegen das Fort Fisher
treiben ließ und dessen Explosion ohne nennenswerthen Effect gegen das Fort
blieb, so war damit wiederum die große Unzuverlässigkeit constatirt, welche die
Wirksamkeit der frei treibenden Höllenmaschinen von jeher bedingte.

Zur Zeit des Krieges 1870 kamen sowohl die Contaetminen wie die elek¬
trischen Bevbachtnngsminen an unsern Küsten in sehr ausgedehnter Weise zur
Verwendung. Sie waren um so wichtiger, als der damalige Stand unsrer Kriegs¬
flotte ein offensives Eingreifen in die Küsten Vertheidigung nur in beschränktem
Maße gestattete. Wie erfolgreich übrigens die erzielte Sicherung war, das er¬
hellt aus einem uns eben vor Augen liegenden Ausspruche eines französischen
Schriftstellers, welcher von den Schiffen der französischen Kriegsflotte sagt: "Sie
haben eine glanzvolle Bewaffnung die preußischen Küsten entlang getragen, ohne
auch nur einen Schuß dahin zu senden." Wenn derselbe dann hinzufügt, daß
dies im nordamerikanischen Kriege anders gewesen, daß man damals über die
Torpedos dreist und rücksichtslos weggegangen sei, so scheint er damit seinen
Unmuth ausdrücken zu wollen, daß die Befehlshaber der mächtigen Panzerschiffe
sich vielleicht in ihren Entschließungen durch Rücksichten auf die Erhaltung eines
so kostbaren Materials und so zahlreicher Besatzung haben leiten lassen. Un¬
willkürlich werden wir an den Ausspruch einer hervorragenden fachmännischer
Autorität in England erinnert, welche nach dem vollkommnen, fast kläglichen
Mißerfolg der mächtigen alliirten Flotte gegen die Küstenforts von Sebastopol,
welche 2488 Geschütze gegen 150 Geschütze an der Küste in Thätigkeit brachte,
sagte: "Die Täuschung, welche die Nation bei dem Ergebniß dieser Action empfand,
war eine um so gesteigertere, weil man die irrige Annahme gepflegt hatte, daß
nämlich Schiffe nothwendigerweise im Verhältniß ihrer Größe an Zerstörungs¬
kraft (dMörinZ-xovör) zunehmen müßten." Die begleitenden Umstände und Ver¬
hältnisse waren zwar andrer Art, aber diesem Satze scheint doch eine bleibende
Grundwahrheit innezuwohnen.

Die Contactminen waren zu jener Zeit noch ungefähr von derselben Art,
wie wir sie bei den vor'Kronstäbe zur Zeit des Krimkrieges gelegten Torpedos
kennen lernten. Auch bei aller Vorsicht waren sie eine sehr gefährliche Waffe
in der Hand dessen, der sich ihrer zur Vertheidigung bediente, und es sind beim
Auslegen, wie bei den unerläßlichen Jnstructionsanleitungen für den Gebrauch der
elektrischen Minen recht beklagenswerthe Unfälle vorgekommen. Man richtete


vom Torpedowesen.

gange unsrer Truppen nach der Insel Alsen am 20. Juni jenes Jahres keine
solche in Wirksamkeit getreten. Im Jahre 1867 wurde während des Krieges zwischen
Brasilien und Paraguay das brasilianische Panzerschiff „Rio de Janeiro" durch
eine Treibmine zerstört. Wenn man aber in dem nordamerikanischen Kriege ein
mit mehrern 100 Centnern Pulver beladnes Schiff gegen das Fort Fisher
treiben ließ und dessen Explosion ohne nennenswerthen Effect gegen das Fort
blieb, so war damit wiederum die große Unzuverlässigkeit constatirt, welche die
Wirksamkeit der frei treibenden Höllenmaschinen von jeher bedingte.

Zur Zeit des Krieges 1870 kamen sowohl die Contaetminen wie die elek¬
trischen Bevbachtnngsminen an unsern Küsten in sehr ausgedehnter Weise zur
Verwendung. Sie waren um so wichtiger, als der damalige Stand unsrer Kriegs¬
flotte ein offensives Eingreifen in die Küsten Vertheidigung nur in beschränktem
Maße gestattete. Wie erfolgreich übrigens die erzielte Sicherung war, das er¬
hellt aus einem uns eben vor Augen liegenden Ausspruche eines französischen
Schriftstellers, welcher von den Schiffen der französischen Kriegsflotte sagt: „Sie
haben eine glanzvolle Bewaffnung die preußischen Küsten entlang getragen, ohne
auch nur einen Schuß dahin zu senden." Wenn derselbe dann hinzufügt, daß
dies im nordamerikanischen Kriege anders gewesen, daß man damals über die
Torpedos dreist und rücksichtslos weggegangen sei, so scheint er damit seinen
Unmuth ausdrücken zu wollen, daß die Befehlshaber der mächtigen Panzerschiffe
sich vielleicht in ihren Entschließungen durch Rücksichten auf die Erhaltung eines
so kostbaren Materials und so zahlreicher Besatzung haben leiten lassen. Un¬
willkürlich werden wir an den Ausspruch einer hervorragenden fachmännischer
Autorität in England erinnert, welche nach dem vollkommnen, fast kläglichen
Mißerfolg der mächtigen alliirten Flotte gegen die Küstenforts von Sebastopol,
welche 2488 Geschütze gegen 150 Geschütze an der Küste in Thätigkeit brachte,
sagte: „Die Täuschung, welche die Nation bei dem Ergebniß dieser Action empfand,
war eine um so gesteigertere, weil man die irrige Annahme gepflegt hatte, daß
nämlich Schiffe nothwendigerweise im Verhältniß ihrer Größe an Zerstörungs¬
kraft (dMörinZ-xovör) zunehmen müßten." Die begleitenden Umstände und Ver¬
hältnisse waren zwar andrer Art, aber diesem Satze scheint doch eine bleibende
Grundwahrheit innezuwohnen.

Die Contactminen waren zu jener Zeit noch ungefähr von derselben Art,
wie wir sie bei den vor'Kronstäbe zur Zeit des Krimkrieges gelegten Torpedos
kennen lernten. Auch bei aller Vorsicht waren sie eine sehr gefährliche Waffe
in der Hand dessen, der sich ihrer zur Vertheidigung bediente, und es sind beim
Auslegen, wie bei den unerläßlichen Jnstructionsanleitungen für den Gebrauch der
elektrischen Minen recht beklagenswerthe Unfälle vorgekommen. Man richtete


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[0081] vom Torpedowesen. gange unsrer Truppen nach der Insel Alsen am 20. Juni jenes Jahres keine solche in Wirksamkeit getreten. Im Jahre 1867 wurde während des Krieges zwischen Brasilien und Paraguay das brasilianische Panzerschiff „Rio de Janeiro" durch eine Treibmine zerstört. Wenn man aber in dem nordamerikanischen Kriege ein mit mehrern 100 Centnern Pulver beladnes Schiff gegen das Fort Fisher treiben ließ und dessen Explosion ohne nennenswerthen Effect gegen das Fort blieb, so war damit wiederum die große Unzuverlässigkeit constatirt, welche die Wirksamkeit der frei treibenden Höllenmaschinen von jeher bedingte. Zur Zeit des Krieges 1870 kamen sowohl die Contaetminen wie die elek¬ trischen Bevbachtnngsminen an unsern Küsten in sehr ausgedehnter Weise zur Verwendung. Sie waren um so wichtiger, als der damalige Stand unsrer Kriegs¬ flotte ein offensives Eingreifen in die Küsten Vertheidigung nur in beschränktem Maße gestattete. Wie erfolgreich übrigens die erzielte Sicherung war, das er¬ hellt aus einem uns eben vor Augen liegenden Ausspruche eines französischen Schriftstellers, welcher von den Schiffen der französischen Kriegsflotte sagt: „Sie haben eine glanzvolle Bewaffnung die preußischen Küsten entlang getragen, ohne auch nur einen Schuß dahin zu senden." Wenn derselbe dann hinzufügt, daß dies im nordamerikanischen Kriege anders gewesen, daß man damals über die Torpedos dreist und rücksichtslos weggegangen sei, so scheint er damit seinen Unmuth ausdrücken zu wollen, daß die Befehlshaber der mächtigen Panzerschiffe sich vielleicht in ihren Entschließungen durch Rücksichten auf die Erhaltung eines so kostbaren Materials und so zahlreicher Besatzung haben leiten lassen. Un¬ willkürlich werden wir an den Ausspruch einer hervorragenden fachmännischer Autorität in England erinnert, welche nach dem vollkommnen, fast kläglichen Mißerfolg der mächtigen alliirten Flotte gegen die Küstenforts von Sebastopol, welche 2488 Geschütze gegen 150 Geschütze an der Küste in Thätigkeit brachte, sagte: „Die Täuschung, welche die Nation bei dem Ergebniß dieser Action empfand, war eine um so gesteigertere, weil man die irrige Annahme gepflegt hatte, daß nämlich Schiffe nothwendigerweise im Verhältniß ihrer Größe an Zerstörungs¬ kraft (dMörinZ-xovör) zunehmen müßten." Die begleitenden Umstände und Ver¬ hältnisse waren zwar andrer Art, aber diesem Satze scheint doch eine bleibende Grundwahrheit innezuwohnen. Die Contactminen waren zu jener Zeit noch ungefähr von derselben Art, wie wir sie bei den vor'Kronstäbe zur Zeit des Krimkrieges gelegten Torpedos kennen lernten. Auch bei aller Vorsicht waren sie eine sehr gefährliche Waffe in der Hand dessen, der sich ihrer zur Vertheidigung bediente, und es sind beim Auslegen, wie bei den unerläßlichen Jnstructionsanleitungen für den Gebrauch der elektrischen Minen recht beklagenswerthe Unfälle vorgekommen. Man richtete

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157699/81>, abgerufen am 03.07.2024.