Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal.Ein Jugendfreund Goethes. So wuchs der Prinz auf, eine kräftige, blühende Jünglingsgestalt, ausge¬ Als der Erbprinz Friedrich in das preußische Heer eintrat, hörte auch Behrischs rcdungen eine geheime Ahnung des Mißlingens, und daß Basedow doch wohl der Mann nicht sei, der das, was er angefangen, auch zu Stande bringen könne. Er war mir zu stürmisch, zu rücksichtslos." Vgl. F. Reit, Leopold Friedrich Franz u. s. w. Dessau, 184S, S. 65. *) Dies Reglement existirt noch. Es charakterisirt den umsichtigen und geistreichen Ver¬ fasser in jedem Paragraphen. **) Ueber das Vertrauen, das er stets bei Hofe genoß, berichten auch die jüngst auf-
gefundnen Tagebücher der Fürstin. Ein Jugendfreund Goethes. So wuchs der Prinz auf, eine kräftige, blühende Jünglingsgestalt, ausge¬ Als der Erbprinz Friedrich in das preußische Heer eintrat, hörte auch Behrischs rcdungen eine geheime Ahnung des Mißlingens, und daß Basedow doch wohl der Mann nicht sei, der das, was er angefangen, auch zu Stande bringen könne. Er war mir zu stürmisch, zu rücksichtslos." Vgl. F. Reit, Leopold Friedrich Franz u. s. w. Dessau, 184S, S. 65. *) Dies Reglement existirt noch. Es charakterisirt den umsichtigen und geistreichen Ver¬ fasser in jedem Paragraphen. **) Ueber das Vertrauen, das er stets bei Hofe genoß, berichten auch die jüngst auf-
gefundnen Tagebücher der Fürstin. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0056" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/149628"/> <fw type="header" place="top"> Ein Jugendfreund Goethes.</fw><lb/> <p xml:id="ID_139"> So wuchs der Prinz auf, eine kräftige, blühende Jünglingsgestalt, ausge¬<lb/> rüstet mit den besten Gaben des Herzens und Geistes, aber bei der bisherigen<lb/> oberflächlichen und tändelnden Unterrichtsweise auffallend vernachlässigt in wissen¬<lb/> schaftlicher Beziehung. Da wurde endlich im Jahre 1786, nachdem der Prinz<lb/> sein sechzehntes Lebensjahr vollendet hatte, durch den besondern Einfluß Georg<lb/> Heinrich von Berenhorsts eine Aenderung geschaffen. Berenhorst erhielt den<lb/> Auftrag, ein Reglement*) für die nunmehr zu beobachtende Erziehungs- und<lb/> Unterrichtsweise des jungen Prinzen niederzuschreiben, dabei aber doch Behrisch,<lb/> der persönlich allgemein beliebt war, möglichst zu schonen. Da Berenhorst und<lb/> Behrisch selbst innig befreundet waren, so gelang auch alles, und ohne daß wir<lb/> einer Aeußerung des Unmuthes von Behrischs Seite begegnen, tritt im Früh¬<lb/> jahr 1786 das neue System ins Leben. Der Prinz erhielt das sogenannte kleine<lb/> Schloß auf dem kleinen Markte als Wohnung. An die Spitze seines Hofstaates<lb/> trat G. H. von Berenhorst, neben welchem Behrisch die gesellschaftliche und sittliche<lb/> Führung des Prinzen zu überwachen hatte. Als Lehrer für Geschichte und Staats¬<lb/> recht wurde der nachmalige Göttinger Professor G. Hugo, für alte Sprache»<lb/> und Alterthümer der bekannte Philolog PH. Buttmann, für französische Sprache<lb/> und Literatur der französische Advokat Reh de Vcmclair herangezogen und neben<lb/> den genannten unterrichteten noch in einigen Fächern Behrisch und A. Rode.<lb/> Es scheint sogar, als hätte diese plötzliche Umgestaltung des bisherigen Behrisch<lb/> höchlichst amüsirt, denn in einem noch mitzutheilenden Gedichte behandelt er das<lb/> Ganze mit unleugbaren Humor.</p><lb/> <p xml:id="ID_140" next="#ID_141"> Als der Erbprinz Friedrich in das preußische Heer eintrat, hörte auch Behrischs<lb/> Stellung bei Hofe auf. Er zog sich (wahrscheinlich 1789) mit ansehnlicher Pension<lb/> ins Privatleben zurück, war jedoch bei Hoffestlichkeiten auch ferner noch ein stets<lb/> beliebter Gast. Wie früher, belebte er auch jetzt noch Bälle und Gastmähler,<lb/> Geburtstage, Einzugsfeierlichkeiten bei Hofe mit seinen Versen und blieb mit<lb/> allen Personen desselben in ununterbrochnem Verkehr.**) Als Wohnung wühlte<lb/> er die obere Etage in dem gegenwärtig v. Basedowschen Hause (Zerbster Straße)<lb/> und lebte daselbst mit seiner greisen Mutter, die er seit 1774 standesmäßig in<lb/> Dessau erhalten hatte (der Vater war, wie bemerkt, 1768 gestorben) bis zu deren<lb/> Tode zusammen. Ein besonders treuer Freund war ihm in seinem frühern Zvg-</p><lb/> <note xml:id="FID_11" prev="#FID_10" place="foot"> rcdungen eine geheime Ahnung des Mißlingens, und daß Basedow doch wohl der Mann<lb/> nicht sei, der das, was er angefangen, auch zu Stande bringen könne. Er war mir zu<lb/> stürmisch, zu rücksichtslos." Vgl. F. Reit, Leopold Friedrich Franz u. s. w. Dessau, 184S, S. 65.</note><lb/> <note xml:id="FID_12" place="foot"> *) Dies Reglement existirt noch. Es charakterisirt den umsichtigen und geistreichen Ver¬<lb/> fasser in jedem Paragraphen.</note><lb/> <note xml:id="FID_13" place="foot"> **) Ueber das Vertrauen, das er stets bei Hofe genoß, berichten auch die jüngst auf-<lb/> gefundnen Tagebücher der Fürstin.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0056]
Ein Jugendfreund Goethes.
So wuchs der Prinz auf, eine kräftige, blühende Jünglingsgestalt, ausge¬
rüstet mit den besten Gaben des Herzens und Geistes, aber bei der bisherigen
oberflächlichen und tändelnden Unterrichtsweise auffallend vernachlässigt in wissen¬
schaftlicher Beziehung. Da wurde endlich im Jahre 1786, nachdem der Prinz
sein sechzehntes Lebensjahr vollendet hatte, durch den besondern Einfluß Georg
Heinrich von Berenhorsts eine Aenderung geschaffen. Berenhorst erhielt den
Auftrag, ein Reglement*) für die nunmehr zu beobachtende Erziehungs- und
Unterrichtsweise des jungen Prinzen niederzuschreiben, dabei aber doch Behrisch,
der persönlich allgemein beliebt war, möglichst zu schonen. Da Berenhorst und
Behrisch selbst innig befreundet waren, so gelang auch alles, und ohne daß wir
einer Aeußerung des Unmuthes von Behrischs Seite begegnen, tritt im Früh¬
jahr 1786 das neue System ins Leben. Der Prinz erhielt das sogenannte kleine
Schloß auf dem kleinen Markte als Wohnung. An die Spitze seines Hofstaates
trat G. H. von Berenhorst, neben welchem Behrisch die gesellschaftliche und sittliche
Führung des Prinzen zu überwachen hatte. Als Lehrer für Geschichte und Staats¬
recht wurde der nachmalige Göttinger Professor G. Hugo, für alte Sprache»
und Alterthümer der bekannte Philolog PH. Buttmann, für französische Sprache
und Literatur der französische Advokat Reh de Vcmclair herangezogen und neben
den genannten unterrichteten noch in einigen Fächern Behrisch und A. Rode.
Es scheint sogar, als hätte diese plötzliche Umgestaltung des bisherigen Behrisch
höchlichst amüsirt, denn in einem noch mitzutheilenden Gedichte behandelt er das
Ganze mit unleugbaren Humor.
Als der Erbprinz Friedrich in das preußische Heer eintrat, hörte auch Behrischs
Stellung bei Hofe auf. Er zog sich (wahrscheinlich 1789) mit ansehnlicher Pension
ins Privatleben zurück, war jedoch bei Hoffestlichkeiten auch ferner noch ein stets
beliebter Gast. Wie früher, belebte er auch jetzt noch Bälle und Gastmähler,
Geburtstage, Einzugsfeierlichkeiten bei Hofe mit seinen Versen und blieb mit
allen Personen desselben in ununterbrochnem Verkehr.**) Als Wohnung wühlte
er die obere Etage in dem gegenwärtig v. Basedowschen Hause (Zerbster Straße)
und lebte daselbst mit seiner greisen Mutter, die er seit 1774 standesmäßig in
Dessau erhalten hatte (der Vater war, wie bemerkt, 1768 gestorben) bis zu deren
Tode zusammen. Ein besonders treuer Freund war ihm in seinem frühern Zvg-
rcdungen eine geheime Ahnung des Mißlingens, und daß Basedow doch wohl der Mann
nicht sei, der das, was er angefangen, auch zu Stande bringen könne. Er war mir zu
stürmisch, zu rücksichtslos." Vgl. F. Reit, Leopold Friedrich Franz u. s. w. Dessau, 184S, S. 65.
*) Dies Reglement existirt noch. Es charakterisirt den umsichtigen und geistreichen Ver¬
fasser in jedem Paragraphen.
**) Ueber das Vertrauen, das er stets bei Hofe genoß, berichten auch die jüngst auf-
gefundnen Tagebücher der Fürstin.
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |