Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal.An Jugendfreund Goethes. bei den Eltern weilte, zu sich. Schon Tags darauf mußte August Rode (der Am 27. December 1769 wurde dem Fürsten ein Erbprinz geboren, der am Ueber Behrischs pädagogische Grundsätze und seine Erziehungsweise ist wenig *) Vgl. hierzu des Verfassers Aufsatz! "Aus den Erinnerungen des Hof- und Amtsraths
Johann Angust Rode" in den Mittheilungen des Vereins für Anhalt. Geschichte und Alter- thumskunde II, S. 4S8. SSI. 462. Daß der Fürst den jungen Rode vor seiner Anstellung so oft bei sich sah, hatte gewiß seinen Grund weniger in dem Wunsche, ihn genauer kennen zu lernen, als ihn selbst noch in höfischer Sitte, in dem Benehmen bei Tisch und dergleichen zu unterweisen. Der Fürst hatte während seines wiederholten Aufenthalts in England große Vorliebe für englisches Wesen auch in diesen Dingen gewonnen und A. v. Rode rühmte oft noch in späten Alter die Anweisungen, die er vom Fürsten selbst damals erhalten. An Jugendfreund Goethes. bei den Eltern weilte, zu sich. Schon Tags darauf mußte August Rode (der Am 27. December 1769 wurde dem Fürsten ein Erbprinz geboren, der am Ueber Behrischs pädagogische Grundsätze und seine Erziehungsweise ist wenig *) Vgl. hierzu des Verfassers Aufsatz! „Aus den Erinnerungen des Hof- und Amtsraths
Johann Angust Rode" in den Mittheilungen des Vereins für Anhalt. Geschichte und Alter- thumskunde II, S. 4S8. SSI. 462. Daß der Fürst den jungen Rode vor seiner Anstellung so oft bei sich sah, hatte gewiß seinen Grund weniger in dem Wunsche, ihn genauer kennen zu lernen, als ihn selbst noch in höfischer Sitte, in dem Benehmen bei Tisch und dergleichen zu unterweisen. Der Fürst hatte während seines wiederholten Aufenthalts in England große Vorliebe für englisches Wesen auch in diesen Dingen gewonnen und A. v. Rode rühmte oft noch in späten Alter die Anweisungen, die er vom Fürsten selbst damals erhalten. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0054" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/149626"/> <fw type="header" place="top"> An Jugendfreund Goethes.</fw><lb/> <p xml:id="ID_135" prev="#ID_134"> bei den Eltern weilte, zu sich. Schon Tags darauf mußte August Rode (der<lb/> nachmalige Geheime Rath A. von Rode) wieder bei Hofe erscheinen. „Es war<lb/> früh acht Uhr. Er blieb alldn bis neun Uhr. Während der Stunde hat Herr<lb/> Behrisch, des jungen Franz sein Hofmeister, einen Lektor abgegeben, weil A.<lb/> wegen seines Katarrhflusses keine helle Stimme gehabt." August Rode folgte<lb/> dem Hofe im Laufe des Tages nach Wörlitz und wurde zur Tafel gezogen. So<lb/> lange er darauf während der Osterferien in Dessau weilte, speiste er bei „Herrn<lb/> Behrisch und Franz" und trat Mitte October vollständig in Behrischs Stelle<lb/> bei Franz von Waldersce mit einem Jahrgehalte von 200 Nthlr. „nebst Tafel<lb/> und freiem Logis bei Hofe." Den 17. October besuchte er mit seinem Zögling<lb/> nach dem officiellen Spaziergange zum ersten Male seine Eltern.*)</p><lb/> <p xml:id="ID_136"> Am 27. December 1769 wurde dem Fürsten ein Erbprinz geboren, der am<lb/> 28. December getauft wurde und den Namen Friedrich erhielt, und schon in<lb/> einem Briefe an den Buchhändler Reich in Leipzig vom 1. Februar 1773 (Samm¬<lb/> lung Hirzel) bezeichnet sich Behrisch als ^onvsinsur as 8. ^.It. 1s kriiuzö-tiers-<lb/> (litMrs ä'L.um->1t-ve,s8g,u. Da er jedoch bei einem dreijährigen Kinde, wie K. Elze<lb/> bemerkt, unmöglich viel zu gouvernieren gehabt haben kaun, so wird wohl seine<lb/> Thätigkeit als Vorleser beim Fürsten und bei der Fürstin, für welche er wieder¬<lb/> holt Bücher bestellt, noch längere Zeit fortgedauert haben.</p><lb/> <p xml:id="ID_137" next="#ID_138"> Ueber Behrischs pädagogische Grundsätze und seine Erziehungsweise ist wenig<lb/> bekannt. Nur so viel wissen wir, daß er überall das sogenannt Naturgemäße<lb/> hervorhob, daß ihm Pflege und Abhärtung des Körpers neben Aufklärung der<lb/> Begriffe und Uebung des Denkens das erste war, wogegen streng wissenschaft¬<lb/> licher Unterricht wesentlich zurücktrat. Dem Baden, Turnen, Exercieren wurden<lb/> oft die schönsten Morgenstunden gewidmet, während sich das eigentliche Lernen<lb/> mit einer weniger günstigen Zeit begnügen mußte, wenn es nicht ganz verschoben<lb/> wurde. Von der derben jovialen Art, mit der Behrisch den jungen Prinzen<lb/> führte, wie er denselben (selbst im Winter) die nackten Füßchen in Lederschuhen<lb/> gehen ließ, mit ihm auf dem Promenadenwalle Ausgelassenheiten trieb, ihn die<lb/> kleine Höhe hinabrollte u. s. w., hat der Verfasser dieses Aufsatzes in frühern<lb/> Jahren noch von Augenzeugen gehört. Es ist bekannt, daß sich Behrisch mit</p><lb/> <note xml:id="FID_8" place="foot"> *) Vgl. hierzu des Verfassers Aufsatz! „Aus den Erinnerungen des Hof- und Amtsraths<lb/> Johann Angust Rode" in den Mittheilungen des Vereins für Anhalt. Geschichte und Alter-<lb/> thumskunde II, S. 4S8. SSI. 462. Daß der Fürst den jungen Rode vor seiner Anstellung<lb/> so oft bei sich sah, hatte gewiß seinen Grund weniger in dem Wunsche, ihn genauer kennen<lb/> zu lernen, als ihn selbst noch in höfischer Sitte, in dem Benehmen bei Tisch und dergleichen<lb/> zu unterweisen. Der Fürst hatte während seines wiederholten Aufenthalts in England große<lb/> Vorliebe für englisches Wesen auch in diesen Dingen gewonnen und A. v. Rode rühmte oft<lb/> noch in späten Alter die Anweisungen, die er vom Fürsten selbst damals erhalten.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0054]
An Jugendfreund Goethes.
bei den Eltern weilte, zu sich. Schon Tags darauf mußte August Rode (der
nachmalige Geheime Rath A. von Rode) wieder bei Hofe erscheinen. „Es war
früh acht Uhr. Er blieb alldn bis neun Uhr. Während der Stunde hat Herr
Behrisch, des jungen Franz sein Hofmeister, einen Lektor abgegeben, weil A.
wegen seines Katarrhflusses keine helle Stimme gehabt." August Rode folgte
dem Hofe im Laufe des Tages nach Wörlitz und wurde zur Tafel gezogen. So
lange er darauf während der Osterferien in Dessau weilte, speiste er bei „Herrn
Behrisch und Franz" und trat Mitte October vollständig in Behrischs Stelle
bei Franz von Waldersce mit einem Jahrgehalte von 200 Nthlr. „nebst Tafel
und freiem Logis bei Hofe." Den 17. October besuchte er mit seinem Zögling
nach dem officiellen Spaziergange zum ersten Male seine Eltern.*)
Am 27. December 1769 wurde dem Fürsten ein Erbprinz geboren, der am
28. December getauft wurde und den Namen Friedrich erhielt, und schon in
einem Briefe an den Buchhändler Reich in Leipzig vom 1. Februar 1773 (Samm¬
lung Hirzel) bezeichnet sich Behrisch als ^onvsinsur as 8. ^.It. 1s kriiuzö-tiers-
(litMrs ä'L.um->1t-ve,s8g,u. Da er jedoch bei einem dreijährigen Kinde, wie K. Elze
bemerkt, unmöglich viel zu gouvernieren gehabt haben kaun, so wird wohl seine
Thätigkeit als Vorleser beim Fürsten und bei der Fürstin, für welche er wieder¬
holt Bücher bestellt, noch längere Zeit fortgedauert haben.
Ueber Behrischs pädagogische Grundsätze und seine Erziehungsweise ist wenig
bekannt. Nur so viel wissen wir, daß er überall das sogenannt Naturgemäße
hervorhob, daß ihm Pflege und Abhärtung des Körpers neben Aufklärung der
Begriffe und Uebung des Denkens das erste war, wogegen streng wissenschaft¬
licher Unterricht wesentlich zurücktrat. Dem Baden, Turnen, Exercieren wurden
oft die schönsten Morgenstunden gewidmet, während sich das eigentliche Lernen
mit einer weniger günstigen Zeit begnügen mußte, wenn es nicht ganz verschoben
wurde. Von der derben jovialen Art, mit der Behrisch den jungen Prinzen
führte, wie er denselben (selbst im Winter) die nackten Füßchen in Lederschuhen
gehen ließ, mit ihm auf dem Promenadenwalle Ausgelassenheiten trieb, ihn die
kleine Höhe hinabrollte u. s. w., hat der Verfasser dieses Aufsatzes in frühern
Jahren noch von Augenzeugen gehört. Es ist bekannt, daß sich Behrisch mit
*) Vgl. hierzu des Verfassers Aufsatz! „Aus den Erinnerungen des Hof- und Amtsraths
Johann Angust Rode" in den Mittheilungen des Vereins für Anhalt. Geschichte und Alter-
thumskunde II, S. 4S8. SSI. 462. Daß der Fürst den jungen Rode vor seiner Anstellung
so oft bei sich sah, hatte gewiß seinen Grund weniger in dem Wunsche, ihn genauer kennen
zu lernen, als ihn selbst noch in höfischer Sitte, in dem Benehmen bei Tisch und dergleichen
zu unterweisen. Der Fürst hatte während seines wiederholten Aufenthalts in England große
Vorliebe für englisches Wesen auch in diesen Dingen gewonnen und A. v. Rode rühmte oft
noch in späten Alter die Anweisungen, die er vom Fürsten selbst damals erhalten.
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