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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal.

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LcmchstÄdt.

'se, fügt er als letzten und "gantz ausnehmenden Vorzug" des Frühlings auch noch
den hinzu, "daß man da noch einen guten Trunck haben tan. Was aber um
einem tüchtigen Getrüncke bey Bädern, ja bey unsern Leben insgemein liege, das
ist nicht auszusprechen, so gar, daß ich vielen, wo nicht lediglich, doch vornemlich
durch eine reine, abgehöffte, klcchre, angenehme, wärmende Gersten-Tinctur ge-
holffen zu seyn glaube." Ja, als zwei der wichtigsten Medicamente überhaupt
betrachtet der wackre Bergphysicus -- man vergesse nicht, daß das alles 1726
geschrieben ist! -- frische Luft und gutes Bier. "Diejenigen, sagt er, welche
sich vor der Lufft an sich selbst fürchten, und sich in ihren Stuben hinter dem
Ofen und die Vorhänge verkriechen, die thun sich schlechte Güte, sondern richten
ihre Leiber zu Kranckheiten, die sie noch nicht an sich haben, sein selbst zu."
Vom Biere aber schreibt er: "Am Getrüncke, an einem guten Bier! ist doch bey
Bädern nur gar zu viel gelegen! Mehr als an Gold-Essentzen, Hertz-Pulvern
und solchen Sieben-Sachen! O wenn doch die Einwohner und Obrigkeiten solcher
Orten darauff dächten, wie die Bade-Gäste nur allezeit hierinnen zu versehe,?
wären! Es ist nicht auszusprechen, was vor unsere Gesundheit hieran liege, und
ich werde es in einem vorsehenden Tractat vom Biere allen denenjenigen, die
dabey was zu thun und zu sagen haben, zu Gemüthe führen, daß Brau-Häuser
und Bier-Keller die vornehmsten Avotheckcn, ja solche Werckstätten seyn, wo man
sich so wohl den Himmel als die Hölle verdienen könne." Wie glücklich sei also
Lcmchstädt unter anderm auch darin, daß es "das gantz unvergleichliche Merse-
burger Vier" so nahe zur Hand habe, welches "ohne allen Streit eins derer
besten in gantz Teutschland" sei, "wohlschmeckend, hell und klar, von einer an¬
genehmen Bitterkeit, kurtz vou allen denenjenigen Eigenschaften, als ein solches
seyn tan, wo es weder die Natur an Maltz, Hopffen, Wasser und Lufft, noch
die Kunst und Fleiß an Bau-Art und Bierwartung fehlen lässet."

In demselben Jahre, wo Dr. Henckels Schrift erschien, zeigt die Badeliste
Lanchstädts zwar nur 79 Nummern, unter denen aber wieder mehrere nicht
einzelne Personen, sondern ganze, bisweilen sehr zahlreiche Parteien bezeichneten;
so Ur. 48: "Jhro hochfürstl. Durchlaucht Herr Herzog Heinrich von Sachsen-
Spremberg, nebst Frau Gemahlin hochfürstl. Durchl., und 52 Officianten." Zur
Aufnahme fürstlicher Gäste war inzwischen das Schlößchen hergerichtet worden,
und es wurde z. B. 1734 von dem Herzog Ludwig Rudolf von Braunschweig
und dessen Gemahlin nebst Gefolge bewohnt, während zwei Prinzen und eine
Prinzessin von Sondershausen sich nothdürftig in der Stadt einquartieren mußten.
Im Mai 1737 nahm die Landesherrschaft in Lauchstädt ihre Residenz, Herzog
Heinrich, die Herzogin und die Prinzessin Tochter, alle mit großem Gefolge und
zahlreicher Dienerschaft. Herzog Heinrich hielt sich aber auch außer der Zeit


Grcnzlwtm II. 1881. ^
LcmchstÄdt.

'se, fügt er als letzten und „gantz ausnehmenden Vorzug" des Frühlings auch noch
den hinzu, „daß man da noch einen guten Trunck haben tan. Was aber um
einem tüchtigen Getrüncke bey Bädern, ja bey unsern Leben insgemein liege, das
ist nicht auszusprechen, so gar, daß ich vielen, wo nicht lediglich, doch vornemlich
durch eine reine, abgehöffte, klcchre, angenehme, wärmende Gersten-Tinctur ge-
holffen zu seyn glaube." Ja, als zwei der wichtigsten Medicamente überhaupt
betrachtet der wackre Bergphysicus — man vergesse nicht, daß das alles 1726
geschrieben ist! — frische Luft und gutes Bier. „Diejenigen, sagt er, welche
sich vor der Lufft an sich selbst fürchten, und sich in ihren Stuben hinter dem
Ofen und die Vorhänge verkriechen, die thun sich schlechte Güte, sondern richten
ihre Leiber zu Kranckheiten, die sie noch nicht an sich haben, sein selbst zu."
Vom Biere aber schreibt er: „Am Getrüncke, an einem guten Bier! ist doch bey
Bädern nur gar zu viel gelegen! Mehr als an Gold-Essentzen, Hertz-Pulvern
und solchen Sieben-Sachen! O wenn doch die Einwohner und Obrigkeiten solcher
Orten darauff dächten, wie die Bade-Gäste nur allezeit hierinnen zu versehe,?
wären! Es ist nicht auszusprechen, was vor unsere Gesundheit hieran liege, und
ich werde es in einem vorsehenden Tractat vom Biere allen denenjenigen, die
dabey was zu thun und zu sagen haben, zu Gemüthe führen, daß Brau-Häuser
und Bier-Keller die vornehmsten Avotheckcn, ja solche Werckstätten seyn, wo man
sich so wohl den Himmel als die Hölle verdienen könne." Wie glücklich sei also
Lcmchstädt unter anderm auch darin, daß es „das gantz unvergleichliche Merse-
burger Vier" so nahe zur Hand habe, welches „ohne allen Streit eins derer
besten in gantz Teutschland" sei, „wohlschmeckend, hell und klar, von einer an¬
genehmen Bitterkeit, kurtz vou allen denenjenigen Eigenschaften, als ein solches
seyn tan, wo es weder die Natur an Maltz, Hopffen, Wasser und Lufft, noch
die Kunst und Fleiß an Bau-Art und Bierwartung fehlen lässet."

In demselben Jahre, wo Dr. Henckels Schrift erschien, zeigt die Badeliste
Lanchstädts zwar nur 79 Nummern, unter denen aber wieder mehrere nicht
einzelne Personen, sondern ganze, bisweilen sehr zahlreiche Parteien bezeichneten;
so Ur. 48: „Jhro hochfürstl. Durchlaucht Herr Herzog Heinrich von Sachsen-
Spremberg, nebst Frau Gemahlin hochfürstl. Durchl., und 52 Officianten." Zur
Aufnahme fürstlicher Gäste war inzwischen das Schlößchen hergerichtet worden,
und es wurde z. B. 1734 von dem Herzog Ludwig Rudolf von Braunschweig
und dessen Gemahlin nebst Gefolge bewohnt, während zwei Prinzen und eine
Prinzessin von Sondershausen sich nothdürftig in der Stadt einquartieren mußten.
Im Mai 1737 nahm die Landesherrschaft in Lauchstädt ihre Residenz, Herzog
Heinrich, die Herzogin und die Prinzessin Tochter, alle mit großem Gefolge und
zahlreicher Dienerschaft. Herzog Heinrich hielt sich aber auch außer der Zeit


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157699/501>, abgerufen am 24.07.2024.