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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal.

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Lcmchstädt,

Die Ergebnisse seiner Beobachtungen, eine Reihe gerichtlich beglaubigter Cnrntteste
und eine Anzahl von Regeln für Badegäste, veröffentlichte er 1717 in einem
Büchlein, welches das früheste schriftliche Zeugniß über das Bad Lcmchstädt,
übrigens um seines praktischen, fiir alle Tascheuliteratur auch heute noch nach-
ahmenswerther Formates willen merkwürdig ist: es ist 16 Centimeter hoch und --
6 i/z Centimeter breit. Somit war denn die Aufnahme Lauchstädts unter
die anerkannten Curorte auch literarisch bekräftigt, und es war zu erwarten,
daß sein Ruf von um an sich mit jedem Jahre schneller ausbreiten und be¬
festigen werde. Hatte doch Nciueccius die Frage "gegen was vor ^llsews dieses
Brunnen-Wasser dienlich und hülffreich sehn möge", kurz und bündig dahin be¬
antwortet, "daß es in allen denen Kranckheiten, dcirinne die bcwcrthcsten Sauer-
Brnnuen, als der Egrische, schwalbacher, Phramonter Brunnen ihre Güte und
Krafft erwiese", nicht geringeren Nutzen schaffen könne und werde."

Freilich waren die Einrichtungen des Bades anfangs und noch Jahrzehnte
"ach seiner Eröffnung sehr unzulänglich. Wie aus den ältern Beschreibungen
ersichtlich ist, wurde die Quelle von Anfang an ebenso zum Trinken wie zum
Baden benutzt. Getrunken wurde am Brunnen selbst, zum Baden aber mußte
das Wasser in die Wohnungen der Curgäste gefahren werden. Man hatte daher,
um die nöthigen Wassermengen anzusammeln, ursprünglich einige große Fässer,
später eichene Tröge vor dem Brunnen angebracht, in die das Wasser geleitet
wurde. Für die Badevorrichtung mußte jeder selber sorgen, der Badegäste in
seiner Wohnung aufnehmen wollte. Von dieser Vorrichtung giebt noch Dr. Freuzcl
folgende umständliche Beschreibung.

Bon dem zu einem Bade nöthigen Wasser wurde ein Drittel in einem
Kessel gekocht; inzwischen wurden die andern zwei Drittheile kalt in die hölzerne
Badewanne getragen, die so hoch sein mußte, "daß der obere Rand die Schultern
desjenigen decket, der in der Wanne sitzen soll." Nachdem dann soviel heißes
Wasser zu dem kalten gegossen war, "als nöthig ist, dasselbe so weit zu erwärmen,
daß eine gesunde Hand weder vou dem warmen noch kalten einige Empfindung
hat," so wurde "ein großer Schwamm, Kranz oder mit Stroh ausgefülltes, leinenes
Küssen" ins Wasser gelegt, worauf der Badende sich zu setzen hatte. Darauf
bestieg der Kranke, entweder mit sammt dem Hemd oder auch, weil dieses "von
der Eisenerde rothgelb gefürbet und zu weiteren Gebrauch untüchtig" ward, nackt
die Wanne, in letzteren Falle in einen dicken wollenen Bademantel gehüllt, der
außerhalb der Wanne über den Schultern hängen blieb. Nun wurde ein Deckel
über die Wanne geschoben, "so daß derselbe die Brust bedecket, und also nichts
"is der Hals und Kopf sichtbar bleibet. Da aber demohngeachtet noch Oefnung
genng sehn wird, daß der Dunst vom Wasser durchstreichen kann, wodurch das


Lcmchstädt,

Die Ergebnisse seiner Beobachtungen, eine Reihe gerichtlich beglaubigter Cnrntteste
und eine Anzahl von Regeln für Badegäste, veröffentlichte er 1717 in einem
Büchlein, welches das früheste schriftliche Zeugniß über das Bad Lcmchstädt,
übrigens um seines praktischen, fiir alle Tascheuliteratur auch heute noch nach-
ahmenswerther Formates willen merkwürdig ist: es ist 16 Centimeter hoch und —
6 i/z Centimeter breit. Somit war denn die Aufnahme Lauchstädts unter
die anerkannten Curorte auch literarisch bekräftigt, und es war zu erwarten,
daß sein Ruf von um an sich mit jedem Jahre schneller ausbreiten und be¬
festigen werde. Hatte doch Nciueccius die Frage „gegen was vor ^llsews dieses
Brunnen-Wasser dienlich und hülffreich sehn möge", kurz und bündig dahin be¬
antwortet, „daß es in allen denen Kranckheiten, dcirinne die bcwcrthcsten Sauer-
Brnnuen, als der Egrische, schwalbacher, Phramonter Brunnen ihre Güte und
Krafft erwiese», nicht geringeren Nutzen schaffen könne und werde."

Freilich waren die Einrichtungen des Bades anfangs und noch Jahrzehnte
»ach seiner Eröffnung sehr unzulänglich. Wie aus den ältern Beschreibungen
ersichtlich ist, wurde die Quelle von Anfang an ebenso zum Trinken wie zum
Baden benutzt. Getrunken wurde am Brunnen selbst, zum Baden aber mußte
das Wasser in die Wohnungen der Curgäste gefahren werden. Man hatte daher,
um die nöthigen Wassermengen anzusammeln, ursprünglich einige große Fässer,
später eichene Tröge vor dem Brunnen angebracht, in die das Wasser geleitet
wurde. Für die Badevorrichtung mußte jeder selber sorgen, der Badegäste in
seiner Wohnung aufnehmen wollte. Von dieser Vorrichtung giebt noch Dr. Freuzcl
folgende umständliche Beschreibung.

Bon dem zu einem Bade nöthigen Wasser wurde ein Drittel in einem
Kessel gekocht; inzwischen wurden die andern zwei Drittheile kalt in die hölzerne
Badewanne getragen, die so hoch sein mußte, „daß der obere Rand die Schultern
desjenigen decket, der in der Wanne sitzen soll." Nachdem dann soviel heißes
Wasser zu dem kalten gegossen war, „als nöthig ist, dasselbe so weit zu erwärmen,
daß eine gesunde Hand weder vou dem warmen noch kalten einige Empfindung
hat," so wurde „ein großer Schwamm, Kranz oder mit Stroh ausgefülltes, leinenes
Küssen" ins Wasser gelegt, worauf der Badende sich zu setzen hatte. Darauf
bestieg der Kranke, entweder mit sammt dem Hemd oder auch, weil dieses „von
der Eisenerde rothgelb gefürbet und zu weiteren Gebrauch untüchtig" ward, nackt
die Wanne, in letzteren Falle in einen dicken wollenen Bademantel gehüllt, der
außerhalb der Wanne über den Schultern hängen blieb. Nun wurde ein Deckel
über die Wanne geschoben, „so daß derselbe die Brust bedecket, und also nichts
"is der Hals und Kopf sichtbar bleibet. Da aber demohngeachtet noch Oefnung
genng sehn wird, daß der Dunst vom Wasser durchstreichen kann, wodurch das


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[0495] Lcmchstädt, Die Ergebnisse seiner Beobachtungen, eine Reihe gerichtlich beglaubigter Cnrntteste und eine Anzahl von Regeln für Badegäste, veröffentlichte er 1717 in einem Büchlein, welches das früheste schriftliche Zeugniß über das Bad Lcmchstädt, übrigens um seines praktischen, fiir alle Tascheuliteratur auch heute noch nach- ahmenswerther Formates willen merkwürdig ist: es ist 16 Centimeter hoch und — 6 i/z Centimeter breit. Somit war denn die Aufnahme Lauchstädts unter die anerkannten Curorte auch literarisch bekräftigt, und es war zu erwarten, daß sein Ruf von um an sich mit jedem Jahre schneller ausbreiten und be¬ festigen werde. Hatte doch Nciueccius die Frage „gegen was vor ^llsews dieses Brunnen-Wasser dienlich und hülffreich sehn möge", kurz und bündig dahin be¬ antwortet, „daß es in allen denen Kranckheiten, dcirinne die bcwcrthcsten Sauer- Brnnuen, als der Egrische, schwalbacher, Phramonter Brunnen ihre Güte und Krafft erwiese», nicht geringeren Nutzen schaffen könne und werde." Freilich waren die Einrichtungen des Bades anfangs und noch Jahrzehnte »ach seiner Eröffnung sehr unzulänglich. Wie aus den ältern Beschreibungen ersichtlich ist, wurde die Quelle von Anfang an ebenso zum Trinken wie zum Baden benutzt. Getrunken wurde am Brunnen selbst, zum Baden aber mußte das Wasser in die Wohnungen der Curgäste gefahren werden. Man hatte daher, um die nöthigen Wassermengen anzusammeln, ursprünglich einige große Fässer, später eichene Tröge vor dem Brunnen angebracht, in die das Wasser geleitet wurde. Für die Badevorrichtung mußte jeder selber sorgen, der Badegäste in seiner Wohnung aufnehmen wollte. Von dieser Vorrichtung giebt noch Dr. Freuzcl folgende umständliche Beschreibung. Bon dem zu einem Bade nöthigen Wasser wurde ein Drittel in einem Kessel gekocht; inzwischen wurden die andern zwei Drittheile kalt in die hölzerne Badewanne getragen, die so hoch sein mußte, „daß der obere Rand die Schultern desjenigen decket, der in der Wanne sitzen soll." Nachdem dann soviel heißes Wasser zu dem kalten gegossen war, „als nöthig ist, dasselbe so weit zu erwärmen, daß eine gesunde Hand weder vou dem warmen noch kalten einige Empfindung hat," so wurde „ein großer Schwamm, Kranz oder mit Stroh ausgefülltes, leinenes Küssen" ins Wasser gelegt, worauf der Badende sich zu setzen hatte. Darauf bestieg der Kranke, entweder mit sammt dem Hemd oder auch, weil dieses „von der Eisenerde rothgelb gefürbet und zu weiteren Gebrauch untüchtig" ward, nackt die Wanne, in letzteren Falle in einen dicken wollenen Bademantel gehüllt, der außerhalb der Wanne über den Schultern hängen blieb. Nun wurde ein Deckel über die Wanne geschoben, „so daß derselbe die Brust bedecket, und also nichts "is der Hals und Kopf sichtbar bleibet. Da aber demohngeachtet noch Oefnung genng sehn wird, daß der Dunst vom Wasser durchstreichen kann, wodurch das

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157699/495>, abgerufen am 23.07.2024.