Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal.

Bild:
<< vorherige Seite
TamlMdt.

Halter wieder zuschulden lassen. Die Quelle habe sich jedoch bald wieder eine"
Weg und Abfluß geöffnet. Nach einiger Zeit erfuhr Professor Hoffman von der
Sache. "Als ich -- erzählt dieser selbst 1724 in seinem "Kurtzen doch gründ¬
lichen Bericht" -- vor mehr als zwantzig Jahren den Herrn Amts-Schösscr
Edlinger zu Lauchstädt einsmcchls besuchte, und wir nach eingenommener Mittags-
Mahlzeit in seinem Garten spatzieren gingen, ward ich eines kleinen dnrch den¬
selben fliessenden Bachs gewahr, welcher in den Graben überall eine gelbe Erde
angeleget, und schloß daraus, daß das Wasser was eiseuhafftes bey sich führen
müßte. Ich ließ mir daher solches zu Probiren ein Glaß bringen, schöpffte davon
und sahe, daß es ein wenig trübe war, und als ich solches kostete, verspürte ich
einen martialischen und etwas vitriolischen Geschmack. Endlich streute ich ge¬
pulverte Galläpfel hinein und ward gewahr, daß es eine Purpur-Farbe davon
annahm. Da ich nun dieses sahe, ließ ich mich vernehmen, daß eS ein gesund
Wasser seh, welches in vielen sonderlich langwierigen Kranckheiten, als Fiebern,
Geschwulst, Bleichsucht bey den Frauenzimmer ?c. insonderheit aber äußerlich als
ein Bad, zu Stärkung der schwachen Glieder, mit nicht geringem Nutzen würde
können gebrauchet werden." Der Besitzer des Gartens empfahl hierauf das Wasser
unter der Hand einigen Einwohnern des Orts und Leuten aus der Nachbar¬
schaft, "die mit dergleichen Art Kranckheiten behafftet waren. Da nun diese er¬
wünschte Würckung und Besserung dadurch erhielten, so priesen sie dasselbe wiederum
andern an, und reeommendirten solches immer weiter und weiter, also daß sich
nicht allein viel Krancke dabei einfunden, sondern auch dasselbe häufig über Land
in Fässern an auswärtige Oerter abgeholet wurde." Da Hoffmnnn 1708 von
Halle uach Berlin berufen wurde, so geschah zunächst nichts weiter in der Sache, ob¬
wohl sich "der Nuss von diesem Brunnen immer weiter und weiter ausbreitete, und
die Frequentz bey demselben stärker anwuchs." Nachdem aber dem fürstlichen Leib-
medieus in Merseburg, Dr. Strauß, eine Probe des Wassers vorgelegt worden war,
und dieser Hoffmanns Urtheil bestätigte, ließ 1710 die verwitwete Herzogin von
Sachsen-Merseburg, Erdmulde Dorothee, die Quelle fassen, ein hölzernes Häuschen
darüber denen und zwei Linden davor pflanzen. Unter der Regierung des Herzogs
Moritz Wilhelm wurde dann 1714 der Brunnen auf herzoglichen Befehl durch
eine Commission von Ärzten und Bauverständigen untersucht, und auf deren Be¬
richt einige Verbesserungen in der Fassung und dem Schutz der Quelle vorge¬
nommen, ein vereidigter Brunnenmeister angestellt und ein Arzt aus Merseburg,
I)r. I. F. Neiueccius mit einem kleinen Gehalte und freier Wohnung auf dein
herzoglichen Schlosse als erster Brunnenmedieus berufen, mit dem Auftrage, "d^
uach Lauchstädt kommende Patienten mit nöthigen Unterricht zu rechtmäßige'"'
Gebrauch des alldar befindlichen Sauerbrunnens zu versorgen und anzuweisen."


TamlMdt.

Halter wieder zuschulden lassen. Die Quelle habe sich jedoch bald wieder eine»
Weg und Abfluß geöffnet. Nach einiger Zeit erfuhr Professor Hoffman von der
Sache. „Als ich — erzählt dieser selbst 1724 in seinem „Kurtzen doch gründ¬
lichen Bericht" — vor mehr als zwantzig Jahren den Herrn Amts-Schösscr
Edlinger zu Lauchstädt einsmcchls besuchte, und wir nach eingenommener Mittags-
Mahlzeit in seinem Garten spatzieren gingen, ward ich eines kleinen dnrch den¬
selben fliessenden Bachs gewahr, welcher in den Graben überall eine gelbe Erde
angeleget, und schloß daraus, daß das Wasser was eiseuhafftes bey sich führen
müßte. Ich ließ mir daher solches zu Probiren ein Glaß bringen, schöpffte davon
und sahe, daß es ein wenig trübe war, und als ich solches kostete, verspürte ich
einen martialischen und etwas vitriolischen Geschmack. Endlich streute ich ge¬
pulverte Galläpfel hinein und ward gewahr, daß es eine Purpur-Farbe davon
annahm. Da ich nun dieses sahe, ließ ich mich vernehmen, daß eS ein gesund
Wasser seh, welches in vielen sonderlich langwierigen Kranckheiten, als Fiebern,
Geschwulst, Bleichsucht bey den Frauenzimmer ?c. insonderheit aber äußerlich als
ein Bad, zu Stärkung der schwachen Glieder, mit nicht geringem Nutzen würde
können gebrauchet werden." Der Besitzer des Gartens empfahl hierauf das Wasser
unter der Hand einigen Einwohnern des Orts und Leuten aus der Nachbar¬
schaft, „die mit dergleichen Art Kranckheiten behafftet waren. Da nun diese er¬
wünschte Würckung und Besserung dadurch erhielten, so priesen sie dasselbe wiederum
andern an, und reeommendirten solches immer weiter und weiter, also daß sich
nicht allein viel Krancke dabei einfunden, sondern auch dasselbe häufig über Land
in Fässern an auswärtige Oerter abgeholet wurde." Da Hoffmnnn 1708 von
Halle uach Berlin berufen wurde, so geschah zunächst nichts weiter in der Sache, ob¬
wohl sich „der Nuss von diesem Brunnen immer weiter und weiter ausbreitete, und
die Frequentz bey demselben stärker anwuchs." Nachdem aber dem fürstlichen Leib-
medieus in Merseburg, Dr. Strauß, eine Probe des Wassers vorgelegt worden war,
und dieser Hoffmanns Urtheil bestätigte, ließ 1710 die verwitwete Herzogin von
Sachsen-Merseburg, Erdmulde Dorothee, die Quelle fassen, ein hölzernes Häuschen
darüber denen und zwei Linden davor pflanzen. Unter der Regierung des Herzogs
Moritz Wilhelm wurde dann 1714 der Brunnen auf herzoglichen Befehl durch
eine Commission von Ärzten und Bauverständigen untersucht, und auf deren Be¬
richt einige Verbesserungen in der Fassung und dem Schutz der Quelle vorge¬
nommen, ein vereidigter Brunnenmeister angestellt und ein Arzt aus Merseburg,
I)r. I. F. Neiueccius mit einem kleinen Gehalte und freier Wohnung auf dein
herzoglichen Schlosse als erster Brunnenmedieus berufen, mit dem Auftrage, „d^
uach Lauchstädt kommende Patienten mit nöthigen Unterricht zu rechtmäßige'"'
Gebrauch des alldar befindlichen Sauerbrunnens zu versorgen und anzuweisen."


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0494" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/150066"/>
          <fw type="header" place="top"> TamlMdt.</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_1659" prev="#ID_1658" next="#ID_1660"> Halter wieder zuschulden lassen. Die Quelle habe sich jedoch bald wieder eine»<lb/>
Weg und Abfluß geöffnet. Nach einiger Zeit erfuhr Professor Hoffman von der<lb/>
Sache. &#x201E;Als ich &#x2014; erzählt dieser selbst 1724 in seinem &#x201E;Kurtzen doch gründ¬<lb/>
lichen Bericht" &#x2014; vor mehr als zwantzig Jahren den Herrn Amts-Schösscr<lb/>
Edlinger zu Lauchstädt einsmcchls besuchte, und wir nach eingenommener Mittags-<lb/>
Mahlzeit in seinem Garten spatzieren gingen, ward ich eines kleinen dnrch den¬<lb/>
selben fliessenden Bachs gewahr, welcher in den Graben überall eine gelbe Erde<lb/>
angeleget, und schloß daraus, daß das Wasser was eiseuhafftes bey sich führen<lb/>
müßte. Ich ließ mir daher solches zu Probiren ein Glaß bringen, schöpffte davon<lb/>
und sahe, daß es ein wenig trübe war, und als ich solches kostete, verspürte ich<lb/>
einen martialischen und etwas vitriolischen Geschmack. Endlich streute ich ge¬<lb/>
pulverte Galläpfel hinein und ward gewahr, daß es eine Purpur-Farbe davon<lb/>
annahm. Da ich nun dieses sahe, ließ ich mich vernehmen, daß eS ein gesund<lb/>
Wasser seh, welches in vielen sonderlich langwierigen Kranckheiten, als Fiebern,<lb/>
Geschwulst, Bleichsucht bey den Frauenzimmer ?c. insonderheit aber äußerlich als<lb/>
ein Bad, zu Stärkung der schwachen Glieder, mit nicht geringem Nutzen würde<lb/>
können gebrauchet werden." Der Besitzer des Gartens empfahl hierauf das Wasser<lb/>
unter der Hand einigen Einwohnern des Orts und Leuten aus der Nachbar¬<lb/>
schaft, &#x201E;die mit dergleichen Art Kranckheiten behafftet waren. Da nun diese er¬<lb/>
wünschte Würckung und Besserung dadurch erhielten, so priesen sie dasselbe wiederum<lb/>
andern an, und reeommendirten solches immer weiter und weiter, also daß sich<lb/>
nicht allein viel Krancke dabei einfunden, sondern auch dasselbe häufig über Land<lb/>
in Fässern an auswärtige Oerter abgeholet wurde." Da Hoffmnnn 1708 von<lb/>
Halle uach Berlin berufen wurde, so geschah zunächst nichts weiter in der Sache, ob¬<lb/>
wohl sich &#x201E;der Nuss von diesem Brunnen immer weiter und weiter ausbreitete, und<lb/>
die Frequentz bey demselben stärker anwuchs." Nachdem aber dem fürstlichen Leib-<lb/>
medieus in Merseburg, Dr. Strauß, eine Probe des Wassers vorgelegt worden war,<lb/>
und dieser Hoffmanns Urtheil bestätigte, ließ 1710 die verwitwete Herzogin von<lb/>
Sachsen-Merseburg, Erdmulde Dorothee, die Quelle fassen, ein hölzernes Häuschen<lb/>
darüber denen und zwei Linden davor pflanzen. Unter der Regierung des Herzogs<lb/>
Moritz Wilhelm wurde dann 1714 der Brunnen auf herzoglichen Befehl durch<lb/>
eine Commission von Ärzten und Bauverständigen untersucht, und auf deren Be¬<lb/>
richt einige Verbesserungen in der Fassung und dem Schutz der Quelle vorge¬<lb/>
nommen, ein vereidigter Brunnenmeister angestellt und ein Arzt aus Merseburg,<lb/>
I)r. I. F. Neiueccius mit einem kleinen Gehalte und freier Wohnung auf dein<lb/>
herzoglichen Schlosse als erster Brunnenmedieus berufen, mit dem Auftrage, &#x201E;d^<lb/>
uach Lauchstädt kommende Patienten mit nöthigen Unterricht zu rechtmäßige'"'<lb/>
Gebrauch des alldar befindlichen Sauerbrunnens zu versorgen und anzuweisen."</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0494] TamlMdt. Halter wieder zuschulden lassen. Die Quelle habe sich jedoch bald wieder eine» Weg und Abfluß geöffnet. Nach einiger Zeit erfuhr Professor Hoffman von der Sache. „Als ich — erzählt dieser selbst 1724 in seinem „Kurtzen doch gründ¬ lichen Bericht" — vor mehr als zwantzig Jahren den Herrn Amts-Schösscr Edlinger zu Lauchstädt einsmcchls besuchte, und wir nach eingenommener Mittags- Mahlzeit in seinem Garten spatzieren gingen, ward ich eines kleinen dnrch den¬ selben fliessenden Bachs gewahr, welcher in den Graben überall eine gelbe Erde angeleget, und schloß daraus, daß das Wasser was eiseuhafftes bey sich führen müßte. Ich ließ mir daher solches zu Probiren ein Glaß bringen, schöpffte davon und sahe, daß es ein wenig trübe war, und als ich solches kostete, verspürte ich einen martialischen und etwas vitriolischen Geschmack. Endlich streute ich ge¬ pulverte Galläpfel hinein und ward gewahr, daß es eine Purpur-Farbe davon annahm. Da ich nun dieses sahe, ließ ich mich vernehmen, daß eS ein gesund Wasser seh, welches in vielen sonderlich langwierigen Kranckheiten, als Fiebern, Geschwulst, Bleichsucht bey den Frauenzimmer ?c. insonderheit aber äußerlich als ein Bad, zu Stärkung der schwachen Glieder, mit nicht geringem Nutzen würde können gebrauchet werden." Der Besitzer des Gartens empfahl hierauf das Wasser unter der Hand einigen Einwohnern des Orts und Leuten aus der Nachbar¬ schaft, „die mit dergleichen Art Kranckheiten behafftet waren. Da nun diese er¬ wünschte Würckung und Besserung dadurch erhielten, so priesen sie dasselbe wiederum andern an, und reeommendirten solches immer weiter und weiter, also daß sich nicht allein viel Krancke dabei einfunden, sondern auch dasselbe häufig über Land in Fässern an auswärtige Oerter abgeholet wurde." Da Hoffmnnn 1708 von Halle uach Berlin berufen wurde, so geschah zunächst nichts weiter in der Sache, ob¬ wohl sich „der Nuss von diesem Brunnen immer weiter und weiter ausbreitete, und die Frequentz bey demselben stärker anwuchs." Nachdem aber dem fürstlichen Leib- medieus in Merseburg, Dr. Strauß, eine Probe des Wassers vorgelegt worden war, und dieser Hoffmanns Urtheil bestätigte, ließ 1710 die verwitwete Herzogin von Sachsen-Merseburg, Erdmulde Dorothee, die Quelle fassen, ein hölzernes Häuschen darüber denen und zwei Linden davor pflanzen. Unter der Regierung des Herzogs Moritz Wilhelm wurde dann 1714 der Brunnen auf herzoglichen Befehl durch eine Commission von Ärzten und Bauverständigen untersucht, und auf deren Be¬ richt einige Verbesserungen in der Fassung und dem Schutz der Quelle vorge¬ nommen, ein vereidigter Brunnenmeister angestellt und ein Arzt aus Merseburg, I)r. I. F. Neiueccius mit einem kleinen Gehalte und freier Wohnung auf dein herzoglichen Schlosse als erster Brunnenmedieus berufen, mit dem Auftrage, „d^ uach Lauchstädt kommende Patienten mit nöthigen Unterricht zu rechtmäßige'"' Gebrauch des alldar befindlichen Sauerbrunnens zu versorgen und anzuweisen."

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157699
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157699/494
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157699/494>, abgerufen am 23.07.2024.