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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal.

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Zur Jndicmerfmge,

herbeiführen muß, und die herrschsüchtigen und ehrgeizigen Politiker unter den
Indianern würden damit ihre Macht und Herrlichkeit einbüßen. Manche von
dieser Klasse, wenn auch uicht alle, gebrauchen daher ihren ganzen Einfluß gegen
die Einführung des neuen Besitzsystems, und dies ist besonders bei den halb-
civilisirten Stämmen im Jndianerterritorium der Fall. Bei den noch wildern
Jndianerstämmen macht sich hingegen ein immer allgemeiner werdender Wunsch
nach der Einführung von Privateigenthum im Lande geltend. Das Departement
des Innern hat davon zahlreiche Beweise in Briefen und mündlichen Aeußerungen
von Indianern aus allen Theilen des Westens der Union. Dies ist kürzlich
von Schurz, der wiederholt die Jndicmergegendeu bereiste und persönlich mit den
Rothhäuten zu conferiren Gelegenheit hatte, öffentlich bestätigt worden. Bussy
Head drückt also nicht die durchgängige Gesinnung der Indianer aus.

Aber wenn auch die jetzige Stimmung der Indianer so wäre, wie der mehr¬
fach erwähnte Cherokeehäuptling sie bezeichnet, so würde die Regierung der Ver¬
einigten Staaten doch immer in ihrer Politik den Indianern gegenüber die all¬
gemeine Lage der Dinge und die Möglichkeiten, welche dieselbe den Indianern
bietet, in Betracht zu ziehen haben. Der Besitz des Landes als Gemeingut
seitens der Indianer und die zeitweilige Vertheilung einzelner Strecken unter
Familien oder Individuen zu bloßer Benutzung setzt die Beibehaltung des jetzigen
Systems großer Landreservatioueu voraus. Niemand, der die Verhältnisse der
Indianer kennt und den Forschritt der Ansiedlung in den Vereinigten Staaten,
welcher durch die jüngste massenhafte Einwanderung nur noch gesteigert wird,
näher ins Ange faßt, wird leugnen können, daß die Beibehaltung der großen
Landreservationen in nicht zu ferner Zukunft eine praktische Unmöglichkeit sein
wird. Die Ausdehnung des amerikanischen Eisenbahnsystems schreitet bekanntlich
in riesigem Maße und mit ungeheurer Schnelligkeit fort. Gegenden, die noch
vor wenigen Jahren eine nahezu unbekannte Wildniß waren, sind jetzt durch
Schienenwege bequem zugänglich gemacht. Die Einwanderung aus den ältern
Unionsstaaten wälzt sich unaufhaltsam auf diesen neuen Verkehrslinien vorwärts,
und wo es gutes Ackerland oder erzhaltiges Gestein giebt, da pocht der Ansiedler
oder der Gold- und Silberjäger unwiderstehlich an. Die meisten Indianer¬
reservationen liegen entweder auf diesen Verkehrslinien oder doch in deren Nähe;
nnr die entlegensten im äußersten Norden der Union werden noch nicht davon
berührt, aber auch dies wird nicht lange mehr währen.

Nun mag die Unionsregierung noch so ernstlich bestrebt sein, die Indianer
im Besitze der ihnen reservirten Ländereien zu beschützen, -- und in der That
ist das fast immer das Bestreben der Regierung gewesen -, es mag ihr auch
gelingen, massenhafte Invasionen in solche Reservatdistricte zu verhindern, wie


Zur Jndicmerfmge,

herbeiführen muß, und die herrschsüchtigen und ehrgeizigen Politiker unter den
Indianern würden damit ihre Macht und Herrlichkeit einbüßen. Manche von
dieser Klasse, wenn auch uicht alle, gebrauchen daher ihren ganzen Einfluß gegen
die Einführung des neuen Besitzsystems, und dies ist besonders bei den halb-
civilisirten Stämmen im Jndianerterritorium der Fall. Bei den noch wildern
Jndianerstämmen macht sich hingegen ein immer allgemeiner werdender Wunsch
nach der Einführung von Privateigenthum im Lande geltend. Das Departement
des Innern hat davon zahlreiche Beweise in Briefen und mündlichen Aeußerungen
von Indianern aus allen Theilen des Westens der Union. Dies ist kürzlich
von Schurz, der wiederholt die Jndicmergegendeu bereiste und persönlich mit den
Rothhäuten zu conferiren Gelegenheit hatte, öffentlich bestätigt worden. Bussy
Head drückt also nicht die durchgängige Gesinnung der Indianer aus.

Aber wenn auch die jetzige Stimmung der Indianer so wäre, wie der mehr¬
fach erwähnte Cherokeehäuptling sie bezeichnet, so würde die Regierung der Ver¬
einigten Staaten doch immer in ihrer Politik den Indianern gegenüber die all¬
gemeine Lage der Dinge und die Möglichkeiten, welche dieselbe den Indianern
bietet, in Betracht zu ziehen haben. Der Besitz des Landes als Gemeingut
seitens der Indianer und die zeitweilige Vertheilung einzelner Strecken unter
Familien oder Individuen zu bloßer Benutzung setzt die Beibehaltung des jetzigen
Systems großer Landreservatioueu voraus. Niemand, der die Verhältnisse der
Indianer kennt und den Forschritt der Ansiedlung in den Vereinigten Staaten,
welcher durch die jüngste massenhafte Einwanderung nur noch gesteigert wird,
näher ins Ange faßt, wird leugnen können, daß die Beibehaltung der großen
Landreservationen in nicht zu ferner Zukunft eine praktische Unmöglichkeit sein
wird. Die Ausdehnung des amerikanischen Eisenbahnsystems schreitet bekanntlich
in riesigem Maße und mit ungeheurer Schnelligkeit fort. Gegenden, die noch
vor wenigen Jahren eine nahezu unbekannte Wildniß waren, sind jetzt durch
Schienenwege bequem zugänglich gemacht. Die Einwanderung aus den ältern
Unionsstaaten wälzt sich unaufhaltsam auf diesen neuen Verkehrslinien vorwärts,
und wo es gutes Ackerland oder erzhaltiges Gestein giebt, da pocht der Ansiedler
oder der Gold- und Silberjäger unwiderstehlich an. Die meisten Indianer¬
reservationen liegen entweder auf diesen Verkehrslinien oder doch in deren Nähe;
nnr die entlegensten im äußersten Norden der Union werden noch nicht davon
berührt, aber auch dies wird nicht lange mehr währen.

Nun mag die Unionsregierung noch so ernstlich bestrebt sein, die Indianer
im Besitze der ihnen reservirten Ländereien zu beschützen, — und in der That
ist das fast immer das Bestreben der Regierung gewesen -, es mag ihr auch
gelingen, massenhafte Invasionen in solche Reservatdistricte zu verhindern, wie


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[0471] Zur Jndicmerfmge, herbeiführen muß, und die herrschsüchtigen und ehrgeizigen Politiker unter den Indianern würden damit ihre Macht und Herrlichkeit einbüßen. Manche von dieser Klasse, wenn auch uicht alle, gebrauchen daher ihren ganzen Einfluß gegen die Einführung des neuen Besitzsystems, und dies ist besonders bei den halb- civilisirten Stämmen im Jndianerterritorium der Fall. Bei den noch wildern Jndianerstämmen macht sich hingegen ein immer allgemeiner werdender Wunsch nach der Einführung von Privateigenthum im Lande geltend. Das Departement des Innern hat davon zahlreiche Beweise in Briefen und mündlichen Aeußerungen von Indianern aus allen Theilen des Westens der Union. Dies ist kürzlich von Schurz, der wiederholt die Jndicmergegendeu bereiste und persönlich mit den Rothhäuten zu conferiren Gelegenheit hatte, öffentlich bestätigt worden. Bussy Head drückt also nicht die durchgängige Gesinnung der Indianer aus. Aber wenn auch die jetzige Stimmung der Indianer so wäre, wie der mehr¬ fach erwähnte Cherokeehäuptling sie bezeichnet, so würde die Regierung der Ver¬ einigten Staaten doch immer in ihrer Politik den Indianern gegenüber die all¬ gemeine Lage der Dinge und die Möglichkeiten, welche dieselbe den Indianern bietet, in Betracht zu ziehen haben. Der Besitz des Landes als Gemeingut seitens der Indianer und die zeitweilige Vertheilung einzelner Strecken unter Familien oder Individuen zu bloßer Benutzung setzt die Beibehaltung des jetzigen Systems großer Landreservatioueu voraus. Niemand, der die Verhältnisse der Indianer kennt und den Forschritt der Ansiedlung in den Vereinigten Staaten, welcher durch die jüngste massenhafte Einwanderung nur noch gesteigert wird, näher ins Ange faßt, wird leugnen können, daß die Beibehaltung der großen Landreservationen in nicht zu ferner Zukunft eine praktische Unmöglichkeit sein wird. Die Ausdehnung des amerikanischen Eisenbahnsystems schreitet bekanntlich in riesigem Maße und mit ungeheurer Schnelligkeit fort. Gegenden, die noch vor wenigen Jahren eine nahezu unbekannte Wildniß waren, sind jetzt durch Schienenwege bequem zugänglich gemacht. Die Einwanderung aus den ältern Unionsstaaten wälzt sich unaufhaltsam auf diesen neuen Verkehrslinien vorwärts, und wo es gutes Ackerland oder erzhaltiges Gestein giebt, da pocht der Ansiedler oder der Gold- und Silberjäger unwiderstehlich an. Die meisten Indianer¬ reservationen liegen entweder auf diesen Verkehrslinien oder doch in deren Nähe; nnr die entlegensten im äußersten Norden der Union werden noch nicht davon berührt, aber auch dies wird nicht lange mehr währen. Nun mag die Unionsregierung noch so ernstlich bestrebt sein, die Indianer im Besitze der ihnen reservirten Ländereien zu beschützen, — und in der That ist das fast immer das Bestreben der Regierung gewesen -, es mag ihr auch gelingen, massenhafte Invasionen in solche Reservatdistricte zu verhindern, wie

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157699/471>, abgerufen am 03.07.2024.