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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal.

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Zur Indianerfrage.

Jndianerangelegenheitcn gehörten, bedeutende Fortschritte in der Civilisation der
Indianer angebahnt, allein die bis vor kurzer Zeit in ihrer Mehrheit aus Mit¬
gliedern der demokratischen Partei zusammengesetzte Bundesgesetzgcbung, der Con-
greß zu Washington City, unterstützte nur widerwillig und in sehr geringem
Maße die von der republicanischen Haycsadministration zur gründliche" Lösung
der Judiancrfrage empfohlenen Maßregeln, So ist z. B, die von der Regierung
warm befürwortete Politik, in den sogenannten Indianerreservationen, d. h. in
den für die Indianer reservirten Ländereien, kleine Abtheilungen als Farmer zu
vermessen und auf diesen die Rothhäute sich nach Art der weißen Grundbesitzer
als individuelle Eigenthümer festsetzen zu lassen, in der letzten Congreßsitzung
lang und breit discutirt worden, jedoch ohne irgend ein praktisches Resultat,
Kürzlich hat nun über diesen Gegenstand ein Häuptling der Cherokees im Jndianer-
territorium, namens Bussy Head, folgenden Ausspruch gethan, der durch die
amerikanische Tagespresse die Runde machte und gegen die von der Bundes¬
regierung, namentlich von Hayes und Schurz, befolgte Politik angeführt wurde:
"Wenn wir Indianer an den für uns reservirten Landstrecken Privateigenthum
gestatten, so würde unser Gebiet bald in die Hände weniger fallen und unsre
armen Leute würden, ähnlich wie eure armen Leute (d. h. die armen Weißen),
bei ihrem Sterben nicht einmal einen Fuß breit eigner Erde besitzen, um darin
begraben werden zu können. Wenn darin die Civilisation bestehen soll, wozu
ihr Weißen uns so dringend einladet, wie kommt ihr euch da noch wundern, wenn
wir die Folgen dieses antirepublicamschen Systems bedenklich finden? Unser
Volk ist seit dem fernsten Alterthum gelehrt worden, daß die Erdfläche nur zur
Benutzung dient, aber kein Handelsgegenstand ist. Wir sind weder Socialisten,
noch Communisten; aber wir haben ein Lautsystem, welches besser als jedes ist,
das ihr uns anrathen könntet. Persönliche Rechte werden vollkommen respectirt;
aber die Rechte des ganzen Volkes dürfen nicht zerstört werden. Könnt ihr
uns nicht unsern Plan unbehelligt ausführen lassen und zusehen, wie weit ihr
mit dem eurigen kommt?"

Aus diesen Worten des genannten Indianerhäuptlings wird nun von manchen
amerikanischen Blättern und Politikern der Schluß gezogen, daß die Indianer
im allgemeinen von der Ansiedlung auf abgegrenzten Farmer als individuelle
Eigenthümer nichts wissen wollen. Ein solcher Schluß ist aber nach der An¬
sicht von Karl Schurz, der vier Jahre mit großer Umsicht das Jndianerdepartement
leitete, ganz unberechtigt. Unter den Indianern giebt es nämlich, wie unter den
Weißen, scharfe Politiker, und Bussy Head zählt zu diesen. Er sieht ganz klar
voraus, daß die Ansiedlung der Indianer als individuelle Eigenthümer allmählich
die Auflösung des alten indianischen Stammwesens, des Staates im Staate,


Zur Indianerfrage.

Jndianerangelegenheitcn gehörten, bedeutende Fortschritte in der Civilisation der
Indianer angebahnt, allein die bis vor kurzer Zeit in ihrer Mehrheit aus Mit¬
gliedern der demokratischen Partei zusammengesetzte Bundesgesetzgcbung, der Con-
greß zu Washington City, unterstützte nur widerwillig und in sehr geringem
Maße die von der republicanischen Haycsadministration zur gründliche» Lösung
der Judiancrfrage empfohlenen Maßregeln, So ist z. B, die von der Regierung
warm befürwortete Politik, in den sogenannten Indianerreservationen, d. h. in
den für die Indianer reservirten Ländereien, kleine Abtheilungen als Farmer zu
vermessen und auf diesen die Rothhäute sich nach Art der weißen Grundbesitzer
als individuelle Eigenthümer festsetzen zu lassen, in der letzten Congreßsitzung
lang und breit discutirt worden, jedoch ohne irgend ein praktisches Resultat,
Kürzlich hat nun über diesen Gegenstand ein Häuptling der Cherokees im Jndianer-
territorium, namens Bussy Head, folgenden Ausspruch gethan, der durch die
amerikanische Tagespresse die Runde machte und gegen die von der Bundes¬
regierung, namentlich von Hayes und Schurz, befolgte Politik angeführt wurde:
„Wenn wir Indianer an den für uns reservirten Landstrecken Privateigenthum
gestatten, so würde unser Gebiet bald in die Hände weniger fallen und unsre
armen Leute würden, ähnlich wie eure armen Leute (d. h. die armen Weißen),
bei ihrem Sterben nicht einmal einen Fuß breit eigner Erde besitzen, um darin
begraben werden zu können. Wenn darin die Civilisation bestehen soll, wozu
ihr Weißen uns so dringend einladet, wie kommt ihr euch da noch wundern, wenn
wir die Folgen dieses antirepublicamschen Systems bedenklich finden? Unser
Volk ist seit dem fernsten Alterthum gelehrt worden, daß die Erdfläche nur zur
Benutzung dient, aber kein Handelsgegenstand ist. Wir sind weder Socialisten,
noch Communisten; aber wir haben ein Lautsystem, welches besser als jedes ist,
das ihr uns anrathen könntet. Persönliche Rechte werden vollkommen respectirt;
aber die Rechte des ganzen Volkes dürfen nicht zerstört werden. Könnt ihr
uns nicht unsern Plan unbehelligt ausführen lassen und zusehen, wie weit ihr
mit dem eurigen kommt?"

Aus diesen Worten des genannten Indianerhäuptlings wird nun von manchen
amerikanischen Blättern und Politikern der Schluß gezogen, daß die Indianer
im allgemeinen von der Ansiedlung auf abgegrenzten Farmer als individuelle
Eigenthümer nichts wissen wollen. Ein solcher Schluß ist aber nach der An¬
sicht von Karl Schurz, der vier Jahre mit großer Umsicht das Jndianerdepartement
leitete, ganz unberechtigt. Unter den Indianern giebt es nämlich, wie unter den
Weißen, scharfe Politiker, und Bussy Head zählt zu diesen. Er sieht ganz klar
voraus, daß die Ansiedlung der Indianer als individuelle Eigenthümer allmählich
die Auflösung des alten indianischen Stammwesens, des Staates im Staate,


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[0470] Zur Indianerfrage. Jndianerangelegenheitcn gehörten, bedeutende Fortschritte in der Civilisation der Indianer angebahnt, allein die bis vor kurzer Zeit in ihrer Mehrheit aus Mit¬ gliedern der demokratischen Partei zusammengesetzte Bundesgesetzgcbung, der Con- greß zu Washington City, unterstützte nur widerwillig und in sehr geringem Maße die von der republicanischen Haycsadministration zur gründliche» Lösung der Judiancrfrage empfohlenen Maßregeln, So ist z. B, die von der Regierung warm befürwortete Politik, in den sogenannten Indianerreservationen, d. h. in den für die Indianer reservirten Ländereien, kleine Abtheilungen als Farmer zu vermessen und auf diesen die Rothhäute sich nach Art der weißen Grundbesitzer als individuelle Eigenthümer festsetzen zu lassen, in der letzten Congreßsitzung lang und breit discutirt worden, jedoch ohne irgend ein praktisches Resultat, Kürzlich hat nun über diesen Gegenstand ein Häuptling der Cherokees im Jndianer- territorium, namens Bussy Head, folgenden Ausspruch gethan, der durch die amerikanische Tagespresse die Runde machte und gegen die von der Bundes¬ regierung, namentlich von Hayes und Schurz, befolgte Politik angeführt wurde: „Wenn wir Indianer an den für uns reservirten Landstrecken Privateigenthum gestatten, so würde unser Gebiet bald in die Hände weniger fallen und unsre armen Leute würden, ähnlich wie eure armen Leute (d. h. die armen Weißen), bei ihrem Sterben nicht einmal einen Fuß breit eigner Erde besitzen, um darin begraben werden zu können. Wenn darin die Civilisation bestehen soll, wozu ihr Weißen uns so dringend einladet, wie kommt ihr euch da noch wundern, wenn wir die Folgen dieses antirepublicamschen Systems bedenklich finden? Unser Volk ist seit dem fernsten Alterthum gelehrt worden, daß die Erdfläche nur zur Benutzung dient, aber kein Handelsgegenstand ist. Wir sind weder Socialisten, noch Communisten; aber wir haben ein Lautsystem, welches besser als jedes ist, das ihr uns anrathen könntet. Persönliche Rechte werden vollkommen respectirt; aber die Rechte des ganzen Volkes dürfen nicht zerstört werden. Könnt ihr uns nicht unsern Plan unbehelligt ausführen lassen und zusehen, wie weit ihr mit dem eurigen kommt?" Aus diesen Worten des genannten Indianerhäuptlings wird nun von manchen amerikanischen Blättern und Politikern der Schluß gezogen, daß die Indianer im allgemeinen von der Ansiedlung auf abgegrenzten Farmer als individuelle Eigenthümer nichts wissen wollen. Ein solcher Schluß ist aber nach der An¬ sicht von Karl Schurz, der vier Jahre mit großer Umsicht das Jndianerdepartement leitete, ganz unberechtigt. Unter den Indianern giebt es nämlich, wie unter den Weißen, scharfe Politiker, und Bussy Head zählt zu diesen. Er sieht ganz klar voraus, daß die Ansiedlung der Indianer als individuelle Eigenthümer allmählich die Auflösung des alten indianischen Stammwesens, des Staates im Staate,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157699/470>, abgerufen am 03.07.2024.