Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal.Talleyrand auf dein Wiener Longrcß. heiratet hat, Ihrem natürlichen Feinde gegeben werde? Es ist seltsam, daß wir Als Metternich zu erkennen gab, daß er wissen wolle, was Frankreich zu Metternich ergriff darauf meine Hand und sagte: "Wir stehen einander weniger Unter diesen Umständen konnte Talleyrand dem EntWurfe Metternichs bei¬ Bei diesen Worten erhob sich ein Lärm, von dem man sich nur schwer eine Damit hatte Talleyrand einen außerordentlichen Vortheil errungen, Metter¬ Talleyrand auf dein Wiener Longrcß. heiratet hat, Ihrem natürlichen Feinde gegeben werde? Es ist seltsam, daß wir Als Metternich zu erkennen gab, daß er wissen wolle, was Frankreich zu Metternich ergriff darauf meine Hand und sagte: „Wir stehen einander weniger Unter diesen Umständen konnte Talleyrand dem EntWurfe Metternichs bei¬ Bei diesen Worten erhob sich ein Lärm, von dem man sich nur schwer eine Damit hatte Talleyrand einen außerordentlichen Vortheil errungen, Metter¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0406" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/149978"/> <fw type="header" place="top"> Talleyrand auf dein Wiener Longrcß.</fw><lb/> <p xml:id="ID_1358" prev="#ID_1357"> heiratet hat, Ihrem natürlichen Feinde gegeben werde? Es ist seltsam, daß wir<lb/> uns dem widersetzen wollen und Sie nicht/'</p><lb/> <p xml:id="ID_1359"> Als Metternich zu erkennen gab, daß er wissen wolle, was Frankreich zu<lb/> bewilligen geneigt sei und was nicht, erklärte Talleyrnnd ohne Uuischweif die<lb/> Absichten seiner Regierung, wie sie die Instruction darlegt,</p><lb/> <p xml:id="ID_1360"> Metternich ergriff darauf meine Hand und sagte: „Wir stehen einander weniger<lb/> fern, als Sie glauben. Ich verspreche Ihnen, daß Preußen weder Luxemburg noch<lb/> Mainz haben soll; es liegt uns ebenso wenig als Ihnen daran, daß sich Rußland<lb/> übermäßig vergrößert, und was Sachsen betrifft, so werden wir alles thun, was<lb/> an uns liegt, damit wenigstens ein Theil davon erhalten bleibe,"</p><lb/> <p xml:id="ID_1361"> Unter diesen Umständen konnte Talleyrand dem EntWurfe Metternichs bei¬<lb/> treten, der sich begnügte, die Eröffnung des Congresses bis zum 1, November<lb/> zu vertagen. In der Zwischenzeit sollte durch freie und vertrauliche Verhand¬<lb/> lungen mit den Bevollmächtigten der andern Mächte die Lösung der Fragen<lb/> vorbereitet werden, welche dem Congresse vorgelegt werden sollten. Bei der An¬<lb/> nahme des Entwurfes stellte aber der französische Botschafter eine Bedingung,<lb/> Er verlangte, daß man schreibe: „Die Eröffnung des Congresses wird geschehen<lb/> in Uebereinstimmung mit den Grundsätzen des öffentlichen Rechts."</p><lb/> <p xml:id="ID_1362"> Bei diesen Worten erhob sich ein Lärm, von dem man sich nur schwer eine<lb/> Bvrstelluug machen kann. Hardenberg stand auf, stützte die Hände auf den Tisch<lb/> und rief mit fast drohender und schreiender Stimme.- „Nein, Herr, das öffentliche<lb/> Recht? Das ist überflüssig. Wozu erklären, daß wir gemäß dein öffentlichen Rechte<lb/> handeln werden? Das versteht sich ohne Erklärung." Ich erwiderte ihm, wenn es<lb/> sich schon verstehe ohne Erklärung, so werde es sich noch besser verstehen mit einer<lb/> Erklärung, Humboldt rief: „Was thut hier das öffentliche Recht?" Ich antwortete:<lb/> „Es thut, daß Sie hier sind." Lord Ccistlcrccigh nahm mich beiseite und fragte<lb/> mich, ob ich gefälliger sein werde, wenn man in diesem Punkte meinen Wünschen<lb/> nachgebe. Ich fragte ihn meinerseits, was ich von ihm in der neapolitanischen<lb/> Frage erwarten dürfe, wenn ich mich gefällig zeige, er versprach mir, mich mit<lb/> seinem ganzen Einfluß zu unterstützen, „Ich werde darüber," sagte er, „mit Metter¬<lb/> nich sprechen; ich habe das Recht, eine Ansicht über diese Frage zu haben," „Sie<lb/> geben mir Ihr Ehrenwort?" fragte ich ihn; er erwiderte: „Ich gebe es Ihnen,"<lb/> „Und ich," antwortete ich, „gebe Ihnen mein Ehrenwort, daß ich nur bei den<lb/> Principien, die ich nicht preisgeben darf, unnachgiebig sein werde,"</p><lb/> <p xml:id="ID_1363" next="#ID_1364"> Damit hatte Talleyrand einen außerordentlichen Vortheil errungen, Metter¬<lb/> nich hatte Murat nicht fallen lassen wollen, weil er die Uebermacht der Bour-<lb/> bonen fürchtete. Jetzt war der französische Gesandte in dieser Frage der Unter¬<lb/> stützung Castlereaghs sicher. Bei der Ordnung der deutschen Verhältnisse dagegen<lb/> und der Verfügung über deutsche Länder zu Gunsten Preußens konnte er auf<lb/> Metternich zählen, und die förmliche Aufnahme des öffentlichen Rechts mit dem<lb/> Legitimitätsprincip in den Entwurf, die doch noch stattfand, versprach ihm die<lb/> Möglichkeit, die Pläne Frankreichs in jeder Weise zu fördern. Mit diesem Er-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0406]
Talleyrand auf dein Wiener Longrcß.
heiratet hat, Ihrem natürlichen Feinde gegeben werde? Es ist seltsam, daß wir
uns dem widersetzen wollen und Sie nicht/'
Als Metternich zu erkennen gab, daß er wissen wolle, was Frankreich zu
bewilligen geneigt sei und was nicht, erklärte Talleyrnnd ohne Uuischweif die
Absichten seiner Regierung, wie sie die Instruction darlegt,
Metternich ergriff darauf meine Hand und sagte: „Wir stehen einander weniger
fern, als Sie glauben. Ich verspreche Ihnen, daß Preußen weder Luxemburg noch
Mainz haben soll; es liegt uns ebenso wenig als Ihnen daran, daß sich Rußland
übermäßig vergrößert, und was Sachsen betrifft, so werden wir alles thun, was
an uns liegt, damit wenigstens ein Theil davon erhalten bleibe,"
Unter diesen Umständen konnte Talleyrand dem EntWurfe Metternichs bei¬
treten, der sich begnügte, die Eröffnung des Congresses bis zum 1, November
zu vertagen. In der Zwischenzeit sollte durch freie und vertrauliche Verhand¬
lungen mit den Bevollmächtigten der andern Mächte die Lösung der Fragen
vorbereitet werden, welche dem Congresse vorgelegt werden sollten. Bei der An¬
nahme des Entwurfes stellte aber der französische Botschafter eine Bedingung,
Er verlangte, daß man schreibe: „Die Eröffnung des Congresses wird geschehen
in Uebereinstimmung mit den Grundsätzen des öffentlichen Rechts."
Bei diesen Worten erhob sich ein Lärm, von dem man sich nur schwer eine
Bvrstelluug machen kann. Hardenberg stand auf, stützte die Hände auf den Tisch
und rief mit fast drohender und schreiender Stimme.- „Nein, Herr, das öffentliche
Recht? Das ist überflüssig. Wozu erklären, daß wir gemäß dein öffentlichen Rechte
handeln werden? Das versteht sich ohne Erklärung." Ich erwiderte ihm, wenn es
sich schon verstehe ohne Erklärung, so werde es sich noch besser verstehen mit einer
Erklärung, Humboldt rief: „Was thut hier das öffentliche Recht?" Ich antwortete:
„Es thut, daß Sie hier sind." Lord Ccistlcrccigh nahm mich beiseite und fragte
mich, ob ich gefälliger sein werde, wenn man in diesem Punkte meinen Wünschen
nachgebe. Ich fragte ihn meinerseits, was ich von ihm in der neapolitanischen
Frage erwarten dürfe, wenn ich mich gefällig zeige, er versprach mir, mich mit
seinem ganzen Einfluß zu unterstützen, „Ich werde darüber," sagte er, „mit Metter¬
nich sprechen; ich habe das Recht, eine Ansicht über diese Frage zu haben," „Sie
geben mir Ihr Ehrenwort?" fragte ich ihn; er erwiderte: „Ich gebe es Ihnen,"
„Und ich," antwortete ich, „gebe Ihnen mein Ehrenwort, daß ich nur bei den
Principien, die ich nicht preisgeben darf, unnachgiebig sein werde,"
Damit hatte Talleyrand einen außerordentlichen Vortheil errungen, Metter¬
nich hatte Murat nicht fallen lassen wollen, weil er die Uebermacht der Bour-
bonen fürchtete. Jetzt war der französische Gesandte in dieser Frage der Unter¬
stützung Castlereaghs sicher. Bei der Ordnung der deutschen Verhältnisse dagegen
und der Verfügung über deutsche Länder zu Gunsten Preußens konnte er auf
Metternich zählen, und die förmliche Aufnahme des öffentlichen Rechts mit dem
Legitimitätsprincip in den Entwurf, die doch noch stattfand, versprach ihm die
Möglichkeit, die Pläne Frankreichs in jeder Weise zu fördern. Mit diesem Er-
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